Jeder der sich auf die eine oder andere Weise mit Astronomie beschäftigt, trifft früher oder später auf die Sternbilder. Oft gehören sie sogar zu den ersten Dingen, mit denen man sich beschäftigt. In der professionellen Astronomie sind sie heute von geringer Bedeutung und nur noch von historischem Interesse (sie tauchen eigentlich nur noch bei der Benennung der Sterne auf). Aber das Erkennen von Sternbildern und das Aufsuchen der Bilder am Himmel ist immer noch sehr beliebt – und vor allem macht es viel Spaß, auf diese Weise den Nachthimmel zu beobachten.

Sternbilder

Aber was genau sind Sternbilder? Die Sterne, die wir mit freiem Auge sehen können, sind mehr oder weniger willkürlich am Himmel verteilt. Bestimmte Gruppen von Sternen sehen oft so aus, als würden sie zusammengehören. Manchmal ist das auch so: man nennt das dann Sternhaufen. Ein Beispiel dafür sind die Plejaden:

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Die Sterne in dieser auffälligen Gruppe, die auch mit freiem Auge gesehen werden kann,
sind alle etwa gleich weit von der Erde entfernt (440 Lichtjahre) und alle etwa gleich alt (100 Millionen Jahre). Sie sind zur gleichen Zeit entstanden und bilden einen echten Sternhaufen.

Auch diese Gruppe – Collinder 339 – wirkt so, als würden die Sterne zusammen gehören:

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In Wirklichkeit haben diese Sterne allerdings keine Gemeinsamkeiten – sie bilden nur zufällig und scheinbar eine Gruppe. So eine scheinbare Ansammlung von Sternen nennt man Asterismus.

Solche Asterismen gibt es haufenweise. Das liegt daran, dass wir die Verteilung der Sterne nicht dreidimensional wahrnehmen können. Wir sehen sie nur als zweidimensionale Projektion an einer imaginären Himmelskugel. Und diese zufällige Verteilung der Sterne hat die Menschen schon seit Jahrtausenden inspiriert. Genauso, wie man in vorüberziehenden Wolken Gestalten und Dinge erkennen kann, hat man auch die Sterne am Himmel zu Figuren angeordnet:

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Dunhuang Sternenkarte aus China (700 n.Chr)

In eine willkürliche Anordnung von Punkten kann man natürlich alles mögliche hinein interpretieren. Deswegen gibt es auch keine Übereinstimmungen zwischen den Sternbilderen der einzelnen Völker und Zeiten. Meistens hatten sie aber mit Religion und Mythologie zu tun.
Viele der Sternbilder der Antike haben bis heute Bestand: Orion, Cepheus, Auriga, Andromeda – das alles sind nicht nur Namen aus der griechischen Mythologie sondern auch Sternenkonstellationen am Himmel, die schon von Eratosthenes und Ptolemäus beschrieben wurden. Über Ptolemäus‘ großes Werk (den Almagest) wurden sie bis ins Mittelalter überliefert und dort von den europäischen Astronomen aufgegriffen.

In der Neuzeit begannen die Astronomen aus Europa auch damit, die Sterne des Südhimmels zu beschreiben. Hier entfernte man sich von der antiken Mythologie und zelebrierte bei der Benennung der Sternbilder die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik. Die Südsternbilder tragen deshalb Namen wie Teleskop, Schiffskompass, Pendeluhr oder Luftpumpe (für diese technische Namen war vor allem der französische Astronom Nicholas Louis de Lacaille verantwortlich).

Bis zu Beginn des 20. Jahrhundert gab es keine verbindlichen Regeln, was die Sternbilder betraf. Verschiedene Leute veröffentlichten verschiedene Definition. Julius Schiller publizierte beispielsweise 1627 seinen Coelum Stellatum Christianum in dem er die „heidnischen“ Sternbilder der Antike durch christliche Bilder ersetzte:

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Julius Schiller: Sternbild XL – Noahs Arche

Viele Hofastronomen veröffentlichten eigene Himmelskarten mit Sternbildern, mit denen sie ihre jeweiligen Herrscher ehrten. Dazu gehört z.B. das Sternbild Taurus Poniatovii – der königliche Stier von Poniatowski oder Frederici Honores (Friedrichs Ruhm) zu Ehren von Friedrich dem Großen.

