Asteroiden können gefährlich sein. In der Vergangenheit der Erde kam es immer wieder zu Kollisionen mit kleineren aber auch größeren Objekten aus dem All. Und auch in Zukunft werden solche Zusammenstöße stattfinden.
Im Gegensatz zu anderen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche nehmen Asteroideneinschläge aber eine Sonderstellung ein. Wir können ein Erdbeben nicht verhindern; einen Vulkan nicht von einem Ausbruch abhalten oder einen Tsunami stoppen. Aber der Einschlag eines Asteroiden auf der Erde kann aktiv verhindert werden! Das ist die einzige große Katastrophe die der Mensch selbst verhindern kann.
Das Wissen und die Technik wie man so etwas bewerkstelligen kann, existiert im Prinzip schon (ich habe auch hier schon einmal darüber geschrieben). Trotzdem würde so ein Unterfangen immer noch extrem aufwendig und kompliziert sein.
Die ASE – Association of Space Explorers (eine internationale Vereinigung von Astronauten) hat sich vor einigen Tagen mit diesem Thema beschäftigt. Letzte Woche wurde ihr Bericht „Asteroid Threats: A Call for Global Response„ veröffentlicht.
Darin werden einige wichtige Punkte angesprochen. Ausgehend von der Tatsache dass durch neue und bessere Teleskope in den nächsten 10 bis 15 Jahren immer mehr potentiell gefährliche Asteroiden entdeckt werden können stellt sich die ASE folgende Fragen:
- Wer wird für die Evakuierung des prognostizierten Einschlagsgebiet zuständig sein und aufgrund welcher Informationen wird man solche Entscheidungen treffen?
- Wie wird die Öffentlichkeit reagieren, wenn es sich widersprechende Prognosen für einen Einschlag gibt?
- Welche Abwehrtechniken existieren und wer wird ihren Einsatz befehlen?
- Wer übernimmt die Verantwortung, wenn eine Abwehr nicht funktioniert?
- Wer entscheidet darüber ob es akzeptable ist, das Risiko für einige Menschen zeitweilig zu erhöhen um es für die Allgemeinheit zu eliminieren?
- Wie klein darf ein Asteroid sein damit wir ihn ignorieren können?
- Wer übernimmt die Kosten für die Abwehr eines Asteroiden?
- Wer wird die Mission durchführen?
- Was passiert wenn 2 Weltraumagenturen sich widersprechende Missionen planen?
Für dieses Konglomerat aus wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Fragen existieren bis jetzt keine Antworten. Um bei der Asteroidenabwehr erfolgreich zu sein müssen diese Fragen aber schon vorher beantwortet sein um im Fall des Falles schnell und vernünftig reagieren zu können. Es muss sofort gehandelt werden können; lange internationale politische Debatten um Zuständigkeiten und wissenschaftliche Diskussionen um das korrekte Vorgehen kann man sich hier nicht leisten. Mit ihrem Bericht möchte die ASE einen Prozess in Gang setzen an dessen Ende ein klar ausgearbeitetes Regelwerk für den Fall eines drohenden Asteroideneinschlags steht (vergleichbar zu den jetzt schon vorhandenen Notfallprozeduren bei Weltraummissionen).
Bei einer bevorstehenden Kollision kann nur inter- bzw übernational gehandelt werden (Ich habe hier schon einmal über die Schwierigkeiten beim aktuellen, unkoordinierten Vorgehen geschrieben). Deswegen will die ASE die UNO damit beauftragen die entsprechenden Aktionen zu koordinieren. Dazu gehören nach Meinung der ASE drei Hauptaufgaben:
- 1) Einrichtung eines weltweiten Netzwerks zur Untersuchung und Beobachtung der Bahnen von erdnahen Asteroiden. Dadurch wird sichergestellt, dass eine mögliche Bedrohung frühzeitig bekannt wird und das alle relevanten Stellen darüber informiert werden.
- 2) Eine spezielle Gruppe soll sich mir der vorhandenen Technik der Asteroidenabwehr beschäftigen bzw. neue Techniken entwickeln. Dabei sollen alle interessierten und dazu fähigen Weltraumorganisationen eingebunden werden. Wird über das Beobachtungsnetzwerk eine konkrete Gefahr festgestellt dann gibt diese Gruppe einen entsprechenden Plan für eine Abwehrmission aus.
