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SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.

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Sternengeschichten Folge 570: Auf der Suche nach außerirdischen Bäumen

Heute geht es um außerirdische Bäume. Und ja, wir werden über Wissenschaft reden und nicht über Science Fiction. Es geht tatsächlich um Bäume, die auf anderen Planeten wachsen. Nicht das wir so etwas schon entdeckt hätten. Aber theoretisch wären wir vielleicht in der Lage, genau das zu tun.

Das klingt auf den ersten Blick absurd. Es ist ja schon schwer genug, überhaupt Planeten zu finden, die andere Sterne umkreisen. Wie um Himmels Willen sollen wir da jetzt herausfinden, ob auf diesen Planeten Bäume wachsen oder nicht?

Ja, es ist schwierig, die Planeten anderer Sterne zu entdecken. Das ist das erste Mal 1995 gelungen und in den ersten 30 Jahren danach haben wir ein paar tausend weitere gefunden. Die allermeisten davon haben wir nur indirekt nachgewiesen, aber nicht direkt gesehen. Soll heißen: Wir haben die Auswirkungen der Planeten auf ihre Sterne beobachtet, weil die Planeten mit ihrer Gravitationskraft den Stern zum Wackeln bringen oder einen Teil seines Lichts verdecken. Nur in einer Handvoll Fällen haben wir den Planet tatsächlich gesehen. Und „gesehen“ heißt hier, dass wir das Licht, das der Planet von seinem Stern reflektiert, im Teleskop auffangen konnten. Wir haben einen kleinen Lichtpunkt gesehen; keine aufgelöste Planetenscheibe und schon gar kein Bild, das detailliert genug wäre, um so etwas wie Bäume zu sehen.

Das wird auch in Zukunft nicht möglich sein, solange wir nicht den interstellaren Raum durchqueren und dorthin fliegen. Aber in Zukunft werden mit besseren Teleskopen immer mehr Planeten direkt beobachtet werden können; wir werden also immer öfter in der Lage sein, Licht zu messen, dass die Planeten anderer Sterne zu uns reflektieren.

In Folge 464 der Sternengeschichten habe ich über die „Biosignaturen“ gesprochen. Damit sind Signale gemeint, die darauf hinweisen, dass auf einem Planeten Leben existiert. Und mit „Leben“ ist vor allem einfaches Leben gemeint. Mikroorganismen; Algen, und andere Einzeller. Die Art von Leben, die auch Milliarden Jahre lang die dominante Form des Lebens auf der Erde war, bevor sich das mehrzellige Leben entwickelt hat. Aber auch das einfache Leben hat einen Stoffwechsel. Und produziert dabei zum Beispiel Gase wie Methan oder Sauerstoff, die sich in der Atmosphäre anreichern können. Das Licht, das von einem Planeten reflektiert wird, bewegt sich durch diese Atmosphäre hindurch und wird dabei ein wenig verändert. Ein Teil des Lichts wird blockiert, je nachdem welche Gase sich in der Atmosphäre befinden. Mit entsprechenden Messinstrumenten können wir das messen; genau so stellen wir ja auch schon seit längere Zeit fest, woraus Sterne bestehen oder erforschen die Planeten des Sonnensystems. Licht, das von den Planeten anderer Sterne zu uns kommt, könnte genau solche Biosignaturen enthalten und wir könnten sie finden.

Bild: gemeinfrei

So eine Biosignatur würde uns aber nicht unbedingt sagen, mit welcher Art von Leben wir es zu tun haben. Nehmen wir zum Beispiel die „red edge“, die „rote Kante“. Pflanzen auf der Erde betreiben Fotosynthese; sie nutzen Sonnenlicht als Energiequelle. Sie nutzen aber nur einen Teil davon; den grünen Anteil des Lichts und auch den Infrarotanteil reflektieren sie. Wenn wir das von der Erde reflektierte Sonnenlicht vom All aus betrachten – was wir mit Raumsonden schon getan haben – dann sehen wir, dass ein Teil davon quasi fehlt, nämlich der Teil, der von den Pflanzen absorbiert wird. Der Rest wird reflektiert und wenn wir die jeweilige Menge auftragen, sehen wir eine starken Sprung zwischen roten und infraroten Anteil des Lichts. Das nennt sich die „rote Kante“ und ist Zeichen dafür, dass auf der Erde Leben existiert, das Fotosynthese betreibt.