Besonders kurios sind die Sternkarten von Alan Patrick Herbert, der 1944 das Buch „A better sky, or, name this star“ veröffentlichte. In seinen Karten finden sich Sterne mit Namen wie Hitler, Kublai Khan oder Mussolini die Teil des Sternbilds „Die Tyrannen“ sind. Washington, Roosevelt und Lincoln gehören zum Sternbild der „Vereinigten Staaten“ und Stalin und Tolstoi zu „Russland„. Grimm, Anderson, Alice und Puck bilden die „Kinderecke„. Hier ist Herberts komplette Karte (anklicken zum Vergrößern):

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Die 88 Sternbilder der IAU

Auf der ersten Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) schlug 1922 der amerikanischen Astronom Henry Norris Russell eine verbindliche Liste von 89 Sternbildern vor. Eine minimal geänderte Liste mit 88 Sternbildern wurde dann schließlich akzeptiert. 1925, bei der zweiten Generalversammlung wurde der belgische Astronom Eugéne Delporte damit beauftragt, die Grenzen dieser Sternbilder festzulegen, damit in Zukunft jeder Punkt des Himmels einem konkreten Sternbild zugeordnet werden konnte. Schließlich wurde Delportes Liste 1928 auf der dritten Vollversammlung offiziell angenommen. 1930 wurde Delportes Katalog veröffentlicht („Delimitation Scientifique des Constellations„). Eine Liste dieser 88 Sternbilder findet man z.B. bei Wikipedia.

Sternzeichen

Und was ist mit den Sternzeichen? Die heißen offiziell eigentlich Tierkreiszeichen und es handelt sich dabei um 12 Bereiche entlang der scheinbaren Bahn der Sonne um die Erde (die sg. Ekliptik). Ihre Namen beruhen auf 12 Sternbildern des Zodiaks. Dieser Zodiak (oder Tierkreis) ist ein 20 Grad breiter Streifen um die Ekliptik herum, die in dessen Mitte liegt. Die Tierkreiszeichen haben allerdings nur noch dem Namen nach mit den zugehörigen Sternbildern zu tun.

Die Astrologen, die die Tierkreiszeichen verwenden, haben die Ekliptik in 12 gleich große, jeweils 30 Grad durchmessende Abschnitte, eingeteilt. Die wirklichen Sternbilder die man an der Ekliptik findet, haben allerdings jeweils unterschiedliche Größen. Außerdem liegt noch ein dreizehntes Sternbild in der Ekliptik (Ophiuchus bzw. Schlangenträger), das von der astrologischen Einteilung ignoriert wird.
Zusätzlich führt die Präzession der Erdachse (eine Schwankung die von der Anziehungskraft des Mondes verursacht wird) dazu, dass sich die wahre Position der Sternbilder im Laufe der Zeit von der Position der Tierkreiszeichen unterscheidet. Vor etwa zweitausend Jahren stimmten beide noch mehr oder weniger überein. Das heisst, die Sonne stand, während sie sich in einem bestimmten Sternbild befand, auch meistens im entsprechenden Tierkreiszeichen. Heute hat die Präzession der Erdachse zu einer Verschiebung geführt, so dass, wenn die Sonne zwar z.B. im Sternbild Löwe steht die Astrologen immer noch von der „Sonne in der Jungfrau“ sprechen.

Die Sternzeichen haben also mittlerweile nichts mehr mit der tatsächlichen Position der Himmelskörper und Sterne am Himmel zu tun – eine Tatsache, die von den Astrologen gerne ignoriert wird.

