Was ist dunkle Materie? Wissen wir nicht. Aber wir wissen jetzt immerhin, das sie langsamer ist als wir bisher dachten!

Ok, diese Aussage braucht ein wenig Kontext. Wenn wir nicht wissen, um was es geht, dann können wir auch nicht sagen, wie schnell dieses unbekannte Etwas ist. Also fangen wir beim Anfang an. Seit fast 100 Jahren beobachten Astronomen Hinweise auf eine besondere Art von Materie, die sich überall im Universum befindet. Ich habe die ganze Geschichte hier sehr ausführlich zusammengefasst. Die große Mehrheit der Astronomen geht (aus guten Gründen die ich jetzt hier aber nicht mehr im Detail erläutere) davon aus, dass die dunkle Materie aus Elementarteilchen besteht, die wir bis jetzt noch nachweisen konnten. Was nicht heißt, dass wir es nicht versuchen!

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Jede Menge Experimente sind derzeit auf der Suche nach dunkler Materie. Denn die dunkle Materie ist ja nicht nur irgendwo weit draußen im Universum, sondern saust auch hier bei uns im Sonnensystem durch die Gegend. Und trifft dabei auch auf die Erde. Mit entsprechenden Detektoren könnte man diese Teilchen registrieren. Genau hier kommt jetzt aber die schon angesprochene Geschwindigkeit ins Spiel.

Dunkle Materie, in der Form in der wir sie derzeit vermuten, wechselwirkt nur sehr, sehr wenig mit normaler Materie. Es ist also nicht einfach, sie zu registrieren. Man muss unter Umständen sehr lange warten, bis der Detektor „Ping!“ macht (oder was auch immer diese Detektoren tun, wenn sie dunkle Materie gefunden haben). WIE lange man warten muss, wissen wir allerdings nicht, weil wir ja nicht genau wissen, aus was sie besteht. Und das ist das Problem. Denn wenn der Detektor nicht „Ping!“ macht (was bis jetzt bei allen entsprechenden Experimenten der Fall war), dann kann das entweder daran liegen, dass die dunkle Materie doch etwas anderes ist. Oder aber, dass wir halt noch länger auf das „Ping!“ warten müssen. Wir müssten vor allem auch wissen, wie schnell sich die Teilchen der dunklen Materie bewegen, wenn wir abschätzen wollen, wie gut wir sie registrieren können.

Aber keine Sorge! Die Astronomen kommen zur Hilfe! Zumindest Jonah Herzog-Arbeitman von der Uni Princeton und seine Kollegen. Sie haben sich folgendes überlegt („Empirical Determination of Dark Matter Velocities using Metal-Poor Stars“): Dunkle Materie ist überall in der Milchstraße. Besser gesagt: Unsere Milchstraße befindet sich innerhalb einer riesigen Wolke aus dunkler Materie. Das nennt sich „Standard Halo Model (SHM)“ und in diesem Modell geht man davon aus, dass die dunkle Materie sich in einem dynamischen Gleichgewicht befindet und die Geschwindigkeit der Teilchen eine entsprechend typische Verteilung aufweist.

Nur. Unsere Milchstraße ist kein monolithisches Dingens, das immer schon war und sich nie verändert hat. Sie hat eine dynamische Vergangenheit. Im Laufe ihrer Geschichte hat die Milchstraße immer wieder kleinere Galaxien „geschluckt“ und das ist nicht nur interessant, sondern hat auch Konsequenzen für die dunkle Materie. Denn die wechselwirkt zwar selten mit normaler Materie, wird aber trotzdem von deren Gravitationskraft beeinflusst. Anders gesagt: Die dunkle Materie sollte sich annähernd so bewegen, wie es auch die Sterne der Galaxie tun, in der sie sich befinden.

Künstlerische Darstellung des Verlaufs einiger bekannter Sternströme (Bild: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC/Caltech))
Künstlerische Darstellung des Verlaufs einiger bekannter Sternströme (Bild: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC/Caltech))

Als unsere Milchstraße in der Vergangenheit kleine Galaxien geschluckt hat, blieb das nicht folgenlos. Die Sterne der gefressenen Galaxien bilden teilweise auch heute noch „Sternströme“, also lang gezogene Strukturen aus Sternen die sich auf ähnliche Art und Weise bewegen. Außerdem unterscheiden sich die Sterne die aus anderen Galaxien in die Milchstraße gekommen sind, auch noch in ihrer chemischen Zusammensetzung. Das liegt zum Beispiel am unterschiedlichen Alter der Galaxien. In der Milchstraße gab es beispielsweise viel mehr Supernova-Explosionen. Sterne, die als Supernova explodieren, haben zuvor in ihrem Inneren jede Menge chemische Elemente geschaffen, die nun durch die Explosion verteilt werden. Das führt dazu, dass die Sterne die in der Milchstraße entstanden sind, mehr schwere chemische Elemente (also Elemente die kein Wasserstoff und kein Helium sind) enthalten.

