Die Chancen, dass in naher Zukunft am Teilchenbeschleuniger LHC die Entdeckung neuer Teilchen bekannt gegeben wird, stehen nicht schlecht. Seit einigen Monaten gibt es entsprechende Hinweise und wenn der Beschleuniger bald wieder beginnt, Daten zu sammeln, könnten die Hinweise stark genug werden, um die Verkündigung einer echten Entdeckung zu rechtfertigen. Und irgendwas müssten wir eigentlich irgendwann entdecken: Denn das bisher gültige Standardmodell der Teilchenphysik braucht eine Erweiterung!

Die bisher bekannten Teilchen im Standardmodell der Teilchenphysik (Bild: Duncan Hull, CC-BY 2.0)
Die bisher bekannten Teilchen im Standardmodell der Teilchenphysik (Bild: Duncan Hull, CC-BY 2.0)

Die letzte große Entdeckung in der Teilchenphysik fand im Juli 2012 statt. Da wurde der Nachweis des Higgs-Teilchens bekannt gegeben. Dieses Ergebnis war ein wichtiger Meilenstein; eine Entdeckung die seit Jahrzehnten erwartet wurde und an der die Grundlagen der Teilchenphysik hingen. Aber in gewisser Hinsicht war es keine wirklich neue Entdeckung. Das Higgs-Teilchen war ein integraler Bestandteil des sogenannten „Standardmodells der Teilchenphysik“, also der Sammlung an mathematischen und physikalischen Theorien mit denen Wissenschaftler die Materie und die zwischen ihr wirkenden Kräfte beschreiben. Alle Teilchen die vom Standardmodell vorhergesagt wurden, hatte man im Laufe der Jahre nachgewiesen; bis auf das Higgs-Teilchen. Seit Juli 2012 ist das Standardmodell nun komplett. Alles, was laut diesem Modell existieren soll, existiert auch tatsächlich.

Nur: Wir wissen, dass viele Dinge existieren, deren Existenz nicht vom Standardmodell vorhergesagt wird. Dunkle Materie zum Beispiel. Oder die Masse der Neutrinos. Eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Und so weiter. Das Standardmodell ist zwar eine der erfolgreichsten wissenschaftlichen Theorien die wir kennen. Aber es kann noch nicht alles sein; es muss mehr geben und irgendeine umfassendere Theorie wartet darauf, von uns gefunden zu werden.

Wissenschaftler haben jede Menge Ideen, wie diese umfassendere Theorie aussehen könnte. Die Supersymmetrie ist eine davon, aber bei weitem nicht die einzige. Um heraus finden zu können, wie das Standardmodell tatsächlich erweitert werden muss, braucht es aber nicht nur neue Theorien, sondern vor allem neue Daten. Genau deswegen macht man ja auch Experimente wie die am LHC: Man hofft, Teilchen zu entdecken, deren Existenz niemand vorhergesagt hat; irgendetwas komplett neues; etwas, das uns sagt in welche Richtung wir weiter gehen müssen.

Und so wie es aussieht, könnte genau so eine Entdeckung bevorstehen. Könnte! Denn wie immer in der Teilchenphysik hängt alles an der Statistik. Man kann hier nicht einfach ein einzelnes neues Teilchen aus dem Vakuum der Beschleunigerröhren ziehen und stolz der Welt präsentieren. Man kann nur unzählige Teilchenkollisionen stattfinden lassen, beobachten und nachsehen, was dabei passiert. Das Standardmodell ist in der Lage, die Resultate der Kollisionen vorherzusagen. Wenn das Standardmodell aber keine vollständige Beschreibung der Realität ist, dann wird die Vorhersage von der Beobachtung abweichen.

Allerdings nur, wenn es die richtigen Abweichungen sind. In der Welt der Teilchenphysik gibt es keine einfachen Ergebnisse. Teilchenkollisionen können mal so und mal so ausgehen und das Standardmodell kann nur statistische Vorhersagen über die Resultate machen. Abweichungen können entstehen, wenn die Vorhersagen falsch sind – aber auch rein zufällige Schwankungen in den Ergebnissen können Abweichungen verursachen. Man muss möglichst viele Kollisionen beobachten, um sicher sein zu können, das man tatsächlich etwas Neues beobachtet hat und nicht irgendwelche Schwankungen.

