Ich komme gerade irgendwie nicht von der Science Fiction weg. Eigentlich wollte ich im Oktober ja ein wenig aus anderen Genres lesen. Aber das hat irgendwie nicht so gut geklappt. Dafür gibt es in der monatlichen Buchempfehlung nun aber wieder ein paar sehr gute Science-Fiction-Werke…
Lady Astronaut of Mars: Die Mond-Ausgabe
Vor gut einem Jahr habe ich sehr eindringlich die Bücher von Robinette Kowal empfohlen. Das tue ich jetzt wieder. Gerade ist der dritte Band ihrer „Lady Astronaut of Mars“-Serie erschienen: „The relentless moon“. Und ich dachte mir, ich schaue zur Einstimmung noch mal kurz in die beiden Vorgängerbände hinein. Aber dieser kurze Blick hat gereicht; nach der ersten Seite war ich wieder genau so gefesselt wie damals, als ich die Bücher das erste Mal gelesen habe. Und so habe ich nun eben die komplette Trilogie gelesen.
Angefangen hat alles mit der Kurzgeschichten „Lady Astronaut of Mars“ (hier kostenlos online verfügbar). Daraus entstand zuerst das Buch „The calculating stars“ dem dann „The fated sky“ gefolgt ist. Und jetzt eben „The relentless moon“ (Nichts davon ist übrigens auf deutsch erschienen, was ich höchst seltsam finde). Der dritte Band der Serie ist keine direkte Fortsetzung der ersten beiden Bände. Sondern erzählt das, was im zweiten Band nicht erzählt worden ist.
Kowals Geschichten spielen in einer Parallewelt, die sich aber anfangs nur minimal von der realen Welt unterscheidet. Keine Sorge, jetzt kommen keine Spoiler – all das was ich hier schreibe kann man schon auf den ersten Seiten des Buchs lesen. Die Handlung setzt Anfang der 1950er Jahre ein, die USA haben – im Gegensatz zur echten Welt – einen kleinen Vorsprung gegenüber der UdSSR was den Weltraum angeht. Der erste Satellit ist hier ein amerikanischer und kein russischer und er ist schon viel früher im All als der reale russische Sputnik. Dann schlägt ein Asteroid auf der Erde ein. Washington wird ausgelöscht, die USA und weite Teile der Welt massiv getroffen. Das und vor allem die globalen Folgen des Einschlags kurbeln ein internationales Raumfahrprogramm an das in weit schnelleren Tempo abläuft als in der Realität. Im ersten Band ist die Mathematikerin und Pilotin Elma die Hauptperson. Ihr Mann leitet das Raumfahrtprogramm; Elma selbst will Astronautin werden. Aber auch in der Parallewelt hat man etwas gegen Frauen im Weltraum. Durch Umstände die ich jetzt nicht näher erläutere wird Elma, gemeinsam mit einigen anderen Frauen, dennoch ins Raumfahrtprogramm aufgenommen und ein wenig despektierlich als „Lady Astronaut“ bezeichnet. Denn Rest lest bitte selbst – auch wenn es kein großer Spoiler ist wenn ich verrate, dass Elma im zweiten Band zum Mars fliegt (immerhin ist das ja der Titel der Kurzgeschichte mit der alles angefangen hat).
Im dritten Teil ist Elma nur eine Randfigur. Sie ist mit ihren KollegInnen immer noch zum Mars unterwegs und Kowal beschreibt, was derweil auf der Erde passiert. Jede Menge: Die Astronautin Nicole Wargin, Freundin von Elma und Ehefrau eines wichtigen Politikers, ist damit beschäftigt einerseits die dauerhafte Basis auf dem Mond zu organisieren und andererseits die politischen Gegner in Schach zu halten die das ganze Weltraumprogramm für Blödsinn halten. „The relentless moon“ ist nicht nur Science Fiction, sondern auch ein wenig Spionage-Roman/Krimi. Auf dem Mond. In den 1960er Jahren.
Ich war anfangs ein wenig enttäuscht, dass Elma nicht mehr die Hauptfigur ist. Das hat sich aber schnell gelegt; der dritte Band der Serie hat genau den gleichen Charme wie die ersten beiden Bücher. Er ist genau so packend und voll mit seltsamer Retro-Science-Fiction. Das ist überhaupt das beste an all diesen Büchern: Es geht nicht um irgendeine ferne glitzernde Weltraumzukunft. Es ist auch keine leicht komische „Zukunft“ wie bei „Star Trek“; also eine Zukunft die sich irgendwer in den 1960er Jahren ausgedacht hat und die eigentlich schon längst unsere Gegenwart sein sollte, es aber nicht ist. Es ist eine Science-Fiction-Vergangenheit die uns zeigt, wie unsere Welt sein hätte können, wenn die Dinge ein wenig anders gelaufen wären. Kowal hat sich intensiv von RaumfahrtexpertInnen beraten lassen und das merkt man im Buch auch. Die Atmosphäre ist extrem intensiv und extrem glaubhaft, auch wenn es um „Science Fiction“-Themen wie die Besiedelung des Mondes oder einen Flug zu Mars geht.
Ich kann wirklich alle nur sehr, sehr dringend aufforden diese Bücher zu lesen. Es sind definitiv die besten Bücher aus diesem Genre die ich in den letzen Jahren gelesen habe!
