Vor kurzem gab es bei Scienceblogs schon eine heiße Diskussion um die kürzlich geschaffene „Homöopathie-Professur“ an der Charité Berlin. Claudia Witt wird dort nun – bezahlt von der Carstens-Stiftung (deren Ziel u.a. die Förderung der Homöopathie ist) – über Homöopathie und andere alternative Heilmethoden forschen; mit dem Ziel diese Lehren in den normalen medizinischen Betrieb einzubauen.

Österreich ist Deutschland da allerdings schon einen Schritt voraus! Im Landeskrankenhaus Klagenfurt befindet sich ein „Komplementär Medizinisches Zentrum (KMZ)„.

„Das Komplementär-Medizinische Zentrum ist im Chirurgie-Gebäude des LKH
Klagenfurt untergebracht. Das Angebot umfasst derzeit 23 renommierte
und durch ein Gremium geprüfte Experten“

berichtete die Kleine Zeitung am Mittwoch.

Auf der Homepage des KMZ kann man sich die „geprüften Experten“ auch ansehen. Die Leute dort können wirklich viel: Homöopathie, Reiki, Qi Gong, Klangschalenmassage, Nambudripad`s Allergie Eliminations Technik, EFT-Emotional Freedom Techniques, Neuraltherapie, Physioenergetik und vieles mehr…

All das soll am LKH Klagenfurt zum Einsatz kommen:

„Uns geht es um eine sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin“

sagt Dr. Erfried Pichler, der Koordinator des KMZ.

Dr. Pichler schreckt auch nicht davor zurück, krebskranke Kinder mit Homöopathie zu behandeln:

„Die Homöopathie ist in meinem medizinischen Wirken der wichtigste
Therapiebestandteil neben Chirotherapie und konventioneller Medizin.
Seit 1997 zusätzlich zur konventionellen Therapie Behandlung von an Krebs erkrankten Kindern am LKH Klagenfurt“

Immerhin bekommen die Kinder noch eine normale Behandlung – da kann die Homöopathie nicht allzuviel Schaden anrichten.

Ich finde es aber schon einigermassen erschreckend dass so eine geballte Ladung an Pseudomedizin in einem immerhin staatlich geführten Landeskrankenhaus stattfinden kann! Auch wenn die Patienten diese „Therapien“ selbst bezahlen müssen – dem kritischen Denken ist diese Situation nicht wirklich zuträglich. Wenn es in einem Krankenhaus angeboten wird, dann muss es doch funktionieren, oder? So werden zumindest viele Patienten denken.

Es bleibt zu hoffen, dass diese Kombination aus Medizin und Pseudomedizin in Klagenfurt nicht allzuviel Schaden bei den Patienten anrichtet.

Etwas Gutes hat die Integration der alternativen Medizin in das Landeskrankenhaus jedenfalls: es sollten immer genügend vernünftige Mediziner anwesend sein, die ein Auge auf die Homöpathen, Klangschalenmasseure, Reik-Meisterinnen und ihre Kollegen haben können…

16 Gedanken zu „Homöopathie am LKH Klagenfurt“
  1. *Ich finde es aber schon einigermassen erschreckend dass so eine geballte Ladung an Pseudomedizin in einem immerhin staatlich geführten Landeskrankenhaus stattfinden kann!*

    Esoteriker haben eben schon immer gute Lobbyarbeit gemacht, das muss man einfach anerkennen. Wissenschaftler sehen Außendarstellung oft als Nebensache (im Sinne von „die Ergebnisse sprechen ja für sich“), während Homöopathen keine Ergebnisse haben und gerade deswegen fleißig die Werbetrommel rühren.

  2. @Fischer: Da geb ich dir absolut recht! Was Vermarktung und Öffentlichkeit angeht, sind die Esoteriker den Wissenschaftlern gewaltig voraus! (leider)

    @Klaus: Also ich will nicht verallgemeinern – ich kenn einige sehr nette und sehr vernünftige Kärntner. Aber auch mich lässt das Gefühl nicht los, dass dieses Bundesland irgendwie immer leicht daneben ist 😉

  3. Im Buch „Die andere Medizin“ der Stiftung Warentest sind die Beurteilungen der genannnten Methoden meist eindeutig negativ. Nicht empfehlenswert, keine Beweise, usw.
    Ich habe allerdings auch noch eine ältere Ausgabe dieses Buches. Beide Ausgaben sind aktuell, denn in der Zeit zwischen Auflagen hat sich ja eigentlich nichts, und auch die Homöopathie nicht, geändert, aber die Beurteilungen in der letzten Ausgabe erscheinen „juristisch“ ausgefeilter. Dies wird wohl deshalb sein, weil die A.u K. Szene nicht zimperlich ist. Aber es darf zum Trost gesagt werden, dass Prof. Edzard Ernst zu den Begutachtern zählt und es wird schwer sein, seine profunden Kenntnisse der Unkenntisse zu widerlegen.