Ich habe früher schon einmal sehr ausführlich erklärt, wie das mit den Entdeckungen und der Statistik in der Teilchenphysik funktioniert. Kurz gesagt: Nur wenn man zu 99,9999% sicher sein kann, keine rein zufällige Schwankung beobachtet zu haben, werden die Daten als Beleg für eine echte Entdeckung angesehen. Dieser Prozentsatz, die Signifikanz wird auch „5 Sigma“ genannt und man braucht wirklich viele Daten, um sich so sicher sein zu können.

So weit ist man bei den aktuellen Forschungen am LHC noch nicht. Im Dezember 2015 hat man zwischen den Vorhersagen und Beobachtungen bei den Kollisionen einen Unterschied entdeckt, dessen Signifikanz 2 Sigma betrug. Das ist zwar interessant, aber bei weitem nicht genug um von einer Entdeckung zu sprechen. Es hat sich schon oft genug gezeigt, dass solche Schwankungen wieder verschwinden, wenn man mehr Daten sammelt. Nun hat man aber (ein wenig) mehr Daten gesammelt und die Abweichungen sind nicht verschwunden.

ATLAS-Messungen aus dem Dezember 2015: Die rote Linie gibt die Vorhersage des Standardmodells an; die schwarzen Punkte die tatsächlichen Messungen. Ein kleiner Unterschied ist sichtbar (Bild: ATLAS-CONF-2015-081)
ATLAS-Messungen aus dem Dezember 2015: Die rote Linie gibt die Vorhersage des Standardmodells an; die schwarzen Punkte die tatsächlichen Messungen. Ein kleiner Unterschied ist sichtbar (Bild: ATLAS-CONF-2015-081)

Teilchenphysikerin Pauline Gagnon (sie arbeitet am ATLAS-Experiment des LHC) hat kürzlich in ihrem Blog darüber berichtet. Seit den ersten Beobachtungen konnte man durch verbesserte Auswertemethoden knapp 20 Prozent mehr Daten in die Analyse inkludieren. Dabei ist die Signifikanz der Abweichungen nicht nur nicht gesunken. Mittlerweile ist außerdem klar, dass nicht nur ATLAS, der eine große Detektor am LHC, die Abweichungen beobachtet hat, sondern unabhängig davon auch CMS, der zweite große Detektor. Dass beide Experimente die gleiche Abweichung beobachten, ist vielversprechend. Aber selbst die Kombination der Daten aller Detektoren lässt die Signifikanz noch nicht über 5 Sigma steigen; sie liegt immer noch bei Werten um die 2-3 Sigma.

Der LHC wird demnächst wieder mit neuen Teilchenkollisionen beginnen; die Detektoren werden neue Daten sammeln. Sehr viel mehr Daten als früher, als der Beschleuniger noch nicht mit voller Kraft lief. Gagnon schätzt, dass schon wenig Monate nach dem Neustart genug Daten vorhanden sind, um entweder eine Entdeckung einwandfrei nachweisen oder ebenso einwandfrei ausschließen zu können.

Und wenn etwas entdeckt werden sollte: Was wäre das eigentlich? Tja, das ist die große Frage! An theoretischen Ideen mangelt es nicht. Gagnon hat bis heute über 260 wissenschaftliche Artikel gezählt, die sich schon Gedanken darüber machen, was die bisherigen Hinweise bedeuten könnte. Da ist alles dabei: Von dunkler Materie über supersymmetrischen Teilchen bis hin zum Nachweis von zusätzlichen Raumdimensionen. Aber so gut die Theorien auch sein mögen: Am Ende kommt es auf das Experiment an.

Wenn am LHC neue Teilchen entdeckt werden, dann wird das zurecht als großer Durchbruch gefeiert werden. Das erste Mal seit Jahrzehnten werden wir etwas entdecken, das über das Standardmodell hinaus geht; das vom Standardmodell nicht vorhergesagt wurde. Wir werden Hinweise erhalten, wie der weitere Weg der Teilchenphysik aussehen wird. Wir werden (hoffentlich) erkennen, wie wir ein paar der verbliebenen ganz großen Probleme der Physik lösen können. Und vielleicht werden wir das schon sehr bald tun können. Vielleicht aber auch nicht. Es ist genau so gut möglich, dass die beobachteten Schwankungen einfach wieder verschwinden. Eines aber ist klar: Früher oder später werden wir etwas neues entdecken! Wir wissen, das da noch etwas sein muss, das wir bis jetzt noch nicht entdeckt haben. Und wenn wir nur lang und intensiv genug suchen, werden wir es auch finden!

