Gestern habe ich über das „direct imaging“ -. also die direkte Beobachtung – von extrasolaren Planeten berichtet. Und da ich ja an der Sternwarte Jena direkt an der Quelle bin* (mit Markus Mugrauer, Ralph Neuhäuser und Tobias Schmidt sitzen die (Mit)Entdecker der potentiellen Planeten von GQ Lupi und CT Cha quasi gleich am Schreibtisch nebenan) habe ich die Chance genutzt, sie mal zu diesem Thema zu befragen.

Mit Markus Mugrauer habe ich über die Chancen und die Probleme des direct imaging gesprochen; Tobias Schmidt hat mir dann genaueres über die kürzlich entdeckten potentiellen Planeten der Sterne 1RXS J160929.1-210524 und CT Cha erzählt.

Direct Imaging

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Hallo Markus! Fast alle der über 300 bekannten Planeten wurde ja mit Radialgeschwindigkeitsmessungen bzw. Helligkeitsmessungen (Transitmethode) der Sterne entdeckt. Wird direct imaging irgendwann so erfolgreich bei der Planetensuche werden wie die indirekten Methoden?

Die direkte Detektion eines Planeten, also dessen Abbildung neben seinem Mutterstern stellt eine viel grössere Herausforderung dar als die heute bereits erfolgreichen indirekten Planeten-Detektionsverfahren. Bei der direkten Planetendetektion muss eine sehr hohe
räumliche Auflösung und zudem ein extrem hoher Kontrast erreicht werden. Dies ist heute mit Teleskopen der 10m-Klasse in Kombination mit einer Adaptiven Optik bereits möglich. Planeten mit mehreren Jupitermassen in Orbits mit einigen dutzend Astronomischen Einheiten Radius um sehr junge Sterne können bereits detektiert werden. Da Planeten recht schnell auskühlen und dunkler werden ist ihre Detektion um alte Sterne dagegen heute noch nicht möglich.

Der Bau grösserer Teleskope wie z.B. das Extremely Large Telescope (ELT)  mit verbesserter adaptiver Optik kann dann aber Planeten auch eng am Stern detektieren; sicher jedenfalls um junge Sterne. Weltraummissionen wie DARWIN (geplant für 2015) können Planeten auch um alte Sterne herum finden. Wie man sieht wird das aber noch eine ganze Weile dauern. Dann ist aber sicher direct imaging genauso erfogreich wie die indirekten Methoden – wenn man animmt dass enge heisse jupiterähnliche Planeten genauso häufig sind wie normale jupiterähnliche Planeten.

Kann man eine Prognose abgeben, wann nun wirklich der erste echte Planet um einen sonnenähnlichen Stern direkt gesehen wird?

Das ist vielleicht schon passiert. Es gibt heute bereits eine Hand voll guter Kandidaten. Das Problem ist hier jedoch die Bestimmung der Parameter dieser Objekte. Hauptproblem ist, dass Alter und Entfernung des Sterns meist nicht sehr präzise bekannt sind. Die Masse wird zudem aus Modellen bestimmt, bei denen nicht getestet werden kann ob sie die Eigenschaften der Objekte wirklich genau beschreiben. So sind die abgeleiteten Masseangaben noch nicht sehr exakt und hängen zudem vom verwendeten Modell und dem Alter der Sterne ab.

Könnten außerirdische Astronomen mittels direct imaging auch die Planeten in unserem Sonnensystem sehen?

Ja. Wie bereits oben erläutert: wenn sie entsprechende Satellitenmissionen durchführen bzw. Grossteleskope mit sehr guter adaptiver Optik bauen können sollten sie auch die Planeten der Sonne sehen können (jedenfalls die Gasriesen)

Wieso haben eigentlich andere Sterne Planeten, die so weit von ihrer Sonne entfernt sind und unsere Sonne nicht?

Nun, wir kennen ja nur genau ein Sonnensystem das so aufgebaut ist wie unser eigenes aber bereits mehr als 250 in denen Planeten ganz weit innen vorkommen („heiße Jupiter“). Dies ist der Fall da die indirekten Nachweismethonde besonders empfindlich auf diese Art von Planeten reagiert. Umgekehrt ist direct imaging besonders sensitiv bei Planeten die weit von ihrem Stern entfernt sind da diese einfacher direkt zu beobachten sind als die nahen Planeten. Man kann deine Frage also sogar erweitern und fragen warum die anderen Sterne Planeten haben die so extrem nahe bzw. so weit entfernt sind und unsere Sonne aber nicht.