Würden wir anderswo bei einem anderen Planeten auch so eine rote Kante beobachten, wäre das ein ziemlich guter Hinweis, dass diese Art von Leben auch dort existiert. Wir könnten daraus aber nicht ablesen, ob es sich um einzelliges oder mehrzelliges Leben handelt. Mikroorganismen wie die einzelligen Algen in den Ozeanen der Erde betreiben genau so Fotosynthese wie riesige Mammutbäume. Und es wäre eigentlich recht cool zu wissen, ob Leben das anderswo existiert ist, einzellig ist oder nicht. Auf der Erde hat es, wie gesagt, enorm lange gedauert, bis sich komplexe, mehrzellige Lebewesen entwickelt haben. Milliarden Jahre lang gab es nur Mikroorganismen und erst vor vergleichsweise kurzer Zeit haben sich die komplexeren Lebewesen entwickelt, die großen Pflanzen, die Bäume, die Tiere, und so weiter. Warum hat das so lange gedauert? War das nur ein Zufall? Wie wahrscheinlich ist es, dass sich komplexes Leben entwickelt? Auf all diese Fragen haben wir keine Antwort und es wäre enorm hilfreich, wenn wir Informationen über das Leben auf anderen Planeten kriegen könnten.

Deswegen haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tatsächlich Gedanken über den Nachweis von mehrzelligen Lebewesen auf anderen Planeten gemacht und dafür die Bäume ausgesucht. Einerseits, weil die Struktur in der Bäume wachsen etwas sehr grundlegendes zu sein scheint; etwas, was pflanzliches Leben quasi von selbst tut, wenn es komplexer wird. Und andererseits, weil damit die Methode funktioniert, die sie sich ausgedacht haben.

Stellen wir uns einen Wald vor. Je nachdem, wie wir den betrachten, wird er uns unterschiedlich hell erscheinen. Es kann sein, dass wir die Sonne genau im Rücken haben. Die Schatten, die die Bäume dann werfen, zeigen von uns weg. Haben wir die Sonne jedoch genau gegenüber, dann fallen die Schatten in unsere Beobachtungsrichtung. Oder anders gesagt: Die Menge an Sonnenlicht, die ein Wald in unsere Richtung reflektiert, hängt davon ab, wie die Sonne gerade am Himmel steht. Das kann man auf Satellitenbilder der Erde gut beobachtet; je nach relativer Stellung von Erde, Sonne und Satellit sind die Wälder mal heller und mal dunkler.

Bei den Planeten anderer Sterne sehen wir aber nicht nur keine Bäume, wir sehen auch keine Wälder. Nicht mal Kontinente und Ozeane. Wir sehen gar nichts, aus einem Lichtpunkt. Aber das würde schon reichen. Nehmen wir an, wir haben ein Weltraumteleskop, das fast genau in Richtung der Ebene blickt, in der der Planet seinen Stern umkreist. Dann können wir die Menge an Licht messen, die der Planet reflektiert, wenn der Stern von uns aus gesehen vor dem Teleskop ist und mit der Lichtmenge vergleichen, die reflektiert wird, wenn der Planeten an einem anderen Punkt seiner Umlaufbahn ist. So wie bei meinem Beispiel der Waldbeobachtung vorhin wird sich auch die Lichtmenge verändern, weil die Bäume mal mehr und mal weniger Licht in unsere Richtung reflektieren.

Bild: Moonwalker74, gemeinfrei

Natürlich ändert sich die Lichtmenge die ein Planet in unsere Richtung reflektiert auch ganz einfach dadurch, dass er sich um seinen Stern bewegt. Aber wenn auf dem Planeten Wälder stehen, gäbe des eine zusätzliche Veränderung in der Lichtmenge, die, wie die Berechnungen zeigen, durchaus groß genug sein könnte, um sie zu messen.