  4. *Auch wenn die Patienten diese „Therapien“ selbst bezahlen müssen – dem kritischen Denken ist diese Situation nicht wirklich zuträglich.*

    Kritisches Denken ist das Letzte, was hilft, wenn’s einem dreckig geht. Schließlich geht es um Genesung und Heilung. Da ist Wohlfühlen und Ernst genommen werden ein wichtiger Faktor. Und der ist klar auf Seiten der Komplementär-Mediziner: https://www.heise.de/tr/artikel/110778

  5. *Auch wenn die Patienten diese „Therapien“ selbst bezahlen müssen – dem kritischen Denken ist diese Situation nicht wirklich zuträglich.*

    Kritisches Denken ist das Letzte, was hilft, wenn’s einem dreckig geht. Schließlich geht es um Genesung und Heilung. Da ist Wohlfühlen und Ernst genommen werden ein wichtiger Faktor. Und der ist klar auf Seiten der Komplementär-Mediziner: https://www.heise.de/tr/artikel/110778

  6. @epicykel: Das mit dem „Wohlfühlen“ ist ein wichtiges Thema das bei dieser Thematik immer wieder angesprochen wird. Das mit dem „kritischen Denken“ hat sich ja auch nicht unbedingt gerade auf die Patienten bezogen sondern eher auf die Allgemeinheit.
    Und generell würde ich es auch für besser halten, wenn die normale Medizin dafür sorgen würde, dass sich die Menschen wohlfühlen. Wie gesagt, das kann bei der Heilung eine gewichtige Rolle spielen. Allerdings ist der Mangel an Zeit, die die Ärzte ihren Patienten widmen können eher ein Problem des Gesundheitssystem und nicht der Medizin an sich. Ich verstehe es, dass sich viele Menschen deswegen den alternativen Methoden zuwenden weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen. Man darf aber dabei nicht vergessen, dass diese „Heiler“ keine Heilung erzielen können, die über den Placebo-Effekt hinausgeht bzw. teilweise (wie z.B. die Neuraltherapie ) regelrecht gefährlich sein können! Auch wenn manche Menschen sich bei alternativen Heiler wohler fühlen als bei Ärzten: es wird ihnen hier etwas vorgespiegelt was nicht den Tatsachen entspricht und ihnen werden u.U. falsche Hoffnungen gemacht. Das kanns ja wohl auch nicht sein! Hier bräuchte es eine Änderung im Gesundheitssystem und mehr Ärzte die mehr Zeit für ihre Patienten haben.

  7. @ al
    Ich darf Ihnen allen versichern, dass der Konsumentenschutz in Österreich mit dieser Art Pseudomedizin wirklich keine Freude hat. Und das ist klar, denn diese Art von Abzockerei entzieht sich, weil unter dem Schutz klassischer Medizin ausgeführt, effektiv jeglicher Nachprüfung.

    Es geht hier nicht um Wohlfühlen oder nicht, sondern darum, dass die Anpreisung und die Ausübung objektiv unwirksamer Therapien eigentlich als Betrug angesehen werden kann. Im Sinne einer Ethik oder Moral könnte man schon zitieren: Was Du nicht willst, das dir man tut, das füg auch keinem andern zu. Wenn Sie in eine Heilpraxis gehen, dann wollen Sie doch eine Therapie haben und kaufen, die kraft ihrer spezifischen Methodik nachweisbar wirkt, und nicht nur einzig und allein deshalb, weil Sie im Kopf daran glauben. Der Staat hat sich im Bereich der A.u.K. Medizin vollkommen verabschiedet, seine Bürger irgendwie vor Übervorteilung zu schützen.