40 Gedanken zu „Jenseits des Standardmodells: Wann werden neue Teilchen am LHC entdeckt?“
  1. Na ja… wenn man sich die Teilchenphysik der letzten Jahrzehnte anschaut, dann ist es schon mehrmals passiert, dass ein vermeintliches Signal mit 2 bis 3 sigma sich dann doch nur als Rauschen herausgestellt hat… für Optimismus ist es für meinen Geschmack also noch etwas zu früh.

  2. „Eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie“

    Diese Asymmetrie ist Bestandteil des Standardmodells. Das Ganze nennt sich CP-Verletzung und ist in der CKM Matrix enthalten. 2008 gab es dafür den Nobelpreis. Die Frage ist nur, ob die gemessene CP-Verletzung ausreicht um die gesammte beobachtete Asymmetrie zu erklären. Meines Wissens nach ist die Frage noch nicht eindeutig beantwortet.

  3. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte (smiley): Ich hätte gerne die Extradimensionen. Das wäre wirklich abgefahren. Die Stringtheoretiker würden vermutlich eine Jahresproduktion Champagner durchbringen.

  4. Ja, superspannend. Ich wette, im Mai geht da keiner in Urlaub!
    Kleine Frage: Zählt das Graviton als Teil des bisherigen Modells oder nur als graue Theorie? Das „g“ in der Grafik ist das doch nicht? Eher Gluon?

  5. Erst das Higgs-Boson, dann Rosetta, dann Gravitationswellen und jetzt vielleicht auch noch das. Wäre schon echt cool.
    In was für einer aufregenden Zeit wir nur leben…..

    Lg H.

  6. @Mirko:

    Zählt das Graviton als Teil des bisherigen Modells oder nur als graue Theorie? Das “g” in der Grafik ist das doch nicht? Eher Gluon?

    Ja, das g meint die Gluonen (nicht ‚das‘. Es sind insgesamt 8).

    Das Graviton ist im Standardmodell noch nicht eingepreist, weil immer noch niemand eine auch nur annähernd brauchbare Vorstellung davon hat, wie eine Quantenfeldtheorie der Gravitation aussehen könnte – auch wenns dazu schon kreative Ansätze gibt …

  7. Danke, Florian für den guten Artikel!

    Wir wissen, das da noch etwas sein muss, das wir bis jetzt noch entdeckt haben.

    „nicht“?

    Ich weiß nicht wie es Euch geht, aber irgendwie bin ich froh, in einer Epoche mit vielen großen Entdeckungen zu leben; diese Spannung vor dem großen Durchbruch zur Beantwortung elementarer Fragen ist schon deutlich zu spüren!

  8. @schlappohr: Eine Entdeckung von zusätzlichen Dimensionen wäre nicht zwingend eine Bestätigung der Stringtheorie – es gibt auch andere Modelle mit zusätzlichen Dimensionen.

  9. @Bjoern

    „Eine Entdeckung von zusätzlichen Dimensionen wäre nicht zwingend eine Bestätigung der Stringtheorie – […]“

    Nein, aber es wäre zumindest eine der wichtigsten Voraussetzungen der Stringtheorie erfüllt. Ohne Zusatzdimensionen fällt die ganze ST in sich zusammen, und das wäre ärgerlich, angesichts der ganzen Arbeit, die da drinsteckt. Es ist ja ohnehin fraglich, ob es jemals einen experimentellen Nachweis der ST bzw. M-Theorie geben wird.

  10. @Krypto

    „Ich weiß nicht wie es Euch geht, aber irgendwie bin ich froh, in einer Epoche mit vielen großen Entdeckungen zu leben;…“

    Amen!

  11. > Erst das Higgs-Boson, dann Rosetta, dann Gravitationswellen
    Ist ja schön und gut, aber die wurden bereits vorhergesagt, also keine Überraschung sondern vielmehr eine Bestätigung.
    Sollte man aber ein neues Teilchen in kürze entdecken, wäre das unvergleichlich besser als die drei genannten Aspekte .
    Eine Frage stimmt es, daß man unbekannte Teilchen nur entdecken kann, wenn wir bei der Teilchenkollisionen immer mehr Energie einsetzen? Oder kann es sein, daß uns noch ein unbekanntes Teilchen im niedrigen Energiebereich bisher entwischt ist?

