Vorgestern habe ich ja schon einen Beitrag über die Suche nach dunkler Materie am LHC in CERN geschrieben. Passend dazu möchte ich heute aktuelle Ergebnisse der astronomischen Beobachter vorstellen die sich mit der Verteilung und den Eigenschaften von dunkler und normaler Materie beschäftigen.
Das lässt sich besonders gut an kollidierenden Galaxienhaufen untersuchen. Schon vor 2 Jahren machten Astronomen wunderbare Aufnahmen des Bullet-Clusters:
Das Bild ist eine zusammengesetze Aufnahmen und zeigt in rot die Bereiche in denen sich normale Materie befindet (heißes Gas; beobachtet durch seine Abstrahlung im Röntgenbereich) während die blauen Bereiche anzeigen, wo sich die dunkle Materie befindet (abgeleitet aus dem Gravitationslinseneffekt)
Nun haben Astronomen den Galaxienhaufen MACS J0025.4-1222 beobachtet und konnten die Ergebnisse aus der Untersuchung des Bullet-Clusters bestätigen. Marusa Bradac von der University of California in Santa Barbara und ihre Kollegen haben ihre Ergebnisse in einem Artikel mit dem Title: „Revealing the properties of dark matter in the merging cluster MACS J0025.4−1222“ veröffentlicht der im Astrophysical Journal erscheinen wird. Für ihre Beobachtungen benutzten sie die Weltraumteleskope Hubble und Chandra. Sie erhielten ähnliche Aufnahmen wie beim Bullet-Cluster:
Credit: X-ray(NASA/CXC/Stanford/S.Allen); Optical/Lensing(NASA/STScI/UC Santa Barbara/M.Bradac)l
Auch hier sieht man eine klare Trennung zwischen normaler Materie (rot) und dunkler Materie (blau). Diese besondere Verteilung entstand durch die Kollision zweier Galaxienhaufen. Als zwei Galaxienhaufen zu MACS J0025.4-1222 verschmolzen, kollidierte das heiße Gas aus beiden Haufen miteinander und wurde abgebremst. Nicht aber die dunkle Materie die mit sich selbst bzw. normaler Materie nur wenig bzw. gar nicht interagiert (ausgenommen gravitative Wechselwirkungen)! Deswegen findet sie sich nun in den äußeren Bereichen während die normale Materie im Zentralbereich des Haufens blieb.
Diese Beobachtungen zeigen, dass der Bullet-Cluster kein Einzelfall ist und das sich die dunkle Materie tatsächlich so verhält, wie man es vorhergesagt hatte.
Oha „wie man es vorhergesagt hatte“.
Ist mir etwas entgengen oder gibt es schon mathematisch fundierte theorien,
die das verhalten dunkler materie „vorhersagen“ kann.
Und das auch noch ohne gravitative wechelwirkungen????!
In dem in der ersten Zeile verlinkten, zwei Tage alten Artikel sind doch die Kandidaten für dunkle Materie besprochen worden, lies den doch einfach mal.
Und es braucht nun keine neuen Theorien, um aus gravitativer Wechselwirkung, bestimmt durch den Gravitationslinseneffekt, auf eine Massenverteilung zu schließen.
@Tors10: Wie Joerg schon richtig gesagt hat: Es gibt Theorien (selbstverständlich mathematisch fundiert) die sich mit dunkler Materie beschäftigen. Dieser Artikel (der auch im Artikel verlinkt ist) erklärt ein wenig was dazu.
Und was meinst du mit „Und das auch noch ohne gravitative wechelwirkungen????!“?
ich meine folgende tatsache:
dunkle materie übt eine gravitative interaktion auf baryonische
als annahme, damit der zusammenhalt der galaxien vorhersagbar ist.
aber die beobachtungen zeigen, dass die dunkle materie mit sich selbst
anders interagiert und durch gravitation allein nicht mehr beschrieben werden kann.
und für diese anormalie ist mir bisher keine fundierte theorie bekannt
wenn es dafür eine theorie gibt, bitte den namen oder ein link
@Tors10: Ich würde vorschlagen, Du schickst uns den Link, wo Du Deine Behauptung untermauerst, dass die Dunkle Materie mit sich anders interagiert.
Bislang ist nämlich die Beobachtungen am besten beschreibende Modell das Lambda-CMD-Modell.
