Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 390: Der Einfluss des Mondes auf das Klima
Der Mond hat Einfluss auf uns. Und damit ist definitiv nicht das gemeint, was man in diversen esoterischen Ratgebern lesen kann, wo einem erzählt wird, dass man sich etwa beim Haareschneiden, der Gartenarbeit oder dem Hausputz nach den Mondphasen richten soll. Warum das nichts mit Wissenschaft und der Realität zu tun hat, habe ich ja schon ausführlich in Folge 254 der Sternengeschichten erzählt. Aber der Mond beeinflusst das Leben auf andere Weise. Zum Beispiel über die Gezeitenkraft, die ich ja ebenfalls früher schon mal ausführlich erklärt habe. Wer am Meer lebt, mit Schiffen über die Ozeane fährt oder auch nur im Urlaub einen Strandspaziergang machen will, muss sich unter Umständen stark nach dem Mond richten. Genau so hat der Mond natürlich im Laufe der Zeit einen enormen Einfluss auf unsere Mythen, Religionen und kulturellen Vorstellungen gehabt. Früher war das Licht des Mondes in der Nacht die einzige Lichtquelle und das Leben der Menschen hat sich auch danach gerichtet. Aber all diese Einflüsse sollen heute nicht Thema dieser Folge sein. Es geht um den Mond und das Klima der Erde.
Direkt hat der Mond hier natürlich keinen Einfluss. Der Motor der das Erdklima antreibt ist unsere Sonne beziehungsweise die Energie die wir von ihr geliefert bekommen. Ja, auch der Mond schickt ein wenig Licht zu uns. Aber das ist absolut zu vernachlässigen; das bisschen das wir von ihm abkriegen hat keinen relevanten Einfluss auf das Klima der Erde. Es geht auch nicht um das Wetter. Nicht nur hat der Mond auch hier keinen Einfluss; Wetter ist ja auch nicht gleich Klima. Klima ist das, was das Wetter macht wenn man es über wirklich lange Zeiträume hinweg betrachtet. Und da kommen wir dem Thema der Folge schon näher. Im Laufe eines Jahres mag es jeden Tag ganz unterschiedliches Wetter geben. Es kann durchaus auch mal im Sommer kalt werden; es kann im Winter eine Wärmephase eintreten. Aber durchschnittlich betrachtet ist es im Sommer warm und im Winter kalt. Ich beziehe mich da jetzt natürlich auf die gemäßigten Breiten und weder auf die Polarregionen wo es immer kalt ist, noch auf die Gebiete rund um den Äquator wo die Temperaturen das ganze Jahr über hoch sind. Wenn man die Abfolge der Jahreszeiten über Jahrhunderte und Jahrhunderttausende betrachtet, dann kann es auch hier zu Änderungen kommen. Momentan sehen wir ja gerade, dass die Sommer immer wärmer werden und die Winter ebenfalls – was nichts mit dem Mond zu tun hat sondern mit den Treibhausgasen die wir Menschen in die Atmosphäre der Erde entlassen.
Aber ganz unabhängig von dem was wir Menschen tun gibt es in der Geschichte der Erde immer wieder Eis- und Warmzeiten. Die werden durch natürliche Vorgänge verursacht und spielen sich auf ganz anderen Zeitskalen ab als der aktuelle menschengemachte Klimawandel. Grund für diese Änderungen im Klima sind die gravitativen Störungen die andere Himmelskörper, unter anderem der Mond auf die Erde ausüben, wie ich in Folge 55 ausführlich erklärt habe. Die Erdbahn schwankt ein wenig im Raum hin und her; wird mehr oder weniger kreisförmig und – das ist für heute der wichtige Punkt – auch die Rotationsachse der Erde schwankt ein wenig hin und her.
Wir haben ja nur deswegen Jahreszeiten auf unserem Planeten, weil die Achse um die sich unser Planet einmal in 24 Stunden dreht nicht exakt senkrecht auf die Ebene steht in der sich die Erde um die Sonne bewegt. Die Achse ist geneigt und deswegen ist im Laufe eines Jahres mal die Nordhalbkugel in Richtung Sonne gekippt und mal die Südhalbkugel. Je nachdem haben wir dann gerade Sommer oder Winter, weil wir mehr und länger Energie von der Sonne kriegen. Wie die Jahreszeiten genau ausfallen hängt davon ab, wie stark die Erdachse aus der Senkrechten geneigt ist. Stellen wir uns einen extremen Fall vor, bei dem die Erdachse um ganze 90 Grad geneigt ist. Dann würde zum Beispiel der Nordpol direkt auf die Sonne zeigen, es wäre den ganzen Tag hell und die ganze Nach auch. Die gesamte Nordhalbkugel der Erde würde dann Sonnenlicht abkriegen; es wäre wie dauerhafter Sommer oder besser gesagt: Es wäre dauerhaft so enorm heiß, das kein Leben möglich wäre. Und die Südhalbkugel der Erde wäre dafür dauerhaft im Dunkeln und lebensfeindlich kalt (und ein halbes Jahr später wechselt das ganze dann, was die Sache auch nicht besser macht).