Die Milchstraße wächst also, weil sie andere Galaxien frisst. Die Wolke aus dunkler Materie in der sich die Milchstraße befindet, wächst ebenso, weil diese anderen Galaxien ebenfalls dunkle Materie enthalten haben. Die Wolke aus dunkler Materie ist also im Laufe der Zeit hierarchisch gewachsen. Und die Sterne der Sternströme, die auch heute noch aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung identifizierbar sind, zeigen uns wie sich diese dunkle Materie bewegt.

Herzog-Arbeitman und seine Kollegen haben nun folgendes gemacht. Sie haben eine extrem hochauflösende Computersimulation (Eris) benutzt, um sich die Bewegung von Sternen und dunkler Materie anzusehen. Diese Simulation zeigt, wie sich Gas, Staub, Sterne und dunkle Materie in einer Galaxie wie der Milchstraße im Laufe von Jahrmilliarden verhalten.

Die Ergebnisse zeigen nun genau das, was die vorangegangenen Überlegungen vermuten lassen. Nämlich das:

Bild: Herzog-Arbeitman et al, 2017
Bild: Herzog-Arbeitman et al, 2017

Man sieht hier die Verteilung der Geschwindigkeiten die sich aus der Simulation ergeben haben (für zwei verschiedene Raumrichtungen). Interessant sind vor allem die orangene und die schwarze Kurve. In Orange sind die Geschwindigkeiten der „metallarmen“ Sterne (also vorrangig die aus anderen Galaxien gefressenen) aufgetragen; schwarz ist die Geschwindigkeit der dunklen Materie. Beide Kurven passen hervorragend zusammen und bestätigen die Hypothese der Astronomen.

Das ist nicht nur theoretisch interessant, sondern auch praktisch. Denn jetzt kann man reale Daten realer Sterne aus der Umgebung des Sonnensystems nehmen. Und aus diesen Daten konkret ableiten, wie schnell die dunkle Materie auf die Erde (und die dort befindlichen Detektoren) trifft. Das haben Herzog-Arbeitman und seine Kollegen getan und festgestellt: Die dunkle Materie bewegt sich langsamer als es das Standard-Halo-Model vorhersagt. Und das hätte auch Auswirkungen auf die Wartezeit zum lang gesuchten Detektor „Ping!“

Das eröffnet interessante Möglichkeiten für die Zukunft. Das Weltraumeleskop GAIA wird beispielsweise mit seinen Daten noch viel genauere Vorhersagen der zu erwartenden Detektionsraten ermöglichen. Und wenn wir dann immer noch kein „Ping!“ hören, können wir ernsthaft über Alternativen nachdenken.

(via astrobites)

31 Gedanken zu „Dunkle Materie ist langsamer als gedacht“
  1. @Florian Freistetter „Die große Mehrheit der Astronomen geht (aus guten Gründen die ich jetzt hier aber nicht mehr im Detail erläutere) davon aus, dass die dunkle Materie aus Elementarteilchen besteht, die wir bis jetzt noch nachweisen konnten.“

    Ich verschenke ein „nicht“ vor „nachweisen“.

  2. das thema bleibt sicher spannend.
    ich habe allerdings manchmal probleme damit, wenn zu einer hypothese dann von den gleichen menschen ein (hochauflösendes!) programm dazu geschrieben wird, das dann – ach, wie gut – genau diese hypothese bestätigt.
    das selbsterfüllende programm gab es leider schon oft, bis es dann wieder mal, von einem anderen abgelöst wurde.
    auch wenn der ansatz klug erscheint – bisher alles ‚dunkle‘ hypothesen bis zum beweis …

