Heute vor 445 Jahren wurde Galileo Galilei geboren. Und vor 400 Jahren, im Jahr 1609, veränderte er nachhaltig die Welt. Und das kam so…
Zur Zeit Galileis gab es 2 konkurrierende Systeme, die das damals bekannte Universum beschrieben. Einmal war da das alte ptolemäische Weltbild, in dem die Erde im Mittelpunkt stand und alle Himmelskörper sich um sie herum bewegten. Und es gab das neue, kopernikanische Weltbild (das Buch „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ erschien erst knapp 150 Jahre vorher, im Jahr 1543) in dem die Sonne im Zentrum stand und sich alle Planeten um sie herum bewegten.
Beide Theorien beschrieben die Beobachtungsdaten hinreichend gut – es war also bis damals nicht möglich, zu unterscheiden, welche richtig war und welche falsch. Das änderte sich allerdings, als Galileo Galilei 1609 das erste Mal ein Teleskop auf den Himmel richtete.
Der erste Hinweis, den er fand, waren die Monde des Jupiter. Als Galilei den großen Planeten im Fernrohr betrachtete, fand er noch 4 kleinere Himmelskörper, die sich eindeutig um Jupiter herum bewegten (siehe die untere Hälfte des Manuskripts):
Es gab also ganz eindeutig Himmelskörper, die sich nicht um die Sonne bewegten! Aber das war noch nicht eindeutig genug – viele Kritiker des kopernikanischen Weltbildes waren immer noch nicht überzeugt, dass sich deswegen auch alle anderen Himmelskörper um die Sonne bewegten.
Den Umschwung brachte erst eine andere Beobachtung des Galileo Galilei. Es gab nämlich eine Möglichkeit, wie man zwischen Ptolemäus und Kopernikus entscheiden könnte: indem man die Phasen der Venus beobachtet.
So wie der Mond Phasen von Vollmond über Halbmond bis Neumond zeigt, so zeigt auch die Venus Phasen. Die Art und die Abfolge der Phasen unterscheidet sich aber je nach Weltbild. Wenn sich alle Himmelskörper um die Erde drehen, dann sollte die Venus folgende Phasen zeigen:
Nach Ptolemäus durfte die Venus also nur verschieden sichelförmige Phasen zeigen. Wenn allerdings Kopernikus recht hat und die Sonne im Zentrum steht, dann müssen die Venusphasen so aussehen:
Hier werden, wie beim Mond, alle Phasen von Voll- über Halb- bis Neuvenus durchlaufen werden. Allerdings war die genaue Beobachtung der Venusphasen mit freiem Auge bisher nicht wirklich gut möglich gewesen. Galileo hatte aber nun sein Teleskop – und das lieferte ihm folgende Abfolge der Phasen der Venus (untere Hälfte des Bildes):
Und sie dreht sich doch! Auch wenn Galileo diesen Satz in Wahrheit nie gesagt hat – nun war klar: die Erde bewegt sich um die Sonne, das kopernikanische Weltbild ist richtig!
Happy Galileo!
:))
Keine einzige Beobachtung Galileis, weder mit dem Teleskop noch anderer Art, hat das geozentrische Weltbild beweisen können – lediglich die Widerlegung des ptolemäischen Systems aus dem Altertum und ernste Zweifel an seiner philosophischen Grundlage in der aristotelischen Physik (mit einer strikten Trennung von irdischem und himmlischer Quintessenz etc.) waren damit möglich.
Aber die plausibelste Alternative für die meisten Zeitgenossen Galileis – und noch für viele Jahrzehnte – war das tychonische System, bei dem alle Planeten um die Sonne kreisen, diese jedoch um die ruhende Erde. Dass sich diese nicht bewegte, vermied viele scheinbare physikalische Probleme des kopernikanischen Systems. Und dummerweise waren die astronomischen Beobachtungen Galileis, insbesondere auch der Venusphasen, mit dem Tycho-System perfekt kompatibel; geometrisch ist es ja mit dem heliozentrischen identisch, bloss eben physikalisch nicht.
