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[Das hier ist eine Rezension eines Kapitels des Buches „Der Drache in meiner Garage“ von Carl Sagan. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel finden sich hier.]

Im letzten Kapitel hat sich Sagan schon mit den Mißverständnissen befasst, die in der Öffentlichkeit in Sachen Wissenschaft vorherrschen. Dieses Thema setzt sich auch in Kapitel 15 fort.

Einer der häufigsten Kritikpunkte ist der Vorwurd, dass Wissenschaftler zu „engstirnig“ sind, dass sie zu viele Dinge ignorieren; dass sie nicht offen genug für die „Wunder“ der Welt sind.

Sagan schreibt

Humans have limitations and no one knows this better than scientists. But a multitude of aspects of the natural world that were considered miraculous only a few generations ago are now thoroughly understood in terms of physics and chemistry. At least some of the mysteries of today will be comprehensively solved by our descendants. The fact that we cannot now produce a detailed understanding of, say, altered states of consciousness in terms of brain chemistry no more implies the existence of a „spirit world“ than a sunflower following the Sun in its course across the sky was evidence of a literal miracle before we knwo about phototopism and plant hormones.

Diese Auffassung findet man aber trotzdem (leider!) noch sehr oft in esoterischen und pseudowissenschaftlichen Kreisen: Die Wissenschaft kann X nicht erklären! Deswegen muss Y richtig sein!

Das ist natürlich großer Unsinn – und noch dazu völlig unlogisch. Außerdem richtet sich die Welt nicht danach, was wir uns wünschen…

And if the world does not in all respects corresponds to our wishes, is this the fault of science, or of those who would impose their wishes on the world?“

Sagan bemerkt auch, dass sich heutzutage auch in akademischen Kreisen immer öfter die Meinung durchsetzt, dass alle Ansichten ihre Berechtigung haben und nichts wirklich „wahr“ oder „falsch“ ist.

There are people who want everything to be possible, to have their reality unconstrained. Our imagination and our needs require more, they feek, than the comparatively little that science teaches we may be reasonably sure of.

Klar, die Welt wäre für viele Menschen vielleicht spannender, wenn alles, was man sich vorstellen kann, auch wahr sein könnte. Aber das Universum ist kein Wunschkonzert (auch wenn Unmengen geldgieriger Eso-Autoren in ihren „Wunschbüchern“ das Gegenteil behaupten). Nicht alles, was wir uns wünschen oder vorstellen können, muss auch in der Realität möglich sein.

Who dares to set limits on human ingenuity? In fact, Nature does. In fact, a fairly comprehensive and very brief statement of the laws of Nature, of how the Universe works, is contained is just such a list of prohibited acts. Tellingly, pseudoscience and superstition tend recognize no constraints in Nature. Instead. „all things are possible“.

Ein zweiter Kritikpunkt, ist die „reduktionistische“ Weltsicht der Wissenschaftler. Viele Menschen sehen in dem Wunsch der Wissenschaftler, die Welt durch wenige, einfache Gesetzmäßigkeiten zu erklären einen Affront und eine unzulässige Vereinfachung der „Schönheit“ und „Komplexität“ der Natur. Das ist natürlich auch Unsinn. Nur weil man etwas erklären kann, wird es deswegen nicht weniger schön! Ich habe in einem älteren Artikel schon ein nettes Zitat von Richard Feynman zu diesen Thema gebracht, der auf den Vorwurf antworte, er als Wissenschaftler könne die Schönheit einer Blume nicht würdigen:

„Die Schönheit, die sie für dich hat, entgeht mir keineswegs. Aber ich sehe auch eine tiefere Schönheit, die sich anderen nicht ohne weiteres erschließt. Ich sehe die komplizierte Wechselbeziehungen in der Blüte. Die Blüte ist rot gefärbt. Sie hat eine Farbe – bedeutet das, dass sie sich in der Evolution entwickelt hat, um Insekten anzulocken? Damit haben wir eine neue Frage. Können Insekten Farben sehen? Haben sie ein Gespür für Ästhetik? Und so weiter. Ich verstehe nicht, wie eine Blüte an Schönheit verlieren soll, wenn wir sie untersuchen. Es kommt immer nur Schönheit hinzu.“

Und in der Reduzierung kann ebenfalls Schönheit liegen. Sagan beschreibt das Beispiel von Newtons Physik, die Gemeinsamkeiten zwischen der Bewegung der Planeten und dem Gang einer Uhr nahelegt:

The astonishing fact is, that similar mathematics applies so well to planets and clocks. It needn’t have been this way. We didn’t impose it on the Universe. That’s the way the Universe is. If this is reductionism, so be it.

