„Katastrophal“ nennen die Verantwortlichen an den österreichischen Universitäten die aktuelle finanzielle Lage. Es herrscht akuter Geldmangel. Die in der Regierungsvereinbarung zwischen SPÖ und ÖVP versprochenen Gelder werden nun aufgrund von Budgetproblemen nicht ausbezahlt.
Aber nicht nur die Universitäten haben kein Geld, auch der österreichische Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschungzur wissenschaftlichen Förderung (FWF) ist pleite. Der FWF ist eine staatliche Einrichtung, die Fördergelder für Grundlagenforschung vergibt (analog zur Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Deutschland). Für viele Doktoranden und junge PostDocs ist der FWF die einzige Möglichkeit, Geld für ihre Forschungen zu bekommen – nur leider hat der Fonds nun selbst kein Geld mehr zu vergeben.
Die jährliche kleine Erhöhung der Gehälter der Forscher, die über den FWF angestellt sind, musste vorerst abgesagt werden. Und auch die für nächste Woche geplante Sitzung des Vergabe-Kuratoriums findet nicht statt. Da man nicht weiß, wieviel Geld in Zukunft zur Verfügung steht bzw. ob 2009 überhaupt Geld da sein wird, können vorerst keine Förderungen für neue Projekte beschlossen werden.
Wer sich im österreichischen Forschungsbetrieb auskennt, und weiß, wieviele Leute hier von FWF-Geldern abhängig sind, der kann sich auch vorstellen, was solche Nachrichten bedeuten. An der Unisternwarte in Wien war (und ist) es durchaus normal, dass beispielsweise Doktoranden keine Finanzierung bekommen. Ich selbst bekam damals nur für 4 der 8 Semester meines Doktoratstudiums Geld für meine Arbeit (und selbst während dieser Zeit hatte ich niemals eine volle Doktorandenstelle). Diese Situation wird sich jetzt noch verschärfen, wenn es von der Regierung wirklich kein Geld für den FWF geben sollte.
Aber wehe, die verantwortlichen Politiker dürfen öffentlich über Forschung in Österreich reden. Dann wundert man sich über den „brain-drain“ und die Abwanderung der Forscher ins Ausland. Dann werden wieder große Reden geschwungen, über „Rückholaktionen“ für Wissenschaftler im Ausland, über den „Forschungsstandort Österreich“ und darüber, wie man Österreich „international zu einem Frontrunner machen“ kann. Und auch für das Vorzeigeobjekt der österreichischen Wissenschaftspolitik, das Institute of Science and Technology (IST) Austria, ist anscheinend immer noch genug Geld übrig. Dass man eine Eliteuniversität (die das IST ja werden soll) nicht einfach so aus dem Boden stampfen kann, hat sich bei den Wissenschaftspolitikern in Österreich noch nicht wirklich herumgesprochen. In ein paar Jahren, wenn das IST fertig ist, findet sich vielleicht wirklich der eine oder andere Spitzenforscher, der sich dort ansiedeln will. Wenn der Rest der österreichischen Forschungslandschaft aber weiterhin finanziell ausgehungert wird, dann werden die übrig gebliebenen Forscher am IST sich aber ziemlich bald einsam fühlen.
Spitzenforschung erreicht man nicht durch den Bau neuer Institute! Dazu muss man die Forschung konstant und über lange Zeit vernünftig fördern und dem Nachwuchs ebenso vernünftige und sichere Zukunftsperspektiven bieten! Aber diese Vorstellung hat sich in Österreich leider noch nicht durchgesetzt.
Passend dazu: Tipps für ein billiges Leben bei ScienceBlogs.com
Why am I not surprised.
(Geborener und gelernter Österreicher.)
Was? Auch keine öffentlich geförderte Granderwasser-Forschung mehr? *duckundweg*
Im Ernst, das ist ja unglaublich. Da fehlen mir jetzt die Worte.
Master fertig machen und dann nix wie weg aus Österreich.
Einer der Doktoranden in unserer Arbeitsgruppe an der Universitätssternwarte ist sogar gezwungen ganz den Job zu wechseln…
Au weia! Warum fallen mir jetzt nur die Sonntagsreden unserer eigenen Politiker ein?
Es gibt ein ganz einfaches Kriterium, mit dem man feststellen kann, ob heiße Luft geredet wird oder nicht. Immer dann, wenn mit Anglizismen jongliert wird, ist nur heiße Luft im Spiel. Die Sprache der modernen Scharlatane ist Denglisch. Das gilt auch für Debatten in Sachen Bildung. Aber aus der Umbenennerei resultieren keine Lösungen. Es verschwinden lediglich die negativen Konnotationen der dt. Begriffe. Aber in Wirklichkeit bleibt die Misere die selbe.
Aua!
Schon wieder ein Patzer der Regierung…. naja, ich trau mich fast nichts gegen diese Regierung sagen, weil sonst ist bei der nächsten der Strache oben 😉
Übrigens: FWF steht für „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“. Wieso er dann nicht FFWF heißt, ist natürlich eine gute Frage…
„Eliteuni“ ist aber kein Anglizismus, und „(Maria) Gugging“ schon gar nicht. Nicht einmal „Kompetenzzentrum“ <speib> ist ein Anglizismus…
<sing>We don‘ need no — ejucation — …</sing>
@ E. Bernd:
*Die Sprache der modernen Scharlatane ist Denglisch.*
Sehr schön. Den klau ich mir, ja? Bei uns heißen neuerdings alle Fachbereiche „Departments“.
Ja die Beamten 😉 Ich hab in einem anderen Bereich mit Politikern und Beamten zu tun – aber nicht nur mit Denglisch wirds lustig.
In einem meiner neuen Projekte gehts um die Einrichtung von Kompetenzzentren – Vorschlag des zuständigen Beamten: das kann man doch abkürzen – seiner Meinung nach am besten mit den beiden Anfangsbuchstaben von K ompetenz und Z entrum und war erstaunt, dass ich das nicht soooo optimal gefunden hab….
da bleibt mir nur noch Shakespeare: „Der Rest ist Schweigen“
@Birgit: Na ist doch ganz einfach; nimm die jeweils ersten beiden Buchstaben. „KoZe“ klingt doch auch nicht schlecht 😉
Ja da geht er hin der Traum von der Karriere als Forscher in Österreich…
Da werde ich schon mal anfangen dass „I’m from Austria“ zu üben, damit man dann im Ausland gut ankommt.
Der Ex-ÖVP Chef Erhard Busek findet vernünftige Worte zu diesem Skandal. Leider hat er in der Partei nicht mehr viel zu sagen…
Ach Du liebe Güte, und ich dachte, es sei nur in Deutschland so schlimm. :-/
@Birgit, Florian: „FoZe“ für Forschungszentrum find ich auch nicht schlecht… Und unsere neue Uni-Bibliothek heißt imposant „Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum“ (IKMZ), da gab es auch mal Verwirrung über die Reihenfolge der Namensteile – „IMKZ“ klingt nicht sehr gemütlich.
Florian, es wird Dich „erfreuen“, daß anderswo gefordert wird, größere Brötchen zu backen: “The American Physical Society boosted their wish list for science from $1.5 billion to $3.5 billion after being told by the Obama team to ‘think bigger.’” (Ok, eine “wish list” ist natürlich noch keine Zusage.)