Die dunkle Materie gehört zu den faszinierendsten Phänomenen in unserem Universum (und ich habe mich hier sehr ausführlich damit beschäftigt). Ein Großteil der Materie ist unsichtbar und besteht aus einer Art von Elementarteilchen, die wir bisher noch nicht nachweisen konnten. Wir bemerken ihre Anwesenheit aber trotzdem, da auch die dunkle Materie eine Gravitationskraft ausübt und wir überall Sterne und Galaxien beobachten, die sich auf eine Art und Weise bewegen, die nur durch die Anwesenheit zusätzlicher, aber eben nicht sichtbarer Materie erklärt werden kann. Aber stimmt das wirklich? Ist die Existenz dunkler Materie die einzig mögliche Erklärung? Nicht ganz – theoretisch könnte auch das Gravitationsgesetz, das wir zur Berechnung der Bewegung von Sternen und Galaxien nicht ganz korrekt sein (dieses Szenario hatten wir ja früher schon, als zur Erklärung der Bewegung des Merkur die Einführung eines neuen Gesetzes – die Allgemeine Relativitätstheorie – nötig wurde). Von Anfang an haben die Wissenschaftler beide Möglichkeiten verfolgt, aber im Laufe der Zeit hat sich ein mögliches neues Gravitationsgesetz für die Mehrheit der Forscher als die schlechtere und unpraktischere Alternative herausgestellt. Alles deutet tatsächlich auf die Anwesenheit dunkler Materie hin. Aber bis die Sache durch den direkten Nachweis dieser Materie endgültig geklärt ist, lohnt es sich, auch den anderen Ansatz nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Und eventuell könnten uns die Kometen dabei helfen…

Hilft der Halleysche Komet bei der Lösung des Rätsels der dunklen Materie? (Bild: ESO)
Hilft der Halleysche Komet bei der Lösung des Rätsels der dunklen Materie? (Bild: ESO)

Die Hypothese eines modifizierten Gravitationsgesetz läuft unter dem Namen MOND. Das hat nichts mit dem Trabanten der Erde zu tun sondern steht für MOdified Newtonian Dynamics, also Modifiziertes Newtonsches Gravitationsgesetz. Man geht dabei davon aus, dass Newtons (bzw. Einsteins) Formulierung der Gravitation nur eine Annäherung an die Realität ist, die zwar in den meisten Fällen ziemlich gut stimmt, aber eben nicht immer. Besonders dann nicht, wenn nur sehr schwache Gravitationskräfte im Spiel sind. Dann ist es laut MOND nötig, die klassische Formel ein wenig zu modifizieren. Im Alltag merken wir nichts von der veränderten Formel, denn hier ist das alte Gesetz immer noch genau genug (Genau so merken wir im Alltag ja auch nichts von der Abweichung zwischen Newtonscher und der genaueren Einsteinschen Formulierung). Aber wenn es um kosmische Distanzen und Abstände zwischen Sternen und Galaxien geht, wird die Abweichung bemerkbar und ihre Bewegung kann nur mit MOND korrekt beschrieben werden.

Soweit die Theorie. Und da es sich um eine mathematische Formulierung handelt, ist es hier immer irgendwie möglich, ein Gesetz zu finden, mit dem sich die Beobachtungen beschreiben lassen. Die Frage ist nur, wie man nachweisen kann, dass diese Formulierung auch tatsächlich die Realität beschreibt und vor allem wie man sicher stellt, dass MOND auch alle Phänomene widerspruchsfrei erklärt. Denn ein Naturgesetz soll ja nach Möglichkeit überall gelten. Deswegen wäre es wichtig, dass man mit MOND viele verschiedene Vorgänge auf vielen verschiedenen Größenskalen beschreiben kann. Also nicht nur die Bewegung von Galaxien und Sternen, sondern zum Beispiel auch die von Planeten. Aber gerade in diesen Fällen soll sich MOND ja kaum von der normalen Formulierung unterscheiden…

Lucie Maquet von der Europäischen Raumfahrtagentur und ihr Kollege Frédéric Pierret haben sich Gedanken über dieses Problem gemacht und gezeigt, dass die Bewegung von Kometen vielleicht wichtige Hinweise bringen könnte. Besonders Kometen die sich auf ihrer Bahn weit von der Sonne entfernen, spüren am sonnenfernsten Punkt nur noch eine sehr schwache Gravitationskraft. Hier könnten eventuell vorhandene Effekte von MOND die Bahn beeinflussen und zu Abweichungen in der durch das normale Gravitationsgesetz vorhergesagten Bewegung führen.

