In unserem Universum gibt es jede Menge Sterne. Also wirklich jede Menge. 1022 mindestens. betapicDas sind Zehntausend Milliarden Milliarden Sterne – und das sind nur die im beobachtbaren Universum – wahrscheinlich sind da noch viel, viel mehr. Ich habe also genug Material für meine neue Serie „Der Stern zum Wochenende“. Eigentlich beschäftige ich mich in meiner Arbeit hauptsächlich mit Planeten und Asteroiden – nähere Untersuchungen zu Sternen spielen da meistens nur eine untergeordnete Rolle. Für die Astronomie insgesamt sind Sterne aber natürlich enorm wichtig: sie sind unsere hauptsächlichen Datenquellen; ohne das Licht, das wir empfangen und analysieren können, wäre astronomische Forschung nicht möglich.

Der erste Stern, den ich hier näher vorstellen möchte, ist β Pictoris. Beta Pictoris ist der zweithellste Stern im Sternbild Maler (auf lateinisch Pictor). Dieses Sternbild kann nur am Südhimmel betrachtet werden und ist von Deutschland aus nicht beobachtbar. Es sieht auch recht unspektakulär aus:

Pictor von Wikipedia

Beta Pictoris selbst ist ein Stern etwa der vierten Größenklasse (MV=3,86) – also durchaus noch mit freiem Auge sichtbar. Der Spektraltyp des Sterns ist A5V – das bedeutet er leuchtet weiß bzw. leicht bläulich und ist viel heißer als unsere Sonne: die Temperatur beträgt etwa 8250 Kelvin; die Sonne ist nur knapp 5800 Kelvin heiß. Beta Pictoris ist auch deutlich schwerer und größer als die Sonne – er hat etwa die 1.7fache Masse und den 1.4fachen Radius. Er befindet sich etwa 63 Lichtjahre von der Sonne entfernt – also knapp 15 mal weiter weg als der sonnennächste Stern, Proxima Centauri. Der Stern ist ausserdem noch sehr jung (zumindest nach astronomischen Maßstäben): er ist vermutlich erst 10 bis 20 Millionen Jahre alt. Zum Vergleich: unsere Sonne ist etwa 5 Milliarden Jahre alt.

Bis jetzt ist das aber alles noch nicht sehr außergewöhnlich – was ist also der Grund, warum ich Beta Pictoris ausgewählt habe? Betrachtet man die Infrarotstrahlung (also simpel gesagt den nicht sichtbaren Teil seiner Strahlung, der der Wärmeabstrahlung entspricht), die der Stern abgibt, dann stellt man fest, das er mehr davon abstrahlt, als er eigentlich sollte. In der Astronomie nennt man das einen Infrarotexzess. Irgendetwas bei Beta Pictoris sorgt also dafür, das uns von dort mehr Wärmestrahlung erreicht, als wir erwarten würden. Dieses „irgendetwas“ ist Staub! Befindet sich sehr viel Staub – also kleine, millimeter- bis zentimetergroße Gesteins- oder Eisteilchen – um einen Stern, dann wird er durch dessen Strahlung aufgeheizt und strahlt selbst wieder Wärme ab. Das ist der Grund für den beobachteten Infrarotexzess. Auch in unserem Sonnensystem gibt es Staub – der interplanetare Raum ist nicht vollkommen leer; kleine Staubteilchen findet man überall. Und wenn man Glück hat, kann man auch von der Erde aus Sonnenlicht beobachten, das von interplanetaren Staubteilchen reflektiert wurde (das sg. Zodiakallicht). In unserem Sonnensystem gibt es allerdings vergleichsweise wenig Staub. Wie oben geschrieben, ist es auch sehr viel älter als Beta Pictoris: der Großteil des Staubes ist schon durch Interaktion mit der Sonne bzw. den Planeten verschwunden. Irgendwann bestand aber auch unser Sonnensystem nur aus Staub! Als die Sonne noch jung und kein „richtiger“ Stern (ein sg. Protostern) war, war sie von einer großen und dichten Scheibe aus Staub und Gas umgeben. Dieser Staub hat sich im Laufe der Zeit zu immer größeren Stücken zusammengefügt bis die sg. Planetesimalen entstanden waren. Das sind Gesteinsbrocken, einige dutzend bis hunderte Kilometer groß, aus denen später die Planeten entstanden sind. Die Planetesimale, die bei der Entstehung der Planeten übrig geblieben sind, können wir heute als Asteroiden in unserem Sonnensystem beobachten. Diese Staub- und Gasscheibe nennt man „protoplanetare Scheibe“ – eben weil aus ihnen die Planeten entstehen. Man findet sie natürlich nur bei sehr jungen Sternen.

Allerdings ist das, was wir bei Beta Pictoris finden, keine protoplanetare Scheibe! Beta Pictoris ist zwar jung – allerdings schon alt genug damit eine eventuelle Planetenentstehung abgeschlossen wäre. Das, was man bei Beta Pictoris beobachtet, ist eine sg. Trümmerscheibe bzw. debris disk. Sie entsteht aus den Bruchstücken, die bei den Kollisionen zwischen den Planetesimalen entstehen. Wenn Asteroiden miteinander kollidieren, dann entstehen jede Menge große und kleine Trümmer; es wird also neuer Staub produziert. Wenn es genügend Planetesimale gibt, dann kann dieser Staub als Infrarotexzess beobachtet werden. Wir wissen also, das sehr viele Asteroiden um Beta Pictoris kreisen müssen!