Im letzten Teil des Kapitels spricht Sagan über die Versuche, Religion und Wissenschaft zusammenzubringen. Sagan führt aus, dass viele der Behauptungen der Religionen prinzipiell einer wissenschaftlichen Überprüfung zugänglich sind. Eines der Beispiele sind Gebete. Seit es Religionen gibt, wurde zu den Göttern gebetet und in diesen Gebeten, wurden Wünschen an die Götter gerichtet.

The Victorian statistician Francis Galton argued that – other things being equal – British monarchs ought to be very long lived, because millions of people all over the world daily intoned the heartfeld mantra „God Save the Queen/King“. Yet, he showed, if anything, they don’t live as long as other members of the wealthy and pampered aristocratic class. (…) Nearly everyone in ancient egypt exhorted the gods to let the Pharaoh live „forever“. These collective prayers failed. Their failure constitutes data.

Jedes Gebet ist im Prinzip Teil eines großen Experiments, dass einer wissenschaftlichen Auswertung prinzipiell zugänglich ist. Gleiches gilt auch für viele andere religiöse Aussagen – z.B. die unzähligen Menschenopfer, die in Mittelamerika früher durchgeführt worden sind, um den Weltuntergang am Ende des 52-Jahr Zyklus zu verhindern. Seit hunderten von Jahren gibt es keine derartigen Opfer mehr – aber auch keinen Weltuntergang.

Dort wo religiöse Aussagen überprüfbar sind, sind sie auch i.A. widerlegt worden. Es bleiben nur die prinzipiell unüberprüfbaren Aussagen übrig. Sagan beschreibt ein Gespräch, dass er mit dem Dalai Lama führte:

Er fragte den Dalai Lama, was passieren würde, wenn ein zentraler Punkt des Glaubens durch Wissenschaft widerlegt würde. Der Dalai Lama meinte, dann müsse sich eben der Glauben ändern. Sagan fragte nach, ob das auch gelten würde, wenn es sich um einen wirklich zentralen Teil des Glauben handelt, wie z.B. die Wiedergeburt. Auch dann müsse die Religion sich anpassen, meinte der Dalai Lama. Allerdings, fügte er hinzu, wäre es wohl sehr schwer, die Wiedergeburt zu widerlegen…

Rezensionen der vorhergehenden Kapitel: Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3, Kapitel 4, Kapitel 5, Kapitel 6, Kapitel 7, Kapitel 8, Kapitel 9, Kapitel 10, Kapitel 11, Kapitel 12, Kapitel 13, Kapitel 14


Noch mehr Buchrezensionen auf ScienceBlogs:
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16 Gedanken zu „Wissenschaftler mit Scheuklappen, Reduktionismus und Religion“
  1. Nun, ich weiß nicht so recht, warum sie sich an Esoterikern abarbeiten. Sie schrieben einmal: lieber hier als anderswo. Vielleicht haben Sie recht. Meiner Meinung nach hat Kant das alles schon geleistet (Kant gegen Swedenborg) Und doch bleibt ein Unbehagen. Woher rührt dies? Nun, ich denke, daß Gott -nennen wir es lieber eine metaphysische Annahme- eine Tür offen hält, von der wir zwar nichts wissen, aber eben eine Tür. Mehr will ich gar nicht sagen. Vielleicht so, wie es Nietzsche meinte: ein Ziel, wonach der Pfeil der Sehnsucht sich sehnt. Das Problem ist ja nur, daß es immer wieder Menschen gab, die glaubten, Sprachrohr „Gottes“ zu sein (was immer das auch sein möge).

  2. @Dietmar: Ich arbeite mich nicht an den Esoterikern ab. Ich rezensiere ein Buch. Den Rest ihres Kommentars, mit Gottes Tür und so, hab ich nicht verstanden. Das müssten sie nochmal genauer ausführen? Soll Gott was damit zu tun haben, dass ich über Esoterik schreibe?