Um aber auf die gestellte Frage zu antworten – da gibt es zwei Theorien:

Erstens: die Planeten sind auf sehr exzentrischen Orbits die sie weit weg vom
Stern führen, wo sie sich relativ lange aufhalten und dann von uns beobachtet werden können. Alle Planetenkandidaten die bisher gefunden wurden kreisen um junge Sterne die sich noch in Sternentstehungsregionen befinden. Da kommt es häufig zu engen Begegnungen zwischen Sternen und dabei können die Planetenbahnen stark gestört werden. Das führt zu exzentrische Umlaufbahnen. So könnte auch unsere Sonne einmal einen so weit entfernten Planeten gehabt haben der dann später aus dem Sonnensystem heraus geschleudert wurde.

Zweitens: Die Planeten haben sich direkt dort draußen gebildet. Das ist möglich wenn die Scheiben aus denen sich die Planeten gebildet haben andere Eigenschaften aufweisen als die Scheibe die einst die Sonne umgeben hat.

Was sind die Hauptprobleme des direct imaging bei der Suche nach Exoplaneten?

Der hohe Helligkeitsunterschied zwischen Planet und Stern und der geringe Winkelabstand zwischen Planet und Stern. Außerdem stört die Luftunruhe (Seeing) extrem durch die hindurch der Planeten-Mutterstern beobachtet werde muss.

Was sind die Vorteile gegenüber den anderen, indirekten Methoden?

Es können Planeten gefunden werden die weit von ihrem Stern entfernt sind und die durch Radialgeschwindigkeits- bzw. Helligkeitsmessungen nicht gefunden werden können. Mit der Kombination aller Methoden (direct imaging und indirekte Methoden) kann man dann den gesamten Abstandsbereich abdecken!

Die direkte Abbildung erlaubt außerdem eine spektro-photometrische Analyse des  Planeten die wichtige Informationen über die Zusammensetzung seiner Atmosphäre liefern kann.

Zusätzlich kann man durch längere astrometrische Messungen die genaue Planetenbahn bestimmen.

Können wir die Exoplaneten irgendwann auch einmal wirklich sehen? Also nicht nur Aufnahmen im Infrarotbereich machen sondern im sichtbaren Licht und dann vielleicht auch die Oberflächen der Planeten erkennen?

Mit den geplanten Weltraum Missionen sollte dies möglich sein. Natülich kann die Oberfläche eines Planeten dann auch nicht direkt aufgelöst werden, Doch mittels Photo- und Spektroskopie kann die Atmosphäre des Planeten näher untersucht werden. Dann läßt sich z.B. auch feststellen, ob dort Leben existiert oder nicht.

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten!

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CT Cha und 1RXS: 2 neue Planeten?

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Tobias Schmidt hat vor kurzem einen extrasolaren Planeten der den Stern CT Cha umkreist direkt beobachtet (siehe Bild oben). Astronomen aus Kanada haben vor ein paar Tagen die „erste“ direkte Beobachtung eines Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern (1RXS J160929.1-210524) bekannt gegeben. Ich habe mit Tobias darüber gesprochen ob es sich bei diesen beiden Objekten wirklich um Planeten handelt.

Ist das Objekt das die Kanadier bei 1RXS entdeckt haben nun ein Planet oder nicht?

Bisher gibt es leider keinen Konsens bzw. keine Definition der Insternationalen Astronomischen Union über die obere Massengrenze von Planeten. (Die untere Massengrenze wurde ja in der letzten Generalversammlung festgesetzt, was u.a. dazu führte, dass Pluto jetzt ein Zwergplanet ist).
Für die obere Massengrenze von Planeten gibt es neben mehreren Möglichkeiten, die folgenden beiden meist erwähnten: Entweder bei etwa 13 Jupitermassen (d.h. dem Massenlimit für Fusion von sog. Deuterium, also schwerem Wasserstoff) oder bei etwa 30 Jupitermassen (d.h. der sog.
brown dwarf desert (desert = Wüste), da in diesem Massenbereich deutlich weniger braune Zwerge bei Radialgeschwindigkeitssuchen gefunden wurden). Das könnte ein Hinweis der Natur sein, dass Objekte mit mehr als etwa 30 Jupitermassen so wie Sterne entstehen, also braune Zwerge sind, aber Objekte unterhalb von etwa 30 Jupitermassen planetar entstehen, also Planeten sind.