  3. @Mars:

    das thema bleibt sicher spannend.
    ich habe allerdings manchmal probleme damit, wenn zu einer hypothese dann von den gleichen menschen ein (hochauflösendes!) programm dazu geschrieben wird, das dann – ach, wie gut – genau diese hypothese bestätigt.
    das selbsterfüllende programm gab es leider schon oft, bis es dann wieder mal, von einem anderen abgelöst wurde.
    auch wenn der ansatz klug erscheint – bisher alles ‘dunkle’ hypothesen bis zum beweis …

    Die Physik beweist aber nichts, zumindest nicht, dass etwas wahr ist. Was man da nun getan hat, ist nichts anderes als eine Simulation der postulierten Dunklen Materie, und das zu erzielende Ergebnis war natürlich mit einer gewissen Genauigkeit bekannt. Man sieht ja, wie das Universum aussieht. Aber es ist logischerweise korrekt, dass die Parameter der Dunklen Materie ganz anders sein könnten und auch die Simulation könnte Fehler enthalten. Sobald man auf solche Fehler und schlechte Annahmen stößt, wird man sie bei der Berechnung selbstverständlich so gut wie nur möglich korrigieren.

  4. Bei mir hat der Artikel einige Fragen offen gelassen:

    1) Warum ist die Geschwindigkeitsverteilung der metallarmen (Zwerggalaxie) Sterne anders als die Geschwindigkeitsverteilung der Metallreichen (Milchstraßen) Sterne?

    2) Wie kommen die Astronomen zu der Hypothese, dass sich die dunkle Materie genauso bewegt wie die Metallarmen sterne?

    3) Die Siumulation zeigt doch nicht, dass sich die dunkle Materie wirklich langsamer bewegt als bisher angenommen, sondern nur, dass man in einer Simulation auch eine „Milchstraßenähnliche“ Galaxie bekommt, wenn man annimmt, dass sich dunkle Materie langsamer bewegt als im SHM angenommen. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

  5. Sollte man jetzt vor dem Universum den Hut ziehen oder dem menschlichen Geist, der über das Universum nachdenkt?
    Die Wirklichkeit ist so wunderbar und sprengt die Grenzen unseres Denkens.
    Zur Weihnachtszeit sollten wir uns daran erinnern, wem wir das alles verdanken.
    „Und Gott schuf den Himmel und die Erde“.

    Fröhliche Weihnachten

  6. Ich schliesse mich Till an, was Punkt 2) betrifft.

    Oder eigentlich, habe ich eine eigene Frage, die vermutlich dann auch diesen Punkt 2) beantwortet.

    Warum ist die DM in einem (kugelfoermigen) Halo um die Milchstrasse verteilt, und hat nicht so wie die baryonische Materie auch eine Scheibe gebildet?

    Meine eigene Vermutung: die Scheibenform kommt noch aus der Anfangszeit der Milchstrasse, als der Grossteil der Materie in Form von Gas vorlag, das wechselwirken konnte. Damit konnte der Drehimpuls der Anfangsbedingung anders verteilt werden und es kam eine Scheibe heraus.
    Das beantwortet dann Tills Frage, da einfallende Galaxien gasarm und damit sternreich sind, das heisst aber, dass wegen der vernachlaessigbaren thermodynamischen Wechselwirkung zwischen der Milchstrasse und der Beutegalaxie viel weniger Drehimpulsausgleich stattfindet (nur mehr gravitative Gezeiteneffekte, falls es sowas fuer solche Systeme gibt), somit auch keine „schnelle“ Geschwindigkeitsangleichung der neuen Sterne an die Mehrheit.

  7. @saiBot

    Meine eigene Vermutung: die Scheibenform kommt noch aus der Anfangszeit der Milchstrasse, als der Grossteil der Materie in Form von Gas vorlag, das wechselwirken konnte. Damit konnte der Drehimpuls der Anfangsbedingung anders verteilt werden und es kam eine Scheibe heraus.

    Genau richtig. Gas bildet beim gravitativen Kollaps eine rotierende Scheibe aus, weil die Gasteilchen aneinander stoßen und durch Reibung und Strahlung (Wärme, Radiowellen) Energie abbauen können. Hinzu kommt, dass das Gas bei der Galaxienentstehung normalerweise nicht gleichmäßig von allen Seiten kommt, sondern am Schnittpunkt von Filamenten aus Vorzugsrichtungen entlang der Filamente einfließt. So bildet sich eine Scheibenstruktur.

    Da dunkle Materieteilchen nicht so wie Gasteilchen miteinander kollidieren und Energie als Strahlung abgeben können sollen, fallen sie einfach aneinander vorbei und bilden keine Scheibe aus.