Es ist also durchaus gut für uns, dass die Erdachse nicht so stark geneigt ist sondern nur um etwa 23,5 Grad. Ganz besonders gut ist es aber, dass diese Neigung sich nicht ändert. Beziehungsweise tut sie das schon, aber nur sehr gering. Im Laufe von circa 41.000 Jahren schwankt sie zwischen 22 und 24,5 Grad hin und her – was unter anderem zu den vorhin erwähnten Eis- und Warmzeiten führen kann.
Und jetzt sind wir endlich beim Mond. Der ist nämlich maßgeblich an diesen Schwankungen beteiligt, wie ich in Folge 211 ja schon ein wenig erzählt habe. Damals ging es um die Ausrichtung der Achse, also die Richtung am Himmel in die sie zeigt. Auch die ist nicht konstant sondern ändert sich aufgrund der Gravitationskraft des Mondes im Laufe der Zeit. Mit der Neigung der Achse hat das erstmal nichts zu tun; es ist aber klar, dass auch hier der Mond das eine oder andere zu sagen hat. Genau so, wie alle anderen Himmelskörper auch.
Schauen wir noch einmal ein wenig genauer auf die Erde. In erster Näherung ist sie zwar eine Kugel, was aber nicht exakt richtig ist. Die Erde ist ein wenig verformt, sie ist um den Äquator herum ein bisschen dicker. Anders gesagt: Die Strecke vom Erdmittelpunkt zum Äquator ist länger als die Strecke vom Erdmittelpunkt zu einem der beiden Pole. Die Erde hat um die Mitte herum also ein wenig mehr Masse als an den Polen und diese ungleiche Verteiltung führt dazu, dass die Gravitationskraft die die anderen Himmelskörper auf die Erde ausüben nicht gleichmäßig ausgeübt werden. Vereinfacht gesagt: Sie können die Erde zum Wackeln bringen. Wie genau sie das tun hängt von der Position der anderen Planeten ab, von ihrer Bewegung, die selbst wieder durch die gravitativen Störungen aller anderen Himmelskörper beeinflusst wird, und so weiter. Kurz gesagt: Die ganze Sache ist potenziell sehr chaotisch.
Hier kommt nun der Mond ins Spiel. Der ist zwar klein im Vergleich zu den anderen Planeten. Aber er ist uns sehr nahe. Und zieht daher auch sehr stark an der Erdachse. Beziehungsweise sollte man das anders ausdrücken: Weil der Einfluss des Mondes auf die Neigung der Erdachse so viel stärker ist als der der anderen Himmelskörper und der Mond sich auch halbwegs geordnet und regelmäßig um die Erde bewegt, wirkt er wie ein Anker. Er hält die Erdachse fest und verhindert, dass der Einfluss der anderen Himmelskörper sich zu stark auswirken kann. Wie genau der Mond uns da wirklich schützt haben die französischen Astronomen Jacques Laskar und Phillipe Robutel 1993 durch ausführliche Computersimulationen untersucht. Ihr Ergebnis: Mit Mond schwankt die Erdachse im Laufe der Jahrmilliarden nur um circa ein bis zwei Grad. Wäre der Mond aber nicht vorhanden, dann könnte die Erdachse zwischen 0 und 84 Grad schwanken; dann wäre der Ablauf komplett chaotisch!
Die beiden Franzosen haben auch andere Planeten untersucht; unter anderem den Mars. Der hat zwar zwei Monde, aber die sind winzig und nicht in der Lage einen nennenswerten gravitativen Einfluss auf den Planeten auszuüben. Und tatsächlich sieht man hier, dass die langfristige Entwicklung der Achsenneigung des Mars enorm chaotisch verläuft. Natürlich darf man sich jetzt nicht vorstellen, dass der Planet wie wild hin und her schwankt und kippelt. Beziehungsweise darf man sich das schon vorstellen, aber nur wenn man das ganze auch im Zeitraffer tut. Ein chaotisches Schwanken der Rotationsachse bedeutet nicht, dass die Achse heute um 10 Grad geneigt ist und morgen auf 90 Grad umkippt oder so. Das sind Prozesse die sich im Laufe von Jahrhunderttausenden abspielen. Aber auf diesen Zeitskalen läuft eben auch das Klima ab. Würde die Achse der Erde tatsächlich so wild schwanken wie sie es in den Computersimulationen ohne Mond getan hat, dann hätten wir langfristig betrachtet kein stabiles Klima auf der Erde und vielleicht hätte sich unter solchen Bedingungen auch nie höheres Leben entwickelt.
Es ist aber fraglich ob man daraus nun den Schluss ziehen sollte, dass ein Planet auch zwingend einen großen Mond braucht um Leben oder intelligentes Leben zu entwickeln. Wenn ja, wäre das eher deprimierend. Denn der Mond der Erde ist ein Sonderfall; wir haben ihn nur dank eines kosmischen Zufalls; aufgrund einer zufälligen Kollision zwischen der jungen Erde und einem anderen Planeten die in der Frühphase des Sonnensystems stattgefunden hat. Ohne diesen Zusammenstoß hätte ein kleiner Planet wie die Erde keinen so vergleichsweise großen Mond kriegen können, wie wir ja auch an Merkur und Venus sehen können, die beide keinen Mond haben oder an Mars, der nur zwei eingefangene winzige Asteroiden als Monde besitzt.
