Ich bin gerade an der Universität Graz, um dort zu erklären, wie man Wissenschaftsblogs verfasst. Der erste Tag ist vorbei und die Studierenden haben ihre ersten Blogartikel verfasst. Morgen werden wir darüber diskutieren und schauen, was gut daran ist und was man verbessern könnte. Dafür ist echtes Feedback natürlich am besten, weswegen ich einige der Texte hier als Gastbeitrag veröffentlichen werden. Dieser Artikel kommt von Sophie Honeder und Oliver Eder und ich würde mich über konstruktive Kritik und Kommentare freuen (aber bleibt bitte nett!)
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Es sind Schlagzeilen wie diese, die enormes mediales Aufsehen erregen und dabei stark polarisieren, oftmals ohne den wissenschaftlichen Hintergrund zu erörtern. Doch Hand aufs Herz, beim Original Titel z.B. des Press Release: „First Self-Replicating Synthetic Bacterial Cell“ hätten wahrscheinlich viele uns diesen Artikel nicht einmal zur Erkenntnis genommen. Mit diesem Blog wollen wir auf jene reißerischen Schlagzeilen die zum Teil die Reaktion auf das Projekt waren eingehen und möglicherweise die Diskussion auf eine objektivere Basis stellen.
Denn was steckt wirklich hinter diesen Behauptungen und was hat Craig Venter in seinem Labor J. Craig Venter Institute (JCVI) tatsächlich gemacht?
Dieser Frage sind wir auf den Grund gegangen, um hier zu versuchen einen kurzen Überblick über das Projekt von Craig Venter und seinem Team zu geben. Das Projekt Synthia hatte zum Ziel die gesamte genetische Information eines Bakteriums, also dessen Genom, durch chemische Synthese zu erstellen.
Durch modernste Technik können DNA Bausteine, auch DNA-oligos genannt, mittlerweile bis zu einer Länge von ca. 200 Basenpaaren durch ein chemisches Verfahren synthetisiert werden. Basenpaare sind die Grundbausteine der DNA die den „Bauplan“ allen Lebens darstellt. Diese DNA-oligos von 200 Basenpaar Länge sind enorm kurz, vergleicht man sie mit der genetischen Information einer einzelnen Zelle des menschlichen Körpers mit einer Länge von ca. 3 Milliarden Basenpaaren. Das im Projekt synthetisierte Genom des Bakteriums ist zwar kleiner als das Genom eines Menschen, besteht aber immer noch aus 1,1 Millionen Basenpaaren. Man kann sich also vorstellen, dass die Technik durch die ein so großes Genom aus kleinen 200-Basenpaar-langen DNA-oligos erstellt werden soll kompliziert ist, lange Zeit in Anspruch nimmt und viel Geld kostet. Das Projekt dauerte insgesamt tatsächlich fast 15 Jahre und die Kosten beliefen sich auf 40Mio $.
Nachdem die ganze Sequenz des ursprünglichen Bakteriums, Mycoplasma mycoides, das heißt alle 1,1 Millionen Basenpaare, vollständig bekannt war, hatte man die Vorlage für die DNA-oligos und wie diese DNA-oligos aneinander gereiht werden müssen. Die entsprechenden DNA-oligos wurden in einem rein chemischen Prozess aus den Grundbausteinen erstellt. Das bedeutet, dass zur Herstellung der DNA-oligos keine bereits existierende DNA direkt im Prozess verwendet wird. Alle weiteren Schritte, allen voran die richtige Aneinanderreihung der DNA-oligos fanden in Organismen statt, welche genutzt wurden um gewisse Arbeitsschritte auszuführen. Dabei übernahmen Hefe-Zellen den Prozess der Verknüpfung kleiner – im ursprünglichen Genom benachbarte – DNA Stücke. Dieser Prozess wurde wiederholt bis schlussendlich das ganze synthetische Genom isoliert werden konnte. Damit war aber noch kein Bakterium geschaffen, denn was nützt der Bauplan ohne Baumaterialien (Nährstoffe) und Maschinen (Enzyme)? Nach Erhalt des vollständigen Genoms wurde dieses in eine „leere“ Bakterienzelle geschleust, von welchem zuvor die eigene genetische Information entfernt wurde. Diese „leere“ Bakterienzelle wurde aus einem nahen Verwandten des Bakteriums Mycoplasma mycoides gewonnen. Durch das Einschleusen des synthetischen Genoms übernimmt das Genom sozusagen das Kommando in der Zelle. Nach nur kurzer Zeit sind die Zellen lebensfähig und noch wichtiger, vermehrungsfähig. Sie entsprechen einer Kopie des ursprünglichen Bakteriums mit kleinen Änderungen die allerdings die Funktionen des Bakteriums nicht verändern.