  12. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dort zu sitzen, die Daten anzuschaun und dann zu erkennen, dass da irgendwas ist, dass noch niemand zuvor „gesehen“ hat. Etwas ganz neues, revolutionäres. Muss schon unglaublich sein.

    Blöd daran ist halt, dass nur wenige Menschen die Tragweite davon verstehen oder damit was anfangen können. Der dumpfe Pöbel wird sich dann eher fragen, warum man die ganze Kohle nicht für irgendwas „sinnvolles“ ausgeben hätte können. Bier, eine weitere intellektbefreite Dumpfbackenshow, Zeltfeste oder so 🙂

    Wenn ich mir was wünschen könnte, dann wär das das ultimative Teilchen aus dem alles besteht. Wo man sagen kann, DAS ist der Grundbaustein von allem. So funktioniert es und wenn es so oder so kombiniert wird, kommt dabei das und das raus. Das flache 1er Plättchen wie bei Lego 🙂

  13. @Fred:

    stimmt es, daß man unbekannte Teilchen nur entdecken kann, wenn wir bei der Teilchenkollisionen immer mehr Energie einsetzen? Oder kann es sein, daß uns noch ein unbekanntes Teilchen im niedrigen Energiebereich bisher entwischt ist?

    Jein. Sowohl als auch:
    Man kann neue Teilchen bei höheren Energien entdecken und man kann auch neue im bisher zugänglichen Bereich entdecken.
    Ersteres ist eine Frage der minimal zur Erzeugung nötigen Kollisionsenergie, während Letzteres eher mit gesteigertem Durchsatz und/oder empfindlicheren Detektoren zu tun hat.
    Das überschneidet sich auch; so kann man erste Hinweise auf neue Teilchen durch mehr Energie, Durchsatz und höhere Empfindlichkeit entweder falsifizieren oder idealerweise über die Entdeckungsgrenze hieven.

  14. @Alderamin

    Und wenn man mal genauer drüber nachdenkt, dauert diese Epoche schon über 400 Jahre an…

    Das würde ich so nicht unterschreiben, weil sich die Intervalle zwischen wissenschaftlichen Meilensteinen -insbesondere bezüglich dem Aufbau des Universums- erheblich verkürzen.
    Vor ca. 150-400 Jahren haben ganze Generationen diesbezüglich nicht viel Neues erlebt.

  15. @Krypto

    Ich schon.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Zeittafel_physikalischer_Entdeckungen#16._Jahrhundert

    Da passt nirgendwo eine Generation in irgendeine Lücke.

    Die heutigen Entdeckungen sind auch nicht alle so fundamental wie diejenige, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Es sind viele kleine Steinchen im großen Gesamtbild, wo hier und da immer mal ein Segment komplettiert wird.

    Heute forschen viel mehr Menschen als früher, aber auch an viel weniger grundlegenden Dingen, weil alles alltägliche schon erklärt ist. Es ist mit immer mehr Aufwand verbunden, in neue Bereiche vorzudringen, und immer mehr Forscher müssen dafür zusammenarbeiten.

  16. Ganz ist mir das nicht klar was supersymmetrische Partner sein sollen.

    Ich stelle mir das so vor, dass der Teilchenphysiker davon ausgeht, dass der Energieerhaltungssatz und das Gesetz E = m*c^2 auch vor dem Urknall existierte bzw. Gültigkeit besaß.

    Man konzentriert die gesamte Urenergie auf einen singulären Punkt (bzw. singüläre Raum Zeit). Aus ungeklärter Ursache, kam es dann zu dem Phänomen von Phasenverschiebungen innerhalb der singulären Raum Zeit.

    Ich stelle mir das so vor dass durch das Gesetz E = m*c^2 – Teilchen und deren supersymmetrischen Partner entstanden, welche sich aber sofort (Zeitpunkt=0) auslöschten und somit war der Energie-Erhaltungssatz (in Echtzeit) wieder erfüllt.

    Bis an einem bestimmten Zeitpunkt, ein Teilchen, zur Auslöschung, keinen symmetrischen Partner fand und sprichwörtlich im Raum hängen bliebt. Es entstand ein Symmetriebruch in der Raum Zeit. Es bildete sich der Planck-Raum mit der Planck-Zeit –> Es kam zum Urknall.

