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Das sagt die Autorin des Artikels, Jennifer über sich:
Keine Angabe
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Forschung mit embryonalen Stammzellen-Fortschritt oder ethisch verwerflich?
Die Forschung von embryonalen Stammzellen wirft verschiedene Reaktionen auf. Während die einen völlig begeistert sind und es als Zukunft der Medizin sehen, sind die anderen vehement dagegen. Die so umstrittene Forschung die so viele Feinde hat und doch auch Hoffnung auf neue Behandlungsmethoden gibt, wird wie kein anderes wissenschaftliches Thema in der Öffentlichkeit diskutiert.
Doch woher kommen Stammzellen überhaupt? Wie genau können sie die zukünftige Medizin beeinflussen und gibt es auch Alternativen?
Was sind Stammzellen eigentlich?
Als Stammzellen werden im Grunde alle Zelle bezeichnet, die noch nicht auf ihre Funktion im späteren Organismus festgelegt sind.
Je nach Stammzelle, haben sie die Eigenschaft, sich in jedes mögliche Gewebe oder in einen ganz bestimmten Gewebetypen wie z. B. in Nerven-, Haut-, Herz- oder Muskelzellen zu entwickeln.
Im Allgemeinen kann man Stammzellen in zwei Gruppen einteilen:
1. die adulten Stammzellen, die sich in den meisten Geweben eines erwachsenen Menschen befinden und deren wichtigste Aufgaben, die Geweberegeneration und -reparatur sind. Durch das Nachliefern von dieser Art Zellen werden die beschädigten oder abgestorbenen Zellen zersetzt und somit die Funktionsfähigkeit von Geweben und Organen aufrechterhalten.
2. die embryonalen Stammzellen, die sich wiederum, je nach ihrer Herkunft, in drei weitere Gruppen einteilen lassen.
Die, für die Forschung verwendeten, und die am meist umstrittensten sind dabei die sogenannten „ES-Zellen“ (Embryonen stem cells), die bereits aus frühen Embryonalstadien (Blastozysten) gewonnen werden, wobei der Embryo zerstört wird.
Warum genau ES-Zellen?
Einer der Hauptgründe für die Verwendung dieser Zellen ist, dass sie die Fähigkeit besitzen, sich bei geeigneten Bedingungen in alle Gewebe des menschlichen Körpers zu entwickeln, was sie bei der Forschung vielseitig einsetzbar macht.
Wie werden ES-Zellen aus Blastozysten gewonnen?
Die am häufigste verwendete und zu gleich ethisch bedenklichste Methode ist die „In-vitro-Fertilisation“, kurz auch IVF. Sie wird vor allem eingesetzt, um bei einer ungewollten Kinderlosigkeit eine Schwangerschaft herbeizuführen. Dafür werden, in einem Reagenzglas herangezüchtete Embryonen in die Gebärmutter der Frau gepflanzt, wo sie sich dann zu einem Kind weiterentwickeln können.
Fünf bis sechs Tage nach der Befruchtung der Eizelle ist diese zu einer Blastozyste herangewachsen, die von einer Zellschicht, dem Trophoblasten, umhüllt wird.
Um an die Stammzellen heran zu kommen, wird der Trophoblast mittels Antikörper oder auch durch Laserstrahlen zerstört, was keine weitere Entwicklung des Embryos zur Folge hat.
Die Zellmasse die dadurch zugänglich wird, wird in einer Zellkultur in einem speziellen Nährmedium kultiviert, was sie weiter wachsen lässt, ohne dass sie sich differenzieren können.
Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, ES-Zellen durch klonen zu gewinnen, was bis jetzt bei Tieren, wie 1996 bei dem Schaf „Dolly“, aber noch nicht erfolgreich beim Menschen durchgeführt werden konnte.
Allerdings bringt diese Methode auch hohe Missbildung und Sterblichkeitsraten mit sich.
Was sind die Ziele dieser Forschung?
Durch die Fähigkeit, sich unbegrenzt zu Vermehren, bilden Stammzellen eine Quelle zur Gewinnung von Zell- und Gewebeersatz.