Im Jahr 2011 haben amerikanische Astronomen sich die Sache mit dem Einfluss des Mondes nochmal genauer angesehen. Und auch am Computer simuliert, wie es unter anderen Umständen ablaufen hätte können. Wenn die Erde also ein wenig anders entstanden wäre, ein wenig größer oder kleiner wäre; sich ein wenig schneller oder langsamer drehen würde, und so weiter. Sie konnten zeigen, dass eine mondlose Erde zwar prinzipiell das Potential hat, wilde Achsenschwankungen zu entwickeln. Das aber nicht auch zwingend tun muss. Es ist eben ein chaotisches System und da kann es auch auf Kleinigkeiten ankommen. Planeten anderer Sterne die keinen großen Mond haben, können also durchaus auch ein langfristig stabiles Klima haben wenn die restlichen Faktoren gerade auf die richtige Weise zusammenpassen. Und abgesehen davon wissen wir ja auch gar nicht, ob die Entwicklung von Leben wirklich so dringend ein stabiles Klima und eine regelmäßige Abfolge von Jahreszeiten braucht. Immerhin können wir uns ja auch Leben vorstellen, das tief unter dem Eis in unterirdischen Ozeanen auf einem Jupitermond existiert, wie ich in Folge 290 schon erzählt habe. Und vielleicht kann Leben auch komplett anders ablaufen als wir es von der Erde kennen. Wir kennen halt momentan nur das Leben auf der Erde und es ist schwer etwas zu erforschen von dem man nicht weiß was es ist und wie man es vernünftig erforschen soll.
So oder so: Wir können froh sein, dass wir den Mond haben. Er schützt die Erde vor dem allzu großen Chaos im Sonnensystem. Und schaut dabei auch noch Nacht für Nacht extrem gut aus.
„Stellen wir uns einen extremen Fall vor, bei dem die Erdachse um ganze 90 Grad geneigt ist. Dann würde zum Beispiel der Nordpol direkt auf die Sonne zeigen und zwar immer. “
Wäre da nicht im Sommer der Nordpol zur Sonne gerichtet und im Winter der Südpol?
Ich finde es auffällig, dass die Erde einen Neigungswinkel von 23,5° hat und Neptun einen von 30°, Mars und Saturn liegen irgendwie dazwischen. Das ist doch fast das Gleiche. Darüber hinaus stehen die Achsen von Merkur, Venus und Jupiter fast senkrecht zu ihren Bahnebenen. Lediglich Uranus hat einen völlig anderen Neigungswinkel.
Keiner der anderen Planen haben, im Verhältnis, einen ähnlich großen Mond wie die Erde.
Pluto hingegen hat einen verhältnismäßig noch größeren Mond als die Erde, hat aber einen Neigungswinkel von 45°
„Stellen wir uns einen extremen Fall vor, bei dem die Erdachse um ganze 90 Grad geneigt ist. Dann würde zum Beispiel der Nordpol direkt auf die Sonne zeigen, es wäre den ganzen Tag hell und die ganze Nach auch. Die gesamte Nordhalbkugel der Erde würde dann ständig Sonnenlicht abkriegen; es wäre dauerhafter Sommer oder besser gesagt: Es wäre dauerhaft so enorm heiß, das kein Leben möglich wäre. Und die Südhalbkugel der Erde wäre dafür dauerhaft im Dunkeln und lebensfeindlich kalt.“
Dieser Absatz stimmt so nicht. Ich meine gelesen zu haben, dass sich die Orientierung der Erdachse im Raum im Jahreslauf nicht ändert. Würde sich die Achsenorientierung mitdrehen, hätten wir keine Jahreszeiten.
Im Jahreslauf erhält also die gesamte Erde Sonnenlicht und nicht nur ein Pol. Die gleichbleibende Orientierung im Raum der Erdachse zeigt auch sehr schön die Grafik im Artikel.
Ich hab den Absatz schon korrigiert… Ich kann das Audio leider nicht ohne sehr großen Aufwand ändern, weswegen ich am Transkript möglichst wenig korrigieren wollte.
„Klima ist das, was das Wetter macht wenn man es über wirklich lange Zeiträume hinweg betrachtet.“
Das ist zwar die Definition der WMO, ist allerdings falsch imo. Zählen Gletscher, Meereis, Vegetation, Ozeane, etc. nicht zum Klima? Und „30 Jahre Mittel“, wie man oft lesen muss, ist besonders falsch. Wie will man mit über 30 Jahre gemittelten Werten Prozesse analysieren, die Perioden von Jahrzenten oder gar Jahrhunderten haben, bzw. sich gerade durch die Varianz auszeichnen?