    Kann es sein dass Teilchenphysiker davon ausgehen, dass zu jedem Teilchen im Standard-Modell ein supersymmetrischer Partner vorhanden sein müsste ?

    Man versucht das Teilchen im Teilchenbeschleuniger zu erzeugen und bevor es sich auslöscht hofft man so Spuren von seinem Symmetrischen Partner finden. Also ein Teilchen, was ebenfalls die selben Eigenschaften besitzt aber mit einem entgegengesetzten Spin z.b.

    Durch die Vereinigung löscht sich der Spin aus und das Teilchen hört auf zu existieren. Es entsteht wieder die Ur-Energie. Bzw. Die GUT-Kraft.
    Kann man so Supersymmetrie bzw. supersymmetrische Teilchen verstehen ?

  17. @Halo

    Ich stelle mir das so vor, dass der Teilchenphysiker davon ausgeht, dass der Energieerhaltungssatz […] auch vor dem Urknall existierte bzw. Gültigkeit besaß.

    Nicht wirklich, er gilt im expandierenden Universum ja auch nicht.

    Man konzentriert die gesamte Urenergie auf einen singulären Punkt (bzw. singüläre Raum Zeit). Aus ungeklärter Ursache, kam es dann zu dem Phänomen von Phasenverschiebungen innerhalb der singulären Raum Zeit.

    Nein, wahrscheinlich gibt es keine Punkte, und die Energie, die heute im Universum steckt, war keinesfalls komplett in einem Punkt vereint. Die Inflationstheorie sagt aus, dass eine hohe Energiedichte (ein paar Gramm in einem Planck-Volumen, was allerdings eine immense Dichte ausmachen würde) ausreicht, um das Vakuum in einen Zustand zu überführen, der es exponentiell und inflationär expandieren lässt. In dem neu entstandenen Vakuum steckt dann die selbe Energiedichte, wie vorher im Planck-Volumen, von dem die Expansion ausging (dazu reicht einfach eine zufällige Fluktuation der Vakuumenergie mit ausreichend hoher Amplitude, eine reine Frage der Statistik und hinreichend langer Wartezeit). Die Gesamtenergie wächst dann in Sekundenbruchteilen (10^-33 s) mit dem Volumen um einen gigantischen Betrag (mehr als das 10^90-fache). Die Energie borgte sich das Vakuum von der Gravitation, denn eine gleich große potenzielle Energie hält ihr die Waage (wenn man potenzielle Energie als negative Energie wertet). Als die Inflation endete, tunnelte das Vakuum in einen Zustand geringerer Vakuumenergie und gab die überschüssige Energie als Strahlung frei. Aus dieser kondensierten dann Teilchen und Antiteilchen, die sich größtenteils danach wieder gegenseitig vernichteten. Der Grund, warum es noch Materie gibt ist der, dass nicht genau gleiche Mengen Materie und Antimaterie beim Urknall enstanden.

    Bis an einem bestimmten Zeitpunkt, ein Teilchen, zur Auslöschung, keinen symmetrischen Partner fand und sprichwörtlich im Raum hängen bliebt.

    Die Idee der supersymmetrischen Partner ist nicht, dass diese sich mit normaler Materie auslöschen (das tun deren Antiteilchen; die supersymmetrischen Partner werden solche Antiteilchen übrigens auch haben, wenn es sie denn gibt). Die Idee ist, dass es grundsätzlich zwei Klassen von Teilchen gibt: die mit halbzahligem Spin (Fermionen genannt), aus denen die Materie besteht, wie Elektronen und Protonen, sowie Teilchen mit ganzzahligem Spin (Bosonen), die die Kräfte zwischen den Teilchen vermitteln (z.B. das Photon, das die elektromagnetische Kraft vermittelt). Nun soll es zu allen Fermionen jeweils superymmetrische Bosonen und umgekehrt geben. Das wären einfach andere Anregungszustände der zugrunde liegenden Felder, die alle Teilchen hervorbringen (Teilchen werden als Anregungszustände von Quantenfeldern betrachtet, und man kann ein Feld auf viele Weisen anregen).

    Kann es sein dass Teilchenphysiker davon ausgehen, dass zu jedem Teilchen im Standard-Modell ein supersymmetrischer Partner vorhanden sein müsste ?

