Unser Universum ist zum größten Teil leer. Das Nichts ist quasi der Hauptbestandteil des Kosmos. Wenn man sich per Zufall einen beliebigen Platz im Universum aussucht, dann steht die Chance mehr als gut, dass an diesem Ort nichts ist. Man hat schon großes Glück gehabt, wenn sich dieses Nichts zwischen den Sternen einer Galaxie befindet; dass man dabei einen Planeten (noch dazu einen bewohnbaren wie die Erde) trifft, ist so unwahrscheinlich, dass es fast unmöglich ist. Das meiste Nichts findet man in den Räumen zwischen den Galaxiengruppe. Anhäufungen von Galaxien, die durch gigantische Leerräume getrennt sind, machen die grundlegende Struktur des Universums aus. Aber die Leere ist vielleicht doch nicht ganz so leer, wie man bisher gedacht hat. Das legt zumindest eine neue Studie nahe, die sich mit großräumigen Materieverteilung im Kosmos beschäftigt hat („Large-scale mass distribution in the Illustris simulation“).
Martin Haider von der Universität Innsbruck und seine Kollegen haben das „kosmische Netz“ untersucht. Das sieht das tatsächlich aus wie eine Art Netz: Milliarden Lichtjahre lange „Fäden“, die aus unzähligen aneinander gereihten Galaxienhaufen bestehen, umschließen ebenso Milliarden Lichtjahre durchmessende Leerräume. Zusammen bestimmen diese „Filamente“ und „Voids“ (über die ich hier mehr geschrieben habe) die großräumige Verteilung der Materie im Universum.
Direkt zu messen, wo sich wie viel Materie befindet, ist allerdings nicht so einfach. Man kann natürlich Galaxien beobachten und ihre Masse abschätzen. Aber da sieht man im Wesentlichen nur die Materie, die in Form leuchtender Sterne vorhanden ist. Sehr viel Material existiert aber auch in Form eines dünnen Gases, das sich als interstellare bzw. intergalaktische Materie zwischen den Sternen und den Galaxien befindet. Das ist viel schwerer zu analysieren. Man kann zwar zum Beispiel das Licht ferner Galaxien beobachten. Das durchquert auf seinem Weg zu uns die leeren Räume und das Gas darin und die Art und Weise wie es dadurch beeinflusst wird, ist prinzipiell messbar. Die Beobachtungen sind aber bisher nicht völlig konsistent. Die auf diese Weise bestimmte Menge an Materie in großen Entfernungen stimmt nicht mit der Menge an Materie überein, die sich vergleichsweise nahe (d.h. in unserer lokalen Galaxiengruppe) befinden müsste.
Oder anders gesagt: Die Menge an Materie zwischen den Galaxien im frühen Universum (denn „weiter weg“ heißt ja in der Astronomie immer auch „tiefer in der Vergangenheit“) ist größer als die Menge an Materie die wir heute beobachten. Dieses „Missing-Baryon-Problem“ hat die Astronomen schon länger beschäftigt, aber die Arbeit von Markus Haider und seinen Kollegen hat nun ein wenig mehr Klarheit gebracht.
Sie haben die Illustris-Simulation betrachtet. Das ist ein extrem komplexes und umfassendes kosmologisches Modell, bei dem im Wesentlichen die Entwicklung des Universums vom Urknall bis hin zur Gegenwart am Computer simuliert wurde. Das klingt einfacher als es ist. Genaugenommen ist so eine Simulation alles andere als einfach. Mit einer reinen Berechnung der wechselseitig wirkenden Gravitationskräfte ist es da nicht getan (und selbst das wird enorm schwierig, wenn wirklich viele Objekte involviert sind); man muss die Dynamik des ganzen ursprünglichen Gases berücksichtigen; die Expansion des Kosmos; den Einfluss von dunkler Materie und dunkler Energie, und so weiter. Am Ende erhält man dann natürlich auch kein Abbild des realen Universums – aber ein Modelluniversum, dass in seiner Struktur und seinem Aufbau dem echten Kosmos doch so sehr ähnelt, dass sich daraus relevante Rückschlüsse ziehen lassen.
Zum Beispiel über die Art und Weise in der sich die Materie zwischen den Galaxienhaufen verteilt. Haider und seine Kollegen haben festgestellt, dass 94 Prozent der Materie (normale Materie und dunkle Materie) in den Filamenten des kosmischen Netzes zu finden sind. Der Rest steckt in den Voids. Betrachtet man allerdings nur die „baryonische“, also die normale Materie, dann finden sich ganze 20 Prozent davon in den gigantischen Leerräumen. Sie sind also nicht so leer, wie man bis jetzt angenommen. Was nicht heißt, dass es dort plötzlich eng wird… Die Voids machen 80 Prozent des universalen Volumens aus und die Materie hat genug Platz um sich weiträumig zu verteilen. Es ist ein sehr, sehr dünnes (und kaltes) Gas und deswegen mit normalen Mitteln vermutlich auch nicht beobachtbar.
Aber genau das ist eben der Vorteil von kosmologischen Simulationen: Im Gegensatz zum riesigen Weltall muss man nur riesige Computerdateien durchsuchen, in denen sich die (simulierte) Materie wesentlich einfacher finden lässt. Haider und seine Kollegen haben auch eine Vorstellung, wie das ganze Material dorthin gekommen ist. Dafür sind wieder einmal die supermassereichen schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien verantwortlich. Was einmal im Loch gelandet ist, kommt zwar nicht mehr raus. Aber in der Umgebung der Löcher laufen enorm hochenergetische Prozesse ab. Riesige „Jets“, also Ströme aus Strahlung und Teilchen können von aktiven schwarzen Löcher ausgehen und Materie aus interstellaren Gaswolken aus den Galaxien hinaus in die Voids pusten.
Die Leere im Universum ist also nicht ganz so leer wie man bisher dachte. Aber immer noch ziemlich leer…
Irgendwie erinnern mich diese Darstellungen der large-scale mass distribution an einen Schwamm.
Räbäh – ich will aber nicht in einem Spongebob leben!
Ich fühle mich auf einmal so einsam.
Passend dazu lese ich gerade den neuesten Void-Roman von Peter F. Hamilton 🙂
@Bullet: „Spongebob“
Sieh‘ es doch vielleicht so: Es sieht eigentlich eher aus wie Nervengewebe.
Das Universum als riesiges Hirn, in dem sich Signale „nur“ mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Da kann eine Information schon mal ein paar Milliarden Jahre von einem „Neuron“ zum nächsten unterwegs sein — wenn denn Galaxien die Neuronen darstellen.
Ich als Teil eines allumfassenden Gehirns: das finde ich wesentlich besser.
Das ist ein Artikel der nicht nur interesannt ist, sondern den Beobachtungen entspricht. Man muss allerdings wissen wie sich Materie bildet und woher die dazu nötigen Baustene kommen.
