In letzter Zeit gab es hier bei Astrodicticum Simplex nicht ganz so viele Posts wie früher. Das hat verschiedene Gründe.

Erstmal hab ich in naher Zukunft zwei Deadlines für zwei Artikel. Bei einem geht es um die Dynamik eines extrasolaren Planetensystems und die Wahrscheinlichkeit dort vielleicht noch weitere Planeten entdecken zu können. Der zweite Artikel beschäftigt sich mit erdnahen Asteroiden und einer neuen Methode, ihre Bewegung zu charaktersieren.
Und wie das so mit wissenschaftlichen Artikel ist, brauchen die viel Zeit und Zuwendung 😉

Der zweite große Zeitfresser sind die Projektanträge. Ich bin ja leider im Moment ohne Anstellung an einer Universität. Um wieder an eine solche zu kommen gibt es normalerweise zwei Möglichkeiten. Entweder eine Forschungseinrichtung schreibt eine Stelle aus. Das kommt allerdings ziemlich selten vor (Universitätseigene Stellen sind – mangels ausreichendem Budget – ziemlich begrenzt); und vor allem muß die Stelle auch noch zum eigenen Fachgebiet passen.

Der andere Weg besteht in der Einwerbung sogenannter „Drittmittel“. Das bedeutet, dass man mit einem konkreten wissenschaftlichen Vorhaben einen Projektantrag verfasst und damit probiert verschiedene Fördereinrichtungen (wie z.B. die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG)) zu überzeugen, dieses Projekt zu finanzieren. Und das ist leider meistens ein sehr langwieriger Prozeß. Einen vernünftigen Projektantrag zu verfassen dauert schonmal ein bis zwei Monate – und dann muß er erst begutachtet werden. Meistens dauert es weitere 6 bis 8 Monate bis man ein Ergebnis bekommt – und das ist (rein statistisch gesehen) in knapp 60% der Fälle negativ. Und selbst wenn man erfolgreich war, ist damit die wissenschaftliche Arbeit meistens nur für die nächsten 2-3 Jahre gesichert. Angesichts der langen Bearbeitungszeiten kann man eigentlich fast schon gleich nach der Bewilligung des Projekts damit beginnen, den nächsten Antrag zu schreiben. Ich sehe zwar absolut ein das eine gewissen Mobilität als Wissenschaftler und damit auch eine Befristung der wissenschaftlichen Stellen nötig ist. Aber das aktuelle System geht meiner Meinung nach weit an der Realität vorbei. Diese kurzen Beschäftigungsverhältnisse verunmöglichen kontinuierliches wissenschaftliches Arbeiten und zwingen die Leute quasi dazu sich ständig mit der Suche nach Finanzierungen zu beschäftigen anstatt Wissenschaft zu betreiben!

Eines meiner Projekte liegt schon seit März bei der DFG und ich hoffe auf ein baldiges (und positives!) Ergebnis. Aber da es angesichts der Bewilligungsquoten angebracht ist sich mehrer Möglichkeiten offenzuhalten bin ich gerade dabei einen zweiten Projektantrag zu verfassen. Und das nimmt ziemlich viel meiner Zeit in Anspruch – die mir dann natürlich beim Bloggen fehlt. Genaugenommen ist es eigentlich schon mein dritter Projektantrag in diesem Jahr – einer wurde leider letzte Woche aus „formalen Gründen“ abgelehnt. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen – aber die Richtlinien dieser Gesellschaft (nicht die DFG) waren etwas unklar formuliert und ich wußte nicht ob ich antragsberechtigt bin oder nicht. Auf meine Nachfrage bei der Gesellschaft wurde mir bestätigt, dass ich einen Antrag einreichen kann. Später hat man sich dann wohl wieder anders entschieden und meinen Antrag doch wieder zurückgewiesen. Das motiviert natürlich ungemein – vor allem weil mich der Projektantrag ja wieder einige Wochen an Arbeit gekostet hat…

Naja, ich bin jedenfalls immer noch optimistisch bald endlich eines meiner Projekte finanziert zu bekommen. Ansonsten muss ich dann wohl doch professionieller Scienceblogger werden 😉 Oder die Wissenschaft verlassen… aber das möchte ich nach Möglichkeit vermeiden.