Den Infrarotexzess hat man schon 1983 mit dem Weltraumteleskop IRAS entdeckt. Ein Jahr später, 1984, gelang es den Astronomen Smith und Terrile, diese Trümmerscheibe auch direkt zu beobachten! Es war das erste Mal überhaupt, das man so eine Scheibe beobachten und räumlich auflösen konnte! Im Laufe der Jahre hat man immer bessere Aufnahmen dieser Scheibe gemacht (bzw. des vom Staub reflektieren Lichts!). Hier ist eine davon:

(NASA)

Das sind natürlich nicht die echten Farben, die man am Himmel beobachten kann – das Bild wurde mit Falschfarben eingefärbt um die Strukturen besser erkennen zu können. Die Scheibe hat eine Ausdehnung von mehr als 1000 astronomischen Einheiten und ist damit etwa zehnmal so groß wie unser Sonnensystem! Weitere Aufnahmen dieser Scheibe zeigten noch weitere Besonderheiten. Man fand, das der Staub in bestimmten Bereichen der Scheibe offensichtlich viel konzentrierter ist als in anderen. Teile der Scheibe waren etwas „verdreht“. Irgendetwas scheint also die Struktur und die Verteilung des Staubs – und damit auch der Asteroiden, die diesen Staub ja verursachen – zu beeinflussen. Betrachten wir noch einmal unser eigenes Sonnensystem. Auch hier gibt es ja jede Menge Asteroiden. Die größten Ansammlungen dieser Kleinkörper finden wir zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter (der sg. Hauptgürtel) und außerhalb der Bahn von Neptun (der Kuipergürtel). Und auch hier sind die Asteroiden nicht gleichmäßig verteilt – sondern zeigen Strukturen. Ursache dafür ist der gravitative Einfluß der Planeten. Die Anziehungskraft, die die großen Planeten in unserem Sonnensystem auf die Asteroiden ausüben führen also dazu, das sich an bestimmten Stellen mehr Asteroiden befinden als an anderen. Es liegt also nahe zu vermuten, das sich auch bei Beta Pictoris Planeten befinden! Leider kann man die üblichen Methoden zum Nachweis von Planeten nicht bei Beta Pictoris anwenden – dazu ist der Stern zu heiß und hell. Man kann allerdings theoretische Rechnungen anstellen. Und genau das haben einige Astronomen (unter anderem auch ich 😉 ) getan. Dabei untersucht man, wie die Eigenschaften und Bahnen von Planeten aussehen müssen, um die Asteroiden auf genau die Art und Weise zu beeinflussen so dass die beobachteten Strukturen im Staub entstehen. Mittlerweile sind die Astronomen davon überzeugt, das sich auf jeden Fall ein Planet um Beta Pictoris bewegt – etwa so groß wie der Jupiter und doppelt so weit von Beta Pictoris entfernt wie der Jupiter von unserer Sonne. Weitere Rechnungen haben gezeigt, das es dort vermutlich noch weitere, kleinere Planeten (etwa so groß wie Saturn und Neptun) gibt. Irgendwann werden auch die Instrumente so gut geworden sein, das wir diese Planeten auch direkt nachweisen können, wenn sie denn tatsächlich existieren. Bis dahin bleibt Beta Pictoris auf jeden Fall ein faszinierendes Forschungsobjekt – und ein gutes Beispiel dafür, was wir aus Staub alles lernen können! 😉

2 Gedanken zu „Der Stern zum Wochenende: Beta Pictoris“
  1. Beta Pictoris… ist also sozusagen der Gravitationsmittelpunkt eines Diskus von Asteoriden, Planetentrümmern, Planetentrümmerchen und Staub?
    (neben seiner eigentlichen Definition als Planet natürlich 😉 )

    Das ist cool, allerdings habe ich dazu schon wieder eine Frage, die auch bei Saturn etc anwendbar ist:

    Warum sollen diese Trümmer sich in einer Scheibe sammeln und nicht kreuz und quer rund um den Planeten kreisen? was hält sie auf dieser 2D-Ebene?

    Ich hoffe, die Frage ist verständlich formuliert.
    Beim Saturn ist es mit seinen Ringen genauso.

    Die Anziehungskraft des Planeten muss doch rundherum ungefähr gleich sein (sie hängt ja – so mein Schulwissen – von der Masse des Planeten ab, und die ist ja unabhängig von der Position des angezogenen Objektes).

    Freue mich auch hier schon auf eine Antwort 🙂

  2. hola!

    Also zuerst mal ist Beta Pictoris ein Stern, kein Planet 😉
    Warum sich die Teilchen in einer Scheibe anordnen? Das kann man relativ einfach erklären: Stell dir vor, die Teilchen wären nicht in einer Scheibe angeordnet sondern in einer kugelförmigen Wolke. Dann müssen sie trotzdem die Äquatorebene durchqueren; zweimal bei jedem Umlauf. Dabei werden sie ab und zu mit anderen Teilchen kollidieren – und verlieren dabei Energie was dazu führt, das ihre Bahnen immer flacher werden. Es sammeln sich also im Laufe der Zeit immer Teilchen in der Äquatorebene und die Chance einer Kollision wird immer größer. Irgendwann haben sich dann alle Teilchen in einer flachen Scheibe angeordnet.

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