Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 449: Die Chromosphäre der Sonne
Am 12. Mai 1706 befand sich der britische Kapitän Henry Stanyan gerade in Bern. Er beobachtete etwas, was man nicht oft beobachten kann: Eine totale Sonnenfinsternis. Mehr als vier Minuten verdunkelte sich der Himmel komplett. Und als die Sonne danach gerade wieder sichtbar wurde, sah Stanyan einen „blutroten Streifen“ aus Licht, der von der linken Seite der Sonne ausgehend 6 bis 7 Sekunden lang sichtbar war. Das Licht war heller als die Venus, wie Stanyan bemerkte; er konnte sehen wie die Dinge dadurch einen Schatten warfen. Er wusste nicht, worum es sich dabei handelt – aber er schrieb sofort einen Brief an John Flamsteed, den königlichen Astronom an der Sternwarte in Greenwich um zu fragen, was das seltsame Licht gewesen sein konnte. Eine Antwort auf seine Frage erhielt er nicht; Flamsteed schrieb zwar sehr ausführlich zurück um zu erklären, wie man genau bestimmen können, welche Ortszeit in Bern zum Zeitpunkt der Finsternis geherrscht hatte. Zum roten Licht hatte er aber nichts zu sagen.
Heute geht man im Allgemeinen davon aus, dass Henry Stanyan die erste konkrete Beobachtung des Teils der Sonne gemacht hat, die wir die „Chromosphäre“ nennen. Wir haben es nicht mit dem Inneren unseres Sterns zu tun; es geht um die Atmosphäre der Sonne. Was man sich aber nicht so vorstellen darf, wie die Atmosphäre hier auf der Erde. Unser Planet ist ein Objekt aus Metall und Gestein, mit einer festen Oberfläche, die von einer Hülle aus diversen Gasen umgeben ist. Die Sonne ist ein Himmelskörper, der komplett aus Gas besteht. Fast ausschließlich Wasserstoff und Helium; im Kern 15 Millionen Grad heiß. Sie hat keine feste Oberfläche im eigentlichen Sinn. Aber man kann durchaus von einer „Sonnenoberfläche“ sprechen und wenn man das tut, dann meint man damit die sogenannte „Photospäre“. Das bedeutet „Lichthülle“ und wenn man die Sonne betrachtet – was man ohne entsprechende Vorkehrungen natürlich nicht so einfach tun sollte, wenn man keine Augenschäden riskieren will – dann ist es genau das, was man dort sieht. Die Photosphäre ist die Gasschicht der Sonne, aus der das Licht stammt, das wir beobachten können.
In den Kern der Sonne, in ihre tief liegenden Schichten können wir nicht blicken. Die Lichtteilchen, die von dort zu uns kommen, werden in alle Richtungen gestreut, weil das Gas dort extrem dicht ist. Erst dort, wo genügend Platz ist, kann sich Licht mehr oder weniger ungehindert direkt nach außen bewegen und es ist dieses Licht, dass wir auf der Erde sehen. Bei der Sonne ist die Photosphäre ungefähr 400 Kilometer dick und an ihrem Ende ist noch lange nicht Schluss. Das da noch etwas ist, wusste man schon lange. Bei einer totalen Sonnenfinsternis schiebt sich ja der Mond von der Erde aus gesehen genau vor die Sonnenscheibe. Da beide Objekt für uns zufällig annähernd gleich groß erscheinen, kann der Mond die Sonne auch komplett bedecken. Sobald er das tut, werden rund um ihn herum aber leuchtende, wabernde, strahlenförmige Lichter sichtbar. Dieser wie eine Krone aussehende Struktur wird darum auch „Korona“ genannt und stellt die äußerste Schicht der Sonnenatmosphäre dar. Ich hab über sie schon ausführlich in Folge 134 der Sternengeschichten gesprochen; wir können sie deswegen normalerweise nicht sehen, weil das Gas dort zwar enorm heiß ist, aber auch extrem dünn. Das Licht, das davon ausgeht ist viel zu schwach, als das wir es sehen könnten. Es wird vom Licht aus der Photosphäre komplett überstrahlt und nur wenn diese bei einer Finsternis durch den Mond verdeckt ist, können wir das Leuchten der Korona wahrnehmen.