Maquet und Pierret haben die Sache einmal durchgerechnet („Coupling the non-gravitational forces and Modified Newton Dynamics for cometary orbits“). Und das ist knifflig, denn bei den Kometen wissen wir jetzt schon, dass ihre Bewegung nicht alleine durch die klassische Gravitation bestimmt wird. Bei kleinen Himmelskörpern kann auch die Strahlung der Sonne einen Einfluss auf die Bewegung haben. Zum Beispiel über den Jarkowski-Effekt. Aber auch dadurch, dass die Wärme der Sonne bei Kometen dazu führt, dass das gefrorene Material in ihnen ausgast und so eine kleine Kraft ausübt. Maquet und Pierret haben diese Effekte in ihren Modellen berücksichtigt und mit den zu erwartenden Veränderungen durch MOND kombiniert.

Die Mathematik die hinter solchen Berechnungen steht ist nicht unbedingt simpel. Man muss sich dabei mit jeder Menge komplizierter Gleichungen herumschlagen – zum Beispiel diesen hier:

gaussmond

Das sind die Bewegungsgleichungen die beschreiben, wie sich die Bahn eines Himmelskörpers im Lauf der Zeit verändert und ich will sie gar nicht weiter erklären. Ich wollte sie nur mal wieder zeigen, weil ich sie selbst schon so lange nicht mehr gesehen haben und mich ein wenig wehmütig an die Zeit zurück erinnere, als ich diesen ganzen himmelsmechanischen Kram noch wirklich gut verstanden habe 😉 (Wer möchte, kann sich aber meine Serie zur Störungsrechnung durchlesen, da habe ich ein bisschen mehr dazu gesagt: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4).

Am Ende haben Maquet und Pierret jedenfalls ein Modell entwickelt, mit dem sich die Abweichungen vorhersagen lassen, die zusätzlich zu den bekannten nichtgravitativen Effekten durch MOND verursacht würden. Diese Gleichungen haben sie dann an drei Kometen ausprobiert: 1P/Halley, 153P/Ikeya-Zhang und 2P/Encke. Idealerweise würde man das Modell ja an Kometen testen, die sich wirklich weit weg von der Sonne bewegen, bis hinaus in die Oortsche Wolke. Aber diese Kometen brauchen ein paar zehn- bis hunderttausend für eine Runde um die Sonne und so lange will man dann für die Prüfung der These doch nicht warten. Von den bekannten Kometen, die halbwegs überschaubare Umlaufzeiten von weniger als 200 Jahren haben, haben Halley und Ikeya-Zhang den größten mittleren Abstand zur Sonne (und Encke hat man als Vergleich dazu genommen, weil er nur einen sehr kleinen mittleren Abstand hat).

Das Modell hat gezeigt, dass die Effekte klein sind. Wirklich klein… verschiedene mögliche MOND-Formulierungen würden eine zusätzliche Drehung der Kometenbahn mit einer Geschwindigkeit in der Größenordnung von maximal einigen Dutzend Millibogensekunden pro Jahrhundert verursachen. Aber das ist immer noch schnell genug, um gegenüber den anderen nichtgravitativen Effekten (die Änderungen von einigen 100 Millibogensekunden pro Jahrhundert verursachen) nicht vernachlässigt werden zu können. Ob man diesen Effekt – sofern er wirklich vorhanden ist – aber auch messen kann, ist fraglich. Die Änderungen bewegen sich gerade an der Grenze der Messgenauigkeit. Aber – und wer wüsste das besser als die Europäische Raumfahrtagentur! – wir sind ja gerade dabei, sehr viel über Kometen zu lernen. Die Rosetta-Mission wird unser Wissen über die Dynamik von Kometen enorm verbessern. Immerhin folgt die Raumsonde ihrem Kometen noch mindestens bis Dezember 2015 und beobachtet dabei genau, wie das ausströmende Gas seine Bahn verändern wird. Mit solchen Informationen kann man die mathematischen Modelle präziser machen und die Vorhersagen genauer.