Vor allem will man erforschen, wie genau die Entwicklung und Regulation früher Stammzellstadien abläuft und wie es zu der Fähigkeit der Vermehrung und Differenzierung kommt.
Die klinische Forschung hat das Ziel, durch das Einsetzten von ES-Zellen in Behandlungen von Krankheiten wie z. B. Moorbus Parkinson, Diabetes mellitus Typ 1 sowie Herz-Kreislaufsystem Krankheiten einzusetzen.
Des Weiteren wird versucht, Gewebeersatz, besonders für Gewebe, die nur ein geringes oder gar kein Regenerationsvermögen aufweisen, zu schaffen.
Im Rahmen einer Gentherapie könnte es auch möglich sein, genetisch veränderte ES-Zellen einzusetzen um ein zerstörtes Immunsystem wieder herzustellen.
Gibt es Alternativen?
Da sich die Grundlagenforschung auf das Untersuchen von den Eigenschaften des Kultivierens, Differenzierens und Manipulierens der embryonalen Stammzellenforschung spezialisiert hat, kommen Alternativen wie adulte Stammzellen schon mal nicht in Frage.
Jedoch kann ein Gewebeersatz, wie er schon seit einigen Jahren in der Knochenmarktransplantation und der Regenerierung von Haut nach Verbrennungen eingesetzt wird, auch aus adulten Stammzellen gewonnen werden.
Problem dabei ist nur, dass adulte Zellen nicht die Eigenschaft der Verwertbarkeit und Differenzierung besitzen, was zur Verwirklichung der oben genannten Ziele ins Leere führt.
Zwar gibt es die Möglichkeit umprogrammierte adulte Zellen zu verwenden, was als ethischen Aspekt den Vorteil bringt, dass dafür keine Embryonen zerstört werden müssen.
Zwar kann es die Immun- und Abstoßungsreaktionen vermindern, da die körpereigenen Zellen des Patienten umprogrammiert werden, aber häufig kommt es vor, dass Patienten erkranken und teilweise an den Folgen der Erkrankungen sterben.
Des Weiteren ist es möglich, ausschließlich an Tiermodellen zu forschen, wie z. B. an Stammzellen von Mäusen.
Ein Problem besteht jedoch bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen, da der Differenzierungsvorgang der embryonalen Mäuse-Stammzellen andere Wachstumsfaktoren aufweist als der, der humanen Stammzellen.
Zwar hat es für kurze Zeit die These gegeben, dass die Wachstumsfaktoren aus weiterentwickelten Mäuse-Föten genau so reagieren wie humane Stammzellen, jedoch hat der Forscher Hans Schöler diese widerlegt, da er herausfand, dass es zwar Zellen gibt, die ähnlich auf bestimmte Faktoren reagieren, jedoch andere Mechanismen vorhanden sind.
Ob es ethisch akzeptabel ist Mäuse, die ja auch Lebewesen sind, für Forschungszwecke zu töten, ist dann eine andere Frage.
Ethische Dilemma
Kurz:
Ethisch gesehen ist dieses Thema eine Sackgasse.
Auf der einen Seite, müssen für die Forschung Embryonen zerstört werden, auf der anderen Seite, könnte zukünftig das Leid vieler kranken Menschen verringert werden.
Die Länder selbst haben zu diesem Thema unterschiedliche Rechtslagen. In z. B. Österreich ist die Forschung an importierten ES-Zellen ohne Einschränkung erlaubt. Verboten ist jedoch die Gewinnung von embryonalen Stammzellen, sofern diese in Österreich stattfindet. Hingegen kann in Polen die Gewinnung so wie die Forschung an embryonalen Stammzellen zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren führen.
Vor allem wird der moralische Stellenwert eines Embryos diskutiert.
Viele sind der Meinung, dass ein Embryo bereits bei der Befruchtung den Status eines vollständigen Menschen hat, oder zumindest schon als zukünftige Person angesehen werden sollte und somit auch Respekt und Würde verdient.
Jedoch hat ein früher Embryo, wie einer für die Stammzellenforschung verwendet wird, noch keine emotionalen, physischen oder psychologischen Charakteristiken, die ihn als Menschen auszeichnen würden, weshalb er auch nicht als solcher behandelt werden muss.