- 3) Beide oben genannten Funktionen sollen von einer speziellen Gruppe in der UNO beaufsichtigt und koordiniert werden. Diese Gruppe soll auch die internationalen Richtlinien für das gesamte Vorgehen entwickeln.
Der Bericht soll der UNO 2009 vorgelegt werden. Er endet mit den Worten:
Die Association of Space Explorers und ihr Gremium für die Asteroidenabwehr sind sicher dass die internationale Gemeinschaft zukünftige Asteroideneinschläge abwehren kann wenn ein Programm für ein gemeinsames Vorgehen existiert. Die Association of Space Explorers und ihr Gremium sind sich aber ebenfalls sicher dass unsere Gesellschaft unter den Effekten eines zukünftigen Einschlags leiden wird wenn es zu keiner internationalen Einigung über ein gemeinsames Vorgehen kommt. Dieses Leid wird noch durch das Wissen verstärkt werden, dass die Verluste an Menschenleben, wirtschaftliche Verluste und eine lang andauernde gesellschaftliche Zerrüttung abgewendet hätten werden können. Wenn sich die wissenschaftliche Forschung und die internationalen Organisationen aber heute dem Problem zuwenden, dann können sie Wege finden um so eine Katastrophe zu vermeiden. Wir können es uns nicht leisten uns dieser Verantwortung zu unterziehen.
Klare Worte!
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Leider ist zu befürchten, dass solche gemeinsamen Anstrengungen durch die komplizierten Ränkespiele in der weltweiten Politik spätestens in den nationalen Bürokratien hängen bleiben. Ich jedenfalls habe bis jetzt noch keinen Politiker getroffen, der auch nur ansatzweise über die Thematik der erdnahen Asteroiden im Bilde war, geschweige denn, sie ernst nimmt
Noch eine hübsche Zahl: Als ich vor gut zehn Jahren in die Astrometrie von erdnahen Asteroiden eingestiegen bin, wies das MPC in seiner Statistik
https://www.cfa.harvard.edu/iau/lists/Unusual.html
gerade mal rund 100 Potentially Hazardous Asteroids aus. Heute sind es laut dieser gleichen Liste genau 978 PHAs. Aber natürlich nicht, weil da die wundersame Asteroidenvermehrung stattgefunden hat, sondern weil die Suchtechniken weiter perfektioniert wurden, vor allem in den USA. Allein diese Zahl sollte den Politikern auch bei uns zu denken geben. Aber eben: Die sind jetzt damit beschäftigt, den von verantwortungslosen Bänkern verursachten Finanzsumpf mit Steuermitteln zu sanieren, auf dass uns dann schon in wenigen Jahren eine weitere Börsenblase beglücke. Schöne neue Welt …
Es ist ganz einfach: Wenn man die Gefahr nicht am eigenen Leib verspürt oder sie nur eine Randgruppe in der Gesellschaft betrifft, wird sie einfach ignoriert. Ich bin mir sicher, dass in den nächsten 20 Jahren nichts in diese Richtung unternommen wird.
Beispiel: Man weiß seit 30 Jahren (Stichwort Ölkrise), dass man sich nach alternativen Ressourcen umsehen muss und man fängt jetzt erst langsam an, weil die Ölpreise enorm gestiegen sind. Man hat solange nichts getan, bis es nicht mehr ignoriert werden kann.
So funktioniert auch die österreichische Politik.
@Bettina: Der Vergleich mit der Ölkrise ist gut. Allerdings nicht ganz exakt denke ich. Hier haben wir im Prinzip ja schon alle Möglichkeiten: Wir haben funktionierende Solar- und Windkraftwerke; es gibt Elektroautos etc. Es ist halt nur noch zu „unbequem“ umzusteigen. Und auch die Öllobby wird kein großes Interesse an einem schnellen Ausstieg haben. Solange Benzin immer noch die einfachste und bequemste Möglichkeit ist, wird sich da nicht viel tun. Aber wenns dann irgendwann wirklich knapp wird, wird der Umstieg vermutlich sehr schnell gehen, denke ich.