MOND ist eine Hypothese, die heute nur noch von einer Minderheit der Astronomen favorisiert wird. Die Mehrheit (und da zähle ich mich dazu) ist von den Belegen für die Existenz dunkler Materie überzeugt. Aber man weiß nie, wo man im Universum etwas neues finden kann! Die Kometen im Blick zu behalten, lohnt sich auf jeden Fall! Im besten Fall entdecken wir ein völlig neues Naturgesetz und verstehen die Gravitation (und den gesamten Kosmos) besser als zuvor. Und selbst wenn nicht, dann haben wir danach doch zumindest sehr viel mehr über die Kometen gelernt. So oder so – wir können nichts verlieren.

96 Gedanken zu „MOND oder dunkle Materie: Liefern Kometen den Hinweis auf ein neues Gravitationsgesetz?“
  1. Ich weiß, daß sich das wahrscheinlich nicht beantworten läßt, aber:

    Stellen wir uns mal vor, wir hätten so ein tolles Raumschiff mit Regenbogenantrieb und könnten damit in Null-komma-nichts an einen Ort reisen, an dem es so richtig viel dunkle Materie gibt. Wie würde diese unseren Sinnen und Sensoren erscheinen?

    1. @Findelkind: „n einen Ort reisen, an dem es so richtig viel dunkle Materie gibt. Wie würde diese unseren Sinnen und Sensoren erscheinen?“

      Da brauchst du nicht reisen… Dunkle Materie ist überall; auch direkt bei dir im Wohnzimmer. Merken tust du nix; und wenn du nicht zufällig nen superduper Teilchendetektor hast, registrierst du auch nichts. Der Witz an der dunklen Materie ist ja gerade, dass sie 1) nicht klumpt und daher überall nur sehr dünn verteilt ist und 2) nicht mit normaler Materie wechselwirkt also unsichtbar und unspürbar ist. Man merkt den Effekt nur auf sehr großen Skalen (Galaxien und darüber hinaus), weil sich in diesen Volumina dann doch genug dunkle Materie befindet um ne ausreichend große Gravitationswirkung zu entfalten.

  2. War MOND nicht ursprünglich als Modifikation des zweiten Newtonschen Axioms gedacht, also dass bei sehr kleinen Beschleunigungen F=ma nicht mehr exakt gilt? (Dynamics heißt ja nicht wirklich Gravitationsgesetz)
    Solange man nur die Gravitationskraft betrachtet, spielt es natürlich fürs Ergebnis keine Rolle, auf welcher Seite der Gleichung die Modifikation eingebaut wird. Aber wenn auch andere Kräfte wirken aber schon.

    1. @alex: „War MOND nicht ursprünglich als Modifikation des zweiten Newtonschen Axioms gedacht, also dass bei sehr kleinen Beschleunigungen F=ma nicht mehr exakt gilt? „

      Ja. Aber genau das sage ich ja auch in meinem Artikel.

  3. Hallo Herr Landsmann! 😉

    Ich glaube nicht an „dunkle Materie“. Für mich ist das nur esoterisches/pseudowissenschaftliches Geschwurbel…unsichbare Materie…ja kloar…vielleicht noch rosa Einhörner? ^^

    Sorry…nicht böse gemeint!

  4. @Alderamin

    Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun! Wenn ich von unsichtbare Materie lese dann kommen mir Gedanken wie z.b.: wie wäre diese aufgebaut und lebt dort etwas, gibt es dort vielleicht Leute oder gar eine Zivilisation denn wir Menschen sind ja auch aus Materie.

    Letzten endes läuft doch die Diskussion um dunkle (unsichbare) Materie auf eine Art Jenseits raus, dann kommen nachher noch Geister hinzu und das ist Eso-Geschwurbel.

    1. @Kopernikus: „Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun!“

      Neutrinos SIND dunkle Materie. Sie haben exakt die gleichen Eigenschaften wie die dunkle Materie; sind unsichtbar usw. Sie reichen halt nur nicht aus um die beobachtete Menge an dunkler Materie zu erklären; darum muss da noch mehr sein.

  5. Wenn ich von unsichtbare Materie lese dann kommen mir Gedanken wie z.b.: wie wäre diese aufgebaut und lebt dort etwas, gibt es dort vielleicht Leute oder gar eine Zivilisation denn wir Menschen sind ja auch aus Materie.

    ich denke deine Vorstellung ist einfach falsch. Lies mal die Artikelreihe von Florian.