Das synthetische Genom wurde erst durch Einsetzen in die bereits bestehende Bakterienzelle zum Leben erweckt und die Frage stellt sich, ob es sich nun tatsächlich um ein synthetisches Bakterium handelt. Außerdem ist das Endergebnis schlussendlich ein Bakterium, das identisch zum ursprünglichen Bakterium ist. Es ist also kein „neues Leben“ entstanden, geschweige denn neue „Lebensformen“, was die von den Medien verbreiteten Gott Vergleiche rechtfertigen würde.
Nun stellt sich die Frage, wozu 15 Jahre Forschung und Unmengen an Geld dafür ein identisches Bakterium zu erstellen, aber einen unglaublich komplizierten Weg dabei zu gehen?
Natürlich gibt es die Hoffnung, diese Methode anzuwenden, um beispielsweise optimierte Bakterien zu erstellen, welche z.B. Biotreibstoffe erzeugen, in dem man ihr Genom dementsprechend verändert. Dr. Craig Venter selbst gab allerdings zu, dass diese Technologie auch im Negativen z.B. für Bioterrorismus verwendet werden kann, weshalb es umso wichtiger ist, eine offene, sorgfältige und vor allem gebildete Diskussion über dieses Thema zu führen.
Man kann nicht die wahrscheinlich Milliarden währende Evolution eines Bakteriums durch die Sequenzierung seiner DNA erklären. Aber die geschilderten Prozesse liefern Erklärungen für die Abläufe in der Evolution
Um ein wirklich neues Bakterium von A bis Z zu erschaffen, müßte der ganze Evolutionsprozess durchlaufen werden, was wahrscheinlich immer den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen selbst bei beschleunigten Einzelschritten überschreiten wird.
Der Blogartikel ist (meinem Empfinden nach) leicht verständlich. Der Schreibstil ist sehr gut. Beim ersten Lesen, ohne einen auf Lektor zu machen, fiel mir nur ein Fehler auf: Gegen Ende des zweiten Satzes hat sich ein ‚von‘ davon geschlichen. Das ist aber nichts, was auch nur ansatzweise tragisch wäre – zumindest nicht bei einem Blogartikel, für den nicht eigens ein Lektor bereit steht.
Genug des Lobes, kommen wir zur Kritik: Es ist Geschmackssache, aber ich persönlich hätte das Bild des Bakteriums passender gefunden als das des Mannes, der damit arbeitete. Des Weiteren würde ich, als absolutes nice to have für faule Leser, Verlinkungen begrüßen. Zum Beispiel zum Bakterium Mycoplasma mycoides. Es ist für den Text nicht wichtig zu erfahren, was das für ein Geselle ist, aber wäre ein Link da, hätte ich ihn geklickt. So musste mir faulem Leser zugemutet werden selbst zu suchen. (;
Man könnte natürlich die Länge bemängeln, allerdings finde ich den Blogeintrag als Einstieg in das Thema gelungen. Ich wurde unterhalten und über ein Thema informiert, dem ich für Gewöhnlich recht fern bin. Es wurden nicht nur Fragen aufgeworfen, sondern auch beantwortet und die Zukunftsaussicht, beziehungsweise Begründung, für dieses Projekt erwähnt. Wenn das beabsichtigt war, dann ist alles gut. Wenn man aber etwas eingehender informieren wollte, dann empfinde ich den Blogeintrag als zu kurz. Das hier ist ein erster Tauchgang im Korallenriff. Schön, interessant, faszinierend. (Ich habe das Gefühl das liest sich sarkastisch – ist nicht so gemeint!) Von der Tiefsee ist er noch weit entfernt. Korallenriff ist aber nicht negativ – hätte ja auch ein Pfützentauchgang werden können, inklusive Genickbruch beim Kopfsprung.