Laut der Massenäbschätzung der Kollegen in Kanada (Lafreniere et al.) von 7 bis 12 Jupitermassen ist das von Ihnen gefundene Objekt demnach sicher ein Planet oder zumindest ein Objekt planetarer Masse, da der Abstand zu seinem Mutterstern von rund 50 Milliarden km sehr groß ist im Vergleich zur Bahn von Neptun (mehr als zehn mal so groß).

Im Fall des Objekts von Lafreniere et al. sehen wir derzeit noch 4 Probleme:

(1) Die Veröffentlichung ist bisher noch nicht von einer Fachzeitschrift akzeptiert und daher noch nicht eingehend geprüft worden.
(2) Es gibt bisher nur ein Bild, daher konnte noch nicht gezeigt werden, dass sich die Objekte gemeinsam am Himmel bewegen und somit zusammengehören.
(3) Es wurden noch nicht die neuesten synthetischen Modelle mit verbesserter Berücksichtigung von Staubbildung benutzt. Bei 1800 K (der abgeschätzten Temperatur des Objekts) spielt jedoch der Staub eine entscheidende Rolle für die Form des Spektrums und ist daher maßgeblich dafür verantwortlich ob das Objekt die angegebene Temperatur tatsächlich besitzt.
(4) Gleiches gilt für die bisher nicht abgeschätzte Extinktion (Rötung) des Objektes. Wir wissen aus Photometrie und Spektroskopie, dass eines der Vergleichsobjekte Rötung besitzt, die noch nicht berücksichtigt wurde.

Aus diesen Gründen könnte die Masse des Objektes auch höher sein. Aufgrund unserer bisherigen Untersuchungen von anderen Objekten vermute ich daher, dass das Objekt mehr als 10 Jupitermassen schwer ist. Bereits aufgrund der in der Veröffentlichung angebenen Fehler, ist daher nicht mehr eindeutig entscheidbar, ob es sich um einen braunen Zwerg oder Planeten handelt, d. h. es handelt sich erstmal nur um einen Planetenkandidaten (wie z. B. GQ Lupi b oder AB Pic b, derne Entdeckung beide 2005 veröffentlicht wurden).

Und wie sieht es mit dem Objekt aus das du bei CT Cha entdeckt hast?

Bei dem sub-stellaren Begleiter bei CT Cha verhält es sich ählich. Unsere beste Massenabschätzung ergibt 17 +/- 6 Jupitermassen. Daher können wir leider noch nicht unterscheiden, ob es sich um einen weiten braunen Zwerg Begleiter oder einen planetaren Begleiter handelt. Aufgrund seiner besten Massenabschätzung und seinem recht grossen Abstand von 66 Milliarden km von seinem Mutterstern erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass sich der Begleiter sternähnlich geformt hat und wäre dann eher ein brauner Zwerg. Das muss durch weitere Beobachtungen in der Zukunft untersucht werden.

Was ist denn eigentlich der Unterschied zwischen den „Planeten“ von 1RXS und CT Cha?

Zunächst unterscheidet sich das Alter der Muttersterne und somit der Begleiter. Beide sind sehr jung und gerade erst entstanden (die Sterne kontrahieren noch). CT Cha ist ca. 2 Mio. Jahre jung und 1RXS ist ca. 5 Millionen Jahre jung. Die Begleiter haben lediglich einen geringen Unterschied in ihrem Abstand zum Mutterstern. CT Cha b befindet sich ca. 66 Milliarden km entfernt, während es bei 1RXS ca. 50 Milliarden km von Mutterstern zu Begleiter sind.
Weitere Unterschiede finden sich in Anzahl der bisher ermittelten und bestätigten Eigenschaften der beiden Objekte. Für CT Cha konnten wir bereits bestätigen, dass sich der Stern CT Cha und sein Begleiter in die gleiche Richtung am Himmel bewegen. Für 1RXS muß dies innerhalb der nächsten Jahre noch getan werden um zu zeigen, dass beide Objekte somit wirklich zusammengehören. Ob die Objekte umeinander kreisen ist bisher nicht meßbar, da dies in beiden Fällen mehrere tausend Jahre für einen Umlauf dauern wird.

Wie bestimmt man überhaupt die Masse eines Planeten beim direct imaging?