Die unterste Schicht der Sonnenatmosphäre ist also die Photosphäre. Ganz außen ist die Korona. Und dazwischen? Da ist das, um das es heute gehen soll: Die Chromosphäre. Sie schließt sich an die Photosphäre an und ist bei der Sonne circa 2000 Kilometer dick. Die Dichte des Gases nimmt stark ab; an der Grenze zur Photosphäre findet man noch circa 100 Billiarden Atome pro Kubikzentimeter. Das klingt viel, ist aber das, was man hier auf der Erde als „Grobvakuum“ bezeichnen würde. Also das, was man in „vakuumverpackten“ Lebensmitteln finden würde beispielsweise, wo die Dichte nur circa 100 mal niedriger ist als bei normalem Luftdruck in der Erdatmosphäre. An der äußeren Grenze der Chromosphäre ist die Dichte aber mehr als eine Million mal geringer geworden. Auch die Temperatur nimmt ab, von ungefähr 5500 Grad Celsius an der Grenze zur Photosphäre, auf circa 3500 Grad an der äußeren Grenze.
Die Chromosphäre besteht aus Gas, was auch sonst. Und ebenfalls wenig überraschend aus Wasserstoff und Helium, die beiden Hauptbestandteile der Sonne. Interessant wird es aber, wenn man sich die Spektrallinien anschaut. Ich hab die bis jetzt ja immer vereinfacht so erklärt: Wenn Licht durch Gas hindurch strahlt, dann können die Atome aus denen das Gas besteht, ein paar dieser Lichtteilchen absorbieren. Schaut man sich das Licht dann ganz genau an, spaltet es also in seine Bestandteile auf, was so viel heißt wie: Man misst ganz genau, wie viel Licht bei den unterschiedlichen Wellenlängen vorhanden ist, dann sieht man, dass bei bestimmten Wellenlängen sehr viel weniger Licht vorhanden ist als bei anderen Wellenlängen. Oder anders gesagt: Man sieht das ganze bunte Licht des in die Regenbogenfarben aufgespaltenen Sonnenlichts, mit ein paar dunklen Linien dazwischen. Und das ist ja auch so. Es gibt aber zwei verschiedene Arten von Spektrallinien, nämlich Absorptionslinien und Emissionslinien. Die dunklen Linien im Sonnenlicht sind Absorptionslinien. Jedes Atom hat eine ganz charakteristische Anordnung von Elektronen in seiner Hülle. Je nachdem wie diese Teilchen angeordnet sind, können sie nur Licht mit ganz bestimmten Wellenlängen aufnehmen und deswegen kann man aus dem Muster dunkler Linien herausfinden, um welche Atome es sich handelt.
Umgekehrt geht es aber auch: Wenn man von außen Energie in die Elektronen steckt – zum Beispiel durch Kollisionen der Atome oder durch die Bestrahlung mit Licht – dann geben sie diese Energie irgendwann auch wieder ab. Auch das tun sie nur bei einer ganz charakteristischen Wellenlänge. Und anstatt einer dunklen Linie kriegt man nun eine helle, farbige Linie, eine Emissionslinie. Die Details sind kompliziert; was genau man kriegt hängt – sehr vereinfacht gesagt – davon ab, ob man eine Lichtmischung hat, die von heißem Material ab- und durch kühles Material gestrahlt wird oder umgekehrt. Wir sehen normalerweise nur Absorptionslinien im Sonnenlicht, weil wir normalerweise auch nur das Licht des heißen Sonneninneren sehen, das durch die kühlere Photosphäre strahlt. Ist das aber bei einer Finsternis blockiert, können wir auch die Emissionslinien sehen, die vom kühleren, dünnen Gas der Chromosphäre ausgesandt werden. So hat man übrigens das chemische Element Helium entdeckt, von dem ich in Folge 141 mehr erzählt habe. Bei einer Sonnenfinsternis im Jahr 1868 hat man die Emissionslinien der Chromosphäre beobachtet und darin Linien gefunden, die von keinem damals bekannten chemischen Element verursacht worden sein konnten. Also hat man dieses neue Element nach dem Ort seiner Entdeckung „Helium“ genannt, vom griechischen Wort „helios“ für Sonne. Erst später konnte man es dann auch auf der Erde nachweisen.