  3. Freilich. Hier und jetzt. Aber schauen Sie doch mal, was Sie sonst alles schreiben. Ist das nicht eine Einladung an alle Esoteriker? Ich verstehe Sie nicht. Sie arbeiten sich an etwas ab, was Sie, so will mir scheinen, ablehnen. Warum? Der Kommentare wegen? Oder eben einer Sehnsucht nach mehr? Das ist die Tür, die ich meine. Eine Sehnsucht -nennen Sie es, wie Sie es wollen. Ich bin ja selbst auf der Suche!

    „Soll Gott was damit zu tun haben, dass ich über Esoterik schreibe?“

    Ich werde mich strengstens davor hüten, zu meinen, was „Gott“ denkt oder fühlt! Ich kann nur beobachten, was „ich“ denke oder fühle.

  4. @Dietmar: Der überwiegende Teil meiner Artikel handelt von Astronomie bzw. Wissenschaft. Meine Intention hier ist, den Menschen zu zeigen, was Wissenschaft ist und wie sie funktioniert. Deswegen muss ich ihnen auch zeigen, was KEINE Wissenschaft und was der Wissenschaft aktiv entgegensteht. Und das ist die Esoterik und die Pseudowissenschaft. Göttliche Türsteher haben damit nichts zu tun.

  5. Ich finde ‚abarbeiten‘ ist das falsche Wort. Florian will einfach nur zeigen wo Wissenschaft aufhört und wo Glauben und Wunschdenken beginnt.
    Ich beschäftige mich damit, weil es die faszinierend ist, wie stark Menschen auf Fantasiewesen oder Fantasiekräfte reagieren wenn diese mit Überzeugung vorgebracht werden.

    Mir stellen sich dabei immer folgende Fragen:

    1) Was treibt Menschen an ihr Leben auf einer 2000 Jahre alten Sage und einem Glauben an ein Fantasiewesen aufzubauen ?
    2) Wieso bevorzugen Menschen mystische Antworten wenn es naheliegendere realistische gibt ?
    3) Wieso bezweifeln Menschen die Redlichkeit von Farmafirmen an und haben gleichzeitig aber blindes Vertrauen in alternative Medizin die nur auf Annahmen, Überlieferunge und Ausprobieren basieren und keinerlei Qualitätskontrolle haben.

    Mir fallen noch viele änliche Fragen ein,; die Lösung ist vermutlich vielschichtig, jedoch bin ich 100% überzeugt, dass es eine reale ist. Das zeigt uns, wie im Artikel schon erwähnt, die Geschichte.

  6. @ Ronny

    Ja, ich will da auch gar nicht widersprechen. Kann ich auch nicht. Nur ist es ein alter Hut!
    Das Problem ist, daß Menschen vergeßlich sind und das Rad immer und immer wieder auf das neue erfinden. Glauben vs. Wissen -das hat der Alte aus Königsberg in der Auseinandersetzung mit Swedenborg schon dargelegt. Ich würde im Gegensatz zu Kant Swedenborg noch nicht einmal gleich ins Hospital verweisen. Ich würde ihm nur vorwerfen, daß er da auf „Gott“, „Geist“ und Engel verweist, wo andere Begriffe zu seiner Wahrnehmung wahrscheinlicher sind. Das müssen nicht unbedingt Begriffe wie Wahnsinn oder Blödsinn sein. Wohl aber Un-Sinn, da seine Engel sich nicht allen Menschen zu erkennen geben. Die ganze Esoterik hat nach Swedenborg längst ausgedient. Damals entbehrte sie nicht einer gewissen Faszination. Aber schon R. Steiner hat sich unmöglich gemacht. Heute kann man nur noch den Kopf schütteln.

  7. @Dietmar
    Ein Problem ist leider, dass sich halt viele Menschen nicht von davon beirren lassen, dass Kant (oder sonst wer) das Thema schon abgehakt hat. Es wird weiterhin munter darauf los geglaubt und den Gläubigen das Geld aus den Taschen gezogen. Ich finde es daher umso wichtiger, dass Menschen wie Florian auf den Tisch hauen, wenn Astrologen oder Homöopathen z.B. mit geliehenen und zweckentfremdeten Begriffen aus der Wissenschaft hausieren gehen, um ihrem Hokuspokus den Anschein der Legitimität zu verleihen.

