Wenn man sich ansieht, was auf manchen Universitäten (besonders den österreichischen) so abläuft, hat man manchmal das Gefühl, dort bestimmt nicht die Wissenschaft den Lehrplan, sondern Fantasy-Literatur.

Ich bin ja ein großer Fan der Fantasy-Bücher (naja, zumindest der guten; es gibt in dem Genre auch unglaublich viel Mist). Und eines der Besten der auf diesem Gebiet habe ich kürzlich durch Zufall entdeckt: „The name of the wind“ von Patrick Rothfuss.

Wie passt die Rezension eines Fantasy-Romans in ein Wissenschaftsblog? Recht gut – denn ein Großteil der Geschichte in diesem Buch spielt an einer Universität. Damit habe ich beim Kauf des Buchs eigentlich nicht gerechnet. Der Klappentext liest sich so:

„My name is Kvothe. I have stolen princesses back from sleeping barrow kings. I have burned down the town of Trebon. I have spent the night with Felurian an left with both my sanity and my life. I was expelled from the University at a younger age than most people are allowed in. I tread paths by moonlight that others fear to speak of during day. I have talked to Gods, loved women, and written songs that make ministrels weep. You may have heard of me.“

Das klingt erstmal irgendwie nach Fantasy a la „Conan der Barbar“ (was ja auch nichts Schlechtes sein muss).

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Das Buch selbst ist dann aber ganz anders. Die Hauptperson, Kvothe, ist ein Kind von 11 Jahren. Trotzdem ist er eine Art Wunderkind und spielt perfekt die Laute, ist ein hervorragender Schauspieler und als der fahrende „Arcanist“ Abenthy sich der Schauspielertruppe seiner Eltern anschließt und Kvothe unterrichtet, stellt er sich auch noch hier als Genie heraus, der alles sofort versteht.

Von Abenthy lernt Kvothe die „Sympathie“ – so wird in dieser Fantasy-Welt die Magie genannt. Obwohl, eigentlich hat dieses Konzept wenig mit Magie im eigentlichen Sinn zu tun. Das ist es ja gerade, was mir besonders gut gefällt und weswegen ich hier über das Buch berichte.

Die Beschreibung der „Sympathie“ liest sich enorm wissenschaftlich. In den meisten Fantasy-Büchern wird Magie ja überhaupt nicht erklärt, die ist einfach da und Leute wie Gandalf zaubern, wenn Bedarf besteht. In „The name of the wind“ ist das anders.

„Sympathie“ ist ein Weg, Dinge miteinander zu „verknüpfen“ und Energie zwischen ihnen auszutauschen. So kann ich z.B. den Docht einer entfernten Kerze durch eine „Sympathie-Bindung“ mit einem anderen Docht oder einem Stück Schnur in meiner Hand verbinden und dann meine Körperwärme durch diese Bindung schicken, um die Kerze zu entzünden.

Diese „Sympathie“ hat aber nichts mit den sonst üblichen esoterischen Konzepten von Magie zu tun. Hier gibt es aber ganz klare Regeln – unter anderem gilt die Energieerhaltung. Die Wärme aus meinem Körper, die in die Kerze gesteckt wird, fehlt mir – und gebe ich zuviel ab, dann erfriert man. Außerdem gibt es beim Transfer Energieverlust. Nicht die gesamte Energie, die in die Bindung gesteckt wird, kommt auch am Ziel an. Und auch hier gibt es klare Regeln: je ähnlicher die beiden Objekte sich sind, desto mehr Energie kommt durch.

Patrick Rothfuss hat sich in seinem Buch anscheinend wirklich Gedanken über das „magische“ System gemacht. Man hat das Gefühl, man liest nicht über Zauberei und Magie sondern die Beschreibung einer anderen Naturwissenschaft in einem anderen Universum. Und irgendwie ist es das auch: „Sympathie“ kann man in Kvothes Welt an der Universität lernen und erforschen – genau so wie bei uns; mit Vorlesungen, Laboren und Experimenten.

Der erste Teil von „The name of the wind“ liest sich wie eine Mischung aus Campus-Roman und Fantasy. Das klingt erstmal seltsam, funktioniert aber wunderbar!

