Am 20. Oktober 2020 ist es soweit! Dann wird die Raumsonde OSIRIS-REx auf dem Asteroid Bennu landen. Was eigentlich nicht ganz korrekt ist und damit auch das Wort „Asteroidenlandung“ aus dem Titel eigentlich schlecht gewählt ist. Beziehungsweise ist schon irgendwie eine Landung, nur eine sehr, sehr kurze und eine, bei der nur ein Teil der Raumsonde in Kontakt mit der Asteroidenoberfläche kommt. OSIRIS-REx wird den Asteroid nur kurz berühren und dann gleich wieder verschwinden (vielleicht sollte man statt „Asteroidenlandung“ besser „Asteroidenbelästigung“ sagen?). Offiziell heißt das ganze „TAG“, also „Touch-And-Go“ – ist aber, egal wie man es nennt, eine coole Sache!
Was „OSIRIS-REx“ bedeutet und was die Sonde alles tun soll, habe ich schon anlässlich des Starts im Jahr 2016 erklärt. Das – wie üblich sehr bemühte – Akronym steht für Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security, Regolith Explorer“ und für das TAG-Manöver ist vor allem der letzte Teil relevant, also „Regolith Explorer“. Mit Regolith bezeichnet man die Staub- und Gesteinsschicht die alle felsigen Himmelskörper bedeckt die keine Atmosphäre haben. Auf ihnen können kosmische Strahlung und Mikrometeoriten das Gestein im Laufe der Jahrmillionen pulverisieren und aus einer detailierten Untersuchung dieses Materials kann man jede Menge spannende Erkenntnisse über die Ursprünge des Sonnensystems gewinnen. Immerhin sind die Asteroiden ja das ursprüngliche Baumaterial aus dem die Planeten entstanden sind. Man hätte als gerne etwas von dem Zeug in den Labors der Erde. Und genau das soll OSIRIS-REx erledigen.
Im Dezember 2018 ist die Sonde beim Asteroid Bennu angekommen. Das Ding ist fast 500 Meter groß und wurde in den letzten Jahren intensiv aus der Ferne untersucht. Am 20. Oktober wird die Raumsonde, die den Asteroid derzeit in einem Abstand von circa 770 Metern umkreist ihm aber deutlich näher kommen. Zuerst wird sie sich auf circa 125 Meter nähern. Eine weitere Bahnanpassung wird sie auf wenig mehr als 50 Meter Abstand zum Asteroiden bringen wo sie ihre Bewegung an die Rotation von Bennu anpassen wird. Dann wird es ernst: Die Sonde wird auf Bennu landen und mittels einer unter Druck stehenden Flasche mit Stickstoff eine kleine „Explosion“ auslösen. Der dabei aufgewirbelte Staub wird eingefangen und sicher verstaut. OSIRIS-REx hebt wieder ab und macht sich auf den Weg Richtung Erde, wo sie am 24. September 2023 ankommen soll. Mit hoffentlich 60 Gramm Asteroidenmaterial im Gepäck die wir dann in aller Ruhe und Sorgfalt untersuchen können.
Ein spektakuläres Manöver und auch ein schwieriges Manöver. Der ausgesuchte Landeplatz – mit dem schönen Namen „Nightingale“ – hat einen Durchmesser von ungefähr 16 Metern. Er ist relativ flach, rundherum stehen/liegen aber ein paar hausgroße Felsbrocken. OSIRIS-REx selbst ist 3,10 Meter breit und 2,72 Meter hoch; also so groß wie ein Lieferwagen. Ein großes Auto in einen Parkplatz von 16 Meter Durchmesser zu navigieren mag auf der Erde leicht sein. Es wird allerdings schon etwas schwieriger, wenn man von oben kommt und noch schwieriger, wenn das ganze 334 Millionen Kilometer von der Erde entfernt im Weltall stattfindet. Jedes Signal braucht 18,5 Minuten bis zum Asteroid und noch mal so lange muss man auf eine Rückmeldung warten. Es ist also unmöglich das TAG-Manöver „live“ von der Erde aus zu steuern; die Raumsonde muss das autonom hinkriegen.
Wie das Manöver läuft werden wir in weniger als einem Monat wissen. Auf die wissenschaftlichen Resultate werden wir noch ein wenig länger warten müssen. Aber das, was man bis jetzt schon auf dem Asteroid gefunden hat, ist vielversprechend. Zum Beispiel Bruchstücke vom Asteroid Vesta. Der drittgrößte Asteroid im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter wurde 2011 von der Raumsonde Dawn besucht, weswegen wir vergleichsweise viel über ihn wissen. Was wir schon vorher wussten: Vor ein paar Millionen Jahren war Vesta an einer großen Kollision beteiligt bei der jede Menge Bruchstücke im Sonnensystem verteilt worden sind. Ein paar davon sind auf der Erde gelandet, wo wir sie „HED-Meteorite“ genannt und ihren Ursprung mit astronomisch-geochemischen Methoden bis zu Vesta verfolgen konnten.
Aber auch auf Bennu konnte man ein paar metergroße Brocken finden die genau so aussehen wie die Vesta-Meteoriten die wir von der Erde kennen. Das lässt einige Rückschlüsse auf seine Vergangenheit zu: Vermutlich entstand Bennu, als ein großer Brocken von Vesta mit einem anderen Asteroid kollidierte. Aus den Trümmern entstand Bennu (von dem wir schon vorher wussten dass er ein fliegender Trümmerhaufen ist) der sich nun vom Hauptgürtel in Richtung der Region der erdnahen Asteroiden aufmachte.
Die Geschichte der unscheinbaren Felsbrocken im All ist faszinierend. Und wenn OSIRIS-REx ihren Job erledigt, können wir diese Geschichte demnächst direkt hier auf der Erde erforschen und ihr ein paar weitere faszinierende Kapitel hinzufügen.