Meine Quelle ist https://xxx.lanl.gov/PS_cache/arxiv/pdf/0706/0706.3048v1.pdf
da gehts um den Kollisionshaufen abel 520.
Habe leider keine dt. Übersetzung gefunden 🙁
Aber ab 4.2. wird es interessant.
Da widerspricht die Konzentration von 2 DM-Spots
den Erwartungen, die man an ein gewöhlichen Kollisionhaufen hat.
Man vermutet lediglich komplexe Mehrkörpersystematik oder WIMPS als Ursache;
– konnte damit aber die Situation noch nicht mit Simulationen oder Experimenten verifizieren (noch geplant).
@Tors10:
Die Arbeit hier versucht eine Obergrenze für die Wechselwirkungsrate von Dunkler Materie mit der baryonischen/normalen Materie anzugeben, weil das alles ist, was man überhaupt sehen kann. Das bedeutet, so stark ist die Wechselwirkungsrate „höchstens“. Das vergleichen sie mit der Wechselwirkungsrate von Teilchen, die über die Schwache Wechselwirkung (eine der 4 Grundkräfte) interagieren. Man nennt diese Teilchen WIMPS. Deren berechneten Wechselwirkungsraten liegen deutlich unter der Obergrenze. Das bedeutet, dass diese Teilchen demnach mögliche Kandidaten für die dunkle Materie sind.
So und Gravitation, eine weitere der 4 Grundkräfte ist noch einmal um Größenordnung kleiner als die Schwache Wechselwirkung, um die es hier geht. Und kann deswegen genauso wenig ausgeschlossen werden. Ganz im Gegenteil. Vielmehr ist es so, dass wenn die Dunkle Materie über die Schwache Wechselwirkung miteinander interagieren, auf jeden Fall auch über die Gravitation interagieren muss.
Ich verstehe jetzt nicht wirklich, was Du mit „Mehrkörpersystematik“ als Ursache meinst. Ich hab den Eindruck, Du verwechselst Ursache und Wirkung. Denn vielmehr wird die Mehrkörperinteraktion herangezogen, um zu bestimmen, welcher Natur die interagierenden Körper sind.
Hilft Dir diese Erklärung weiter?
@Tors10: Im Übrigen beziehen sich die Autoren ausdrücklich auf das Lamba-CMD bzw. kurz CMD-Modell. Hast Du vermutlich überlesen, weil es in einem Nebensatz steht. Das ist inzwischen so sehr „state of the art“, dass nur wenige Astrophysiker heutzutage gesondert drauf hinweisen, sondern es als bekannt voraussetzt. Solche Arbeiten sind ja auch immer an ein Fachpublikum gerichtet.
In der Arbeit ist 4.2 auch nur eine Randbemerkung,
da man eben mit CDM-Simulationen nicht hinreichend
erklären konnte, wie eine solche Verteilung überhaupt
zustande kommt. Zumindest habe ich das so übersetzt/
verstanden.
Mit Mehrkörpersystematik wäre diesem Fall eine
Drei-Körper-Wechselwirkung die elegantere Übersetzung.
Und soweit ich weiss, ist das auf Lichtjahrdistanzen nur noch
über die Gravitation möglich .
Bisher gab es leider noch keine Statements, dass Simulationen
die Situation überhaupt rekonstruiren konnten. Hatte das
daher so interpretiert, dass man Abell520 noch nicht
berechnen konnte.
@Tors10: Trenne bitte CMD und Simulationen. CMD ist ein theoretisches Modell. Das kann man zwar Simulationen zu futtern geben, aber das alleine reicht nicht. Du musst erst mal die Randbedingungen festlegen und wenn Du die nicht kennst und das ist hier der Fall, dann funktioniert die Simulation nicht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass das zugrundeliegende CMD-Modell falsch ist.
Danke das Detail machts sehr einleuchtend.
Bei Theorien/Modelle unterscheide ich persönlich
nicht in richtig oder falsch, da wir durch begrenzten
Experimental- und Beobachtungsrahmen nie alle Fälle
abdecken können. Wollte daher auch nicht sagen, dass
CDM falsch oder richtig ist. Nur dasses nicht alles erklärt.
Falls mal neue Ergebnisse/Beobachtungen von diesem
bizarren Haufen auftauchen, wär ich erfreut die hier zu
lesen. Bin sehr gespannt darauf.