Der Durchbruch des Heliozentrismus kam erst mit der Physik Newtons, die die scheinbar so verrückte Planetenbewegung mit erschütternd simplen Formeln erklären konnte. Und die erste astronomische Beobachtung, die bewies, dass die Erde um die Sonne wandert, war erst die Aberration des Sternenlichts, die Anfang des 18. Jahrhunderts gemessen – und korrekt gedeutet – wurde.
@Daniel: Von „beweisen“ hab ich in meinem Artikel ja auch nicht geschrieben. Ok, der letzte Satz ist vielleicht ein bisschen zu stark formuliert – aber der Artikel ist ja auch keine ausführliche wissenschaftshistorische Abhandlung. Das es auch nach Galileos Beobachtung noch länge gedauert hat, bis sich das heliozentrische Weltbild durchgesetzt hat, ist schon klar. Aber seine Beobachtung der Venus-Phasen war immerhin die erste Möglichkeit, konkret zwischend den beiden Weltbildern zu unterscheiden (das Weltbild von Tycho habe ich nicht erwähnt, stimmt).
Er hat nicht: „Und sie bewegt sich doch!“ gemurmelt?
Wie kann man das so sicher wissen?
Ich mag die Vorstellung von Galileo Galilei als unbeugsamer Rebell. 🙂
Da muss ich doch glatt Werbung für zwei meiner Blogbeiträge machen, die sich genau um dieses Thema drehen 🙂
https://philosophieblog.de/heichele/zum-internationalen-astronomiejahr-2009
https://philosophieblog.de/heichele/der-fall-galilei-galileis-schicksal-wiss
@daniel fische
Ich verschiebe den „Beweis“ meist sogar erst ins 19. Jahrhundert zu Bessel und der Messung der Fixsternparallaxe.
@andylee
Die Prozessakten sind sehr umfangreich – und da steht nix. Also ebenso Legende wie die Fallversuche am Schiefen Turm oder Luthers Thesenanschlag an der Kirchtür…
Danke für die Erinnerung an Galileos Geburtstag!
Aber wo Daniel schon damit begonnen hat, uns die Partylaune zu vermiesen 😉 kann ich mir diesen Kommentar nicht verkneifen:
Dass die jährlich Parallaxe der Fixsterne im 17./18. Jahrhundert nicht messbar war, war wohl ein schwerwiegendes Problem für das Heliozentrische System. Angeblich hat Galileo einfach unter den Teppich gekehrt, dass er keine Parallaxe messen konnte, obwohl seiner Überzeugung nach (aufgrund einer falschen Interpretation des Beugungsscheibchens im Teleskop als Sterndurchmesser) einige Sterne so nahe hätten sein müssen, dass er die Parallaxe hätten feststellen müssen. (Christopher Graney: But Still, It Moves: Tides, Stellar Parallax, and Galileo’s Commitment to the Copernican Theory, Physics in Perspective 10 (2008) 258-268.) Mir ist allerdings nicht ganz klar, ob Graneys Thesen unter Wissenschaftshistorikern als gesichert gelten, ist aber jedenfalls ein interessanter Aspekt der ganzen Geschichte…
@Stefan: Na einigen wir uns einfach darauf, dass Galilei mit seinen Beobachtungen den Grundstein für den Sturz des geozentrischen Weltbilds gelegt hat.
Ich bin mir nicht sicher, ob das tychonische System wirklich so eine große Bedeutung hatte. Tatsache ist doch, dass sowohl durch die Venusphasen (egal ob tychonisch oder heliozentrisch erklärt) und durch die Jupitermonde die aristotelische Physik mit der Erde als Mittelpunkt der „natürlichen Bewegung“ ausgedient hatte. In dem Moment, in dem man das akzeptiert, benötigt man dann auch keine absolut ruhende Erde mehr.
