Das Universum ist ja generell ziemlich leer. Hier und da findet man einen Stern – und dazwischen ist sehr, sehr viel nichts. Oder besser: fast nichts.

Denn völlig leer ist nirgends. Der Raum zwischen den Sternen beherbergt das sg. Interstelllare Medium (ISM). Die Untersuchung des ISM ist interessant: denn das Material, das sich zwischen den Sternen befindet, stammt meistens entweder noch direkt vom Urknall oder entstand bei vergangenen Supernovaexplosionen. Man kann also aus der Untersuchung des ISM viel über die Geschichte der Milchstrasse und ihre Entwicklung lernen.

Das ISM kann auch durch Sternwind erzeugt werden. So wie unsere Sonne in Phasen erhöhter Aktivität Material auswirft (z.B. durch Protuberanzen), dass so schnell ist, dass es den Anziehungsbereich der Sonne verlässt, reichern auch andere Sterne den interstellaren Bereich mit Material an. Analysen des ISM sagen uns also auch einiges über die Sterne selbst.

Die interstellare Materie ist allerdings nicht überall gleich verteilt. In manchen Bereichen gibt es mehr ISM; in manchen weniger. Die Gebiete, die vergleichsweise leer sind, nennt man Blasen bzw. Superblasen wenn sie größer sind (meistens werden allerdings die englischen Fachbegriffe verwendet: Bubble bzw. Superbubble).
Die können ziemlich groß werden: ihre Größe liegt zwischen 100 und 1000 Parsec.

Hier ist ein Beispiel: die N44-Superblase in der großen Magellanschen Wolke (250 Lichtjahre groß):

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Bild: Gemini Obs.,
AURA,
NSF

Und wie entsteht so eine Blase? Und warum untersucht man sie?

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Wir basteln uns eine Blase

Zu diesem Thema hat heute Verena Baumgartner von der Universitätssternwarte Wien einen Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft gehalten. Der Titel ihrer Präsentation lautete „Modeling the evolution of superbubbles in disk galaxies“ („Modellierung der Entwicklung von Superblasen in Scheibengalaxien„).

Der Titel zeigt schon, dass es sich hier um einen allgemeineren Ansatz handelt. Es werden nicht nur Superblasen in der Milchstrasse untersucht sondern generell Blasen in scheibenförmigen Galaxien modelliert. Aber daraus lassen sich dann natürlich wieder Rückschlüsse auf die Situation in unserer Galaxis ziehen.

Aber zuerst muss man mal darüber Bescheid wissen, wie solche Blasen entstehen. Dafür sind Supernovae verantwortlich. Diese gewaltigen Explosionen, die auftreten wenn ein sehr schwerer Stern seinen Brennstoff aufgebraucht hat, blasen das ISM in ihrer Umgebung großräumig fort und erzeugen so die leeren Blasen.

Am Rand dieser Blasen findet man dann auch quasi eine „Kruste“, die aus dem ISM besteht, das hier „zusammengequetscht“ wird. In diesem Material findet man mehr Metalle (Astronomen bezeichnen alle Elemente außer Wasserstoff und Helium als „Metalle“) als sonst – denn hier hat sich auch das vom sterbenden Stern ausgeworfene Material angesammelt.

Jede Blase platzt einmal

So eine Blase bleibt aber auch nicht immer stabil. Neue Supernovae können den Rand der Blase aufbrechen; gleiches gilt auch für ausreichend starken Sternwind. Ist die Energie, die in die Blase gesteckt wird groß genug, dann fragmentiert sie und das Material kann zum Beispiel ganz aus der Galaxie geworfen werden und so das intergalaktische Medium anreichern. Oder es fällt wieder zurück in die Scheibenebene der Galaxie und verändert die Zusammensetzung des dortigen ISM („galactic fountain“). Sowas sieht man z.B. hier in der Galaxie M82 (in rot sieht man das auf die Scheibe der Galaxie zurückfallende Material).

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Bild: Subaru-Teleskop

Es wäre also durchaus interessant, wenn man genau beschreiben könnte, wie sich solche Blasen im Laufe der Zeit verhalten. Genau das hat Verena Baumgartner getan. Dazu braucht man erstmal ein bisschen Mathematik mit der man die Dichteverteilung der Blase beschreibt. Und dann muss man sich überlegen, wie diese Verteilung verändert werden kann. In dieser Arbeit wurden drei verschiedene Prozesse berücksichtigt: die Veränderung durch eine einzige Quelle (eine Supernova), die Veränderung durch einen konstanten Sternwind und die Veränderung durch einen zeitabhängigen Prozess (z.B. mehrere Supernovae die im Laufe der Zeit stattfinden).

Damit – und mit noch mehr Mathematik – kann man nun ausrechnen, wie sich solche Blasen verhalten. Natürlich sollte man bei solchen theoretischen Modellen immer mal wieder nachsehen, ob sie die Realität überhaupt noch ausreichend genau beschreiben. Das hat Verena auch getan und ihr Modell benutzt, um die Eigenschaften von einigen realen Blasen beschrieben. Darunter war die Superblase W4 und auch die sg. Lokale Blase (die heisst deswegen „lokal“ weil unsere Sonne sich mittendrin befindet!).

Das Modell der Blasenentwicklung eignet sich gut, um diese realen Blasen zu beschreiben. Unter anderem zeigt sich auch, dass unsere lokale Blase zur Zeit schon nicht mehr stabil ist, sondern im Begriff sich aufzulösen. Und zukünftige Verbesserungen des Modells werden noch genauere Aussagen über die Entwicklung des interstellaren Mediums in unserer Umgebung bzw. generell in der Milchstrasse erlauben.

4 Gedanken zu „Nix los im All: Superblasen in der Milchstrasse“
  1. Welche Lebensdauer haben solche Blasen typischerweise? Ich könnte mir da eine hohe Dynamik vorstellen, schließlich sind Sonnenwinde und Supernovafragmente ja recht schnell unterwegs.

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