Weihnachten kommt! Ok, das ist keine große Neuigkeit aber vielleicht hat es der eine oder die andere doch irgendwie verpasst und ist froh über die Erinnerung. Und wenn Weihnachten kommt, dann gibt es auch die weihnachtliche Folge des WRINT Wissenschaft Podcast den ich schon seit bald 10 Jahren gemeinsam mit Holger klein aufnehme.
Wir haben 2014 damit angefangen spezielle Weihnachtsfolgen zu produzieren. veröffentlicht. 2015 gab es Weihnachtswissenschaft reloaded, 2016 die Rückkehr der Weihnachtswissenschaft und im letzten Jahr Wissenschaftliche Weihnachten Episode IV mit zusätzlicher Festlichkeit. 2018 sind mir die doofen Titel ausgegangen und deswegen probiere ich es dieses Jahr einfach wieder mit blöden Hollywood-Kinofilmserienanspielungen…
So oder so: Holger Klein und ich haben uns über Wissenschaft ausgetauscht, mit Weihnachtsbezug. Da wir die ganzen klassischen Weihnachtswissenschaftsthemen schon in den vergangenen Jahren durchgearbeitet haben, habe ich diesmal einfach die Literaturdatenbank meines Vertrauens mit dem Stichwort „Christmas“ gefüttert und geschaut was so rausfällt. Vor allem Zeug von dem ich keine Ahnung habe, wie sich zeigt. Aber das hat uns ja noch nie abgehalten; das ist ja sogar das Konzept von WRINT. Wissenschaft ist dazu da, um darüber zu reden, auch wenn man kein Experte ist! Und deswegen kommen in dieser Folge viel seltsame Informatik, maschinelles Lernen, Medizin und andere für mich sehr fremde Themen vor.
Den Podcast gibt es hier. Oder direkt hier als mp3.
Mentale Gesundheit in sozialen Medien
Den Anfang macht eine Arbeit mit dem Titel „Temporal Mental Health Dynamics on Social Media“ von einem Typ der klingt wie der Bösewicht eines Kinderbuchs: Tom Tabak. Der aber an der Uni London arbeitet und gemeinsam mit Matthew Purver untersucht hat, welche Informationen man aus den sozialen Medien über den geistigen Gesundheitszustand der NutzerInnen ziehen kann. Speziell ging es um das Ausmaß der in Tweets ablesbaren klinischen Depressionen im Laufe der Zeit. Das ganze lief – glaube ich – über eine Art maschinelles Lernen und untersucht wurde damit, ob es in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Reaktionen auf die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie gibt. Untersucht wurden Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland und Großbritannien. Und Weihnachten spielt deswegen eine Rolle, weil mit der Methode auch das Phänomen der „Weihnachtsdepression“ erkannt werden konnte. Obwohl immer noch nicht ganz klar ist, ob es das im medizinischen Sinn eigentlich gibt. Unumstritten aber geht es vielen Menschen über die Feiertage schlecht. Weswegen ich hoffe, dass alle gut ins nächste Jahr kommen oder die verfügbare Hilfe in Anspruch nehmen wenn das nicht der Fall sein sollte.
Verschwörungswichteln
In der schönen Arbeit „A Faster Cryptographer’s Conspiracy Santa“ haben französische Informatiker eine Methode für das „Verschwörungswichteln“ entwickelt. Im Gegensatz zum normalen Wichteln kriegt nicht jeder von einer anderen Person ein Weihnachtsgeschenk. Sondern es bilden sich Gruppen und jede Gruppe macht einer Person ein Geschenk. Es soll aber möglichst niemand wissen, von welchen Leuten das Geschenk stammt und was es gekostet hat. Es müssen also jede Menge Informationen ausgetauscht werden und diverse finanzielle Transaktionen zwischen den Mitgliedern stattfinden. Aber alles geheim und genau dafür wurde ein Algorithmus entwickelt der NP-vollständig ist (was schlecht ist, wenn ich das richtig verstanden habe).
Weihnachtsfinanzspekulation
In der Arbeit Christmas Jump in LIBOR habe ich nicht mal den Titel verstanden. Aber es geht um finanzielle Spekulationen und die Autoren wollen einen Weg gefunden haben, das Verhalten von irgendeinem Finanzdingens in der Zeit vor Weihnachten so vorherzusagen dass man damit Profit machen kann. Zum Glück kennt sich Holger bei solchen Themen besser aus als ich und konnte ein wenig Licht ins Dunkle bringen.