Es gibt prinzipiell mehrere Möglichkeiten, die Masse des Begleiters zu bestimmen. Das ist entscheidend, um feststellen zu können, ob es ein Planet oder brauner Zwerg oder massearmer Stern ist. Nachdem ein Begleiterkandidat gefunden wurde, wird von dem Objekt ein Spektrum aufgenommen. Im Gegensatz zu den mit indirekten Methoden gefundenen Planeten ist das ist beim direct imaging möglich da man unterscheiden kann, welches Licht von dem Begleitobjekt stammt und welches vom Stern. Man kann dann theoretisch ausrechnen, wie ein Spektrum eines bestimmten Objektes aussieht, d.h. wie die Helligkeit von der Wellenlänge abhängt, wenn man Oberflächenschwerkraft (abhängig von Masse und Radius), Temperatur und chemische Zusammensetzung vorgibt. Solche Rechnungen haben z.B. unsere  Ko-Autor/inn/en Prof. Peter Hauschildt und Dipl-Phys. Sören Witte aus Hamburg und Dr. Christiane Helling aus St. Andrews in Schottland durchgeführt. Durch Vergleich des beobachteten Spektrums kann man dann feststellen, welche Werte ein Begleiter hat, also u. a. die Temperatur messen (und in unserem Fall auch die Extinktion). Mit anderen theoretischen Modellen kann man ausrechnen, wie sich die von außen messbaren Eigenschaften eines Objektes wie Leuchtkraft und Temperatur verändern, während es entsteht, also aufgrund eigener Schwerkraft kontrahiert. Dabei muss man wieder Masse, Temperatur und chemische Zusammensetzung vorgeben. Solche Rechnungen führen z.B. Kolleg/inn/en in Frankreich und den USA durch, die wir nutzen. Die Temperatur des Begleiters ist dann bereits aus dem Spektrum bestimmt. Aus der gemessenen Helligkeit und der bekannten Entfernung kann man die Leuchtkraft berechnen. Aus obigen Modellen und den nun bekannten Werten für Temperatur, Leuchtkraft und Alter kann man dann die Masse abschätzen. Wir kommen für den von uns gefundenen Begleiter mit dieser Methode auf eine Masse zwischen 11 und 23 Jupitermassen. Das bedeutet, dass es sich entweder um einen direkt abgebildeten Planeten oder einen weiteren braunen Zwerg handelt.

Kann man feststellen, woraus die Planeten bestehen? Ähneln sie den großen Planeten in unserem Sonnensystem?

Hierfür kann das Spektrum benutzt werden. Da das Licht des Objektes in seine Wellenlängenanteile aufgespalten wird, können wir einen Teil der Elemente sehen, welche in dem gemessenen Wellenlängenbereich im Infraroten Teile des Lichts absorbieren. Wir haben so unter anderem Wasserstoff, Kalium, Natrium und Wasserdampfabsorption im Spektrum von CT Cha gefunden.
Man muss nun jedoch bedenken, dass alle Planeten im Sonnensystem weit älter sind als die Objekte, die in anderen Sternsystemen gefunden wurden. 4,5 Milliarden Jahre alt ist ca. Jupiter, während die gefundenen Objekte wenige bis einige zehn Millionen Jahre alt sind. Das liegt daran dass man meist bei jungen Sternen nach Begleitern sucht. Dann strahlen nämlich auch die jungen Begleiter selbst im Infrarot da sie noch kontrahieren und somit Energie gewinnen. Je älter sie werden, desto weniger Energie wird von ihnen abgestrahlt und desto mehr werden sie von den nahen Muttersternen überstrahlt.
Der Aufbau scheint jedoch bisher sowohl massearmen Sternen, braunen Zwergen und auch ein wenig den großen Planeten des Sonnensystems zu ähneln. Da sie aber jünger sind und damit heißer, können sich viele Moleküle, die in den großen Planeten unseres Sonnensystems vorkommen noch nicht bilden.

Wie lange muss man beobachten um so einen Planeten zu finden?

Gewöhnlich braucht man für ein Bild eines Sterns ca. 20 Minuten bis zu einer Stunde (wobei mehrere tausend Bilder in dieser Zeit gemacht und kombiniert werden) um überhaupt ein Objekt bei einem (!) Stern finden zu können. Da jedoch nicht jeder Stern einen solchen Begleiter hat, müssen viele Sterne auf diese Weise abgesucht werden. Wir suchen bei allen jungen, nahen Sternen so nach Begleitern. Das sind einige hundert.
Um zu zeigen, dass sich die Objekte gemeinsam am Himmel bewegen, braucht man dann noch weitere Aufnahmen von dem System einige Jahre später.
Um dann die Masse abschätzen zu können wird meist ein Spektrum gemacht,
was wiederum wenige Stunden dauert. Dafür sind sehr große Teleskope nötig (am besten bei Teleskopen mit 8 – 10 Meter großen Spiegeln) um die nötige Winkelauflösung zu haben. Außerdem wird für solche Suchen sog. adaptive Optik verwendet um die Luftunruhe auszugleichen.