  6. @Kopernikus

    „Letzten endes läuft doch die Diskussion um dunkle (unsichbare) Materie auf eine Art Jenseits raus, dann kommen nachher noch Geister hinzu und das ist Eso-Geschwurbel.“

    Meinst Du das ernst, oder ist das nur eine billige Provo-Attrappe?

  7. @Kopernikus

    Wenn ich von unsichtbare Materie lese dann kommen mir Gedanken wie z.b.: wie wäre diese aufgebaut und lebt dort etwas, gibt es dort vielleicht Leute oder gar eine Zivilisation denn wir Menschen sind ja auch aus Materie.

    Lustig. Das hat in der Tat nichts mit der Dunklen Materie der Kosmologie zu tun. Niemand geht davon aus, dass sich aus ihr etwas zusammensetzen lässt, eher, dass die Teilchen sich gegenseitig vernichten, wenn sie zufällig kollidieren (nach der Paarvernichtungsstrahlung sucht man und es gibt Experimente, die solche gefunden haben wollen).

    Neutrinos sind im übrigen Dunkle Materie, allerdings heiße (ihre Teilchen sind sehr schnell unterwegs und können sich somit nicht in oder zwischen Galaxien sammeln). Auf der Suche ist man nach kalter DM. Die Neutrinos sind indes der Beweis, dass es „unsichtbare Materie“ gibt, und wenn es noch andere Arten solcher Teilchen gibt, ist es kein Wunder, dass wir sie noch nicht kennen.

    Auf dieser Seite ist schön erklärt, wie man ihre Schwerkraft zwischen den Galaxien eines Galaxienhaufens anhand des Gravitationslinseneffekts messen kann. Wenn es keine Dunkle Materie ist – was ist es dann? Gas? Wo sind dann die Absorptionslinien und die Strahlung des Gases? Sterne? Warum leuchten die dann nicht? Planemos, verloschene Sterne oder andere kompakte Objekte? Warum sollten die sich da sammeln, ohne leuchtende Sterne in ihrer Umgebung? Außerdem hat man nach kompakten Objekten in der Milchstraße schon anhand von Microlensing-Events gesucht und viel zu wenig davon gefunden.

    Deine Erklärung?

  8. @Florian Freistetter:
    Hm. Dann habe ich den Artikel falsch verstanden. Unter „neuem Gravitationsgesetz“ stelle ich mir eine Änderung an F=G m1 m2/r^2 vor, nicht eine Änderung an F=m a.

    1. @alex: „Unter “neuem Gravitationsgesetz” stelle ich mir eine Änderung an F=G m1 m2/r^2 vor, nicht eine Änderung an F=m a.“

      Ich sehe den Unterschied nicht wirklich. Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Und die Beschleunigung ist bei MOND anders als bei Einstein (die anders ist als bei Newton)

  9. Die Bemühungen der Kometenanalysten in allen Ehren und es wäre sehr schön, wenn man Effekte der DM „vor der Haustür“ messen könnte. Aber es ist vermutlich mindestens so schwierig wie andere Verfahren, weil einerseits die Effekte sehr klein sind und es andererseits ein ganzes Heer von Störeffekten gibt (sieht man ja auch schön an der Formelbatterie).
    Dennoch ist eine zusätzliche Methode sehr nützlich – oft ergibt sich aus der Kombination von einzeln unzureichenden Verfahren dann doch ein weiterführendes Ergebnis.
    Vor längerer Zeit habe ich mal an einer Konferenz von Astroteilchenphysikern teilgenommen (das sind die, die die DM direkt nachweisen wollen), das war interessant und auch amüsant, aber nicht wirklich hilfreich…

  10. @Eso Schwurbler
    … Geister usw., die nicht wechselwirken können und die keiner sieht und sehen kann. Sehr gut.
    Aber es gibt auch mein geliebtes regenbogenfarbiges Einhorn dort! Ehrlich …