Häufig hört man von der 14-Tage Grenze, bei der der Embryo, sobald sie überschritten wird, unter einem speziellen Schutz liegt.
Grund dafür ist, dass es nach 14 Tagen unmöglich ist, dass sich der Embryo teilt und sich so Zwillinge daraus bilden könnten, des weiter besitzt ein Embryo vor dem vierzehnten Tag noch kein zentrales Nervensystem, wodurch er wiederum auch noch kein Bewusstsein besitzt.
Hm, mutig solch ein Thema aufzuwerfen.
Ansonsten ist der Artikel gut geschrieben.
Lg H.
Mein Kommentar? Ein Embryo ist kein Mensch, ein Zellhaufen ist ein Zellhaufen, auch wenn uns das die Kirchen und Religionen immer noch anders verkaufen wollen.
Meine Bedenken treten dann ein, wenn die embryonale Stammzellen monopolisiert und/oder kommerzialisiert werden sollte, und somit nur noch einem kleinem Kreis Nutznießer zur Verfügung stünde.
Der Artikel ist kurz und prägnant geschrieben und neutral gehalten. Das passt.
Ich bin ja kein Mediziner, aber ich halte das Argument das es unmoralisch ist einen Embryo zu zerstören da er ein Mensch oder zumindest zukünftiges Leben wäre für ziemlich dämlich. Wenn ich den Gedanken für mich weiterverfolge würde es bedeuten dass jede Periode der Frau bzw jegliches mastubieren des Mannes genauso unmoralisch ist, da damit ja auch potentielles Leben zerstört wird. (Man, als Astronomieinterssierter ist es merkwürdig darüber zu schreiben :D) Der Hauptunterschied ist ja bis zum einsetzen der Bewusstseinsfunktionen dass die DNA schon „gemixt“ wurde.
Ansonsten interessanter Artikel!
moral ist nur hinderlich, beim wirtschaften genauso wie in der forschung.
weg damit !
@Marvin:
Herzlichen Glückwunsch. Du hast die Position der katholischen Kirche gefunden.
@eh i
Welche sachlichen Argumente hast du denn aufzubieten, um die Forschung an Stammzellen für unmoralisch zu erklären? Wie moralisch ist es, die Menschen, die durch Stammzellenforschung zu retten wären, durch deren Verbot zu unheilbaren Krankheiten oder zum Tode zu verurteilen?
Und bevor du jetzt mit dem unsichtbaren Mann in den Wolken ankommst, der mal postuliert hätte, dass eine befruchtete Eizelle schon ein Mensch sei: Nein, ist sie nicht. Und nein, das ist auch kein sachliches, sondern ein Glaubensargument.
@Spritkopf
du kannst ja stammzellen von deinem nachwuchs nehmen und diese menschen retten ..
@eh i
Embryonale Stammzellen werden aus dem Embryoblast gewonnen. Dieser besteht am 4. Tag aus 8 bis 32 Zellen. Da ist nix mit Empfindungen o.ä. Und wenn du auf die Seele hinauswillst, die ist nur ein menschliches Konstrukt.
@eh i
Btw, „Moral“ und „Ethik“ sind zwei unterschiedliche Begriffe. Die Autorin spricht von ethischen Bedenken, du hast aber die Moral ins Spiel gebracht.
Embryonale Stammzellen werden aus dem Embryoblast gewonnen. Dieser besteht am 4. Tag aus 8 bis 32 Zellen.
jo, das wird dann halt etwas aufwendig wenn du deine Frau nach jeden verkehr ins spital schleifst, um an die zellen zu kommen.
Interessantes Thema. Ich hätte mir in der Argumentation manchmal etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht. Gerade die zwei Absätze vor dem Bild mit der Maus wirken sehr stark gekürzt; viele Argumente nur angeschnitten.
@marvin
Ääähm, dir ist schon bekannt dass es zum Zeitpunkt der Periode quasi schon „zu spät“ ist für eine Zeugung?