    Ja.

    Durch die Vereinigung löscht sich der Spin aus und das Teilchen hört auf zu existieren. Es entsteht wieder die Ur-Energie. Bzw. Die GUT-Kraft.

    Nein, so viel ich weiß zerfallen die Teilchen, und Spins gehen nicht verloren (ein ganz- und ein halbzahliger Spin können sich ja schon numerisch nicht gegenseitig aufheben). Eine „Ur-Energie“ gibt’s nicht, man versucht im Beschleuniger nur, möglichst viel Energiedichte zu erzeugen, damit daraus viele Teilchen enstehen können, die man finden kann (das ist schon analog der Kondensation von Teilchen nach der Inflationsphase, aber an der Energie ist nichts besonderes, dass einen eigenen Namen gerechtfertigt, das ist einfach Strahlung). Von der hypothetischen GUT-Energie ist man dabei weit entfernt. Und das ist gut so, denn die Aufspaltung in die Gravitation und die anderen Kräfte war möglicherweise der Grund, warum die Expansion des Vakuums inflationär wurde.

  18. — Zitat: Alderamin
    Nun soll es zu allen Fermionen jeweils superymmetrische Bosonen und umgekehrt geben.

    Das Bild mit dem Standarmodell zeigt 4 Bosonen und 12 Fermionen. Es würden also mind. 8 supersymmetrische Partner fehlen.
    Wobei zu sagen ist, dass bisher kein einziges Teilchen gefunden wurde.

    Wann wird die SUSY endlich als widerlegt gelten ?

  19. Wann wird die SUSY endlich als widerlegt gelten?

    Na wenn sie widerlegt ist, H.B. Bis dahin bedenke: Es nicht zu schaffen, einen eindeutigen Beleg pro zu finden ist nicht bedeutungsgleich zu einen eindeutigen Beleg contra zu haben.

  20. @H.B.:

    Das Bild mit dem Standarmodell zeigt 4 Bosonen und 12 Fermionen. Es würden also mind. 8 supersymmetrische Partner fehlen.

    Nein. Nochmal nachrechnen.

    Nach der Supersymmetrie hat jedes Teilchen einen supersymmetrischen Partner. Das macht also zu den 12 Fermionen schon mal 12 SUSY Bosonen und zu den 12 Eichbosonen (ja, es sind 12. 8 Gluonen, W-, W+, Z0 und das Photon) natürlich auch 12 SUSY Fermionen. Macht 24.

    Wann wird die SUSY endlich als widerlegt gelten ?

    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie jemand eine so starke Meinung zu einem Thema vertreten kann von dem er offenbar keine Ahnung hat … Aber egal …

    Die SUSY wird genau dann widerlegt sein, wenn es ein Experiment gibt, dass sie widerlegt.

  21. — Zitat PDP10 —
    Die SUSY wird genau dann widerlegt sein, wenn es ein Experiment gibt, dass sie widerlegt.

    Ist die SUSY überhaupt falsifizierbar ?
    Man kann ja ein Leben lang Fortschritte machen und trotzdem in die falsche Richtung gehen. Um so was zu verhindern braucht man einen klar definierten „Break-Point“.

    Hat man diesen eigentlich ?

  22. @Halo

    Gibt es zu diesem Thema ein Buch das zum Einstieg geeignet ist ?

    Ein Buch über Teilchenphysik kann ich nicht empfehlen, aber eines über den Urknall: Lawrence M. Krauss, „Ein Universum aus Nichts: … und warum da trotzdem etwas ist“. Oder etwas umfangreicher: Brian Greene, „Der Stoff aus dem der Kosmos ist“, das Florian hier auch schon mal ausführlich rezensiert hat (siehe oben Seitenleiste unter „Kategorien“).

  23. SUSY ist doch schon seit dem ersten LHC Lauf aus dem Rennen?
    Ich hab da damals einen Artikel auf SWAB gelesen, in dem Ethan Siegel erklärt hat dass es sich damit erledigt hat. Hat er da zu schnell geschossen?

  24. Ich hab die Artikel grad gegoogelt und noch einmal überflogen.
    Ich versteh das so:
    Natürlich kann man SuSy nie hunderprozentig abschreiben (gleich wie die Nichtexistenz von etwas zu beweisen), aber die Wahrscheinlichkeit dass sie in der Natur auftritt ist seit den Ergebnissen am LHC extrem gesunken.