Aber von Kapitän Stanyan im Jahr 1706 bis 1868 ist es ein großer Sprung; schauen wir also kurz nochmal zur Geschichte. Nach Stanyan haben auch andere Forscher immer wieder dieses seltsame rote Leuchten beobachtet, das bei einer Finsternis am Rande der Sonne kurz sichtbar wurde. Edmund Halley war zum Beispiel einer davon und 1851 hat der britische Astronom George Airy sie das erste Mal detailliert beschrieben. Er sah eine „gezackte“ Struktur in der er Berge zu erkennen glaubte, die auf der Sonnenoberfläche wären. Weswegen er der Schicht auch den Namen „Sierra“ gab, also eine geografische Bezeichnung für ein Gebirge. Ein schöner Name, der sich allerdings nicht durchgesetzt hat. Das Wort „Chromosphäre“ stammt vom Astronom Joseph Lockyer, der gemeinsam mit und unabhängig vom Franzosen Jules Janssen die vorhin erwähnte Entdeckung des Heliums im Jahr 1868 gemacht hat. Er nahm die rötliche Farbe der Gasschicht zum Anlass, sie „Chromosphäre“, also „Farbhülle“ zu taufen.
Diese rote Farbe sagt uns auch, aus was sie besteht. Wasserstoff kann verschiedene Emissionslinien erzeugen, eine der hellsten liegt bei einer Wellenlänge von 656,3 Nanometern. Sie wird auch „H-Alpha-Linie“ genannt und befindet sich im roten Teil des Lichtspektrums. Und da die Chromosphäre rötlich leuchtet, muss dort jede Menge Wasserstoff sein. Die H-Alpha-Linie ist auch praktisch, wenn man die Chromosphäre beobachten will, wenn gerade mal keine Finsternis stattfindet. Dann kann man einen Filter verwenden, der nur Licht mit der H-Alpha-Wellenlänge durchlässt und kriegt einen guten Blick auf die Chromosphäre. Dort kann man dann auch gleich die „Berge“ bewundern, die Airy zu sehen glaubte. Heute nennen wir sie allerdings „Spikulen“. Entdeckt und halbwegs vernünftig beschrieben hat diese Strukturen der italienische Astronom Angelo Secchi im Jahr 1877. Er hat sie mit Flammen verglichen, die wie bei einem Feuer ständig aus der darunter liegenden Schicht der Sonne empor zündeln. Womit er nicht ganz unrecht hatte. Erstens sieht es genau so aus und zweitens stammen die Spikulen tatsächlich aus der Photosphäre. Sie entstehend dort, wo in der Photosphäre auch Sonnenflecken auftreten, also dort, wo die Magnetfelder gerade besonders stark sind. Diese Magnetfelder sind auf der Sonne ständig in Bewegung, sie werden von dem heißen, elektrisch geladenen Material quasi mitgerissen. Und entlang solcher Magnetfelder kann sich heißes Material auch ausbreiten. Die Spikulen tun das in eine Höhe von bis zu 10.000 Kilometer und können bis zu 1000 Kilometer dick sein. Das Material schießt mit mehr als 100 Kilometer pro Sekunde in die Chromosphäre; nach höchstens fünf Minuten fällt alles wieder zurück zur Sonne. Es ist also tatsächlich ein wenig so, wie Flammen oder noch besser: Wie Spritzer aus heißem Gas die aus der brodelnen Sonnenoberfläche nach oben schießen. Wie sie genau entstehen und sich ausbreiten ist einerseits kompliziert, andererseits noch nicht völlig klar. Es kommt auf die Wechselwirkung der Magnetfelder an, aber auch auf Stoßwellen im sich bewegenden Material der Sonne selbst. Sie sind die „Gischt des wogenden Photosphären-Ozeans“, wie es der deutsche Astronom Otto Kiepenheuer sehr poetisch genannt hat.