Die Leere des Raumes ist meist so groß, dass man weder Gravitation noch Materie oder Strahlen, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln messen kann. Anders ist es bei größerer Dichte der Materie, da kann man messen und sogar berechnen mit wieviel Materie man es zu tun hat.
So wie man in der Lage ist hochzurechnen, so ist man auch in der Lage in kleinste Bereiche herunterzurechnen.
Auch wenn es zunächst absurd klingt, man muss in der Lage sein, sich vorstellen zu können, dass die Gravitation nicht durch Anziehung, Magnetismus oder der Materie zustandekommt, sondern vom Druck des leeren Raumes ausgeübt wir. Wie ist das möglich? Wie bereits Albert Einstein erkannte, verdrängt die Materie den Raum (dadurch ist der Raum gekrümmt) der Raum ist gestaucht und ubt auf die Materie (und Energie) Druck aus, wodurch die wirkliche Gravitation entsteht.
Mit besten Grüßen
Peter Dillen http://www.peter-dillen.de
Bitte korrigieren:
„Bayronische“ Materie mag es vielleicht irgendwo geben (südlich des Mains), aber normal wäre sie selbst dann auch nicht. 😉
@Kyllyeti: Danke. Liegt wohl daran, dass ich gerade in München bin 😉
Dann denk an Menger, Bullet, und: Sei bereit!
Der wird gerade eifrig in der Warteschlange nach vorne gelesen, Adent…
Diese Artikel, in denen irgendeine aktuelle Arbeit locker flockig vorgestellt wird, gefallen mir ÜbersichtsFanatiker äußerst gut, Florian.
Nu leg Dich bloß nicht mit Lord Bayron an, Kyllyeti.
Ich habe den Eindruck, daß die Erklärungen des Textes die ursprüngliche Aussage „Wenn man sich per Zufall einen beliebigen Platz im Universum aussucht, dann steht die Chance mehr als gut, dass an diesem Ort nichts ist“ gar nicht beantwortet.
Wie man sich tatsächlich per Zufall einen beliebigen Platz im Universum aussuchen könnte, wie sähe denn die Wahrscheinlichkeitsverteilung dieser Zufallsentscheidung aus? Wir nehmen also das sichtbare Universum, teilen dieses in lauter gleich große Räume ein, diese numerieren wir durch, und dann losen wir eine Nummer aus. Wo landen wir dann mit welcher Wahrscheinlichkeit?
Das sichtbare Universum ist in etwa eine Kugel mit einem Radius von 13,8 Milliarden Lichtjahren, in deren Zentrum wir uns befinden. Es gibt ja keine absolute Definition einer Gleichzeitigkeit, deswegen bezeichnen wir als „Jetzt“ das, was wir in diesem Moment auf der Erde sehen – egal, wie lange das Licht zu uns gebraucht hat. Auf allen Punkten der Oberfläche der genannten Kugel findet also jetzt gerade der Urknall statt.
Diese Lotterie, daß ich einen Ort im Universum bestimme, kann ich nur so durchführen, daß ich das jetzt sichtbare Universum betrachte und in diesem den Ort auslose. Wenn ich es anders machen wollte, bräuchte ich ja irgendeine Spezialdefinition von Gleichzeitigkeit, die stünde aber im Widerspruch zur Relativitätstheorie. Ich kann also zwangsläufig nur das für mich als Lotterieveranstalter sichtbare Universum hernehmen und darin über eine Zufallsfunktion ein Stück Raum auswürfeln. Und dann gehe ich in dieses Stück Raum, so wie es jetzt gerade ist (also so, wie ich es jetzt von der Erde aus sehe).
Wenn ich eine Kugel in lauter gleich große Räume aufteile und einen davon auslose, dann ist die Wahrscheinlich sehr groß, daß ich nahe bei der Oberfläche dieser Kugel lande, nicht nahe beim Mittelpunkt.
Wenn man sich per Zufall einen beliebigen Platz im Universum aussucht, würde dies mit großer Wahrscheinlich also eine Stelle sein, die sehr viel näher am Urknall ist als wir auf dem Planeten Erde es jetzt sind. Man würde also an dem zufällig ausgewählen Ort ein ganz anderes Universum vorfinden.
Beispielsweise kann es passieren, daß wir bei unserer zufälligen Ortswahl in einem Bereich landen, wo gerade erst die kosmische Expansion stattfindet oder zumindest, wo das Universum noch ganz undurchsichtig ist. Dieser Bereich ist ja in unserem sichtbaren Universum eine Kugelschale von zwar lediglich 380000 Lichtjahren, die aber den kompletten Rand des sichtbaren Universum ausfüllt – also ein riesiger Raumbereich.
Die Argumentation mit Voids und Filamenten passt dann doch gar nicht – so interessant diese Strukturen auch sein mögen.
@Daniel: „Die Argumentation mit Voids und Filamenten passt dann doch gar nicht – so interessant diese Strukturen auch sein mögen.“
Das verstehe ich nicht. Und der Vergleich mit der „Lotterie“ war genau das: Ein Vergleich – der verdeutlichen soll, dass das Universum zum allergrößten Teil leer ist. Was ja auch stimmt…
Hier kam grade im Kollegenkreis die Frage auf: Wieviel Prozent des Universums sind eigentlich fuer uns theoretisch sichtbar ?
Da alles was weit weg ist nur noch das Abbild der Vergangenheit zeigt, kann man natuerlich nicht weiter als bis zum Entstehungszeitpunkt des Universums schauen (bis zur Hintergrundstrahlung?)
Das ist aber natuerlich nur ein geringer Prozentsatz der heutigen Groesse. Schliesslich hat es sich mittlerweile ausgedehnt.
Kann man das ueberhaupt so genau angeben?
Ich finde die Frage von Ingo sehr interessant, weil sie mich zu einer Aussage bringt, die ich in meinem Beitrag gemeint habe, aber nicht explizit hingeschrieben habe: Man muß aufpassen, daß man sich in seiner Gedankenwelt nicht wieder in der newtonschen Welt befindet.
In der newtonschen Welt sind Zeit und Raum eine universell gültige Bühne, auf der sich das Weltgeschehen abspielt. Nur in dieser Welt ergibt es überhaupt Sinn, danach zu fragen, was sich außerhalb des sichtbaren Universums befindet.
Die Relativitätstheorie lehrt uns aber, daß es weder einen absoluten Raum noch eine absolute Zeit gibt. Deswegen sind Aussagen wie „Wir sehen das Licht der Sterne, aber manche existieren jetzt schon nicht mehr“ sinnlos. Denn ich kann gar nicht definieren, was in dieser Aussage mit dem Wort „jetzt“ gemeint sein soll.