Aber bei den Asteroiden müsste man wirklich noch viel Forschung reinstecken. Das Grundwissen wäre zwar auch hier da – aber wie es angewendet werden soll ist noch völlig unklar. Da muss man wirklich vorbereitet sein. Aber die Politiker denken ja meistens nicht weiter als bis zur nächsten Wahl – und damit wird es schwer solche langfristigen Projekte in Angriff zu nehmen…
Ich bleibe jedenfalls auf unserer Sternwarte und auch in externen Vorträgen weiter dran, in dem ich das Thema der NEAs und die Impaktrisiken immer wieder thematisiere. ich weiss ja schliesslich auch aus der Praxis heraus, wovon ich rede. Bei den Medien hingegen muss man höllisch aufpassen, dass die Sachinformationen nicht aufgeblasen werden und dass man selber nicht als Protagonist des Weltuntergangs dargestellt wird. Journalisten haben da ihre eigenen Methoden, nur gerade auf das Spektakuläre anzuspringen…
Florian hat natürlich auch recht mit seiner Feststellung, dass bei den Asteroiden noch viel Forschungsarbeit nötig ist. Doch das Thema ist für unsere Gesellschaft derart abstrakt und im eigentlichen Wortsinn „weit weg“, dass da zumindest bei uns noch lange nichts gehen wird. Allenfalls wird eine Kommission gegründet, die mit viel Blah-blah das Problem mal gründlich erörtert, einen umfassenden Bericht erstellt, der dann irgendwo tief in einer Amtsschublade verschwindet und ruhig vor sich hin schlummert. Es sind nicht mal so sehr die Politiker, die hier nichts tun, sondern die Bürokraten. Und die gibts überall – auch in den Wissenschaftsbetrieben …
@Markus: Ich glaube genau das ist das Hauptproblem: Was passiert wenn das Öl alle ist kann sich jeder vorstellen. Aber ein Asteroideneinschlag ist für so gut wie alle extrem abstrakt und kaum vorstellbar. Umso besser das es Leute gibt die so wie du hier Aufklärungsarbeit leisten!
In Vorträgen mit jungen Menschen, namentlich mit jungen Erwachsenen, initiere ich noch ganz gerne mal eine Diskussion, in dem ich die Frage stelle: „Was würdet ihr tun, wenn morgen gemeldet würde, ein grösserer Asteroid sei im Anflug und schlage nächste Woche, nächsten Monat bei uns ein?“ Da wird anfänglich immer etwas gefrotzelt. Es kommen Antworten so im Stil „noch alles Geld verjubeln“, „das Leben nochmals richtig geniessen“, „all das noch tun, was ich bis dahin immer wollte, aber nie durfte“, „zur zweiten Freundin noch eine dritte zutun“ usw.
Und erst nach dieser „Aufwärmphase“ kommen die Leute dann ernsthaft zur Sache: Da werden Gedanken eingeworfen, ob man sich durch einen Suizid dem zu erwarteten Schrecken entziehen sollte. Und was tun wohl die Angehörigen, die Freunde? Und wie ist das eigentlich ganz grundsätzlich mit unserem Lebenesende, das uns allen ja mit oder ohne Asteroid mit absoluter Gewissheit droht? Auch das Thema Religion schwappt hier häufig mit hinein ein, wobei ich mir manchmal nicht so sicher bin, ob da die sich als Gläubige zu erkennen gebenden Vortragshörer ein solches Endzeitszenario gelassener tragen würden. Kurz und gut: Man landet in solchen tiefgründigen Diskussionen häufig in Gedanken, die wir im Alltag meist verdrängen und die in uns nicht nur Ratlosigkeit erzeugen, sondern oft auch Angst hinterlassen.
So bilde ich mir ein, dass ich dann aus diesen Diskussionen heraus doch ziemlich nachdenkliche Zuhörer entlasse, bin mir allerdings auch bewusst, dass diese Nachdenklichkeit inmitten der Alltagshektik mit ihren doch sehr konkreten Herausforderungen nicht sehr lange anhält.