10 Gedanken zu „Sternbilder und Sternzeichen“
  1. Ganz toller Post, Florian, natürlich stimmt das mit den Astrologen nicht, aber das macht nichts, weil der Post sonst wunderbar ist. Hab ich Dir aber eigentlich schon wiederholt erklärt, und eigentlich wolltest Du darüber auch was lesen. Wenn Du willst, erklär ich´s schnell nochmal: Die Tierkreiszeichen der Astrologen folgen der Tag- und Nachtgleiche und sind nach dem Sonnenlauf ausgerichtet. Ist ja auch logisch, wenn die Sonne in der Astrologie das Wichtigste ist. Demnach ist O Grad Widder in der Astrologie und dem tropischen Tierkreis und auf der nördlichen Halbkugel immer die Tag- und Nachtgleiche im Frühjahr. Das mit der Einteilung in zwölf Tierkreiszeichen hat auch seinen Sinn. Wenn Bedarf besteht, erklär ich auch das.

    Mit herzlichen Grüßen!

  2. @Markus: „Wenn Bedarf besteht, erklär ich auch das.“

    Danke – Bedarf besteht zwar nicht. Aber du hast ja ein eigenes Blog – wie wärs mal mit einer Serie über deine „Theorie“ der Astrologie? Wäre sicher interessant.

    Und ich habe nie daran gezweifelt, dass die Astrologen sich Erklärungen zu dem Problem der Präzession ausgedacht haben. Vermutlich gibt es auch „gute“ astrologische Gründe, warum in den Horoskopen die Stellung der Planeten überhalb bzw. unterhalb der Ekliptik ignoriert wird?

  3. Das die Sternbilder in der professionellen Astronomie heute von geringer Bedeutung sind mag ja richtig sein, aber für uns Amateuastronomen sind sie nach wie vor von großer Bedeutung. Denn sie stellen eine wichtige Orientierungshilfe am Sternhimmel zum Auffinden der Objekte dar. Klar in Zeiten von GoTo- und GPS-gesteuerten Teleskopen mag das archaisch anmuten, aber wenn ich meinen Dobson in den Hof stelle kann ich auf die Sternbilder nicht verzichten und gerade das selber finden macht ja den eigentlichen Reiz aus. 😉

  4. Die Geschichte der Sternbildnamen, sowohl die aus der Mytholofie als auch die aus der Neuzeit ist zuweilen unterhaltsam.
    Eine Geschichte, in der alle 88 Sternbilder erwähnt werden, z.T. versteckt, z.T auch an den Haaren herbeigezogen, findet sich hier: members.aon.at/arztek63
    (Sie wurde vor ca 2 Jahren geschrieben, der Autor verneint jedoch vehement eine etwaige Prophezeiung einer alkoholisierten Phaeton-Fahrt !)

  5. @Astrotux: Deswegen hab ich ja auch extra von der „professionellen“ Astronomie geschrieben 😉 Aber auch die meisten Berufsastronomen schätzen die Sternbilder und haben Spaß an deren Beobachtung

    @ali: Danke, das klingt interessant.

  6. Mal ne blöde Frage, wie siehts denn mit den Sonnennamen aus ? Für Nebel und Galaxien gibts ja die NGC Einteilung, aber die Sonnen sind doch nach wie vor nach den Sternbildern benannt, oder ? (z.B. Alpha Orionis, Alpha Centauri).

    Für mich Hobbyastronomen mit seinem wackligen 10 Zöller sind die Sternbilder schon wichtig, sonst könnte ich nichts finden wenn ich mal bei Bekannten Eindruck schinden will 🙂 und alles vorher immer genau ausrichten und ausleveln um dann mithilfe von Skalen das gewünschte Objekt zu finden ist schlicht unromantisch (lol).

    Die Reaktion von Menschen die das erste Mal mit eigenen Augen den Saturn und seine Ringe sehen ist schon bemerkenswert. Der Grundtenor ist (fast) immer: ‚ Wow, der hat ja wirklich Ringe‘.

  7. @Ronny und florian:
    Für keine Flamsteed-Nummer der Welt würde ich so nette Sternnamen eintauschen wie ZUBENELGENUBI. Schon das Synonym „alpha librae“ fällt dagegen klar ab.

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