  11. @Florian Freistetter:
    Ja, wenn man es nur mit Gravitationskräften zu tun hat (also fast immer in der Himmelsmechanik), spielt es keine Rolle welche Seite der Gleichung man modifiziert. Alle beobachtbaren Größen sind in beiden Fällen gleich; nur die Definition der Kraft ändert sich, aber Kräfte kann man ja nicht direkt beobachten.
    Einen Unterschied kann es aber geben, wenn es nicht-gravitative Kräfte gibt: Die Grundidee bei MOND ist doch, dass sich die Dinge bei sehr kleinen Beschleunigungen nicht mehr so verhalten wie bei Newton. Modifiziert man nur F=G m1 m2/r^2 (und lässt F=m a unverändert), so würde sich ein Körper der elektromagnetisch sehr langsam beschleunigt wird genauso verhalten wie bei Newton (es sei denn man modifiziert Coulomb- und Lorentzkraft in gleicher Weise, aber das würde meiner Meinung nach eine theoretische Begründung erfordern). Modifiziert man hingegen F=m a, sind Beschleunigungen durch alle Arten von Kräften betroffen.
    Konkret für die Himmelsmechanik: Verhält sich ein sehr schwacher Jarkowski-Effekt wie bei Newton oder nicht?

    1. @alex: „Modifiziert man nur F=G m1 m2/r^2 (und lässt F=m a unverändert),“

      Sorry, ich kann dir immer noch nicht folgen. Mond macht das: https://upload.wikimedia.org/math/5/9/6/5965ab583b293b71d731403f1bef96da.png
      Und F=G m1 m2/r^2 gibts dann nicht mehr. Genau so wie es F=G m1 m2/r^2 ja eigentlich jetzt schon nicht mehr gibt, weil es durch die enstprechende Einsteinsche Formel ersetzt wurde. Wir verwenden es aber als sehr gute Näherung eben immer noch.

  12. @Florian Freistetter:
    Den Unterschied zwischen Newton und Einstein kann man hier doch ignorieren. Es geht schließlich um den Bereich sehr kleiner Beschleunigungen. Deshalb eine nichtrelativistische Argumentation:

    Wenn man die Formel nimmt und sich den interessanten Bereich anschaut (a << a0, was der Wikipedia-Artikel das "deep-MOND regime" nennt), bekommt man für eine rein durch Gravitation bestimmte Bewegung (vgl Gleichung (2) im Wikipedia-Artikel)
    G M m/r^2 = m a^2/a0, also a = sqrt(G M a0)/r
    (die Richtung von a sei mal ignoriert). Wenn man das als Modifikation des Gravitationsgesetzes interpretiert (also an F=m a festhält), heißt das, dass die Gravitationskraft für a << a0 lautet
    Fg' = m a = m sqrt(G M a0)/r

    Wenn man jetzt z.B. noch eine elektromagnetische Kraft Fe hat, bekommt man also
    m a = Fg' + Fe = m sqrt(G M a0)/r + Fe

    Wenn man die MOND-Modifikation aber als Änderung des zweiten Newtonschen Gesetzes interpretiert (und an F=G M m/r^2 festhält), bekommt man
    m a^2/a0 = Fg + Fe = G M m/r^2 + Fe

    Im allgemeinen ergeben sich dadurch unterschiedliche Werte für a, und das wäre dann ein experimentell beobachtbarer Unterschied.

    1. @alex: Ich verstehe nicht, wieso du von einer elektromagnetischen Kraft sprichst? MOND hat mit Elektromagnetismus nichts zu tun. MOND beschreibt die GRAVITATIVE Wechselwirkung von Materie. Und das eben nicht so wie Newton, sondern leicht modifiziert. Nichtgravitative Kräfte sind wieder was ganz anderes und unabhängig von MOND oder Newton zu betrachten.

  13. @Florian Freistetter:
    Aber es ist doch möglich, dass auf einen Körper sowohl gravitative als auch nicht-gravitative Kräfte einwirken. Und die Frage ist dann, wie sich ein solcher Körper bewegen würde, wenn MOND die Bewegung unter rein-gravitativem Einfluss korrekt beschreibt.
    Und der Name der Theorie (sie heißt halt nicht „Modified Newtonian Gravity“ sondern „Modified Newtonian Dynamics“), suggeriert eher, dass es nicht nur um eine Modifikation der Gravitation geht.