P.S.: Eine hübsche aktuelle Venussichel gibt es hier zu sehen:
https://asterythms.net/blog/?p=55
Wie passt
„Und vor 400 Jahren, im Jahr 1609, veränderte er nachhaltig die Welt.“
mit
„das Buch „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ erschien erst knapp 150 Jahre vorher, im Jahr 1543″
jahresanzahltechnisch zusammen? Ich krieg laufend eine Fehlermeldung.
Danke! Da ist mir wohl ne „1“ vor die 50 gerutscht…
Dreht sich die Erde wirklich um die Sonne? Ich kann doch jeden beliebigen Punkt zum Mittelpunkt machen. Ist vielleicht nicht so anschaulich, ich denke aber nicht sonderlich schwer zu berechnen.
Ist dann das heliozentrische System oder geozentrische Tycho-System nich genauso wahr oder falsch wie unendlich viele andere Systeme?
Was bedeutet dies für die Bewertung der Leistung von Galileo?
@Stefan: Die Langlebigkeit des Tychonischen Weltsystems wird gerade auf der internationalen Astro-Geschichts-Mailingliste HASTRO-L ausgiebig diskutiert – noch bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde es von einigen Autoren wohlwollend behandelt; Mitte des 17. Jh. aber, Jahrzehnte nach Galileis Tod, wurde es meist als dem Copernicanischen gleichwertig betrachtet.
@Thomas: Bessel wusste von Bradleys Nachweis der Aberration des Sternlichts und hat ihn explizit als den ersten anerkannt, der den Heliozentrismus direkt bewiesen hat (was übrigens in Indonesien noch nicht angekommen ist).
Die m.E. beste Darstellung der Durchsetzung des Heliozentrismus hat m.E. schon vor Jahren Owen Gingerich geliefert – dass man dieses Paper vor Beginn des IYA lesen sollte, hatte ich einst hier gefordert.
Der bereits zitierte C. Graney hat übrigens zum Thema eine sehr gelungene Serie von Tafeln für eine Ausstellung entwickelt, die er mir zur Ansicht geschickt hat – demnächst wird er sie hoffentlich auch ins Netz stellen.
@Gregor: rein mathematisch kann es natürlich einige Wege geben, die Beweung der Himmelskörper zu beschreiben. Aber Wissenschaft ist ja nicht nur eine Suche nach einer funktionierenden Beschreibung, sondern auch der Versuch zu verstehen, wie die welt wirklich ist (auch wenn das oft schwerer rauszufinden ist).
@ Florian: Ich sehe es nicht so, dass Wissenschaft die Wirklichkeit beschreiben soll. Ziel ist meines Erachtens ein Modell, welches sich gegen Widerlegungen behauptet. Was ist denn wirklich (die Wahrheit). Sind physikalische Modelle tätsächlich wahr oder nur (auf verschiedenen Ebenen) Vereinfachungen (je nach Anwendungszweck) und Übersetzungen in die menschliche, zugängliche Erfahrungswelt.
Was die Widerlegbarkeit anbetrifft, sind alle Modelle gleichwertig. Was die Einfachheit betrifft hängt es von dem Anwendungszweck des Modells ab. Eine sich um die Sonne drehende Galaxis ist nicht einfach. Eine Sonne, die sich um die Erde dreht (wenn mir die anderen Planeten für eine Fragestellung egal sind) ist einfach und eine super Übersetzung in die menschliche Erfahrungswelt.
@Daniel Fischer
Stimmt, so gesehen hast Du natürlich Recht. Ich war auf der Linie der stets gesuchten Fixsternparallaxe, deren Fehlen als das Standardargument gegen Kopernikus zu dieser Zeit angeführt werden kann.
PS. Um erneuten Missverständnissen vorzubeugen 🙂 Mit „in dieser Zeit“ ist die nach-galileisch-keplersche Zeit (also durchaus Newton, Bradley bis Bessel) gemeint, als die aristotelisch-naturphilosopisch begründete Zurückweisung des Heliozentrismus kaum eine Rolle mehr spielte.