@eh i
Willst du hier nur trollen oder ist dir tatsächlich nicht bekannt, dass eine Befruchtung nicht im Uterus der Frau erfolgen muss? Mach dich mal schlau, und dann können wir eventuell auch vernünftig diskutieren.
https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCnstliche_Befruchtung
@Bullet
Genau wegen sowas bin ich Atheist 😀
@Florence
Meine ich ja, es ist ja doch dann praktisch eine Sünde das nicht „genutzt zu haben“ xD
Dies halte ich rein intuitiv für eine wichtige Grenze, so man mit menschlichen embryonalen Stammzellen herum-experimentiert.
Eine alternative scheint es zu geben, es klingt unglaublich, aber ein ganz bestimmtes tierisches Stammzellenpulver, auch als Extrazelluläre-Matrix (EZM) in Pulverform unter Insidern bekannt, läßt sogar Finger nachwachsen.
Solches wird in einigen Jahren vmtl. ein wichtiger Bestandteil jeder Hausapotheke werden. 🙂
Es ist ja auch schon möglich, bei Mäusen adulte Zellen wieder zu embryonalen umzuwandeln. Die Möglichkeit besteht dann wohl auch bei menschlichen Zellen. Sind diese dann plötzlich wieder unter besonderen Schutz zu stellen?
Es bleibt doch überhaupt keine Wahl, die Fakten zu akzeptieren: In einem sehr frühen Entwicklungsstadium sind wir ein sich teilender Haufen von Zellen, wie bei allen mehrzelligen Organismen. Bevor man überzählige menschliche Embryonen „auf ewig“ in flüssigem Stickstoff lagert, oder sie in die Tonne wirft, kann man sie doch besser zum Wohle der Menschheit verwenden.
P.S. gelungener Artikel!
Ich muss gestehen das ich mir bei einem Zellhaufen unter 1000 Zellen da keine großen Gedanken machen würde. Da habe ich eher Mitleid mit einer Versuchsmaus, die ist ein fühlendes Wesen.
@ RPGNo1:
Ich weiß auch nicht, wann menschliches Leben beginnt, ab wann menschlichem Leben ethisch gesehen – unabhängig von der bestehenden Rechtslage – der Schutz der Menschenwürde zuzusprechen ist und wie mit dem Abwägen zwischen einem wie auch immer begründeten Embryonenschutz und Nutzungsinteressen im Detail zu verfahren ist. Aber Deine Argumente sind nicht gut:
Dieses Urteil setzt voraus, dass man eindeutig sagen kann, was ein Mensch ist. Genau darum geht aber der Streit. Am Anfang einer Argumentation einfach zu behaupten, ein Embryo sei kein Mensch und dann schlusszufolgern, dass sein Verbrauch ethisch unbenklich sei, ist eine petitio principii.
Keine Frage. Auch wir beide sind Zellhaufen. Daraus folgt jedoch nur etwas, wenn man gut begründet sagen kann, im Falle eines Embryos handelt es sich nur um einen Zellhaufen, im unserem Fall um mehr. Aber, wie gesagt, ob ein Embryo nur ein Zellhaufen ist, darum geht ja der Streit.
Das hat keine argumentative Tragkraft, ist ein ad hominem. Auch die Kirchen könnten Recht haben.
Ist das ein gutes Argument? Wenn viele profitieren, darf man, wenn wenige, dann nicht? Wie viele müssten es sein, um einen ethischen Unterschied zu machen?
Ich persönlich neige zwar der Ansicht zu, dass eine befruchtete Eizelle auch nach einigen Teilungen ethisch anders zu behandeln ist als eine Person, zumal eine fühlende und bewusste Person. Aber wo verläuft die Grenze und was folgt konkret daraus, z.B. für die Verfügbarkeit für die Forschung? Und wenn wir unter Bezug auf Personeneigenschaften eine Grenze am Anfang des Lebens ziehen, warum dann nicht auch bei schwerst Demenzkranken? „Personen“ im hier relevanten Wortsinn sind auch diese Menschen möglicherweise nicht mehr, und es sind doch auf jeden Fall noch Menschen, oder?