Big Dumb Object – nicht ganz so dumb…
Vom Titel her recht ähnlich klingt „The last astronaut“ (auf deutsch „Die letzte Astronautin“ von David Wellington. Hat aber mit den Büchern von Kowal gar nix zu tun. Die Handlung spielt in einer nahen Zukunft der 2050er Jahre. Ein paar Jahrzehnte zuvor haben die USA den Wettlauf zum Mars gegen China verloren und die Kommandantin der Mission – die Astronautin Sally Jansen – wurde für den katastrophalen Ausgang der amerikanischen Marsmission verantwortlich gemacht. Jetzt ist sie die titelgebende letzte Astronautin; die USA haben aufgehört Menschen ins All zu schicken. Müssen das aber dann doch wieder tun, denn ein BDO taucht auf!
Als BDO bzw „Big Dumb Object“ bezeichnet man in der Science-Fiction-Literatur etwas, das groß und mysteriös ist und durch seine große Mysteriosität die Handlung quasi alleine trägt. Zum Beispiel die Ringwelt von Lary Niven oder der riesige Zylinder aus Rendezvous mit Rama von Arthur C Clarke. Und auch bei Wellington taucht so ein Ding plötzlich im Sonnensystem auf: Ein interstellarer Asteroid wird entdeckt; fängt dann aber auf einmal an zu bremsen und seine Umlaufbahn zu ändern, was Asteroiden normalerweise nicht machen. Es muss sich um ein außerirdisches Raumschiff handeln und eines, das direkt Kurs auf die Erde genommen hat. Also schickt man Menschen ins All um der Sache auf den Grund zu gehen – mit dabei natürlich Sally Jansen.
Bis dahin ist das Buch zwar gut, aber nicht sonderlich außergewöhnlich. Das wird es erst im Zuge der Erforschung des „Raumschiffs“. Der Plottwist der in der zweiten Hälfte auftaucht ist nicht extrem überraschend, aber doch recht gut umgesetzt. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich den Ausflug ins Horror-Genre gebraucht hätte – aber insgesamt ist Wellingtons Buch eine schöne Variation zu den Themen „Erster Kontakt“/BDO. Kann man ruhig lesen!
Achtung Steinschlag!
Schon länger in meinem Bücherregal steht „Achtung Steinschlag! – Asteroiden und Meteoriten: Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens“ von Alwin Schönberger und Christian Köberl. Was eine Schande ist, denn immerhin sind Asteroiden und Asteroideneinschläge ja mein Lieblingsthema in der Astronomie. Alwin Schönberger ist Wissenschaftschefredakteur des österreichischen Magazins „Profil“ und Köberl einer der weltweit führenden Impaktforscher. Also ausreichend fachliche Expertise um ein sehr gutes Buch über Asteroideneinschläge schreiben zu können. Und das Buch ist auch sehr gut geworden. Aber nicht ganz so gut wie ich es mir erhofft hatte. Man erfährt alles wichtige was es über Asteroiden und Asteroideneinschläge zu erfahren gibt. Ich bin allerdings nie so richtig reingekippt; ich habe irgendwie einen roten Faden vermisst der einen durch die ganzen Geschichten führt. Die Expeditionsberichte nach Afrika und Sibirien sind super; die Erklärungen zur Asteroidenforschung sind verständlich; die geschichtlichen Infos sind gut ausgewählt. Aber irgendwie ist das nicht so optimal zu einem einheitlichen Buch verbunden wie man es verbinden hätte können.
So kam es mir zumindest vor, aber es kann natürlich auch sein dass ich gerade bei diesem Thema ganz besonders kritisch bin. Beziehungsweise das Buch nicht so genießen kann, wie es gedacht ist sondern mir während der Lektüre ständig denken, wie ich dieses Thema in Buchform bearbeiten und schreiben würde. Das Buch habe aber eben nicht ich geschrieben sondern Schönberger und Köberl. Und wer sich gerne verständlich über Asteroideneinschläge und alles was damit zusammenhängt informieren möchte, liegt mit „Achtung Steinschlag“ auf jeden Fall richtig!
Wissenschaftscomics
Vermutlich haben die meisten schon irgendwann mal irgendwo im Internet Comics von Tom Gauld gesehen. Die gibt es aber nicht nur dort sondern auch ganz klassisch in Buchform.
Und da möchte ich allen „Department of Mind-Blowing Theories“ (auf deutsch „Abteilung für irre Theorien“) empfehlen. Es kommt nicht oft vor dass ich bei der Lektüre eines Buches laut zu lachen beginnen (nicht weil ich mich nicht amüsiere sondern weil ich eben nicht zu den Menschen gehöre die laut lachen). Hier war das aber der Fall. Ich habe keine Ahnung was da in Gaulds Kopf vorgeht wenn er zeichnet. Aber das was er zum Thema „Wissenschaft“ gezeichnet hat ist einfach großartig!
Das wars für den Oktober. Bald kommt der November und diesmal werde ich es definitiv schaffen, mal was anderes als Science Fiction zu lesen. Vermutlich. Hoffentlich. Mal schauen…
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Hallo Florian, ich habe die ersten beiden „Lady Astronaut“-Bände auf deine Empfehlung hin gelesen und ich fand sie sehr, sehr gut. Band 3 steht jetzt auf meiner Liste 😉 Danke für Empfehlung!
Dann empfehle ich mal wieder Brian Greene’s „Bis zum Ende der Zeit“, liest sich zwar stellenweise auch wie Science Fiction und mir schwirrt der Kopf von Boltzmann Gehirnen, aber ich freue mich auf deine Rezension ;).
@Florian:
Lies mal „Vakuum“ von Philip P. Peterson. Wird dir gefallen!