    Eingefangene Galaxien aus Sternen mit wenig Gas verhalten sich in Bezug auf die Sterne der Milchstraße ähnlich, es kommt zu keinen Kollisionen, die Sterne fallen einfach durch die Milchstraße hindurch, es gibt nur gravitative Wechselwirkungen. Deswegen sollen sich DM und eingefangene Sterne ähnlich verhalten, nicht aber die aus der ursprünglichen Gaswolke entstandenen Sterne der Milchstraße selbst.

  8. „“Da dunkle Materieteilchen nicht so wie Gasteilchen miteinander kollidieren und Energie als Strahlung abgeben können sollen, fallen sie einfach aneinander vorbei und bilden keine Scheibe aus.““

    warum nicht? :
    ist das auch nur eine arbeitshypothese für die DM oder gibt es da hinweise dazu?
    wenn wir noch nicht mal die DM (-teilchen?) kennen
    woher wissen wir dann, dass sie nicht untereinander wechselwirken?

  9. @Mars:

    Ach, so ist das gar nicht. Wir kennen bereits einige Teilchen, die zur Dunklen Materie gehören: Neutrinos! Das ist allerdings „Heiße Dunkle Materie“, aber die Astronomen suchen nach „Kalter Dunklen Materie“, und von Neutrinos gibt es annähernd nicht genug, um alle Effekte zu erklären.

    Für die Neutrinos gilt jedenfalls: Starke Wechselwirkung und Elektromagnetismus gibt es nicht. Gravitation und Schwache Wechselwirkung gibt es natürlich durchaus, nur sind die beiden Kräfte eben – schwach.

  10. das thema ‚Neutrinos‘ ist ja schon lange bekannt
    und das: „weil es nicht genug gibt“ wurde ja immerhin mit detektoren schon nachgewiesen (und bewiesen?)
    man geht ja auch davon aus, dass sie eine ruhemasse > 0 haben. Das weiß man bereits!

    aber wieso behauptet man einfach, DM interagiert nicht, wenn wir weder detektoren haben noch DM selbst ‚definieren‘ (also teilchen oder sonstwas) können.

  11. wenn wir Sterne haben und deren Bewegungsrichtung kennen, so könnten wir doch da nach der Verteilung der DM schauen. Bildet sich eine Bugwelle in Bewegungsrichtung, so könnte es neben dem Neutrino das Photon sein?

  12. @Mars:

    aber wieso behauptet man einfach, DM interagiert nicht, wenn wir weder detektoren haben noch DM selbst ‘definieren’ (also teilchen oder sonstwas) können.

    Das wissen wir, weil wir es im wörtlichen Sinne sehen – bzw. eben nicht.

    Der Astronom Fritz Zwicky hat das schon in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gesehen als er die Bewegung von Galaxien-Haufen untersucht hat.

    Die Schlussfolgerung seiner Arbeit damals lautete sinngemäß:
    Anhand der Bewegung der Galaxien sehen wir, dass es da mehr dunkle Materie geben muss, als leuchtende Materie.

    Mit „leuchtende“ ist hier gemeint: Die mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirkt.

    Da war dann der Begriff der „dunklen Materie“ in der Welt.

    Gemeint ist aber einfach, dass die aus Zeuchs bestehen muss, dass nicht per elektromagnetischer Kraft wechselwirkt.

  13. ja, so ist das klarer formuliert, nicht mit der uns bekannten materie wechselwirkt – ausser gravitation

    aber ob sie nicht irgendwie (auch) mit sich selbst interagiert (wer sagt denn, dass auch die SM nicht aus verschiedenen teilchen bestehen kann), wie es ‚unsere‘ materie eben auch tut.

  14. @Mars:

    aber ob sie nicht irgendwie (auch) mit sich selbst interagiert (wer sagt denn, dass auch die SM nicht aus verschiedenen teilchen bestehen kann), wie es ‘unsere’ materie eben auch tut.

    Wie sich das genau verhält wissen wir einfach noch nicht.

    Wenn aber die elektromagnetische Wechselwirkung wegfällt kann das nur auf großen Skalen (Gravitation) oder ganz kleinen (vermutlich schwache WW) passieren.