>Heute vor 445 Jahren…
Stimmt auch nicht so ganz. Da war doch der Wechsel von julianischem zu gregorianischem Kalender dazwischen.
>Heute vor 445 Jahren…
–> ist nicht so ganz richtig;
Zitat Wikipedia:
Galileo Galilei (* 15. Februar 1564 in Pisa; † 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz) war ein italienischer Mathematiker, Physiker und Astronom, der bahnbrechende Entdeckungen auf mehreren Gebieten der Naturwissenschaften machte.
hallo erstmal,
da ich ein referat halten muss über den beweiß des heliozentrischen weltbildes aufgrund der venusphasen frage ich mich ob der einzige unterschied beim geozentrischen weltbild „wäre“, dass die venusphasen nie in die „neuvenus“phase kommen also das es keine obere konjunktion gibt?
würde mich freuen wenn mir jemand darauf antworten könnte und mir evtl. kurz schildern kann warum die venusphasen letztendlich den beweiß für das heliozentrische weltbild darstellen
@Mark H.: Die Videos im Artikel haben nicht geholfen? Ansonsten würde ich dir empfehlen, das Buch „Big Bang“ von Simon Singh anzusehen (sollte in jeder guten Bibliothek zu finden sein). Dort findest du das helio/geo-zentrische Weltbild gut und verständlich beschrieben; inklusive aller möglichen „Beweise“.
„Beide Theorien beschrieben die Beobachtungsdaten hinreichend gut …“
Liest man nicht überall, Ptolemäus‘ Modell hätte besser zu den Daten gepaßt, bis Kepler die Elypsen einführte? Ist das auch nur so eine Legende?
Danke für den tip mit dem buch…ich habe es mir ausgeliehen und es war auch sehr hilfreich.
ich frage mich nur noch ob man im ptolemäischen weltbild davon ausging dass sich die planeten alle in einer linie bezogen auf die erde bewegten wie man aus dem ersten video schließen kann
oder ob das lediglich für die erklärung der venusphasen im ptolemäischen system so in dem video dargestellt wurde
Wikipedia ist eine tolle und sehr hilfreiche suchmaschiene aber ich denke auch dass nicht alles richtig ist wass die leute da schreiben!!! Aber eigentlich ist wikipedia eine schöne such maschiene;)
Leonie Schneutz
Ich liebe euch alle
Love
ULOVE Y
@daniel:
ähm… wie kann die aberration eines der systeme beweißen? ist doch egal was sich worum dreht, solange sich die planeten im gleichen maß drehen wird dass selbe ergebnis rauskommen, oder? ich weiß zwar nicht viel über das thema aber diese erklärung klingt mir sehr unlogisch…
@gregor:
kann mich deinen argumenten nur anschließen
g* muff
Brahe traute nur seinen Augen, Galileo nahm das Fernrohr und musste seine Zeitgenossen von der Glaubwürdigkeit des Instrumentes überzeugen. Das wird ihm nicht leichtgefallen sein, bei schlechten Linsen, chromatischen Aberrationen und gerade mal 20facher Vergrößerung.
Gerne würde ich die Venus mal mit „seinen“ Augen sehen. Gibt es irgendwo in den Weiten des Netzes ein paar Photos, die mit einer entsprechend schlechten Optik gemacht wurden?
Tja der Kindergarten hat Ferien…
@Naivi
Soo lange?
@Hans Fischer
Erstens: Wenn überhaupt, dann war er ein aufgeblasener Hurenbock.
Zweitens: Galileis Biographie lässt nicht darauf schließen, dass er – wenn ich Ihre pejorative Bezeichnung „Hurenbock“ so auslegen darf – ein besonders ausschweifendes Sexualleben gehabt hätte. Und selbst wenn, würde dies seine Verdienste um die Wissenschaft in keiner Weise schmälern.
Drittens: Fünf Ausrufezeichen ans Ende eines Satzes zu setzen schickt sich nicht.