    Im englischen Wikipedia-Artikel aus dem du (vermutlich) die Gleichung hast, steht auch ziemlich genau das was ich sagen will. Abschnitt „Overview“, drittletzter Absatz. („Milgrom’s law can be interpreted in two different ways…“)

    1. @alex: „Und die Frage ist dann, wie sich ein solcher Körper bewegen würde, wenn MOND die Bewegung unter rein-gravitativem Einfluss korrekt beschreibt.“

      Aber was ist an dieser Frage neu oder besonders? Die nicht-gravitativen Kräfte spielen immer ne Rolle, wenn sie ne Rolle spielen. Auch ohne MOND. Wenn man sie berücksichtigen muss (zB bei Staub oder Asteroiden), dann berücksichtigt man sie. Bei Galaxienhaufen kann man sie vernachlässigen. Es geht um eine Lösung für die Beobachtung, dass sich die Galaxien und Sterne nicht so bewegen, wie sie es laut Newtons Gravitationsgesetz tun sollten. Deswegen hat man MOND als alternative Beschreibung der Gravitation formuliert.

  14. @Florian
    Hat man nicht zur Überprüfung von MOND vs DM mal kollidierte Galaxien untersucht, und herausgefunden, dass die Gasmassen etc der Galaxien miteinander kollidierten und teilweise verschmolzen, während man stärkere gravitativen Effekte da fand, wo die Galaxien gewesen wären, wenn sie einfach ohne Klumpung durcheinander durch geflogen wären. MOND hätte andere Effekte vorhergesagt, aber die beobachteten stimmten eher mit DM zusammen. Oder habe ich da was durcheinandergeworfen?

  15. @Florian Freistetter:
    Ich habe nicht gesagt, dass dran was neu ist. Besonders ist daran, dass es eine Möglichkeit bietet, zwischen den beiden Interpretationen von MOND zu unterscheiden. Und anscheinend sieht auch der „Erfinder“ von MOND die Möglichkeit, dass es eben keine Modifikation der Gravitation ist: https://arxiv.org/abs/1111.1611 .

    1. @alex: Das ein Gravitationsgesetz nicht dazu da ist, nichtgravitative Kräfte zu beschreiben, war mir immer klar. Ich hab nur nicht verstanden, was der Elektromagnetismus bei der Sache soll. Die Bewegung der Sterne und Galaxie wird nicht elektromagnetisch beeinflusst und zur Beschreibung dieser Bewegung wurde MOND eingeführt.

  16. @Florian Freistetter:
    Hm. Anscheinend habe ich mich nicht klar ausgedrückt: Mein Eindruck ist, dass eben nicht vollständige Einigkeit darüber besteht, dass MOND ein neues Gravitationsgesetz ist (siehe die verlinkten Paper von Milgrom). Es könnte auch eine neue Bewegungsgleichung sein.

    1. @alex: Ok, anscheinend steh ich auf der Leitung. Ich probiere es noch einmal anders.

      1) Es gab ein Problem. Man hat beobachtet, dass sich Sterne und Galaxien nicht so bewegen, wie sie laut Newtons Gravitationsgesetz tun sollten.
      2) Deswegen hat man ein alternatives Gesetz formuliert, dass die Bewegung der Sterne und Galaxien korrekt beschreibt: MOND
      3) Einen Unterschied zwischen „Gravitationsgesetz“ und „Bewegungsgesetz“ gibt es in diesem Fall nicht, weil die Bewegung von Sternen und Galaxien nur durch die Gravitationskraft verursacht wird bzw. etwaige nichtgravitative Anteile vernachlässigt werden können.
      4) Da MOND explizit entwickelt wurde, um Beobachtungsdaten zu fitten, beschreibt es notwendigerweise die gesamte Bewegung, egal wodurch sie verursacht wird (was aber, wie gesagt, im wesentlichen die Gravitationskraft ist). Newtons Gravitationsgesetz dagegen wurde aus der Theorie entwickelt und deswegen merkt man dort, wenn die Beschreibung – wie zB bei Staubteilchen, die auch Strahlungsdruck o.Ä. spüren – nicht ausreicht und nichtgravitative Kräfte berücksichtigt werden müssen.

      –> Die ganze Trennung zwischen „Gravitationsgesetz“ und „Bewegungsgesetz“ etc mag zwar philosophisch interessant sein. Aber auch so lange irrelevant, so lange man nicht weiß, OB MOND eine formal richtige Beschreibung aller beobachtbaren Phänomen ist und OB MOND darüber hinaus auch eine reale Eigenschaft der Natur beschreibt.