Ich will nicht zuviel vom Inhalt verraten – das Buch soll lieber jeder selbst lesen. Leider ist „The name of the wind“ nur der erste Teil einer Trilogie, deren zweiter Teil erst Ende April erscheint (und der dritte erst nächstes Jahr). Ich hasse es immer, auf die Fortsetzung einer so spannenden Geschichte zu warten (genauso geht es mir bei der ebenso hervorragenden Geschichte „The song of Ice and Fire“ von George R.R.Martin – der spannt mich jetzt schon bald ein Jahrzehnt auf die Folter. Da entschuldigt es auch nicht, dass er ein Blog schreibt).

Wer an guter, orgineller Fantasy-Literatur interessiert ist, der sollte „The name of the Wind“ unbedingt lesen! Absolut empfehlenswert. 


Noch mehr Buchrezensionen auf ScienceBlogs:

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9 Gedanken zu „Wissenschaft an der Fantasy-Uni: „The Name of the Wind“ von Patrick Rothfuss“
  1. *lol* … Ja, ist furchbar neu. Drum gibt es Bücher über Sympathiemagie schon seit Jahrzehnten auf dem Markt. Das erinnert mich an eine Aussage, die ich mal in einem Eso-Forum las: „Ich glaube nicht an Funk. Das sind Engel, die die SMS von Handy zu Handy tragen.“

    Wenn sich jemand in einem Gebiet nicht auskennt, bedeutet das nicht, dass es deswegen nicht existiert. Auch wenn der eine oder andere noch glauben mag, dass die Erde flach ist, so bleibt sie doch rund.

    Sympathiemagie ist so alt wie die Menschheit. Ob man daran glaubt oder nicht, ist ein anderes Thema. Aber soviel wollte ich angemerkt haben, von wegen „neu“ oder „kreativ“ oder „hat sich Gedanken gemacht“.

    Häxegrüessli us de Schwiiz
    Hobbyastronomin Elli
    🙂

  2. @Elli: Ich habe nicht behauptet „Sympathische Magie“ wäre neu und von Rothfuss erfunden. Aber was Magie in Fantasy-Büchern angeht (und da hab ich doch schon einige gelesen) ist es das durchaus. Vor allem, weil die „Sympathie“ dort ja auch etwas anders dargestellt wird, als in ihrer „realen“ esoterischen Form. Bei Rothfuss beruht die „Sympathie“ auf Naturgesetzen und Regeln; lässt sich wissenschaftlich untersuchen und bestätigen, usw. Also genau das Gegenteil von dem, was Esoterik sonst ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er sich von der sympathischen Magie, die du meinst, inspirieren hat lassen – aber er hat daraus mMn nach etwas neues und interessantes gemacht. Zumindest, wenn es um Fantasy-Literatur geht.

  3. Hoi Florian 🙂 Schätze, ich werd das Buch lesen müssen. Wird schon irgendwo Platz haben. Lese ja seit 1970 im Schnitt wöchentlich 2-3 Bücher, wovon ca. die Hälfte Belletristik der Abteilungen SF und Fantasy ist *g*

    Mit was für Wissenschaften sollte man „magische Sympathien“ untersuchen können?

    Dann hätt ich noch was Wesentliches zu deiner Aussage, dass sich Esoterik grundsätzlich nicht wissenschaftlich bestätigen lasse. Ich erklär dir, woran das liegt. Sobald etwas aus dem Bereich Religion/Esoterik/Magie von der Wissenschaft bestätigt wurde, gilt es automatisch nicht mehr als Esoterik sondern als wissenschaftlich bestätigt. Logisch bleibt nur Unbeweisbares zurück, wenn alles Bewiesene sofort verschoben wird.

    Beispielsweise galt noch vor 20 Jahren als Sympathiemagie und wurde als Aberglaube verschrien und verlacht, was man heute in Psychologie und Neuropsychologie eine „Emotionale Angleichung“ nennt.

    Weiteres Beispiel wären die messbaren Vorgänge in den Gehirnen von Meditierenden. Diese seit Jahrtausenden beschriebenen Effekte, wurden ebenfalls längstens von der Wissenschaft als abergläubischer Humbug deklassifiziert. Bis man im Labor neurologische Veränderungen nachweisen konnte.