Ok, ganz kurz:
Es ist schwer, die Intention beim Überfliegen zu erfassen, was aber bei einem Blogpost wichtig wäre.
Etwas kürzer und knackiger wäre gut gewesen.
Und was eine „gebildete“ Diskussion sein soll, ist mir nicht ganz klar. Österreichisch?
Alisier,
hast Du nicht begriffen, was Florian hier beschreibt.
Hier wird eine Neue Seite in der Entwicklung des Lebens aufgeschlagen.
Wenn du schon nicht ernst bleiben kannst, dann tu wenigsten so.
Florian,
ein super guter Artikel. Kurz, informativ und tiefschürfend.
Florian beschreibt hier gar nichts, bom.tmp
Er bittet um Rückmeldung für eventuell angehende Blogger.
Zum Inhaltlichen habe ich noch gar nichts gesagt.
Nur synthetisches Genom oder schon synthetisches Leben? Ein schwieriges Thema, bei dem die beiden Autoren sich auch konsequent auf die zentralen Fakten konzentrieren. Lobenswert finde ich auch, dass dieser Teil mit einer klaren Einordnung endet: Nein, es ist kein neues Leben!
Allerdings hätte der Blogartikel hier auch enden können, denn der letzte Absatz bleibt mir persönlich zu vage. Wie berechtigt ist die Hoffnung auf neue Biotreibstoffe? Wie groß ist die Gefahr des Bioterrorismus? Wenn die Fragen schon aufgeworfen werden, wäre ein Stellungnahme wünschenswert, und sei sie noch so kurz. Denn dabei geht es doch in einem Blog – die Meinung der Autoren zu erfahren.
Und deshalb will ich noch kurz meinen Senf dazugeben: Seien es Treibstoffe oder andere chemische Bausteine – die Chancen stehen nicht schlecht, dass deren Synthese irgendwann von Bakterien übernommen wird. Und falls Venters Ansatz funktioniert, hat er sich vermutlich das Monopol in einem Milliardenmarkt gesichert.
Und Bioterrorismus – nein! Viel zu aufwändig, viel zu langwierig, erfordert enormes Fachwissen. Die Herstellung eines synthetischen bakteriellen Genoms beherrscht im Moment nur einer auf der Welt (Venter halt), ein Terrorist mit Kenntnissen der Molekularbiologie würde sicher einen anderen Weg wählen.
Ich fand den Artikel sehr gut, nur hätte ich mir den letzten Absatz mit den Anwendungsmöglichkeiten und gesuchten Erkenntnissen gerne etwas länger gewünscht. Ich dachte bisher, Venter will erforschen, wie Leben überhaupt entstehen konnte und wie kurz ein Genom sein darf, damit es noch funktioniert. Sehe ich das völlig falsch?
Was ich nicht verstehe, warum der Aufwand ? Also Buchstabe für Buchstabe schreiben. Ist doch viel einfacher ein neues Wort in’s vorhandene einzufügen.
@Alderamin
Oh , ok so macht das Sinn für mich. Rauswerfen was mann glaubt , es wird nicht gebraucht.
Alisier,
was meinst du mit knackig, wenn nicht inhaltlich?
@ bom.tmp
Kein Dialog mit Trollen, auch nicht, wenn sie so tun, als würden sie diskutieren wollen.
Auch wichtig für angehende Blogger.
Kommunikation beendet.
@Alderamin
Ich denke, für Venter kam es bei diesem Projekt darauf an, ein bekanntes Genom rein synthetisch herzustellen, um zu sehen, ob sich das Lebewesen, welches daraus entsteht, genauso verhält wie ein durch natürliche DNA entstandenes Bakterium. Darauf hätte der Autor vielleicht noch etwas näher eingehen können.
Ansonsten fand ich den Artikel gut. Hatte genau die richtige Länge, um zu erklären, was erklärt werden sollte.