    Denk mal zB an Staub. Wenn ganz kleine Ansammlungen von Molekülen sich zu Staub verklumpen und diese winzigen Staubteilchen sich zu größeren verklumpen spielt da immer die elektromagnetische Wechselwirkung in Form von Kohäsion eine Rolle.

    Das fällt aber bei den Teilchen der DM weg.

  15. @Mars

    Es gibt 4 (bekannte) Grundkräfte. Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung. Die ersten beiden sind weitreichend (unendlich weit, ihre Vermittlerteilchen sind masselos), die anderen beiden reichen nur sehr kurz (die zugehörigen Bosonen sind massiv). Die DM kann nicht elektromagnetisch wechselwirken, sonst wäre sie nicht dunkel. Sie wechselwirkt per Schwerkraft, aber die ist zwischen einzelnen Teilchen nur schwach (wenn es keine massiven Dinger sind, etwa primordiale schwarze Löcher, aber die wären so dünn gesäht wie Sterne und würden sich kaum begegnen). Das zusammen genommen reicht schon aus, um zu begründen, warum die Teilchen nicht bzw. selten miteinander wechselwirken. Wenn sie über die Kernkräfte wechselwirken sollten, müssen sie sich extrem nahe kommen, was selten passiert. Es wäre möglich, dass sie sich dann gegenseitig auslöschen. Nach der entsprechenden Strahlung wird gesucht und ein chinesischer Satellit könnte schon ein Signal gefunden haben, aber es könnte auch eine andere Erklärung haben.

    Wenn die DM sich genau so verteilen würde, wie die sichtbare, dann könnte sie übrigens das Rotationsproblem der Galaxien nicht lösen. Dazu muss sie kugelförmig verteilt sein. Was fast lichtschnelle Neutrinos nicht können, die würden einfach auseinander fliegen, deswegen sucht man nach langsamen Teilchen, eben „kalter“ DM

  16. genauso absurd ist die Annahme, das Neutrinos unseren Körper durchqueren. Sie wechselwirken und sind Stossprozesse. Genauso ist es die DM die Stossprozesse bewirken. Ich meine, es ist der Lichtäther.
    Der Lichtäther ist die Raumzeit und die steht still um die Erde. Wir nennen das Gravitationsfeld. Es kann nicht falsifiziert werden durch Michelson Morley.

  17. @Holger Schmidt

    Neutrinos durchdringen nicht nur uns, sondern 12760 km Erde und 700000 km Sonne. Man kann Neutrinos aus dem Kern der Sonne in unterirdischen Detektoren nachweisen, rund um die Uhr. Dass man sie nachweisen kann zeigt, dass sie wechselwirken. Dass man sie dort und aus dem Inneren der Sonne nachweisen kann zeigt, dass sie dies nur sehr selten tun.

    https://strangepaths.com/the-sun-seen-through-the-earth-in-neutrino-light/2007/01/06/en/

  18. Zum Thema Vermittlerteilchen der Gravitation hätte ich noch eine Frage an Alderamin: Gravitonen sind doch noch recht hypothetisch – ist es nicht etwas verfrüht, in diesem Fall davon zu sprechen?

  19. @Alderamin #8
    Das erklärt, warum DM und eingefangene Zwerggalaxien keine Scheibe ausbilden. Was ich aber nicht verstehe ist, wie die Autoren des Papers daraus eine Hypotyhese über die Geschwindigkeit der DM abgeleitet haben.

    Stand dahinter einfach der Gedanke: DM verhält sich gravitativ genau wie normale Materie, die nicht anderweitig Wechselwirkt und deshalb sollte sie sich genauso schnell bewegen wie die Sterne der Zwerggalaxien?

    Das klingt mir zu einfach – bzw. klingt das so einleuchtend, dass ich dann nicht verstehe, wie das SHM auf eine andere Geschwindigkeitsverteilung kommt.

  20. @Robert

    Wenn die Gravitation unendlich weit reicht und es ein Vermittlerteilchen gibt, dann ist das Vermittlerteilchen zwingend masselos (und hat Spin 2). Dass die Gravitation unendlich weit reicht, ist hinreichend belegt. Z.B. zieht es die Milchstraße in Richtung Laniakea, das ist schon ziemlich weit für eine Grundkraft. Dass es ein Vermittlerteilchen gibt, ist eine plausible Hypothese im Rahmen der Quantengravitation (die Popularität der Stringtheorie begann damit, dass sie ein Teilchen mit den gesuchten Eigenschaften des Gravitons zwanglos hervorbringen konnte). Auch wenn es keines gibt, gilt trotzdem, dass die Gravitation zwischen zwei benachbarten Teilchen der DM nur äußerst schwach wäre, das folgt aus der Dichte der DM. Entweder sind es große, massive Objekte (MACHOs) mit großen individuellen Abständen, oder Quantenobjekte mit winzigen Massen.