    Abgesehen davon geht’s hier doch eigentlich um die Rezension eines Buches 😉

  8. Ich weiss zwar nicht, ob es Florians Absicht ist, aber einer der Effekte seiner Beiträge, die über Aberglauben und Pseudowissenschaft aufklären ist, dass sie die Arg-, Ahnungs- und Orientierungslosen gegen die esoterischen Rattenfänger, die falschen Propheten und die Wunderheiler zu imprägnieren vermögen.
    Ich habe hier schon einige solcher Menschen vorbeigeschickt und die haben sich alle hinterher nicht mehr so einen Unsinn aufschwatzen lassen, wie die Wirksamkeit von Homöopathie, das Vorhandensein kosmischer Ernergie, die man durch seine Hände fliessen lassen kann oder die Macht des Mondes über die Menstruation oder den Schlaf.

    Diejenigen, die solches Zeugs längst fest glauben und/oder verbreiten und sich dafür aller denkbarer Tricks bedienen – bis dahin, dass sie die Denksportaufgabe Erkenntnistheorie missbrauchen, um direkte Aussagen über die Realität daraus abzuleiten – sind sowieso verloren. Um die kümmert sich dann freundlicherweise die Evolution.

  9. @Ronny

    Mir stellen sich dabei immer folgende Fragen:

    „1) Was treibt Menschen an ihr Leben auf einer 2000 Jahre alten Sage und einem Glauben an ein Fantasiewesen aufzubauen ?
    2) Wieso bevorzugen Menschen mystische Antworten wenn es naheliegendere realistische gibt ?
    3) Wieso bezweifeln Menschen die Redlichkeit von Farmafirmen an und haben gleichzeitig aber blindes Vertrauen in alternative Medizin die nur auf Annahmen, Überlieferunge und Ausprobieren basieren und keinerlei Qualitätskontrolle haben“.

    Ich habe darauf auch keine wirkliche Antwort, aber wie wär`s mit der Aussage eines unbekannten Sechsjährigen : „Ich weiß es, aber ich glaube es nicht!“

    So geht es mit vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Man glaubt es einfach nicht,
    verstehen kann man es eh nicht mehr, dazu ist Wissen heute viel zu speziell.
    Und die Übervorteilung von Patienten ist nicht nur eine Erfindung der Esoteriker. Tolles Marketing gibt es auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens.

  10. Hallo kritisch Sehende, dass ist auch gut so, denn nicht alles ist ein Wunder, welches sich so nennt. Unsere christliche romantische Vorstellung kann sich einfach nicht mitrationalem Dingen abfinden,. die nicht auf normalen Wege empfangen werden können. das ist auch der Grund das wir auf solche Dinge wie Telepathie und Telekinese hereinfallen und sogar etwas religiöses sehen, was in Wirklichkeit nichts anderes ist als
    eine schwere Verletzung unseres Nerven Systems ist, mit der Folge Dinge wahr zu nehmen die wir sonst nur aus Raumschiff Enterprise kennen. Und genau das ist es, was der Dalai Lama macht. Er gibt sich als mystisch und geheimnisvoll aus, aber in Wirklichkeit
    bedient er sich an den Gedanken anderer um sich an ihnen zu bereichern. Er lacht, ist albern Heiter und verbirgt seine Geitigen Angrffe hinter seiner falschen Fratze. Er
    bedient sich nicht nur an kranken und sozial schwachen, sondern an alle die ihm Luxus versprechen und manipuliert sie. Die besten Beispiele sind Richard Gere und andere, die ihm zum Wohlstand und zur Macht verhelfen, ohne es zu merken, dass sie von ihm beeinflusst wurden. Wenn wir uns nicht ganz schnell von ihm und seinen Mitgliedern lösen, werden viele unschuldige Menschen sterben, die nicht einmal seinerReligion angehören.

  11. O.o… Objekt nicht gefunden! Mysteriös !!! 😀

    Hab mal gegooglet und entweder spricht sie aus dem Jenseits zu uns, tanzt viel oder gehört zur einer christlichen organisation gegen den buddhismus an …ähm ja

  12. Es war das Wörtchen Religion, das auf manche Leute wie die sprichwörtliche Scheiße auf Fliegen wirkt. Da ist es dann auch egal, worums gerade geht.

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