  17. auf Post #14 von astroklaus hin habe ich eine Frage:
    Gehe ich richtig in der Annahme, dass die DM bei den Kometen keine Abweichungen erzeugen sollte? D.h. sollte man bei den Kometen Abweichungen messen, wäre es ein Indiz für MOND statt DM. Und wenn man andersherum keine Abweichung findet, wäre es ein Indiz gegen MOND… Richtig?

    1. @hummlbach: „Gehe ich richtig in der Annahme, dass die DM bei den Kometen keine Abweichungen erzeugen sollte?“

      Die Annahme ist ja hier, dass es keine DM gibt sondern stattdessen MOND.

      “ D.h. sollte man bei den Kometen Abweichungen messen, wäre es ein Indiz für MOND statt DM. Und wenn man andersherum keine Abweichung findet, wäre es ein Indiz gegen MOND… Richtig?“

      Genau.

  18. Halley reicht ja bis über die Entfernung des Neptun, also seine Bahn und Ikeya-Zhang geht noch weit darüber hinaus. Da können doch auch irgendwelche (bisher unentdeckten) Kleinkörper herumschwirren welche ebenfalls Bahnstörungen bewirken.

    Wenn also Abweichungen gefunden werden, dann kann das ebensogut ein Kleinkörper sein.

  19. @Wurgl:

    „Wenn also Abweichungen gefunden werden, dann kann das ebensogut ein Kleinkörper sein.“

    Naja, die Abweichungen dürften erstens wirklich winzig sein und zweitens hat Florian ja schon oben beschrieben, welchen Aufwand Maquet und Pierret beim rausrechnen von irgendwelchen sonstigen Einflüssen betrieben haben.

    Das denen die Idee mit den Störungen durch Kleinkörper entgangen ist, kann ich mir nicht vorstellen.

    Ich finde jedenfalls, dass das eine interessante Idee für einen Testfall MOND vs. DM ist und bin gespannt was dabei herauskommt …

  20. Nun, so um 2050 herum werden wir wissen ob Halley diese Abweichungen zeigt. Okay, nicht unbedingt „wir“ als Person, aber „wir“ als Menschheit.

    Ikeya-Zhang … das dauert wohl etwas lange, ob es bis dahin nicht andere Erkenntnisse geben wird?

    Eine Abweichung von Halley alleine ist zwar interessant, aber wohl statistisch nicht unbedingt aussagefähig. Daher müssen wir wohl auf den zweiten Kometen warten.

    Dann bleibt noch die große Frage was diese Abweichungen die MOND beschreiben soll denn bewirkt. Ist es nur der Abstand vom Zentralkörper, also hier der Sonne, oder ist das eine Effekt der mit der Ausdehnung der Galaxis zusammen hängt. Im zweiten Fall wird im Sonnensystem wohl nix zu messen sein.

    Ich finde den Kroupa mit seiner Argumentation weit interessanter, vor allem weil ich da noch Erkenntnisse erleben werde.

  21. @Wurgl:

    „Ich finde den Kroupa mit seiner Argumentation weit interessanter, vor allem weil ich da noch Erkenntnisse erleben werde.“

    Hmmm … das verstehe ich jetzt wiederum nicht so ganz.

    Soweit ich das verstanden habe, sagt Kroupa, dass MOND die Dynamik von Galaxien bzw. Galaxienhaufen genauso gut beschreiben kann, wie die ART bzw die Newtonsche Dynamik unter der Annahme das DM vorhanden ist.

    Ich habe immer noch nicht verstanden, wo da eine Messung sein soll, die eine Unterscheidung zwischen beiden Theorien ermöglicht …

  22. Sorry für meine absolut laienhafte Frage, aber kann man bei „dunkler Materie“ eigentlich wirklich noch von „Materie“ im herkömmlichen Sinne sprechen?

    Zitat FF: “ Ein Großteil der Materie ist unsichtbar und besteht aus einer Art von Elementarteilchen, die wir bisher noch nicht nachweisen konnten. Wir bemerken ihre Anwesenheit aber trotzdem, da auch die dunkle Materie eine Gravitationskraft ausübt…“

    Gibt es denn eigentlich noch andere Möglichkeiten, die jene Gravitation erklären könnte? Also, ich meine, übt eigentlich nur Materie Gravitation aus oder gibts noch andere Dinge, die Gravitation ausüben?