Sobald ich die Vorstellung habe, daß es ein Gesamtuniversum gibt, das überall 13,8 Milliarden Jahre alt ist, und von dem ein Teil das für uns sichtbare Universum ist, und ein anderer Teil mehr als 13,8 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt ist, bin ich wieder im newtonschen Weltbild – also nicht mehr in der Realität.
Deshalb kann ich nur das als Gegenwart bezeichnen, was ich aktuell gerade sehe. Und demnach findet jetzt gerade an unendlichen vielen Punkten im Universum, die alle 13,8 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind, der Urknall statt. Also kann es gar keine Objekte geben, die weiter als 13,8 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind, denn diese würden sich ja dann in einer Zeit vor dem Urknall befinden.
Demnach gibt es also nur das sichtbare Universum. Außerhalb des sichtbaren Universums ist nichts – dort hat ja der Urknall noch gar nicht stattgefunden. Das sichtbare Universum ist also zu 100% identisch mit dem Universum.
Nun dehnt sich das Universum allerdings so aus, daß sich die Randbereiche schneller als mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen, was bedeutet, daß Objekte, die sich jetzt im sichtbaren Universum befinden, in Zukunft nicht mehr im sichtbaren Universum sein werden. Dann ist es aber auch nicht so, daß diese Objekte sich außerhalb des sichtbaren Universums befinden („befinden“, also Gegenwart). Denn um so eine Aussage überhaupt definieren zu können, bräuchte ich ja wieder eine absolute Zeitdefinition, also das newtonsche Weltbild.
Statt dessen muß über die Objekte, die sich jetzt mit mehr als Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen, formulieren:
Objekte, die jetzt existieren, die aber in Zukunft noch nie existiert haben werden (und die auch nie mehr existieren werden).
Konnte mir bis hierher jemand folgen? Kann mich mal jemand kräftig in den Arm zwicken, mich aufwecken und mir widersprechen? Aber bitte mit Begründung.
Sehen wir Vorgänge, die sich jenseits der Grenze abspielen, ab wo sich das Universum relativ zu uns mit Überlichtgeschwindigkeit ausdehnt, rückwärts ablaufen?
@Florian: „Das verstehe ich nicht. Und der Vergleich mit der “Lotterie” war genau das: Ein Vergleich – der verdeutlichen soll, dass das Universum zum allergrößten Teil leer ist.“
Was ich sagen will, ist: Das sichtbare Universum ist ja völlig unterschiedlich alt. Nur der Punkt, an dem wir uns gerade befinden, ist schon 13,8 Milliarden Jahre alt. Je weiter weg der ausgewürfelte Ort von uns ist, desto jünger ist er. Und am Rand des sichtbaren Universums gibt es eine riesige Kugelschale, in der die Teilchen noch so heiß sind, daß das Universum gar nicht durchsichtig ist.
Um eine Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können, wo ich bei einer zufälligen Positionierung im Universum lande, muß ich z.B. erst mal fragen:
– Wieviel Raum-Prozent unseres Universums ist überhaupt schon so alt, daß sich Voids und Filamente gebildet haben?
– Wie viel Raum-Prozent unseres Universums nimmt der Bereich ein, wo der Urknall erst so kurz vorbei ist, daß sich noch gar keine Atome gebildet haben?
Wenn ich unser sichtbares Universum als große Kugel sehe, auf deren Oberfläche (an allen Punkten, die 13,8 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind) sich überall gerade der Urknall abspielt, dann ist aufgrund geometrischer Überlegungen die Wahrscheinlichkeit recht hoch, daß ich bei einer wirklich zufälligen Ortswahl dort am Rand lande, oder?
@Daniel: „Um eine Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können“
Wollte ich aber nicht. Ich hatte nicht vor, irgendwas zu berechnen. Sondern ich wollte klar machen, dass das Universum leer ist. Das ist es. Wenn du irgendwo zufällig ausgesetzt wirst (und jetzt bitte NICHT über Raumschiffantriebe et al spekulieren. Es geht um einen Vergleich, keine Physik), landest du im Nichts. Egal wie du „jetzt“ definierst. Das, was dich beschäftigt geht am Thema vorbei.
„Wieviel Raum-Prozent unseres Universums ist überhaupt schon so alt, daß sich Voids und Filamente gebildet haben?“
Diese Frage macht keinen Sinn… (Lies dir das mit den Entfernungen nochmal genau durch. Du machst den Fehler und setzt die Lichtlaufzeit mit der Entfernung gleich.)
@Daniel Rehbein
vs.
Fällt dir was auf?
Nebenbei: Der Radius des für uns sichtbaren Universums beträgt nicht 13,8 Milliarden Lichtjahre, sondern mehr.
@Spritkopf: Ich kann kein „jetzt“ definieren, was unabhängig ist von dem, was ich aktuell gerade sehe. Deswegen ist eine Aussage, daß woanders im Universum jetzt gerade etwas passiert, was ich erst in Zukunft sehen werde, undefiniert. Die einzig sinnvolle Definition von „jetzt“ ist der Bezug auf mein lokales „jetzt“, und damit ergibt die Aussage, daß jetzt gerade in allen 13,8 Milliarden Lichtjahren entfernten Punkten der Urknall stattfindet, Sinn. Ansonsten dürfte ich gar keine Aussagen über das Universum in Gegenwartsform definieren.
In dem verlinkten Artikel steht u.a. „Nehmen wir einmal an, wir habe eine Galaxie A, die ein klein wenig weiter entfernt ist, sagen wir 14Milliarden Lichtjahre“. Wie kann eine Galaxie in der Gegenwart 14 Milliarden Lichtjahre entfernt sein? Nach welcher Definition von Gleichzeitigkeit ist das möglich? Sind wir bei diesem Beispiel nicht wieder im newtonschen Weltbild?
@Daniel: „Wie kann eine Galaxie in der Gegenwart 14 Milliarden Lichtjahre entfernt sein? „
So: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/01/03/die-rotverschiebung-und-die-vielen-entfernungen-der-kosmologie/?all=1
… außerdem war da doch was mit dem Mikrowellenhintergrund: der ist doch nicht der Urknall, sondern die Opazitätsgrenze. Oder irr ich mich da jetzt?
Mensch Bullet, das kannste doch nicht machen – obwohl nebenan der HeilEintopf lecker köchelt, bekomm ich urplötzlich Appetit auf Anderes…
@Daniel Rehbein
Aber ja kann ich das. Wenn ich mit einem Freund, der in einem Lichtmonat weit entfernten Raumschiff sitzt, mich darauf einige, dass wir gemeinsam auf seinen Geburtstag anstoßen, und er befindet sich in Bezug auf mich in Ruhe, dann weiß ich, dass mein „Jetzt“ und seines übereinstimmen. Ich werde zwar erst einen Monat später das Video empfangen, wie er das Glas gehoben hat, aber der Zeitpunkt, zu dem wir unser beider Gläser gehoben haben, ist für uns beide der gleiche.