  8. Zu den homöopathischen Brötchen:
    „Die Homöopathie nimmt an, dass diese Wasserwirbel auf natürliche Weise Selbstheilungskräfte entwickeln. Die langkettigen Molekülverbindungen aus Schmutz werden in einem Wirbel extrem beschleunigt und gestreckt, so dass sie auseinanderfallen.“

    Eine Frage an die mitlesenden Profi-HomöopathInnen:
    Nach wie vielen Verwirbelungen potentiert sich denn die Wirkung der auseinander gebrochenen Schmutzpartikel? Wird das Brot entsprechend gekennzeichnet? Und ist D3-Brot dann gesünder oder nebenwirkungsreicher als D1-Brot?

  9. Leider habe ich über den zitierten Wasserreinigungshomöopathen im Internet nichts gefunden. Eine Diskussion über den angedeutenden Wirkmechanismus und überhaupt erachte ich als sinnlose Zeitverschwendung. Da kommt mangels konkretisierbarer Fakten nichts heraus, was logisch ist, denn das Erfolgsgeheimnis liegt in schönen Worten für nichts. Diese schönen Worte werden von den einen richtigerweise als Dogmen interpretiert, das sind nicht weiter hinterfragbare Glaubenssätze, und von anderen als leere Phrasen klassifiziert. Und Phrasen sind einmal dazu da, dass jeder jeder seinen Sinn oder Unsinn hineindenken kann.
    Die interessante Ebene ist die Ebene der Psychologie. Hier liegt das Erfolgsgeheimnis der Homöopoathie und von A.u.K..
    Der Fokus sollte also auf die Wünsche und Ängste der Menschen gerichtet werden, die für H. sowie A.u.K empfänglich sind. Warum wollen die Leute Homöobrötchen kaufen? Das ist die Kernfrage! Der Versuch die Wirksamkeit oder Sinnhaftigkeit dieser Homöobrötchen durch wissenschaftliche Betrachtungen zu widerlegen, ist immer zum Scheitern verurteilt.

  10. Ich bin Internist , Onkologe , begeisterter Schulmediziner und Homöopath.
    Neben allen schulmedizinischen Therapien wird die Homöopathie von meinen Patienten gerne angenommen und tut Ihnen SEHR GUT , laut der Aussage der Patienten. Und die Patienten werden wohl am besten wissen Was hilft und Ihnen gut tut!

  11. @Peter Ilsinger: Was mich aus reiner Neugier interessiert: Wie kann ein Arzt sich so weit von den in seiner Ausbildung gelernten Inhalten entfernen, um Homöopathie auch nur in Erwägung zu ziehen? Wieso verwenden Sie den Begriff „Schulmedizin“? Wurden Sie nicht an der Universität ausgebildet?
    Wie schaut die Aufklärung, zu der Sie ja nach dem ÄrzteG (ich gehe einfach davon aus, dass Sie Österreicher sind) verpflichtet sind, aus, wenn Sie dem Patienten homöopatische Mittel geben? Informieren Sie den Patienten über den Stand der Wissenschaft zur Homöopathie, und bieten Sie Alternativen an?

  12. @Peter Ilsinger: Die gleiche Frage wie Ludmila wollte ich auch gerade stellen: Wenn die Patienten das am Besten wissen, wozu brauchen wir dann noch Ärzte?
    Und „Was mir gut tut“ ist nicht unbedingt ein medizinisches Kritierium. Eine Zigarette nach dem Essen tut mir „gut“. Aber unbedingt gesundheitsfördernd ist es nicht. Unterstützung und die Anwesenheit von Familie und Freunden im Krankenhaus wird den Patienten gut tun – aber die sind deswegen keine Wunderheiler. Placebos können helfen – das ist ja bekannt. Trotzdem sind sie keine echten Medikamente die heilen können – genauso wie Homöopathie. Das ihre Patienten Homöopathie gerne annehmen muss auch nicht unbedingt ein Kriterium sein. Die Medizin sollte sich ja nicht unbedingt nur auf die Medikamente beschränken, die „gerne angenommen“ werden – sondern auf die, die heilen!

    Auch die Fragen von emp möchte ich wiederholen: Wie stellt sich aus ihrer Sicht das moralische Problem dar, dass sie Patienten erwiesenermassen wirkungslose Medikamente verabreichen? Auch wenn diese das gerne annehmen – aber ich wünsche mir eigentlich Ärzte die immer ehrlich zu mir sind – vor allem was die Medikamente angeht die sie mir verabreichen!

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