@Joseph Kuhn
Das weiß ich auch nicht genau, aber mit Sicherheit liegt sie zwischen einer Gruppe von noch nicht ausdifferenzierten Stammzellen und einem Säugling kurz vor der Geburt. Man kann argumentieren, dass ein funktionerendes Nervensystem, das Schmerzen empfinden kann, die Mindestvoraussetzung für ein Wirbeltier oder einen Menschen sei, aber ein paar Zellen, die noch nicht einmal irgend ein Organ bilden, sind mit Sicherheit noch kein Wirbeltier, geschweige denn ein Mensch. Ein Teil des Körpers wie ein Finger oder eine Leber sind auch kein Mensch, darüber dürfte Einigkeit bestehen.
Meiner Meinung nach ist ein Bewusstsein notwendig, um von einem Menschen zu sprechen und es ist schon fragwürdig, ob ein Hirntoter noch als Mensch zu bezeichnen ist. Ich denke aber, mit der 14-Tage-Regel ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite, weit genug entfernt von jeder anzuzweifelnden Grenze. Nur, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass alles, was potenziell mal ein Mensch werden könnte, schon ethisch als Mensch zu behandeln sei, kann man in den 14 Tagen noch ein Problem sehen. Aber wenn man aus umprogrammierten Körperzellen demnächst einen kompletten Organismus schaffen kann, dann träfe das auch auf die erwähnten Körperteile zu, und das wäre absurd.
@Joseph Kuhn
Ein schwerst demenz erkrankter besitzt durchaus ein zentales Nervensystem und ein Gehirn, ein Zellhaufen nicht ,fällt also flach.
Ausserem wer sagt den dass es notwendig ist eine scharfe Grenze zu ziehen ? Die notwendigen Embryonen sind so weit weg von einer Grenze das mir dass als nicht notwendig erscheint.
Bliebe noch die Argumentation einer „Seele“ die bei der Befruchtung entsteht. Nun gut wie will ich da gegenargumentieren ? Ein Argument bedarf doch zumindest einer gewissen Logik. Inwiefern ist eine Seele“ logisch ?
@ Alderamin:
Ja.
Auch darin steckt eine petitio principii: Ich definiere „Mensch“ als „Wesen mit Bewusstsein“ und spreche nur letzterem die Menschenwürde zu. Darüber hinaus ist das Argument auch vom empirischen Sachverhalt her nicht einfach. Ist demnach jemand, der bewusstlos ist, kein Mensch? Jemand im Koma kein Mensch? Jemand der schläft, kein Mensch? Wenn man hier mit dem „Potential zum Bewusstsein“ antwortet, muss man sagen, warum man hier ein Potentialargument gelten lässt, beim Embryo nicht, nur weil er länger braucht, um Bewusstsein zu erlangen.
Demnach gibt es keine toten Menschen? Und wie ist es im Fall des erwähnten schwerst Demenzkranken? Nicht hirntot, aber vielleicht keine „Person“ mehr?
Ja. Die Sache ist ziemlich vertrackt.
.
@ tomtoo:
Das verstehe ich nicht. Wir alle sind Zellhaufen. Das Gehirn selbst ist ein Zellhaufen. Spielt es keine Rolle, ob das Hirn funktioniert, siehe oben Alderamins Hirntotargument?
Davon habe ich nicht gesprochen. An eine „Seele“ in dem Sinne, dass bei der Befruchtung oder danach ein Geistwesen in einen bloßen Zellhaufen schlüpft, glaube ich nicht. Ich akzeptiere allerdings, dass andere Menschen daran glauben und sich nicht von mir überzeugen lassen.
Nachtrag an tomtoo:
Eine gute Frage. Ich wünschte, ich hätte auch eine gute Antwort.
@Joseph Kuhn
Danke für deine Replik. Ich habe noch folgende Ergänzung zu meinem Kommentar #2.
Dieser Satz ist etwas plakativ geschrieben, stimmt. Er sollte jedoch auch komplett gelesen und nicht in seine Einzelsätze aufgeteilt werden. tomtoo hat das Stichwort „Seele“ geliefert, dass Religionen/Kirchen gerne als Argument gegen jedwede Forschung an Blastocysten und auch gegen Abtreibung einbringt. Ich wollte die Seele erst erwähnen, habe es dann gelassen, da ich dachte, dass mein Satz klar genug ist.