Schwierig wird es erst, wenn er sich in Bezug auf mich in Bewegung befindet.
Nein, gerade da nicht. Die Tatsache, dass es bei weit entfernten und sich in Bezug auf mich schnell bewegenden Objekten kein gleichzeitiges „Jetzt“ gibt (oder das mindestens schwer zu bestimmen ist – Alderamin?), heißt nicht, dass ich nicht sagen kann, dass ein bestimmtes Ereignis in der Vergangenheit stattgefunden hat. Und wenn ich eine Supernova in einer Milliarde Lichtjahre Entfernung sehe, dann weiß ich definitiv, dass dieses Ereignis in der Vergangenheit stattgefunden hat und nicht „jetzt gerade“ passiert. Genauso, wie ich das für den Urknall weiß.
Und nochmals: Das sichtbare Universum hat einen Radius von 46 Milliarden Lichtjahren, nicht 13,8 Milliarden Lichtjahren.
Weil diese Galaxie „jetzt“ (in Bezug auf unseren Zeitrahmen) 14 Milliarden Lichtjahre entfernt sein kann, aber das Licht, welches wir „jetzt“ von ihr sehen, zu einem Zeitpunkt ausgesandt hat, an dem sie sich noch wesentlich näher zu uns befand.
Nein.
@Spritkopf
Das mit der Gleichzeitigkeit ist auf Wikipedia erklärt. Selbst unter Berücksichtigung der Signallaufzeiten kommen zwei gegeneinander gleichförmig bewegte Beobachter nicht darin überein, ob zwei Ereignisse gleichzeitig oder nacheinander stattgefunden haben.
Beim Weltall ist es komplizierter, weil es expandiert, das ist nicht einmal ein Inertialsystem. Man kann aber trotzdem eine universelle Zeit definieren, die mit dem Urknall startet und überall gleich schnell läuft, z.B. mit einer hypothetischen perfekten Uhr an jedem Ort gemessen. „Jetzt“ ist dann überall da, wo so eine Uhr gerade dasselbe zeigt, wie bei uns. auch wenn wir das erst später herausbekommen. Auch wenn wir, selbst bei Einrechnung der Lichtlaufzeit, für die Explosion einer Supernova eine andere Zeit angeben würden, als ein Beobachter in einer weit entfernten Galaxie.
Darauf beruht das Konzept der Eigenentfernung (proper distance), nach eben genau der das beobachtbare Weltall jetzt schon 46 Milliarden Lichtjahre im Halbmesser misst. Man denke sich ein sehr langes Maßband bis zu einem Ort, dessen Licht uns heute als kosmische Hintergrundstrahlung erreicht, jedoch zur kosmischen Uhrzeit „13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall“. So ein Maßband würde an der Expansion des Weltalls nicht teilnehmen. Wenn am anderen Ende, wo eine Notiz steht, nach welcher kosmologischen Zeit das Band zu kappen wäre, jetzt jemand das Band durchschneiden würde und wir es allmählich einholen würden, dann würde als Länge des eingeholten Bandes die Eigenentfernung von 46 Milliarden Lichtjahren herauskommen.
Etwas anderes ist die Lichtlaufzeitentfernung. Das Licht von dort war nur 13,8 Milliarden Jahre zu uns unterwegs, weil es zu einem Zeitpunkt auf den Weg ging, als das Weltall noch viel kleiner und der Ausgangspunkt viel näher bei uns lag, aber während das Licht auf dem Weg zu uns war, wuchs der noch vor ihm liegende Weg beständig an (der dahinter liegende auch, aber den musste das Licht dann nicht mehr zurück legen – er zählt nur für die Eigenentfernung, nicht die Lichtlaufzeitentfernung). Irgendwann erreicht uns dann das Licht und hat mehr Strecke zurück gelegt, als die Eigenentfernung zu Beginn seiner Reise und weniger, als die Eigenentfernung heute, bei seinem Eintreffen.
Daneben gibt’s noch andere Maße wie die „mitbewegte Entfernung“ (rechnet die Expansion des Weltalls aus der Eigenentfernung heraus), „Leuchtkraftentfernung“ (bezieht sich darauf, dass ferne Objekte dunkler erscheinen) oder „Winkeldurchmesserentfernung“ (bezogen auf eine triangulierte Entfernung; da das All z.B. zur Zeit der Hintergrundstrahlung viel kleiner war, erscheint diese auf die Himmelskugel projiziert erheblich vergrößert). Für kleine Entfernungen fallen die alle zusammen, aber für kosmologische Entfernungen sind sie alle verschieden, und man muss jeweils berücksichtigen, welche man zu welchem Zweck verwendet.
@Alderamin
Danke für diese Erklärung.
Um bei meinem Beispiel vom Geburtstagsprosit im Raumschiff zu bleiben: Das hieße doch, dass dieses Raumschiff die Expansion des Raumes durch eine Bewegung auf mich zu kompensieren müsste (so klein die bei nur einem Lichtmonat Entfernung auch immer sein mag), um sich im gleichen Zeitbezugssystem wie ich zu befinden, oder?
Zusammengefasst:
1) Das Licht von weit entfernten Galaxien was uns heute erreicht war max 13Milliarden Jahre unterwegs (=Alter des Universums),- obwohl die Objekte heute weiter weg sind als 13Milliarden Lichtjahre.
Grund: Mittlerweile sind die Objekte durch die Raumexpansion weiter weg gerutscht, als sie bei Start des Signals waren.
2) Theoretisch koennen wir das gesammte Universum sehen,- allerdings in weiter ferne nur das alte Universum kurz nach dem Urknall.
Wir koennen sogar den Urknall selber sehen (=Hintergrundstrahlung)
Licht von Galaxien die sich in weiter Entfernung „zu spaet“ gebildet haben kann uns jedoch nicht erreichen.
Die Frage „Wieviel Prozent des Universums ist fuer uns sichtbar“ macht daher nur teilweise Sinn
3) Man koennte sich jedoch ueberlegen wie gross der Bereich ist, den (in ferner Zukunft) das Licht von uns von heute erreicht.
Alte, weit entfernte Galaxien (deren Licht wir trotzdem sehen koennen) werden niemals unser Licht empfangen.
4) Noch kleiner wird der Bereich sein, mit dem wir theoretisch (ueber Licht) kommunizieren koennen. Unser Licht wird zwar in einem bestimmten Bereich (irgendwann in Zukunft) empfangen werden, jedoch koennte eine Antwort uns nie erreichen, da in Zukunft die Expansion noch weiter fortgeschritten sein wird. (Scheinbar ueberlichtschnell)
5) Dieser Bereich mit dem wir theoretisch kommunizieren koennen, wird in ferner Zukunft immer weniger Galaxien umfassen, weil der Raum einfach immer schneller expandiert.
(Trotzdem wird auch die Erde der fernen Zukunft immer noch das komplette Universum sehen koennen,- nur sehr sehr rotverschoben)
Soweit korrekt?