    Und was ist mit der gesundheitsfördernden Entspannung durch Yoga und Meditationstechniken? War in den 60ern noch alles Mist und esoterischer Gugus. Heute werden sie von Schuldmedizinern und sogar von Behörden grossflächig gegen Stress und andere Symptome empfohlen.

    Dies, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Ich halte selbst das meiste in der Esoszene für Humbug. Da verschickt einer aus England angeblich Dryaden in dünnen Eibenscheibchen und die kosten Hunderte von Dollars. Im Esoterikforum fragt einer an, wie man Dämonen in Flaschen packen könne, er wolle die gern bei Ebay versteigern. Ein anderer verkauft Voodooseife mit der man sich – nachdem man Böses getan hat – die Hände in Unschuld waschen kann. Den Hammer bis jetzt find ich ja den (Zitat) „handgehäkelten Genital-Transmitter zum Einfangen von Orgon-Energie“. Ein gehäkelter Slip *lol* Ist schon sagenhaft, was die Leute alles glauben und kaufen. Leider schadet dies der ganzen Szene und v.a. denjenigen, die ernsthaft versuchen, die Materie zu erforschen. Drum werfen dann viele Leute die ganze Esoterik, Religion und Magie in eine Schublade und fertig ist. Dabei teilt sich das in Unmengen Kulturen, Zeiten, Schichten und mehr auf.

    Ich denke, die Wahrheit liegt hier – wie meist – irgendwo in der Mitte. Ich kann unmöglich glauben, dass seit Jahrtausenden so viele kluge und ausgeglichene Menschen ihr Leben für abergläubischen Humbug weggeworfen haben. Da steckt mehr dahinter.
    Persönlich halte ich übrigens gar nichts von Religionen, viel vom individuellen selbstgebastelten Glauben und seh mich selbst als Agnostikerin. Ich weiss zwar nicht, wie Elektrizität funktioniert, aber wenn ich auf den Schalter drücke, gibts Licht. Ich weiss zwar nicht wie Magie funktioniert (auch wenn ich ein paar Arbeitshypothesen habe), aber wenn ich sie einsetze, führt sie in ca. 90% aller Fälle zum von mir gewünschten Ziel. Irgendwann werd ich das Warum dazu hoffentlich entschleiern.

    Tja, wie du jetzt sicher bemerkt hast, schreib ich gern und finde jeweils kaum ein Ende. Dein Blog gefällt mir. Bin zufällig drüber gestolpert und werd in Zukunft öfter mal reinschauen.

    Alles Gute dir!
    🙂

  4. @Elli: „Mit was für Wissenschaften sollte man „magische Sympathien“ untersuchen können?“

    Ich habe hier über ein Fantasy-Buch geschrieben – nichts was darin passiert, hat den Anspruch, die Wirklichkeit zu beschreiben. In dieser Welt ist die „Magie“ eben einer rationalen Untersuchung zugänglich. In unserer Welt, der Realität, ist sie das nicht. Da „funktioniert“ es nur dann, wenn man daran glaubt.

    „Ich denke, die Wahrheit liegt hier – wie meist – irgendwo in der Mitte. Ich kann unmöglich glauben, dass seit Jahrtausenden so viele kluge und ausgeglichene Menschen ihr Leben für abergläubischen Humbug weggeworfen haben. Da steckt mehr dahinter.“

    Ich weiß nicht – ich halte das für ein falsches Argument. Die Menschen bringen sich auch seit Anbeginn der Zeit gegenseitig um. Und trotzdem gibt es kaum jemand, der Mordlust für eine erstrebenswerte Eigenschaft hält. Nur weil etwas schon lange gemacht wird, heisst das noch nicht, dass das auch vernünftig sein muss.

  5. Fantasy-Uni? Da fällt mir doch sofort „Big U“ von Neal „Anathem“ Stephenson ein! (Oh, hab ich damit schon ein wenig gespoilert?) Ist ein sehr frühes Buch von ihm und liest sich im Vergleich mit seinen bekannteren Büchern deshalb auch eher wie FanFic – trotzdem ist es extrem lustig! Aber den Stephenson-Fans brauche ich das ja sicher nicht zu empfehlen 😉

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