Milch und dann auch noch klumpig… das will niemand haben. Aber zum Glück geht es nicht um sauer gewordene Frühstückszutaten. Sondern um ein sehr spannendes Stück Astronomie und die überraschende Antwort auf eine offene Frage. Es geht um das sogenannte „Interstellare Medium“. Also, simpel gesagt, um das ganze Zeug, dass sich im Weltraum zwischen den Sternen befindet. Der ist zwar leer, ziemlich leer sogar. Leerer als jedes Vakuum, das wir hier auf der Erde technisch herstellen können. Aber er ist nicht völlig leer. Gewaltige Wolken aus Gas und Staub durchziehen die Leere zwischen den Sternen und sind der Ort, an dem neue Sterne geboren werden. Wenn wir verstehen wollen, wie und woraus Sterne entstehen, dann müssen wir auch diese Wolken und das interstellare Medium verstehen.

Genau das haben sich auch Annalisa De Cia von der Uni Genf und ihre KollegInnen gedacht. Die bisherige Annahme war immer die folgende: Es gibt drei Komponenten aus denen sich das interstellare Medium zusammensetzen kann. Da ist einerseits Wasserstoff (und ein bisschen Helium), das aus dem intergalaktischen Raum kommt, also der noch viel leereren Leere zwischen den Galaxien. Dann gibt es Wasserstoff- und Heliumwolken innerhalb unserer Galaxie, die durch „Metalle“ angereichert sind. Womit – Stammleserinnen und Stammleser wissen Bescheid – in der Astronomie alle Elemente gemeint sind, die weder Wasserstoff noch Helium sind. Diese Elemente stammen aus der Kernfusion, die im Inneren von Sternen stattfindet und werden nach deren Tod im Weltall verteilt. Aus diesen Metallen kann „Staub“ entstehen; die Atome verbinden sich also zu komplexeren Molekülen.

Die bisherigen Modelle gingen davon aus, dass sich diese drei Komponenten – intergalaktisches Material, Metalle aus der Kernfusion und Staub – vergleichsweise schnell vermischen und am Ende überall die gleiche „Metallizität“ gemessen werden kann wie wir sie in unserer Sonne finden. Die ist ja immerhin – wie alle anderen Sterne – auch aus einer Gaswolke entstanden, deren Ursprung die drei oben genannten Komponenten waren. Und warum soll es bei uns anders gewesen sein als anderswo in der Milchstraße? Die einzige Ausnahme von der man bisher ausgegangen ist, war die Zentralregion der Milchstraße. Dort stehen die Sterne viel dichter; es gibt viel mehr davon und deswegen sollte dort auch die Metallizität ein wenig höher sein.

Hypothesen sind das eine, konkrete Beobachtungen das andere. Deswegen haben sich Annalisa De Cia & Co die Sache mal angesehen („Large Metallicity Variations in the Galactic Interstellar Medium“). 25 Sterne in unterschiedlichen Richtungen und unterschiedlichen Entfernungen wurden beobachtet. Das Licht der Sterne durchquert auf seinem Weg die diversen Gas- und Staubwolken und macht so eine Analyse deren Zusammensetzung möglich. Das ganze ist nicht trivial, aber mit ein wenig Mühe durchaus möglich. Und das Resultat war überraschend: Die Milchstraße ist alles andere als homogen! In manchen Gegenden erreicht die Metallizität nur 10 Prozent der solaren Konzentration. Die Metallizität kann je nach galaktischer Region um das 10fache variieren und liegt im Durchschnitt nur bei 55 Prozent des solaren Wertes.

Das hat man sich so nicht gedacht. Offensichtlich fällt immer wieder ursprüngliches Wasserstoff aus dem intergalaktischen Raum auf die Milchstraße (was vorher schon bekannt war), durchmischt sich aber dann nicht so effizient mit dem bestehenden Material wie angenommen. Es gibt also auch heute noch Regionen in unserer Galaxie, in der quasi ursprüngliche Wasserstoffwolken existieren und die Sterne die daraus entstehen, haben eine niedrige Metallizität. Man kannte solche Sterne, wusste aber bis jetzt nicht, wie sie entstehen konnten. Jetzt wird man mit den neuen Erkenntnisse die Prozesse der Sternentstehung und die Dynamik der chemischen Zusammensetzung der Milchstraße nochmal neu denken müssen.

4 Gedanken zu „Nicht geschüttel und auch nicht gerührt: Die Milchstraße ist klumpiger als gedacht“
  1. Oder anders gefragt: Gibt es Sterne, die man zur Population II gezählt hatte, die aber trotzdem Population I sind, halt nur sehr metallarm? Oder waren die erwähnten metallarmen Sterne immer noch angereichert genug für Population I?

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