Danke für die interessante Diskussion und Hinweise zur Gleichzeitigkeit, darüber „versuchte“ ich schon seit langem nachzudenken, dh zuerst mal die richtigen Fragen zu stellen …
Sind Voids auch Vakuum-Räume?
@Spritkopf
Ich würde sagen, nein (vielleicht sagt Niels wieder was schlaues dazu). Der Raum dazwischen expandiert ja trotzdem, d.h. Licht unterliegt einer Art „Gegenwind“ auf dem Weg von dort zu uns, das Licht müsste immer noch der Raumexpansion entgegen laufen. Die Lichtlaufzeitentfernung und die Eigenentfernung würden also nicht übereinstimmen, auch wenn das Raumschiff versuchte, den Abstand konstant zu halten.
Krasser (und klarer) wird es bei Orten jenseits des kosmologischen Horizonts: dort kann ein Raumschiff sich gar nicht so schnell bewegen, um die Raumexpansion zu kompensieren, und kein Licht kann von ihm jemals zu uns gelangen.
Rolak, kann es sein, daß du etwas verfressen bist? 🙂
@Ingo
1): Ja (aber 13,8 Milliarden Jahre)
2): Nein, hinter dem kosmologischen Horizont, der durch die Lichtlaufzeit und das Weltalter begrenzt ist, kann es erheblich weiter gehen, sogar unendlich weit. Wir sehen nur einen sehr kleinen Teil des Universums, das „beobachtbare Universum“. Das Universum kann schon zu Beginn unendlich groß gewesen sein und danach vergrößerte sich jedes Volumen um den Betrag der Raumexpansion. Oder es war begrenzt, wuchs aber in einer kurzen Inflationsphase um einen riesigen Faktor, der den größten Teil hinter den heutigen Horizont befördert hat und für immer außer unserer Reichweite bleiben wird.
3) Ja. Wie man der obersten Grafik auf dieser Seite (rote Linie „event horizon“) entnehmen kann, wird uns heute ausgesendetes Licht von weiter her als ca. 20 Milliarden Lichtjahre (mitbewegte Entfernung, d.h. Eigenentfernung jetzt) niemals erreichen. Licht von Orten, die heute weniger als 63 Milliarden Lichtjahre entfernt sind, welches zur Zeit des Urknalls auf den Weg ging, kann uns noch irgendwann in der Zukunft erreichen.
Die mitbewegte Entfernung ist, wie gesagt, die Eigenentfernung bezogen auf die heutige Zeit, und dann festgehalten unabhängig von der Raumexpansion (d.h. die Eigenentfernung von Objekten war aufgrund der Raumexpansion früher kleiner, zukünftig größer als heute, aber bei der mitbewegten Entfernung nimmt man sie als konstant an, das Maßband wächst mit der Expansion mit). Das zweite Bild zeigt die selben Linien in Eigenentfernung, und da zeigt die rote Linie den Weg des letzten Lichts, das uns vom fernstmöglichen Ort noch erreicht, an. Die Skala der Zeitachse läuft hier gegen unendlich, im Bild vorher war sie nach oben begrenzt.
Es stimmt also, dass wir Galaxien noch sehen können, mit denen wir nicht mehr kommunzieren könnten. Alles zwischen 20 und 46 Milliarden Lichtjahren mitbewegter Entfernung ist von fürher her noch zu sehen, aber heute nicht mehr zu erreichen.
4) Stimmt.
5) Stimmt auch, aber nur in mitbewegter Entfernung. Irgendwann wird es sich auf diejenigen Galaxien beschränken, die gravitativ gebunden sind (die lokale Gruppe). Wie man im zweiten Bild sieht, wird die überblickte Eigenentfernung stetig größer, aber entfernte Objekte entfliehen schneller als unser Sichtfeld mit der Lichtlaufzeit und zunehmendem Alter des Universums wächst. Weil die Expansion sich beschleunigt.
@Withold Ch.
Kommt darauf an, wie Du Vakuum definierst. Ein ziemlich gutes Vakuum hat man ja schon ein paar tausend Kilometer von der Erde entfernt. An klaren, dunklen Frühlingsabenden kann man dann mit Glück dieses „Vakuum“ als Zodiaklicht leuchten sehen, von kleinen Staubpartikeln aus Kometen und Asteroiden reflektiertes Sonnenlicht. Ein besseres Vakuum findet sich zwischen den Sternen, ein noch besseres zwischen den Galaxien.
Wo sich zum Teil immer noch etwas Gas befindet. Erst kürzlich wurde gemeldet, dass sich rund die Hälfte der baryonischen Materie zwischen den Galaxien herumtreibt, wie man an Licht eines Quasars, das den Raum durchlief, gemessen hat.
In den Voids ist die Dichte rund 5mal (erinnert) kleiner als in den Filamenten. Da ist es also auch nicht komplett leer. Nur noch leerer als zwischen den Galaxien.
@myself
Quatsch, es war ein Fast Radio Burst, und man hat die Dispersion, also das Auseinanderlaufen der Radiowellen verschiedener Wellenlängen gemessen und daraus auf die durchlaufene Materie geschlossen. Bezog sich auf das hier:
https://www.universetoday.com/127589/missing-matter-found-scientists-use-fast-radio-bursts-to-confirm-model-of-the-cosmos/
@Alderamin #26
Dann habe ich die Definition fuer den „kosmologischen Horizont“ noch nicht verstanden.
> Nein, hinter dem kosmologischen Horizont, der durch die Lichtlaufzeit und
> das Weltalter begrenzt ist, kann es erheblich weiter gehen, sogar
> unendlich weit.
Also quasie „hinter der Hintergrundstrahlung“?
Das verstehe ich leider nicht.
In meiner kleinen Vorstellungswelt war das Universum zum Zeitpunkt des Urknalls auf einen Punkt konzentriert (aehnlich wie in einer Singularitaet).
> Das Universum kann schon zu Beginn unendlich groß gewesen sein und danach
> vergrößerte sich jedes Volumen um den Betrag der Raumexpansion.
In meiner Vorstellungswelt war es bisher NICHT so, dass es etwas ausserhalb dieser Urknall-Singularitaet gegben haette.
> Oder es war begrenzt, wuchs aber in einer kurzen Inflationsphase um einen
> riesigen Faktor, der den größten Teil hinter den heutigen Horizont befördert
Klar ist mir: alles Licht was nach einer sehr schnellen Expansion abgeschickt worden ist kann uns nicht mehr erreichen,-
– aber trotzdem das Licht was VOR der schnellen Expansion abgeschickt worden ist,- oder nicht?