    Oben habe ich mich allerdings in einem Punkt geirrt, dass die Vermittlerteilchen der Kernkräfte alle massiv seien. Die Bosonen der schwachen Wechselwirkung (W+, W-, Z0) sind alle sehr massiv, 80-90 GeV/c2, aber die Gluonen, die die starke Wechselwirkung vermitteln, sind theoretisch masselos, gemessen < 1,3 MeV/c², das war mir nicht bewusst; die Reichweite der starken Kernkraft ist trotzdem kurz, bzw. fällt sie mit dem Abstand schnell ab, sie reicht ca. 2,5 fm weit (z. Vgl. Protonendurchmesser: 1,7 fm) und betrifft ohnehin nur Quarks (DM kann nicht aus Baryonen, also Teilchen, die aus Quarks zusammengesetzt sind, bestehen, das folgt aus der Nukleogenese, der Entstehung der ersten Kerne beim Urknall). Die Reichweite der schwachen Wechselwirkung beträgt laut Wikipedia sogar nur 0,09 fm.

    Das Argument, dass die hypthetischen Teilchen der DM selten miteinander wechselwirken, bleibt damit erhalten (auch für den Fall, dass es kein Graviton gibt). Sie fallen einfach aneinander vorbei, wenn sie nicht gerade frontal kollidieren (sich auf die Reichweite der schwachen Wechselwirkung nahe kommen; falls sie diese überhaupt spüren). Bei normaler Materie wirkt die Abstoßung der Elektronen hingegen über volle Atomdurchmesser, etwa 100.000 fm (1 Å). Das macht Kollisionen ungleich häufiger.

  21. @Till

    Stand dahinter einfach der Gedanke: DM verhält sich gravitativ genau wie normale Materie, die nicht anderweitig Wechselwirkt und deshalb sollte sie sich genauso schnell bewegen wie die Sterne der Zwerggalaxien?

    Das klingt mir zu einfach – bzw. klingt das so einleuchtend, dass ich dann nicht verstehe, wie das SHM auf eine andere Geschwindigkeitsverteilung kommt.

    Alle Teilchen fallen im Schwerefeld gleich schnell, gleich ob es Elementarteilchen oder massive Sterne sind, und DM und Sterne in einer Zwerggalaxie bewegen sich im gleichen Schwerefeld, da sollten sie beim gleichen Abstand vom Schwerpunkt auch gleich schnell unterwegs sein.

    Unterschiede in der Geschwindigkeitsverteilung kann es nur dann geben, wenn die DM sich anders auf den Radius verteilt als die Sterne. Wie sich die DM verteilt, ist dann aber wohl ein Ergebnis der Simulation – wenn sie zum Kern der Galaxie hin in der Dichte stark zunimmt, dann bewegt sie sich im Schnitt eher schneller, als wenn sie relativ konstant verteilt ist. Bisher nahm man an, dass die Dichte zum Zentrum hin zunimmt; wenn die DM mit den Zwerggalaxien hinzu kam, kam sie wohl mit ziemlich viel Geschwindigkeitsüberschuss an und wird sich eher weiter weg vom Zentrum wiederfinden, wenn ich die Ergebnisse oben richtig verstehe.

    Das klingt jetzt ein wenig widersinnig, aber im Gravitationsfeld muss man Gas geben, um langsamer zu werden, und abbremsen, um schneller zu werden; im ersten Fall bringt man sich auf eine fernere Umlaufbahn, auf der man sich langsamer bewegt, im zweiten auf eine niedrigere, auf der man schneller unterwegs ist, weil die Bewegungsenergie in potenzielle Energie („Lageenergie“) gewandelt wird bzw. umgekehrt.