Alisier,
im Ernst , das war Spass von mir. Ich empfand Deinen Kommentar über Florians Kommentar als überzogen. Der ist nicht zu lang und auch unterhaltsam. Einfach vorbildhaft. Und da wird nicht herumgemäkelt auch nicht ein Zentimeter.
@bom.tmp
Lies dir bitte nochmal ganz in Ruhe Wort für Wort den ersten Absatz von diesem Artikel durch (der in Kursivschrift). Der Text wurde nicht von FF, sondern von Studenten verfasst, und Florian bittet um kontruktives Feedback (also Lob und Kritik) der hiesigen Kommentatoren. Genau das hat Alisier getan.
Du allerdings scheinst das Prinzip nicht verstanden zu haben, wie mir an deinen Kommentaren #4, #9 und #12 gleich ersichtlich wurde.
@Alderamin
Ganz genau, das würde ich auch an dem Blogartikel kritisieren, die eigentliche Fragestellung war nicht, können wir ein synthetisches Genom herstellen, das identisch zu einem existierenden ist, sondern welche technischen Probleme müssen wir dabei überwinden. Das es irgendwie geht war lange vorher klar und wurde auch schon vor ca. 10 Jahren veröffentlicht (ging um eine synthetische Hefe, wenn ich es recht erinnere), ich hatte damals auch ein paar Vorträge dazu von beteiligten Wissenschaftlern gehört.
Die eigentliche Fragestellung war aber von Anfang an, die des Minimalgenoms, deshalb ja auch Mycoplasma mycoides, dieses Genom eines Parasiten ist das kleinste bekannte und funktioniert mit weniger als 500 Proteinen, was davon kann ich jetzt eliminieren und was führt zu einer Infunktionalität der Zelle, das ist die Frage.
Ist im Prinzip der Ansatz, den man bei allen Knockout Mutanten benutzt, um Genfunktionen zu erforschen, aber eben auf sehr hohem Niveau, da hier ein ganzes Genom auf jedes einzelne Gen daraufhin untersucht werden kann.
@Alisier
Nein. Klingt für mich eher wie eine nicht ganz gelungene Übersetzung von „informed discussion“.
RPGNo1, #13,
Jawohl Herr Hauptmann !
@bom.tmp
30 Liegestütze, 50 Kniebeugen und danach ein Marsch mit 10 kg Gepäck! Marsch, marsch, Gefreiter! 😉
@RPGNo1
Mann merkt dass du im Urlaub warst , du bist gut gelaunt.Nuur 10 kg Gepäck ist echt freundlich. ; )
tomtoo,
du verstehst das nicht. Mit 10 kg will er mich klein halten.
40 Kg, das hätte ich als Anerkennung empfunden.
@tomtoo
Ich habe noch nicht von der Länge des Marsches gesprochen. Genügen 30 km in verschärftem Tempo für den Gefreiten bom.tmp? 😀
@RPGNo1
Du siehst ja er will 40kg. Ist halt ein harter Eddi.
; )
RPGNo1,
hast du jemand, der 30 km mitläuft?
Ehrlich gesagt, das hätte ich nicht geschafft. Vielleicht 1 km.
Heute ist meine Schulter kaputt, ich kann noch nicht mal mehr einen Klimmzug machen.
Aber ich muss mal meinen Nachbar fragen. Der ist Reserveoffizier und der erzählt mir immer, wie er bei den Offiziersanwärtern Eindruck schindet.
Der fährt den Gländewagen in den Straßengraben und verlangt von den anwärtern, dass sie ihn wieder herausfahren. Das gelingt meistens nicht. Er stellt sich dann in den Graben und drückt mit dem Rücken den Karren leicht hoch. Wenn nur das äußere Rad belastet ist gelingt es. Er kassiert dann die Bewunderung.
Gibts bei euch keine Helis oder wenigstens gepanzerte Kettenfahrzeuge wo man das ganze Zeug aufladen kann.
Mit Schwitzen allein gewinnt man keinen Krieg.
Ein bischen Organisieren muss schon sein !
LC,
Bei uns sind Männer noch Männer,
Helis und Kettenfahrzeuge, wie dekadent.
Kriege gewinnen wir allein durch Willenskraft.