(Ich ignoriere hierbei einfach einmal das das Universum in dieser Zeit noch nicht durchsichtig war)
@Ingo
Nein, immer genau bis dorthin. Schau nochmal die obere Graphik auf der verlinkten Seite an. Licht, das uns heute von der Hintergrundstrahlung erreicht, kommt über die orangefarbene Linie „past light cone“ zu uns. Licht, dass uns später erreicht (denke Dir, dass die fette Linie „now“ nach oben wandert) kommt dann von immer weiter weg her, die orange Linie wandert nach links (und auf der anderen Seite nach rechts) auf die rote Linie zu, die sie nach unendlicher Zeit erreicht.
Das kann so gewesen sein, muss aber nicht. Zumindest war das beobachtbare Universum einmal sehr klein. Was jenseits davon ist oder war, darüber kann man nur spekulieren.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wobei eine echte Singularität ziemlich unwahrscheinlich ist (in der Stringtheorie oder Schleifen-Quantengravitation gibt’s so was nicht). Hier gibt’s z.B. eine Variante, die mit einem unendlich großen Universum beginnt. Zwei unendlich große, kollidierende Branes („ekpyrotisches Universum“) wären eine andere Möglichkeit.
Meinst Du mit der schnellen Expansion die Inflation? Oder die Beschleunigung der derzeitgen Hubble-Expansion? Welches Licht uns noch erreichen kann, zeigt die Grafik gut. Z.B. die hellblauen und violetten Segmente, die Licht zeigen, das uns vom Rand des grünen Bereichs da ist die Expansion lichtschnell relativ zu uns) erreicht. Einmal solches, das heute ankommt (hellblau) und einmal solches, das jetzt gerade auf den Weg geht (violett). Der grüne Bereich verjüngt sich nach oben, d.h. immer mehr Galaxien rutschen da hinaus und stehen nicht mehr mit uns in Kontakt. Die senkrechte gestrichelte Linie könnte so eine Galaxie sein, die wir heute noch sehen, zukünftig aber nicht mehr.
@Alderamin #30
> Meinst Du mit der schnellen Expansion die Inflation? Oder die Beschleunigung
> der derzeitgen Hubble-Expansion?
Ich meine die sehr schnelle Expansion des Universums kurz nach dem Urknall (Bevor sich die Expansion zunaechst verlangsamte, um aktuell wieder schneller zu werden)
> zeigt die Grafik gut. … hellblauen … violetten …
> grünen Bereichs …hellblau…violett…grüne Bereich
Sorry,- ich fuer mich machen Farbbezeichnungen keinen Sinn, ausser ich schaue mir die Grafik im Sourcecode an und versuche herauszufinden wie die Farben definiert worden.
(Ich kann schlichtweg Farben nur sehr schwierig unterscheiden)
@Ingo:
Ich empfehle gerne PBS Space Time.
„The edges of the universe have always been beyond their Particle Horizons“
https://www.youtube.com/watch?v=JDmKLXVFJzk
Leider hat es bei mir immer noch noch „klick“ gemacht.
Wenn man nur bis zu einer bestimmten Distanz schauen koennte,- dann wuerde man auch nur bis zu einem bestimmten Alter zurueck schauen koennen.
Wir koennen aber nun mal die Hintergrundstrahlung sehen,- und das sogar in jede Richtung.
Das macht aber nur Sinn wenn man die Erde in die Mitte des Universums setzen wuerde (und davon gehe ich nicht aus).
Zumal sich dann ganz andere Fragen auftuen, die alle keinen Sinn ergeben wuerden.
Beispiel: „Wo ist denn ‚die Mitte des Universums‘ -> Diese Frage kann aber keinen Sinn ergeben, da sie implizieren wuerde, dass ein bestimter Ort ausgezeichnet waere.
Anderes Beispiel „Wo war der Urknall“. (Im Prinzip die gleiche Frage, die ebenso keinen Sinn ergibt).
In meiner Vorstellungswelt war der Raum eigentlich immer unbegrenzt, aber nicht unendlich -> Womit es also keine Mitte gibt, Genausowenig wie es eine Mitte einer Luftballonoberflaeche gibt.
Deswegen tue ich mich so schwer mit der Vorstellung etwas ausserhalb (links neben dem Punkt wo der Urknalls war) zu setzen, und deswegen tue ich mich auch so schwer damit anzunehmen, dass ein Punkt des Universums nicht sichtbar ist (wenn er auch nur zu einem sehr fruehen Zeitpunkt des Universums sichtbar ist)
Anders formuliert:
Am Anfang war jeder Punkt des Univerums auf einen winzig kleinen Bereich zusammengedrueckt, sodass das eine Ende des Universums nur wenige cm vom anderen Ende des Universums entfernt war.
Warum sollte das Licht von einem Punkt uns erreichen koennen, aber das Licht von einem anderen Punkt nicht.*
*Hierbei ignoriere ich die nicht-Durchsichtigkeit des Universums in der fruehen Phase.
Der Knoten hat sich leider noch nicht geloesst.
@Ingo: Zu deinen Fragen, schau mal hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/07/14/wie-gross-ist-das-universum/
Sorry, hab’s falsch zitiert.
„The edges of the universe have always been beyond each others particle horizons.“ (ab 6:00)
@Alderamin:
Das wird mittlerweile wieder ernsthaft bezweifelt; auch wenn es so schön gepasst hätte mit den knapp 5% 😉
@Ingo:
Die aktuelle Forschung nimmt folgendes an:
– Vor 13,8 Mrd Jahren war das Universum auf einen Punkt konzentriert, hat eine extreme Inflation durchlaufen und danach dehnt es sich deutlich langsamer, aber beschleunigend aus.
„Auf einen Punkt“ bedeutet, dass der Urknall überall und auch gleichzeitig stattgefunden hat; es gibt keinen bevorzugten Beobachterstandort; alle Standorte waren mal „in der Mitte“ und sind es in Anbetracht des Horizonts immer noch.
Ah, jetzt weiß ich wo Dein Knoten sitzt 😉
Du bringst die Zeiten durcheinander.
Das erste Licht entstand erst ca. 400.000 Jahre nach dem Urknall, da hatte das Universum schon eine beträchtliche Größe.
@Ingo
Nein, auf dem offenen Meer kannst Du ja auch nur bis zum Horizont schauen, der überall gleich weit weg ist. Auch wenn Du nicht im Zentrum des Ozeans bist. Beim Universum ist es ähnlich. Der Horizont auf dem Meer ist durch die Erdkrümmung begrenzt, derjenige des Universums durch die Lichtgeschwindigkeit. Und die kurz vor dem eigentlichen Horizont durch die Hintergrundstrahlung, die 380000 Jahre nach dem Urknall frei wurde, als das Universum erstmals durchsichtig wurde.
Könnte so sein, muss aber nicht so sein. Eine unbegrenzte, flache Oberfläche wäre ebenso denkbar. Oder eine Topologie wie bei alten Telespielen: wenn die Spielfigur aus dem Bildschirm rechts raus wanderte, kam sie links wieder herein; wanderte sie unten heraus, kam sie oben wieder rein. Nennt sich in 3D 3-Torus.