@Joseph Kuhn
Ja wir sind alle Zellhaufen aber mit ca. 10^14 hochspezialisierter Zellen. Im vergleich zu einem Embryo in einem ein paar 1000 Zellen Stadium. Natürlich spielt es eine Rolle ob das Hirn funktioniert. So wird nämlich im Allgemeinen zwichen einem toten oder lebenden Menschen unterschieden. Mann könnte den Zellhaufen durchaus noch längere Zeit frischhalten. Aber soetwas dann als Mensch anzusehen ?
Ein Embryo in diesem Stadium besitzt noch kein Zentrales Nervensystem und auch kein Gehirn. Ein demenzpatient durchaus. Die „Seele“ ist halt nunmal die Argumentation der Kirche. Wie will ein Wissenschaftler da gegenargumentieren ? Natürlich muss mann immer wieder Fragen bezüglich der Ethik aufwerfen. Aber in dem speziellen Fall , kann zumindest ich das Problem nicht erkennen . Aber vieleicht kann mir ja jemand helfen ? Aber bitte ohne eine „Seele“ als Argument zu nutzen.
Zu welchem Zeitpunkt werden eigentlich die Zellen eines Embryo ausdifferenziert? Währe das eine sinnvolle Grenze? Also für Forschung an Zellen.
OT: Aber warum da etwas in die Moderation rutscht ist mir unbegreiflich.
Langsam glaube ich an die „Seele“ in der Machine ; -)
@Eisentor
Die erste Ausdifferenzierung der Zellen hat schon stattgefunden, nämlich in Trophoblast und Embryoblast.
Der Embryoblast differenziert sich weiter in Amnioblast, Epiblast und Hydroblast, während er sich in der Uterusschleimhaut einnistet.
Nach ca. 16 Tagen sind Mesoderm, Endoderm und Ektoderm entstanden, aus welcher sich später die unterschiedlichen Gewebearten entwickeln.
Am Tag 19 entwickelt sich u.a. die Neuralplatte aus dem Ektoderm, welche die Anlage für das Nervensystem darstellt. Ca. 4 Tage später hat sich die Anlage für das zentrale Nervensystem ausdifferenziert.
Etwa in der Vierten Woche differenziert sich diese Anlage zu den Anlagen der einzelnen ZNS-Abschnitte weiter aus. Im Hirn sind das die primären Hirnbläschen. Etwa in Woche 11 ist das Mesencephalon vollständig ausdifferenziert. Das Telencephalon dagegen braucht bis zum Ende des 8. Entwicklungsmonats.
Einen gewissen Ausdifferenzierungsgrad als Grenze zu nehmen, ist sicher eine gute Idee. Jetzt ist nur noch die Frage, welche wir nehmen, und warum es genau diese ist.
Disclaimer: Mein Wissen stammt aus medizinischen Lehrbüchern und ist damit nicht notwendigerweise richtig. Ausserdem ist die obige Darstellung stark verkürzt.
@Joseph Kuhn
Das mit dem „potentiall zum Bewustsein“ ist eine gute Frage. Aber bei einem bewustlosen Menschen ist die Machinerie für ein Bewustsein bereits vorhanden und nur kurzfristig nicht funktionsfähig. Bei einem toten geht mann davon aus das sie nie mehr funktionsfähig sein wird. Bei einem 1000 Zell Embryo war sie noch nie vorhanden. Ganz provokatiev könnte ich sagen das ein Sandkorn das Potential hatt eine CPU zu werden, ist es aber nicht.
Buch zum Thema:
Christine Zunke, „Das Subjekt der Würde: Kritik der deutschen Stammzellendebatte“, 2004.