    Ockhams Razor:
    Je umständlicher und komplizierter eine Annahme sein muss um erfüllbar zu sein, desto unwahrscheinlicher wird sie.

    Wenn ich das nicht komplett falsch verstanden habe, werden die Annahmen die SuSy möglich machen immer komplizierter.
    Und die Gründe warum man SuSy eingeführt hat haben sich mittlerweile erledigt.
    Jedes Experiment das bis jetzt SuSy Artikel nachweisen sollte ist fehlgeschlagen, wobei die Massenbereiche die interessant sind erforscht wurden, wenn jetzt noch SuSy Artikel gefunden werden sind damit keine der Probleme gelöst wegen denen man SuSy eingeführt hat.

    Zusätzlich sollte auch die ganze Stringtheorie hinfällig sein wenn es keine SuSy gibt (sagt Ethan).

    Wenn ich das falsch verstehe, bitte ich jemanden sich die beiden Artikel anzusehen und mir den/die Fehler aufzuzeigen.

    https://scienceblogs.com/startswithabang/2012/11/14/is-there-any-particle-physics-beyond-the-standard-model/
    https://scienceblogs.com/startswithabang/2013/05/15/the-rise-and-fall-of-supersymmetry/

  25. Früher (vor der Entdeckung der Quarks) hatten wir ja einen unübersichtlichen Teilchenzoo, von dem man nicht wusste, wie viele man noch finden würde.

    Dann schien sich das Modell durch die Entdeckung der Quarks ganz entschieden zu vereinfachen. Aber inzwischen sind wir wieder in der Situation, daß wir neue Teilchen entdecken und einen großen Teilchenzoo anhäufen. Müsste da nicht irgendwann wieder eine Vereinfachung entdeckt werden? Wäre es möglich, daß die jetzt als Elementarteilchen bezeichneten Teilchen doch wieder aus etwas anderem bestehen?

    Man könnte natürlich auch auf den Gedanken kommen, daß es sich bei den Elementarteilchen des Standardmodells eigentlich um dasselbe Teilchen handelt, das nur in den drei Werten Ladung, Spin und Farbladung unterschiedlich parametrisiert ist. Und da das diskrete Werte mit nur endlich vielen Möglichkeiten sind, ergibt sich daraus eine endliche Maximalzahl möglicher Teilchen. Aber wie kommen dann die völlig unterschiedlichen Massen zustande? Und warum können nur bestimmte Teilchen eine Farbladung haben?

  26. Wieso geht man eigentlich davon aus dass es eine symmetrie zw. materie- und kraftteilchen geben soll ?
    ist die existenz der dunklen materie nicht eigentlich schon der beweis dafür, dass keine symmetrie zw. materie und kraftteilchen vorhanden ist ?

  27. Also die Susy’s (oder auch andere Symmetrie-Theorien) sind auch nur ein Subset aller Theorien und Möglichkeiten, wirken halt besonders elegant.
    Andere Frage: Hat mal jemand was von ‚dunklen‘ / ‚versteckten‘ Photonen gehört und ob die noch eine Option sind oder schon falsifiziert wurden? Was ist da mit gemeint? Habe gehört, dass mal extra ein Teleskop gebaut wurde, um die zu entdecken. Finde aber keine Ergebnisse.

  28. @Florian Freistetter:
    Hab mir gestern die Folge: 160 angehört.
    Doch ist die Existenz der „dunkle Materie“ auch wirklich ein Beweis dafür dass es sich um ein symmetrisches Teilchen (LSP) handelt ?

    Wie identifiziere ich ein unbekanntes Teilchen als symmetrisch oder nicht. Es müsste die gleichen Eigenschaften besitzen wie ein Standard-Teilchen nur mit einem anderen Spin. Doch hat „dunkle Materie“ überhaupt einen Spin ?

    Ich habe die Sorge, dass man eines Tages „dunkle Materie“ an einem Detektor nachweisen kann und mit Hilfe von Mathematik eine „Symmetrie“ herbei rechnet.
    Sprich man errechnet eine „Symmetrie-Konstante“ sodass „dunkle Materie“ als LSP-Bindeglied zw. Bosonen und Fermionen fungieren kann. (Obwohl gar keine Symmetrie da wäre)

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