Der beobachtbare und erreichbare Teil davon ist aber viel kleiner. Du hättest gar keine Chance, eine Runde zu drehen, weil Du mit der Expansion nicht mithalten könntest.
Nach der Inflationstheorie war es in den ersten 10^-35 Sekunden des Universums noch möglich, dass sich Strahlung durch den gesamten Bereich, der zum heute beobachtbaren Universum und darüber hinaus wuchs, ausbreiten konnte, deshalb hatte die Hintergrundstrahlung später überall die gleiche Temperatur, es stellte sich ein Temperaturausgleich ein, der erhalten blieb. Licht kommt in 10^-35 s Sekunden nicht sehr weit (etwa 3*10^-27 m weit), das beobachtbare Universum war also wirklich winzig. Aber dann setzte eine sprunghafte Vergrößerung ein, die das Volumen des Universums in 10^-33 s um wenigstens das 2^80-fache = 1,2*10^24-fache aufblies, und da konnte kein Licht mehr mithalten. Von diesem Zeitpunkt an gab es Regionen, die nie mehr in Kontakt miteinander stehen würden, denn auch danach entfernten sich diese Regionen mit Lichtgeschwindigkeit oder mehr voneinander. Z.B. werden am Himmel entgegengesetzte Richtungen der Hintergrundstrahlung nie wieder in Kontakt sein (das sind 180° Abstand, tatsächlich sind Regionen mit 1° = 2 Vollmonddurchmesser der Hintergundstrahlung zum damaligen Weltalter schon nicht mehr in kausalem Kontakt gewesen, das kann man in der Hintergrundstrahlung messen).
Und wir haben keine Ahnung, wie groß das Universum während der Inflation gewachsen ist. Vielleicht dauert sie anderswo heute noch an, es wäre unvorstellbar, wieviel Raum da entstünde.
Die Grafik, die ich verlinkt hatte, bezieht sich dann auf eine Zeit viel später, in Milliarden Jahren gemessen, die geht nicht auf die ersten Sekundenbruchteile ein. Die Inflation ist auch nicht die einzige Möglichkeit, wenn auch derzeit die favorisierte Standardtheorie. Bisher erklärt sie zwar einige Beobachtungen, aber es fehlen noch Belege, nach denen derzeit gesucht wird (ich sage nur: BICEP2).
a) ging es um Appetit
b) nein, überhaupt nicht, kenne ich gar nicht, Bullet.
Und das wird jetzt immer schlimmer werden, war doch eben noch Parodontoseprophylaxe mit TiefenReinigung und christoesker Zahnverpackung. Bleibt erstmal nur flüssige Ernährung – doch auch da gibt es reichlich Auswahl neben der mittlerweile fertigen ErkältungsBrühe :‑)
@Florian
“ ‚Um eine Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können.‘ Wollte ich aber nicht. Ich hatte nicht vor, irgendwas zu berechnen.“
Für eine Aussage, was bei einem Zufallsereignis passiert, braucht man zumindest eine Abschätzung. Der Mensch kann intuitiv sehr schlecht mit Zufällen umgehen. Deshalb gibt es ja die diversen Fehlschlüsse und scheinbare Paradoxien. Deswegen ist ein Satz, in dem das Wort „Zufall“ vorkommt, eigentlich schon eine Aufforderung zum Rechnen – den Zufall kann der Mensch sich nur mit Rechnen und nicht mit Intuition erschließen.
Aber der eigentliche Punkt ist ein anderer: Wir setzen unterschiedliche Definitionen des Universums als selbstverständlich voraus. Das heißt, wir haben unterschiedliche Sichtweisen, wie man aus der vierdimensionalen Raumzeit (dem Eisblock laut Brian Greene) den dreidimensionalen Raum ausschneidet, den wir als das aktuelle Universum ansehen.
Ich habe eine physikalische Sichtweise. Ich sage: Es gibt keine Gleichzeitigkeit, es gibt keine überall gleich schnell laufende Uhr. Die einzige Möglichkeit, das jetzt vorhandene Universum sinnvoll zu definieren, ist die Oberfläche des Vergangenheitskegels im Minkowski-Raum. Das ist doch völlig selbstverständlich, denn nur das, was dort passiert, ist aktuell meinen Beobachtungen zugänglich.
Du hast eine astronomische Sichtweise. Du sagst: Ich will wissen, in welchen Zustand sich das Universum in den 13,8 Milliarden Jahren seit dem Urknall entwickelt hat. Deswegen ist das aktuelle Universum innerhalb der Raumzeit die zum Urknall äquidistante Hyperfläche. Das Universum besteht also aus den Raumzeit-Punkten, die zum Urknall den Zeitabstand von 13,8 Milliarden Jahren haben. Das ist doch völlig selbstverständlich, denn diese Punkte haben eine gleich lange Historie hinter sich. Weil diese Definition des Universums selbstverständlich ist, wird sie in dem Artikel nicht explizit genannt.
Und dementsprechend haben wir aneinander vorbeigeredet. Wenn ich als aktuelles Universum das jetzt beobachtbare Universum definiere, also die Oberfläche des Vergangenheitskegels, dann ist dieses Universum sehr unterschiedlich strukturiert. Dieses Universum ist in den verschiedenen Raumbereichen unterschiedlich alt, und ganz am Rand findet überall jetzt der Urknall statt. Wenn ich in diesem Universum jemanden per Zufall irgendwo aussetzen soll, dann muß ich mir tatsächlich Gedanken um die Wahrscheinlichkeitsverteilung machen, dann muß ich nachrechnen, wie viel Raum wie alt und deshalb wie strukturiert ist. Dieses Universum hat tatsächlich einen Radius von 13,8 Milliarden Lichtjahren, und es gibt keinen Raum außerhalb des Universums. Ich habe die Lichtlaufzeit und die echte Entfernung nicht miteinander verwechselt. In diesem Universum ist das tatsächlich dasselbe.
In der Definition des Universums als Äquidistanze-Fläche im zeitlichen Abstand zum Urknall habe ich lauter Raumzeit-Punkte, die miteinander keinerlei Wechselwirkung haben können. Dafür ist alles gleich alt und entsprechend gleichmäßig. Da musst Du Dir über die Zufallsentscheidung tatsächlich nicht mehr viele Gedanken machen. Und dieses Universum ist tatsächlich wesentlich größer. Aber darf ich dieses Universum als „sichtbares Universum“ bezeichnen? Mit dem Vergangenheits- oder dem Zukunftskegel schneidet es sich ja nur in einem einzigen Punkt, unserem aktuellen Standort im Minkowski-Raum. Bis auf diesen einen Punkt ist es unserer Beobachtung vollständig entzogen. Wir können es nur berechnen und simulieren, aber nicht beobachten.