@ tomtoo:
Ich fürchte, da muss ich passen. Weder bin ich in der Fachdiskussion zuhause noch habe ich selbst eine feste Position. Daher würde ich lieber noch ein paar Gegenfragen stellen, unter welchen Bedingungen Sie den Schutz der Menschenwürde als gegeben sehen und dann – vielleicht – auch für Sie ein ethisches Thema vorläge:
1. Ab Nidation, weil dann unter ungestörten Bedingungen die menschliche Entwicklung programmiert ist und Menschenwürde allen menschlichen Wesen unabhängig von der Realisierung vollen Potentials zukommen soll? Das ist sicher nicht Ihre Sicht, aber halten Sie das für diskutabel?
2. Ein Embryo soll Menschenwürde (oder wenigstens ein Lebensrecht) dann haben, wenn sich das Gehirn bildet – beginnend etwa in der dritten Schwangerschaftswoche?
3. Erst wenn er auf Reize reagiert? Oder sich bewegt?
4. Wenn er i.e.S. schmerzempfindlich geworden ist?
5. Einem Embryo soll gar keine Menschenwürde zukommen, das soll Personen mit bewusstem Überlebensinteresse vorbehalten sein?
6. Falls 5: Wie ist es dann bei Säuglingen, oder geistig Schwerstbehinderten?
7. Menschenwürde ist ein Relikt aus religiösen Zeiten und der Gottesebenbildlichkeit des Menschen, es kann bestenfalls ein Recht auf Schutz vor unnötigem Leid geben, das Tiere und Menschen gemeinsam haben?
8. Alles Leben ist letztlich nur eine komplexe biologische Apparatur und daher ethisch ohne jede Relevanz?
9. Weil es keine naturwissenschaftliche Bestimmung der Menschenwürde gibt, sie aber irgendwie nützlich ist, ist alles Vereinbarungssache?
10. Wie 9, aber die religiösen Leute dürfen nicht mitreden?
Was mich angeht, neige ich dazu, die Gehirnentwicklung als kritischen Zeitpunkt anzusehen, ich muss aber einräumen, das ist eher ein Gefühl als eine begründete Position. Ich könnte auf Nachfrage jedenfalls keine guten Gründe angeben, warum erste neuronale Zellen ethisch so bedeutsam sein sollten. Oder hat hier ein Potentialargument, dass das embryonale zentrale Nervensystem ja potentiell einmal der Sitz unseres Bewusstseins wird, mehr Bedeutung als bei der Nidation?
Hall Herr Kuhn,
Fragen 1-4 beziehen auf eine genauere Grenze. Ich persönlich würde das ganze gerne bis max. 3 Woche sehen. Das ist wohl Bauchgefühl, aber Sie sehen das ich so weit wie möglich von einer. wackligen Grenze entfernt bleiben. möchte. Frage 5 erklärt sich dann ja wohl auch mit 3’er Woche.Frage 6 hatt sich wohl mit meiner Antwort auf 5 erübrigt.
Frage 7+8
Ich fange mal mit 8 an. Muss ich an irgentwelche obscuren Dinge wie Götter,Seelen,heilige Geister glauben, um das Leben als etwas wunderbares zu würdigen.Ich denke nicht das geht auch ohne. 7. Es geht nicht nur um Leid zu verhindern, es geht durchaus um mehr, nennen wir es Menschenwürde.
9. Ja solche Dinge sind vereinbarungsache ansonsten müsste ich ja an Götter glauben die die Regeln vorgeben.
10. selbstverständlich dürfen religiöse Menschen mitreden, an Ihre religiösen nicht begründbaren Dogmen ( siehe Seele) muss ich mich aber nicht halten.
Nein es ist kein Potentialargument ich möchte meine Grenze nur weit weg von der Bildung eines Zentralnervensystems und eines Hirns ansiedeln. Je näher ich an diese Grenze komme, desto schwere wird es nämlich zwichen einem fühlendem Wesen und einem Zellhaufen zu unterscheiden.
@Joseph Kuhn
Achso Herr Kuhn ich unterhalte mich gerne mit Ihnen,
es regt zum nachdenken an. Und dass solls ja auch, sind ja hochkomplexe Themen die uns alle betreffen. Danke also !
@Bullet
Dazu muss ich einfach folgendes anbringen:
https://youtu.be/fUspLVStPbk?t=53
Ob ein Embryo ein Mensch ist?
Einfach Eltern fragen.