Ebenfalls in der Chromosphäre beobachten kann man Filamente und Protuberanzen. Wobei Protuberanzen eigentlich nichts anderes sind, als Filamente die man von der Seite betrachtet. Und beides ist Material von der Sonne, das mit enorm hoher Geschwindigkeit extrem hoch hinaus geschleudert werden kann. Sie entstehen – sehr vereinfacht gesagt – durch magnetische Kurzschlüsse, bei denen sehr viel Energie frei wird. Es sind quasi enorme Explosionen, die das heiße Gas wegschleudern, dass sich dann entlang der Magnetfeldlinien in Bögen weit durch die Chromosphäre hinauf und wieder zurück bewegt. Genau so eine Protuberanz hat vermutlich auch Kapitän Stanyan damals im Jahr 1706 beobachtet.
Es gibt noch diverse andere dynamische Phänomene im Gas der Chromsophäre zu sehen und wir sind immer noch dabei, alles zu verstehen. Was wir auf jeden Fall noch nicht verstehen, ist der Zusammenhang zwischen Chromosphäre und der weiter außen liegenden Korona. Eigentlich sollte man ja davon ausgehen, dass es einfach so weiter geht, wie bisher. Das Gas wird immer weniger dicht und die Temperatur sinkt immer weiter. Was die Dichte angeht, stimmt das auch. Die Temperaturen steigen aber jenseits der Chromosphäre wieder an. Und das durchaus heftig: Bis auf ungefähr eine Million Grad! Das ist viel, auch wenn man berücksichtigt, dass so weit außen kaum noch Gas vorhanden ist, das heiß werden kann. Aber das, was da ist, IST heiß. Und irgendwo muss die Energie dafür herkommen. Es kann sein, dass diese Energie aus den weiter unten liegenden Magnetfeldern kommt; es kann auch sein dass sie durch Schallwellen übertragen wird, die im heftigen Gebrodel der Sonnenoberfläche entstehen. Aber wie es genau ist, wissen wir nicht.
Die Chromosphäre markiert also quasi auch die Grenze unseres Verständnis der Sonne. Was wir sehen können – die Photosphäre – und was darunter liegt – das Sonneninnere – verstehen wir halbwegs gut. Aber je weiter wir nach außen gehen, desto unklarer werden die Dinge. Zum Glück haben wir mittlerweile Teleskope mit passenden Filtern, wir haben Weltraumteleskope die sich fast innerhalb der Korona aufhalten können – wir müssen also nicht auf eine Sonnenfinsternis warten um einen nur sekundenlangen Blick auf das rötliche Leuchten der Chromosphäre zu haben. Die Sonne ist der Stern, der die Grundlage des Lebens auf der Erde ist und der mit seinem Verhalten das ganze Sonnensystem dominiert. Wir sollten alle Teile der Sonne verstehen und ganz besonders die Chromosphäre!
Ich hab mit dieser Formulierung immer meine Schmerzen, weil man bei „heiß“ zumeist an Brandblasen oder ähnliche Verletzungen denkt (oder an schmelzende Materialien, wenn man nicht so bioaffin ist).
Diese „Temperatur“ könnte man mit keinem Fieberthermometer messen, weil diese „Temperatur“ (per Definition) eine Umlage aus den Teilchengeschwindigkeiten ist. Und wenn in einem aus menschlicher Sicht anspruchsvollen Ultrahochvakuum die wenigen Teilchen, die da umherflitzen, sehr schnell sind, dann kann man das eben in Temperatur darstellen.
Das, was mir passiert, wenn ich ein heißes Stück Stein oder Metall berühre, ist ja Folge davon, daß innerhalb sehr kurzer Zeit extrem viele Moleküle des Materials gegen die Moleküle meiner Haut stoßen und deswegen sehr schnell sehr viel Impuls übertragen. Dieser Impuls verteilt sich rasch über eine große Zahl von Teilchen in meiner Haut, weswegen die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen dort steil ansteigt, bis es zu Gewebezerstörungen kommt (und ich wahrscheinlich „aua“ krächze ).