Wie groß muss ein Planet mindestens sein, um direkt beobachtet zu werden? Kann man auch so kleine Planeten wie die Erde „sehen“?

Derzeit kann man Planeten bis herunter zu einer Jupitermasse mit den großen Teleskopen (8-10m Spiegel) finden. Einen erdähnlichen Planeten könnten wir derzeit nicht finden, wobei auch die jupiterähnlichen Planeten sehr weit von ihrem Stern entfernt sein müssen, um sie sehen zu können. Natürlich wird an besseren Instrumenten und Reduktionsmethoden gearbeitet, um noch kleinere und leuchtschwächere Objekte sehen zu können.

Zum Schluss habe ich noch eine Frage zur Wissenschafts-PR: Ist es besser mit der Veröffentlichung so einer Entdeckung jahrelang zu warten bis alles bestätigt ist? Oder soll man – so wie nun bei 1RXS – auch schon vorläufige Ergebnisse veröffentlichen – auch wenn die Gefahr besteht dass es sich dann doch nicht um einen Planeten handel?

Das wird verschieden gehandhabt. Bei der Europäischen Südsternwarte ist es so, dass nur akzeptierte, d.h. eigehend geprüfte Veröffentlichungen für einen Pressemitteilung in Erwägung gezogen werden. Natürlich ist es sehr interessant neue und wichtige Ergebnisse zeitnah zu veröffentlichen, es birgt jedoch stets das Risiko, dass sich nach eingehender Prüfung herausstellt, dass unter Umständen wichtige Gegebenheiten noch nicht bekannt waren, die zu veränderten Ergebnissen führen, wie z.B. ob sich die Objekte am Himmel gemeinsam bewegen. Tun sie das nicht, kann es sich durchaus um ein weiteres massenarmes Mitglied der Sternengruppe handeln oder sogar einen Hintergrundstern, der nicht gravitativ an den untersuchten jungen Stern gebunden ist.
In den letzten Jahren wurde bei manchen Konferenzen darüber diskutiert, wann man veröffentlichen soll, bzw. welche Evidenz mindestens vorliegen sollte. Man einigte sich auf folgende kleine Liste:

  • Gemeinsame Bewegungsrichtung am Himmel („common proper motion“). Dies war bei den ersten Publikationen von 1RXS und 2M1207 nicht der Fall, jedoch bei GQ Lupi und CT Cha.
  • Ein Spektrum des Begleiters sollte vorhanden sein
  • Ein Vergleich mit den theoretischen Modellen sollte gemacht werden

Vielen Dank und viel Glück bei der weiteren Suche!


*Im Moment arbeite ich nicht an meinem Arbeitsplatz sondern an der Sternwarte. Zuhause habe ich nämlich kein Internet (Kann mir irgendjemand erklären, was am einrichten eines neuen Telefon- und Internetanschlusses 3-4 Wochen dauern soll? Die müssen ja wohl nicht erst die Leitungen neu verlegen…)

10 Gedanken zu „Interview mit den Planetenjägern“
  1. @isnochys: Tja, wenn im Text „LHC“ nicht vorkommt, dann interessiert es im Moment wohl niemanden. Dabei könnte man doch z.B. schön über die letzte Antwort von Tobias diskutieren: Was ist besser? Spektakuläre aber unbestätigte Entdeckungen gleich veröffentlichen? Oder abwarten und erst an die Öffentlichkeit gehen wenn alles abgesichert ist (auch mit der Gefahr, dass andere einem in der Zwischenzeit zuvor kommen).

    Ich könnte ja auch den Kanadiern Bescheid sagen, dass die Astronomen aus Jena hier öffentlich ihren Planeten bezweifeln – vielleicht gibts dann zumindest nen schönen Streit? Aber ob die deutsch können?

  2. Planeten sind eben nicht sexy genug.
    Die fallen uns ja im Moment nicht aufn Kopf!
    🙂

    Aber ich fand, der Artikel war als Info recht schön, jedoch regt er mich nicht zur Diskussion an.
    Mehr als ..“hmm..das hab ich noch nicht gewußt“ kann ich nicht sagen.
    Und wenn ich sowas immer in den Kommentaren schreibe, komm ich ja zu garnix mehr
    😉

    Tja, ich sags schon seit Jahren, Latein muß als Wissenschaftsprache eingeführt werden, dann haben die Kanadier auch keine Probleme mehr mit dem Lesen:)

  3. @florian: Dann mach ich mal den Anfang. Das Problem ist wohl Aufmerksamkeit contra Glaubwürdigkeit.