@Daniel: „Für eine Aussage, was bei einem Zufallsereignis passiert, braucht man zumindest eine Abschätzung.“
Ja. Und geschätzt ist das Universum verdammt leer. Deine philosophischen Überlegungen mögen zwar sehr interessant sein; ändern aber an dieser Tatsache nichts.
Ok – mein Knoten hat sich (glaube ich) erstmal geloesst.
@Krypto @Alderamin.
Ich haette einfach nicht ignorieren duerfen, dass das Universum so lange undurchsichtig war, und das bis dahin schon sehr viel Expansion stattgefunden hatte.
Also: Ja – Theoretisch kann Strahung/Gravitationswellen/was-auch-immer mit Lichtgeschwindigkeit von jedem Punkt des sehr fruehen Universums zu uns kommen,- aber tatsaechlich wird alles ab einer gewissen Entfernung durch die undurchsichtige Hintergrundstrahlung geblockt. Alles Raumpunkte die in der Wolke der Hintergrundstrahlung liegen koennen sich vermutlich zu normalen Weltraum (mit Galaxien etc) entwickelt haben,- aber wir werden es nie erfahren.
@Florian
Ich hatte gehofft, Du würdest mir bei dem Rest meinen Beitrages (den ich einleite mit den Worten „Aber der eigentliche Punkt ist ein anderer“) zustimmen.
Der erste Absatz ist ja bloß die Erklärung, warum ich auf den Begriff „Zufall“ anspringe. Vielleicht bin ich da auch einfach vorbelastet von zu vielen Leuten in meiner Umgebung, die recht schnell sagen „Das kann doch kein Zufall sein!“.
@Ingo
Warum sollte man den Bereich, der durch die heiße Ursuppe quasi wie Milchglas wirkt, aus dem Begriff des sichtbaren Universums herausnehmen? Prinzipiell ist dieser Bereich doch sichtbar, es stehen nur Objekte im Weg. Wir nehme ja die gegenüberliegende Seite der Milchstraße auch nicht vom sichtbaren Universum aus, weil uns dorthin ein supermassives schwarzes Loch die Sicht versperrt. Also sollte wir auch nicht den Bereich ausnehmen, zu dem uns umherflitzende heiße Teilchen die Sicht versperren.
Meine Überlegung am Ende von #12, daß Objekte in die Vergangenheit verschwinden, ist ein Gedankenfehler. Sie müssen tatsächlich immer weiter in die Rotverschiebung abdriften. Prinzipiell können wir also bis in alle Ewigkeit alle Materie sehen, die beim Urknall entstanden ist (nur ist uns eventuell die Sicht versperrt) – so ähnlich wie man bis in alle Ewigkeit die Objekte sehen kann, die in schwarze Löcher hineingefallen sind.
Wenn der Urknall aber keine Singularität war, sondern Brahnen oder Strings daran beteiligt waren, dann bricht die ganze Argumentation in sich zusammen. Aber ist die Stringtheorie nicht im Moment noch als hochspekulativ anzusehen?
[…] absolute Nichts da draußen im Weltall ist wohl doch nicht ganz so absolut, wie Astrodicticum Simplex berichtet. Forscher haben einen neuen Ansatz gefunden, ein eher flüchtiges Gas zumindest zu […]
@Daniel Rehbein
Tut man ja nicht, man kann nur halt mit elektromagnetischer Strahlung nicht weiter zurück schauen, als bis zur Plasmaphase des Feuerballs. Mit Neutrinos und Gravitationswellen könnte man weiter sehen, aber deren Nachweis ist sehr aufwändig, auch weil die Rotverschiebung immense Werte annimmt (bei der Hintergrundstrahlung ist z ja schon rund 1080). Was vor dem Plasma war, muss man im wesentlichen aus der Teilchenphysik, Experimenten im Beschleuniger und der Struktur der Hintergrundstrahlung erschließen, die bis auf die Quantenfluktuationen vor der Inflation zurückreichen sollte.
Das stimmt. Man kann es sich auch auf diese Weise veranschaulichen: je weiter man schaut, desto langsamer läuft dort scheinbar die Zeit (die Rotverschiebung kann man ja auch wie eine Zeitdilation sehen, alles, was in der Ferne passiert, sieht verlangsamt aus, auch die Abklinkgkurven von Supernovae oder Gamma-Bursts). Den Urknall wird man (theoretisch) immer in der Ferne sehen, die Ursprungsentfernung seiner Photonen (Neutrinos, Gravitationswellen) wird stetig zunehmen, aber gegen eine endliche Entfernung konvergieren, jenseits der wir niemals werden schauen können (der Ereignishorizont des beobachtbaren Universums).
Für beliebige Zeitpunkte nach der Hintergrundstrahlung gibt es einen entsprechenden kleineren Raumbereich (in mitbewegter Entfernung, also bezogen auf eine bestimmte Menge von Galaxien), der gleichermaßen beschränkt ist. Dieser Bereich schrumpft (in mitbewegter Entfernung) mit fortlaufender Zeit bis zu einer Entfernung, in der die Galaxien durch wechselseitige Gravitation aneinander gebunden sind und an der Expansion nicht teilnehmen. Die lokale Gruppe wird in unserem Blickfeld bleiben, bis sie sich in Wohlgefallen aufgelöst hat.
Wir sehen also ferne Galaxien gegen einen jeweils letztmöglichen Zeitpunkt ihrer Eigenzeit am Himmel mit zunehmender Rotverschiebung verblassen und werden niemals die Sekunde danach zu Gesicht bekommen. Hat ein bisschen was vom Verblassen von Objekten, die in ein schwarzes Loch fallen.
Sollte die Eigenentfernung (proper distance) nicht 3.14 * 13.8 Milliarden Lichtjahre entfernt sein also 43,3 statt 46?
@Fred
Eigentfernung wessen? Der Hintergrundstrahlung?
Wie kommst Du auf 3,14?
Die Formel gibt’s hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Distance_measures_%28cosmology%29
(comoving distance = proper distance heute)
Das ist auch mir selbstredend zu schwierig auszurechnen, dafür gibt’s aber ein Tool:
https://www.astro.ucla.edu/~wright/CosmoCalc.html
Da einfach links bei z die Rotverschiebung einsetzen (für die Hintergrundstrahlung wäre das 1080, für den Rand des beobachtbaren Universums die größte Zahl, die das Tool noch frisst), auf den Knopf „Flat“ drücken und dann rechts „comoving radial distance“ ablesen.
Wenn Du aktuellere Werte für den Hubble-Parameter oder die Dichte der Materie bzw. der Dunklen Energie einsetzen willst, kannst Du das bei H0 und OmegaM tun (bei Flat ist OmegaVac dann = 1-OmegaM, bei „Open“ kann man Werte eingeben, die sich nicht zu 1 addieren, aber das ist nicht Stand des Wissens).