Wie findet man eine Supernova? Ganz einfach: Man schaut regelmäßig zum Himmel und wartet darauf, dass irgendwo ein Stern auftaucht wo vorher keiner war. Der auftauchende „Stern“ ist dann zwar auch bald wieder weg, weil es eben kein Stern im eigentlichen Sinn ist, sondern ein Stern, der gerade sein Leben in einer gewaltigen und enorm hellen Explosion beendet. Aber mit dieser simplen Technik lassen sich solche Supernova-Explosionen gut aufspüren (auch wenn das ganze in der Praxis natürlich schwieriger ist). Was aber, wenn man eine Supernova finden will die schon längst vorbei ist? Auch das geht. Dazu kann man entweder tief auf den Grund des Ozeans tauchen. Oder aber zum Mond fliegen.
Über die „Tiefseeastronomie“ habe ich früher schon mal ausführlich geschrieben. Kurz wiederholt: Supernova-Explosoionen erzeugen auch bestimmte radioaktive Elemente, die auf der Erde schon längst nicht mehr existieren. Sie können aber bei den Sternexplosionen in unserer Nähe ins All geschleudert werden, auf der Erde landen und dann im Gestein gefunden werden. Besonders gut geht das in bestimmten Gesteinen die am Ozeanboden zu finden sind und dadurch kann man abschätzen, wann und wo in der Vergangenheit in unserer Ecke der Galaxie Sterne explodiert sind.
Wenn man jetzt aber gerade keinen Tauchroboter zur Verfügung hat oder einfach nur wasserscheu ist, bleibt immer noch Möglichkeit zwei. Man fliegt zum Mond und schaut sich dort ein wenig um. Was man dort suchen sollte, haben Amir Siraj und Abraham Loeb von der Harvard Universität kürzlich untersucht („Impacts of Dust Grains Accelerated by Supernovae on the Moon“). So ein explodierender Stern wird ja nicht nur sehr, sehr hell. Er schleudert auch jede Menge Staubteilchen durch die Gegend. Jede Menge Zeug das sich in seinen äußeren Gasschichten im Laufe der Zeit gebildet hat, wird bei der Explosion mit teilweise enormen Geschwindigkeiten ins All hinaus geschleudert. Die Teilchen können immerhin ein Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen – und ab und zu treffen sie im leeren Weltraum dann doch auf Hindernisse. Zum Beispiel unseren Mond.
Jetzt mag es vielleicht ein wenig seltsam klingen, auf dem Mond nach Staub zu suchen. Die Mondoberfläche besteht ja quasi nur aus Stein und Staub. Wie soll man da irgendwelche speziellen Supernovastaubkörner finden? Das wäre nicht die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, sondern viel eher die Suche nach einem Staubkorn in einem Staubhaufen… Aber mal abgesehen davon, dass ich nie verstanden habe was so schwer daran sein soll, eine Nadel in einem Heuhaufen zu finden (da würden mir sofort ein halbes Dutzend Methoden einfallen das schnell zu erledigen), gibt es für dieses Problem eine Lösung.
Der Mond hat keine Atmosphäre die Objekte abbremsen könnte, bevor sie auf seine Oberfläche treffen. Das heißt, dass auch jeder Kieselstein; jedes kleine Staubkorn ungebremst auf ihn trifft. Und dabei einen – wenn auch kleinen – Krater schlagen kann. Siraj und Loeb haben nun untersucht, wie groß die Staubkörner einer Supernova die den Mond erreichen können typischerweise sind. Sie haben berechnet wie schnell sie ankommen können und was beim Kontakt mit der Mondoberfläche passiert. Sollten sie auf die dicke Schicht aus Mondstaub treffen die ihn bedeckt, hat man tatsächlich keine Chance. Dort hinterlassen sie zwar Spuren, der Staub des Mondes wird aber durch den ganzen anderen Kram der da im Laufe der Zeit einschlägt (Mikrometeoriten usw) quasi ständig durchgeackert und nach einer gewissen Zeit findet man dort nichts mehr. Wenn der Supernovastaub aber auf Mondgestein trifft, hat man eine Chance. Typische Mikrometeoriten, also kleinste Staub- und Felsbrocken die aus unserem eigenen Sonnensystem stammen, erzeugen Minikrater deren Tiefe ihrem Durchmesser entspricht. Supernovastaub allerdings erzeugt einen „Krater“ mit einer typischen Größe von 0,01 Mikrometern; diese Krater sind aber deutlich tiefer als es bei einem vergleichbaren Mikrometeoriten der Fall wäre. Es sind nicht so sehr Krater, sondern eher „Tunnel“ oder „Spuren“, die der Supernovastaub im Mondgestein hinterlässt.