Die Gasatome in der Korona sind sehr schnell, aber im Vergleich dazu superselten, sodaß ein (von der Photosphäre abgeschirmtes) Metallteil in der Korona sich nur sehr langsam erwärmt. Da Temperatur nicht vom Druck abhängt, wir Menschen aber nur Drücke um 1 bar kennen, überschätzen wir die Auswirkungen eines heißen Ultrahochvakuums naturgemäß enorm.
Mir fällt aber auch keine leichte Erklärung ein, die man in einen einzigen Satz packen könnte, um das zu verdeutlichen. Statt „Temperaur“ dann einfach „mittlere Teilchengeschwindigkeit“ zu schreiben, wäre zwar ein Fest für Nerds, aber für fürs Publikum enorm sperrig. Und das will ja niemand.
Ich frage mich da, was bedeutet es für das Licht daher zu „stammen“? Entsteht es dort? Woraus? Entsteht es tiefer und wird nur durchgelassen ?
Ich denke mir mal : So eine Sphäre hat eine innere Grenze und eine äußere Grenze. Die innrere Grenze könnte dadurch definiert sein, dass etwa hier der Übergang vom dichten Plasma, das nicht durchsichtig ist, in dünneres Plasma, das nicht alles Licht gleich wieder schluckt, liegt. Aber ab da nimmt der Druck ja weiter ab, es wird immer dünner. Was könnte dann die äußere Grenze sein ? Ist es der Übergang vom Plasma zum Atom-Gas, was dann die Chromosphäre bildet? Dieses Atom-Gas kann ja nur definierte Wellenlängen aufnehmen und abgeben.
Gleichzeitig hat das Licht, das wir von der Sonne hauptsächlich erhalten, bis auf die dunklen Absorptionslinien die Form einer Wärmestrahlung von ca. 5800k (glaube ich). Was für ein Körper hat denn diese Temperatur? Die Schicht unter der Photosphäre oder die Photosphäre selber?
Wäre schön, wenn mir da jemand auf die Sprünge helfen könnte.
Nahe der Sonnenoberfläche findet man die Photosphäre. In dieser einige 100 km dicken Schicht entsteht die für uns sichtbare Strahlung. Die Strahlungstemperatur ist etwa 5800 K, also unter einem eV.
@Peter Paul
Die gesamte elektromagnetische Strahlungsleistung der Sonne wird durch die thermische Strahlung der Photosphäre dominiert, die um weniger als 0,1 % schwankt.
@Paul
Beispielsweise würde ein einzelner Kubikmeter aus der Photosphäre der Sonne dafür noch zu klein sein und daher ein ausgeprägtes Linienspektrum aufweisen (und nur kurz und schwach leuchten). Bei Wellenlängen zwischen den Spektrallinien hat das Material eine optische Tiefe, die viel größer ist als 1 m. Allerdings bleibt sie bei allen Wellenlängen geringer als die Dicke der Photosphäre von etwa 100 km. Daher ist das Spektrum der Sonne doch weitgehend thermisch.
Quelle: „Wärmestrahlung – Physik-Schule“ https://physik.cosmos-indirekt.de/Physik-Schule/W%C3%A4rmestrahlung
Wenn aus dem Sonnenlicht Wasserstofflinien absorbiert werden, müssen neutrale Wasserstoffatome vorliegen. (Wasserstoffmoleküle existieren bei diesen hohen Temperaturen ohnehin nicht.) Ebenso, können die Emissionslinien des Wasserstoffs nur entstehen, wenn Elektronen aus angeregten Zuständen wieder in niedrigere Niveaus fallen. Auch das setzt die Existenz von Wasserstoff-ATOMEN voraus.
Das Wasserstoffatom ionisiert jedoch bei ca. 3000K. Wenn also Wasserstofflinien in Absorption oder Emission beobachtet werden, heißt das, dass in der Sonnenatmosphäre H-Atome vorliegen müssen, deren Temperatur unter 3000K liegt.
Daraus folgt so zwingend wie plausibel, dass es sich bei Aussagen über Temperaturen immer um Durchschnittsangaben handelt, (also um Teilchengeschwindigkeiten mit einer wie auch immer deformierten Normalverteilung).
Die hier geschilderten Zusammenhänge könnten übrigens ein Teil der Erklärung für die nicht monotone Temperaturabnahme der Schichten nach außen sein.