  22. na ja, wenn man die menge von sichtbarer und DM + dunkler Energie anschaut, ist der sichtbare anteil doch eher die ausnahme. wenn es also (da sich die gravitation dann doch sehr stark auswirkt) erheblich mehr an DM als an einfachen atomen gibt, müsste man da nicht erheblich mehr wechselwirkungen nachweisen können. oder sagt man da erst mal, keine ahnung wie wir es erfassen sollen?
    ich sichtbaren bereich – auch wenn massemässig (teilchen-anzal-mässig?) stark unterlegen – bekommen wir das doch ständig mit.
    da sieht man doch immer wieder, wie sehr man damit in einem theoretisch hypothetischen bereich herumirrt.
    nun, bei Higgs hat es ja auch jahrzehnte gedauert.

  23. @Mars

    wenn es also (da sich die gravitation dann doch sehr stark auswirkt) erheblich mehr an DM als an einfachen atomen gibt, müsste man da nicht erheblich mehr wechselwirkungen nachweisen können. oder sagt man da erst mal, keine ahnung wie wir es erfassen sollen?

    Meinst Du mit Wechselwirkungen die direkten Wirkungen benachbarter Teilchen aufeinander, oder die der gesamten Wolke durch ihre Eigengravitation? Bzgl. ersterem siehe #23 – der Wirkungsquerschnitt der DM ist mutmaßlich viel kleiner als der normaler Materie, weil sie nicht elektromagnetisch wechselwirkt. Um zu wechselwirken müssen sich DM-Teilchen viel, viel näher kommen (Größenordnung 1 zu einer Million, als Querschnittsfläche 1 zu einer Billion), als Elektronen oder Atomkerne untereinander oder gegenseitig.

    Wechselwirkung der Gesamtmasse per Gravitation bemerkt man schon – Ablenkung von Licht oder die Bewegung der sichtbaren Materie aufgrund der unsichtbaren Masse. Deswegen weiß man ja, dass da noch etwas sein muss. Jedenfalls wäre das die plausibelste Erklärung.

  24. @Alderamin #24
    Das bedeutet also, dass sich nach den neuen Simulationen die DM weiter Außen konzentriert als ursprünglich im SHM angenommen.
    Vielen Dank für die Klarstellung!

  25. Das klingt jetzt ein wenig widersinnig, aber im Gravitationsfeld muss man Gas geben, um langsamer zu werden, und abbremsen, um schneller zu werden; im ersten Fall bringt man sich auf eine fernere Umlaufbahn, auf der man sich langsamer bewegt, im zweiten auf eine niedrigere, auf der man schneller unterwegs ist, weil die Bewegungsenergie in potenzielle Energie (“Lageenergie”) gewandelt wird bzw. umgekehrt.

    Das war die für mich entscheidende Information, danke!

    Das ergibt erstaunlich viel Sinn: DM wechselwirkt nicht. Deshalb kann sie nicht abbremsen und gelangt so nicht auf die schnelleren inneren Bahnen (und bleibt kugelförmig verteilt).

  26. @Till:

    Die Dunkle Materie wechselwirkt schon, aber eben nicht per elektromagnetischer Wechselwirkung. Daher strahlt sie kein Licht ab, reflektiert keines, absorbiert keines und reibt sich nicht aneinander. Das macht schon viel aus, denn die uns bekannte Materie, aus der wir eben selbst bestehen, macht das alles.

    Die Starke Wechselwirkung fällt wohl ebenfalls weg, und daher bleiben nur die Schwache Wechselwirkung und die Gravitation.

  27. Wie wir wissen, wirken nicht alle der vier Kräfte auf die Dunkle Materie sehr wohl aber auf die baryonischer Materie.

    Jetzt mal eine ganz dumme Frage:
    Kann es sein, dass eine zusätzliche Kraft gibt, die nur bei der Dunklen Materie wechselwirkt, nicht aber mit der uns bekannten baryonischer Materie?

    Oder kann man so etwas komplett ausschließen?

  28. @Detlef: Ja, kann sein. Man „kennt“ 4 Grundkräfte. 3 davon konnte man in der GUT verheiraten (dann blieben vorläufig also nur noch zwei unterschiedliche Kräfte übrig, aber belassen wir es mal bei der ursprünglichen Zählung).
    In einigen Theorien wird als 5. das Higgsfeld definiert oder auch diverse Kräfte zu einer 5. zusammengefasst. Und solange man nichts über DM weiß, kann es da noch mehr geben. Klingt zwar nicht sympathisch (von wegen „Grund“Kräfte), aber nicht auszuschließen. Am liebsten (ok, wieder sehr unwissenschaftlich) würde man alle Kräfte aus einer einzigen ableiten können, die Zählung macht dann also keinen Sinn mehr.

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