Wir haben ja ein paar hundert Kilo Mondgestein hier auf der Erde; dort könnte man sich gleich auf die Suche machen. Oder noch besser: Wir fliegen wieder zu unserem Nachbarn und holen uns neue Proben. Denn es würde sich durchaus lohnen, über die Sternexplosionen der Vergangenheit Bescheid zu wissen. Sie haben die Ecke der Milchstraße gestaltet in der wir zuhause sind; haben die Verteilung der ganzen kosmischen Gaswolken beeinflusst die sich zwischen den Sternen befinden; haben die Entstehung neuer Sterne (und vielleicht auch der Sonne) ausgelöst. Kurz gesagt: Die Supernova-Explosionen haben in der Vergangenheit die Grundlage für unsere Gegenwart gelegt. Was da genau passiert ist, sollten wir wissen.
Wenn ich das Paper richtig verstehe, macht es aber nur Aussagen zu den vom Supernova-Staub hinterlassenen Einschlagtunneln, oder? Ob ein Staubkorn selber den Einschlag soweit überlebt, dass man seine Rückstände chemisch analysieren könnte – was mir bei einer Impaktgeschwindigkeit von 3.000 km/s etwas zweifelhaft vorkommt -, dazu sagt das Paper nichts aus. (Oder ich habe nicht richtig geguckt.)
@Spritkopf: Ne, den Staub selbst wird man kaum finden; es geht um due Suche nach den Spuren – auch daraus kann man jede Menge über Häufigkeit und Entfernung von SNs lernen.
„… was so schwer daran sein soll, eine Nadel in einem Heuhaufen zu finden (da würden mir sofort ein halbes Dutzend Methoden einfallen das schnell zu erledigen)“ Sorry, bin etwas an dem Satz hängengeblieben. 😉
Da ein Metalldetektor vermutlich nicht empfindlich genug ist – korrigiert mich, falls ich falsch liege – und ich auch nicht mal „schnell“ an einen größeren Magneten komme, bin ich bisher nur bei vier: Aufschwemmen (Nadel sinkt ab, Heu schwimmt oben), Durchsieben, bei Wind in die Luft werfen (und hoffen, dass man die Nadel auf dem Boden wiederfindet), Verbrennen (was der Nadel evtl. nicht guttut). Hat jemand weitere Ideen?
@ST:
den „Magneten“ kann man sich aber schnell basteln, solange eine Steckdose in der Nähe ist.
Draht -> Spule -> Strom.
Eine weitere Methode zum Auffinden der Nadel wäre: Heuhaufen verbrennen. Oder hat jemand gesagt, daß der Haufen nach dem Finden der Nadel noch existieren soll?
Womit wir dann doch bei sechs wären. 🙂
Alter … du hast doch „verbrennen“ geschrieben. Ich werd blind. 🙁
Ja, ich glaube eine implizite Annahme ist, dass man das Heu weiter verwenden will und die Nadel dabei stört, nicht andersrum…
Ach … diese Theoretiker.
Die Nadeln, welche man real am ehesten im Heu mal finden kann, stammen von Koniferen in der Nähe der Mähwiese. Da helfen weder Magnete noch Verbrennen.