Wenn das Leben auf dem anderen Planeten nur aus Einzellern besteht, die gleichmäßig über die Meere und Kontinente verteilt sind, würden wir diese zusätzliche Veränderung nicht beobachten; besteht das Leben aber aus Bäumen und Wäldern, würden wir es merken.

Nun ja, zumindest theoretisch. Es gibt natürlich schon noch ein paar Probleme. Zum Beispiel die Wolken. Ein lebensfreundlicher Planet, mit Kontinenten und Meeren und Wäldern auf dem es keine Wolken gibt, ist schwer vorstellbar. Und Wolken haben einen sehr viel größeren Einfluss auf die Menge an reflektierten Licht als Bäume. Aber, und das ist die gute Nachricht, Wolken und Bäumen reflektieren Licht unterschiedlich und vor allem erhöht sich die Menge an reflektierten Licht unterschiedlich schnell, je nachdem ob Wolken oder Bäume beteiligt sind. Mit ausreichend langen Beobachtungsreihen und jeder Menge Datenanalyse kann man also rausfinden, ob man es mit Wolken zu tun hat oder ob zwischendurch mal Phasen waren, in denen keine Wolken am außerirdischen Himmel standen und das Licht des Sterns von Bäumen reflektiert wurde.

Es gibt noch weitere Komplikationen; Gebirge, etc und andere Strukturen, die Einfluss auf das reflektierte Licht haben. Aber rein prinzipiell kann man festhalten: Es werden nicht die Fähigkeiten der Astronomie sein, die uns daran hindern, außerirdische Bäume zu entdecken. Wenn sie da draußen irgendwo in großer Menge wachsen, haben wir eine Chance, sie irgendwann auch zu finden. Das eigentliche Problem ist das „wenn“ aus meinem vorigen Satz. Auf der Erde wachsen jede Menge Bäume. Aber wir haben keine Ahnung, ob es erstens überhaupt irgendwo außerirdisches Leben gibt und ob es zweitens, sollte es existieren, so etwas ähnliches wie Bäume bildet die annähernd so funktionieren wie wir es von der Erde kennen. Aber was sollen wir sonst tun? Leben, das „irgendwie“ anders ist, können wir nicht erforschen, weil wir ja nicht wissen, was dieses „irgendwie“ sein soll. Wir müssen zwangsläufig mit dem arbeiten, was wir verstehen. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass wir zumindest vorbereitet sind. Wenn es tatsächlich außerirdische Bäume gibt, werden wir sie nicht übersehen.

2 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 570: Auf der Suche nach außerirdischen Bäumen“
  1. „Direkt hinfliegen“ müssen wir eigentlich nicht, sondern nur etwa 550 Astronomische Einheiten weit – ab dieser Entfernung kommt der Gravitationslinseneffekt unserer Sonne zum Tragen, mit dem man bei geeigneter Position des zu beobachtenden Sternsystems (oder besser gesagt des Weltraumteleskops, weshalb man wohl am Besten im Laufe der Zeit ein paar tausend davon losschicken und auf Orbits ab 550 AE Abstand zur Sonne platzieren wird, siehe auch https://www.final-frontier.ch/der_ring_der_stimmen) eine Auflösung von bis zu 100 km erreicht! Das reicht zwar natürlich nicht für einzelne „Bäume“ (oder was es da sonst an Makroflora geben sollte), aber Vegetationsgebiete auf den Kontinenten erdähnlicher Planeten sollte man so schon grob erkennen können…

  2. Uhh … interessante Idee. Keine interstellare Raumfahrt, aber das Riesenteleskop, das da ungenutzt herumlungert, einfach mal polieren und nutzen. In 550 AE Entfernung sind dann auch die üblichen Probleme, die man so bekommt, wenn man nur „ganz knapp“ an der Sonne vorbeischielen will, nicht mehr relevant. Die Sonne hat da noch einen Winkeldurchmesser von um 3,5″ (sagt Celestia), das ist knapp das Doppelte des scheinbaren Durchmessers von Ganymed von der Erde aus gesehen. Also ein Punkt, wenn man nur mit 30-facher Vergrößerung schaut.
    Nice.

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