Also nicht wundern wenn meine Postingfrequenz in nächster Zeit etwas geringer ausfällt als gewohnt 😉

Übrigens: Sollte jemand die PhD-Comics noch nicht kennen dann kann ich die nur absolut empfehlen! Nirgendwo wird das Leben und die Probleme in der wissenschaftlichen Welt besser (und lustiger!) dargestellt:

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10 Gedanken zu „Alltag eines arbeitslosen Astronomen“
  1. Florian
    jetzt aber mal so etwas von off-topic. Ich bin ja immer mit den Klimaskeptikern unterwegs und eines der bizarren Themen, die sie immer wieder bewegt, ist der Jupiter und sein Einfluss auf die Sonne, welcher zu ungeheuren Oszillationen im Sonneplasma fuehre und natuerlich unser Klima sowas von in der Hand haelt. Es gibt mehr als nur atsronomische Argumente gegen diese Geschichte, wollte aber trotzdem mal mehr zum astronomischen Teil wissen. Eine Solarexpertin bei uns (Fr. Turck-Chieze) rollte nur verzweifelt mit den Augen und wollte sich aber nicht herablassen mir mehr Erleuchtung zu bringen. Hast du Lust da mal reinzuschauen?
    Hier der urspruengliche „Skeptiker“ Link:
    https://wattsupwiththat.wordpress.com/2008/06/28/astronomical-society-of-australia-publishes-new-paper-warning-of-solar-quieting-and-global-cooling/
    Gruzs Georg

  2. Diese dauernde Projektanträge mit der scheinbar ewigen Suche nach ein bisserl Geld zum Leben hat mir die Entscheidung ob Doktorat schreiben oder einen relativ sicheren und nicht schlecht bezahlten Job behalten leicht gemacht. Zugegeben ich bin bei weiten nicht so gut und talentiert wie Du, aber interessiert hätt es mich schon…

    Ich drück Dir ganz fest die Daumen, dass jetzt endlich mal ein Antrag durch geht – statistisch gesehen ist so ne Zusage ja schon längst überfällig 😉

  3. also wenn sogar du die wissenschaft verlässt, bitte, dann haben wir anderen halb-gebildeten wrack-astronomInnen garkeine hoffnung mehr. das kannst du uns nicht antun. hallo birgit, übrigens! liebe grüsse!

  4. @Ruth: Ja, freiwillig will/werde ich die Wissenschaftskarriere eh nicht aufgeben. Aber leider kommt man auf Dauer i.A. nicht ohne zumindest irgendeinen Job durchs Leben. D.h. wenn nicht bald mal ein Projekt genehmigt wird, muss ich mir zwangsläufig was anderes suchen…

    @Andreas: Danke! Und die Glückwünsche kann ich ja gleich zurückgeben, oder? Du hast ja tatsächlich gleichzeitig mit der NASA Geburtstag, oder?

  5. @Ruth: ja hallöchen 🙂 liebe Grüße retour

    ich fühl mich dann sowieso nur 1/4 oder 1/8 gebildet und nicht halb *G* wobei soweit hab ich mich vom wissenschaftlichen (ja ja wir schimpfen uns wissenschaftliches Institut) arbeiten nicht entfernt und Anbote bzw. Anträge müssen wir auch schreiben – meist nur innerhalb von 2 Tagen und nicht in 2 Monaten..
    andere Sparte ähnliches Dilemma und die Politik am Hals 🙁

  6. @florian
    Ach so, jetzt versteh ich Dein gestriges „aber das ist ja erst morgen“ beim zoonpolitkon erst richtig, ich dachte, Du meintest damit Dein eigenes Fest. Tja, muss die NASA halt ohne uns feiern 😉

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