Politisches Herzrasen
Sehr schön fand ich die Arbeit „Hearts and Politics: Metrics for Tracking Biorhythm Changes during Brexit and Trump“. ForscherInnen von den Nokia Bell Labs haben Gesundheits/Fitnesstracker verwendet um zu schauen, wie sich politische Ereignisse auf Menschen in den USA und UK auswirken. Insbesondere die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Jahr 2016 und die im gleichen Jahr stattgefundene Abstimmung zum Brexit. Als „Kontrolle“ waren auch noch Weihnachten und Silvester in der Auswertung dabei. Man hat geschaut, wie sich zurückgelegte Schritte, Schlafdauer und Puls im Laufe von mehr als einem Jahr verändern. Aber nicht nur das: Man hat auch Metriken konstruiert um herauszufinden, wie sehr solche Ereignisse die Menschen „durcheinanderbringen“, wie stark also so eine Wahl oder Abstimmung dafür sorgt, dass der Biorhythmus nicht mehr synchron läuft. Weihnachten scheint da eher egal zu sein; da wird nur mehr rumgesessen und weniger gelaufen. Nachwirkungen hat das aber keine; ganz im Gegensatz zur Politik. Wie die sich in den unterschiedlichen Ländern unterschiedlich ausgewirkt hat, besprechen wir im Podcast.
Weihnachtliche Coronaprognose
Und dann gab es noch „Machine learning spatio-temporal epidemiological model to evaluate Germany-county-level COVID-19 risk“ wo irgendwas computerwissenschaftliches passiert das ich nicht verstehe, am Ende aber eine Vorhersage über die Corona-Lage zu Weihnachten getroffen wird. Spoiler: Selbst mit harten Lockdowns schaut es eher nicht gut aus.
Christmas-Faktor
Dann haben wir noch kurz über den Christmas-Faktor geredet, der zwar nix mit Weihnachten zu tun hat. Aber mit einem Patienten namens Stephen Christmas an dem 1952 erstmals die Krankheit „Hämophilie B“ diagnostiziert worden ist. Die wird durch einen Mangel des Christmas-Faktor verursacht und der ist ein Gerinnungsfaktor der Blutgerinnung. Wenn das ganze nicht angeboren ist, kann man es durch Vitamin-K-Mangel kriegen, womit wir doch noch bei Weihnachten wären, denn dem kann man mit dem Verzehr von ausreichend Grünkohl und Rosenkohl vorbeugen. Also haut rein beim Weihnachtsessen!
Weihnachten im Darm
Und dann gab es noch Clostridium perfringens, ein nettes kleines Bakterium das in den USA der häufigste Verursacher von Lebensmittelvergiftungen ist und in UK die dritthäufigste Ursache. Ganz besonders gern schlägt die Mikrobe zu Weihnachten zu und warum das so ist diskutieren wir im Podcast.
Weiße Weihnachten
Damit die Sendung nicht gar so deprimierend endet haben wir noch kurz über die Frage der weißen Weihnachten diskutiert und eine Vorhersage die zumindest für den Süden Deutschlands und den Westen Österreichs am ersten Feiertag ein wenig Schnee verspricht.
Daneben gab es noch jede Menge andere Themen die nichts mit Weihnachten zu tun haben (das waren Holgers Themen). Wir haben über das Arecibo-Teleskop geredet, eine vielleicht bald kommende dauerhaft wirksame Impfung gegen Grippe, eine Blutgruppendiät, die Psychologie der Fakten, doofe Hunde und Bauernregeln.
Und ganz am Ende hab ich noch mal dazu aufgerufen bei der Wahl zu den „Köpfen des Jahres“ für die Science Busters zu stimmen. Was ich hiermit gerne ein weiteres Mal tue.
Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und erholsame Feiertage. Trotz allem. Bleibt gesund! Wir hören uns im nächsten Jahr wieder!
Den Podcast gibt es hier. Oder direkt hier als mp3.
Oha. Wusstest du das?
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/holger-klein-corona-erkraknkung-bericht-psychische-folgen-li.130168
Es scheint dem Holger ja wieder gut zu gehen. Aber so richtig wohl noch nicht.
Gute weitere Besserung an dieser Stelle!