    Kandidaten gibt es viel mehr als echte Planeten und solange man immer wieder betont, dass es „nur“ Kandidaten sind, ist es auch nicht falsch. Wenn es eben falsch ist, dann lässt man die Sache still und leise im Sand verlaufen. Who cares? Einige wenige Informierte könnten vielleicht die Nase rümpfen, aber sonst?

    Die andere Schiene birgt einige Gefahren, vor allem, wenn die Öffentlichkeit PR ala Amerika gewöhnt ist.

    Die Corot-Leute sind erst Anfang dieses Jahres mit einem Paper öffentlich gegangen, in dem sie ein paar Kandidaten rausgaben. Die hatten wohl Angst, weil die Community schon etwas von Scheitern der Mission murmelte. Weil die eben lieber auf Nummer sicher gehen. Was natürlich bedeutet, dass es dann lange Zeit still ist und die Öffentlichkeit nicht mitkriegt, dass hinter den Kulissen fieberhaft gearbeitet wird.

    Andererseits meinte ein Kollege von mir, dass es mit dem Wissen über Exoplaneten „draußen“ eh nicht weit her ist. Es gibt sogar Naturwissenschaftslehrer, die irgendwie noch nicht mitbekommen haben, dass es überhaupt so etwas wie Exoplaneten entdeckt wurde. Viele sind völlig falsch informiert über den Stand der Forschung.

    Also ist ein bisschen mehr PR vor allem in Europa täte dem Feld durchaus gut.

  4. @Ludmila: „Es gibt sogar Naturwissenschaftslehrer, die irgendwie noch nicht mitbekommen haben, dass es überhaupt so etwas wie Exoplaneten entdeckt wurde.“

    Ich hab auch schon viele Leute getroffen, denen nichtmal der Unterschied zwischen Stern/Planet/Galaxie klar war. „Exoplanet“ macht für die dann gar keinen Sinn mehr.

    Ich hätte ja prinzipiell kein Problem damit auch vorläufige Ergebnisse öffentlich zu machen. Also im aktuellen eben: „Möglicher Planet direkt beobachtet“ oder so. (Das war ja auch mehr oder weniger die Überschrift der Gemini-Pressemeldung). Das Problem ist halt dann, was die Medien aus diesen Meldungen machen. Da wird dann ganz schnell das „Möglicher“ gestrichen und ne falsche Information verbreitet – und die Wissenschaftler sind wieder die blöden. Wir hatten damals noch in Wien ne Pressemiteilung rausgebracht. Wir hatten damals berechnet, ob in einem Exoplanetensystem rein dynamisch gesehen noch Platz für erdähnliche Planeten wäre. Das war der Fall und das haben wir auch so in die Mitteilung geschrieben. In den Zeitungen kam dann nur noch „Österreicher entdeckt erdähnlichen Planet“ an.
    Das Problem ist halt, das in den Medien (und für die schreibt man ja Pressemitteilungen) nur das dramtische zählt. „möglicherweise“ und „vielleicht“ ist da uninteressant. Und um solche Mißverständnisse schon von Anfang an auszuschliessen, veröffentlichen eben viele Wissenschaftler anscheinend lieber keine vorläufigen Ergebnisse.

  5. @florian: Und genau dieser vorauseilende Gehorsam ist doch irgendwie albern. Wenn einige Journalisten nicht lesen können, dann ist das doch deren Problem.

    Klar, man sollte auch aufpassen, dass es nicht zu reißerisch rüberkommt bzw. bei bestimmten Reizwörtern aufpassen. Aber man kann doch nicht von vornherein Selbstzensur üben, weil es irgendjemand falsch verstehen könnte.

  6. @Arno: Das ist ganz unterschiedlich. Sobald man einigermassen interessante Neuigkeiten hat, kann man im Prinzip anfangen sie unter die Leute zu bringen (Pressemiteilung, Konferenzvortrag, etc). Für eine echte Veröffentlichung muss das ganze dann aber natürlich ordentlich ausgearbeitet und abgesichert werden. Ist so ein Artikel dann einmal eingereicht dann veröffentlichen ihn viele auch gleich schon als preprint. Viele Wissenschaftler warten aber mit allem (Presse, preprint, Vortrag) solange bis sie einen akzeptierten Artikel vorliegen haben…

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