  23. @Nemesis:

    „Sorry für meine absolut laienhafte Frage, aber kann man bei “dunkler Materie” eigentlich wirklich noch von “Materie” im herkömmlichen Sinne sprechen?“

    Die ist gar nicht so laienhaft wie do oben lesen kannst – da gibts jede Menge MIssverständnisse.

    Dunkle Materie ist sehr wohl normale Materie – Im Sinne von Elementarteilchen.
    Alderamin hat ja schon oben die Neutrinos erwähnt.

    Neutrinos sind Elementarteilchen, die nur nicht in dem Sinne „Sichtbar“ sind, als dass sie nicht per elektromagnetischer Wechselwirkung interagieren.

    Dh. Sie wechselwirken zB auch nicht mit elektromagnetischen Wellen, also Licht.

    Sie emmitieren kein Licht, absorbieren kein Licht etc. und sind deshalb im elektromagnetischen Spektrum also nicht sichtbar – also „Dunkel“.

    Das ist alles. Weiter ist da nichts geheimnisvolles dran.

  24. @PDP10

    Danke für Deine Antwort. Also ist „dunkle Materie“ tatsächliche Materie, das war mir bisher nicht ganz klar. Gibts denn ausser Materie/Neutrinos (Elementarteilchen) noch irgendetwas, das Gravitation verursacht?

  25. Ich finde den Sachverhalt „dunkler Materie“, „dunkler Energie“ äusserst spannend und interessant. Wie ist das eigentlich, allgemein wird es immer so dargestellt, als sei das Universum so unheimlich leer, also dass da überwiegend leerer Raum sei… aber wenn es stimmt, dass 90% aus dunkler Materie und dunkler Energie bestehen, dann ist es doch garnicht so leer, oder?

  26. Hm, nur mal so ein Gedanke, könnte man ein Magnetfeld nicht in Verbindung bringen mit der Dunklen Materie? (Dunkle Energie?)

    In einem geschlossenen Eisenkern (Trafo) ist die Sachlage ja klar, laut der physikalischen Erklärung sind die Spins der Eisenatome in Wechselwirkung mit dem erzeugten Magnetfeld einer Spule, weswegen der Magnetfluss auch ein vielfaches stärker ist als nur im leeren Raum.

    Nun da der Raum eben nicht leer ist, sondern angeblich mit dieser mysteriösen Dunklen Materie (Dunkle Energie) belegt ist, deshalb funktioniert auch ein Magnetfeld ganz ohne Spule … also doch getragen von einem Hintergrundfeld?

    hm, eine Polarisierung der Dunklen Materie vor Ort müsste eigentlich die logische Folge sein, oder?

  27. moin Zorro, die dunkle Materie heiißt ‚dunkel‘, weil sie nicht elektromagnetisch wechselwirkt. Daher wäre die Antwort auf Deine erste Frage ’nein‘ und somit der Rest ohne Fragen-Grundlage.

  28. Könnte man dunkle Materie anfassen oder mit irgendeinem unserer körperlichen Sinne wahrnehmen? Hat sie irgendwelche Aggregatzustände oder würde sie durch uns durchgehen (Neutrinos gehen ja glaube ich auch durch uns durch, oder?)?

  29. Forscher der Stockholm University sagen übrigens, es gäbe dunkle Materie in Minen und dass sie evt eine Methode haben, diese zu messen bzw zu erforschen:

    “ October 24, 2014 – In this project, researchers from the Department of Physics at Stockholm University will use the world’s most sensitive detector, which is currently being built in a tunnel under the Gran Sasso massif in the Apennine Mountains in Italy, to continue searching for traces of dark matter…“

    https://www.su.se/english/research/leading-research-areas/science/underground-studies-of-dark-matter-1.208083

    1. @Nemesis: “ es gäbe dunkle Materie in Minen und dass sie evt eine Methode haben, diese zu messen bzw zu erforschen:“

      Es gibt sie nicht „in Minen“. Sondern überall. Aber unterirdisch lässt es sich leichter detektieren (weniger Störungen. Hab ich aber alles ausführlich in meiner mehrmals verlinkten mehrteiligen Artikelserie über dunkle Materie erklärt.

  30. @PDP10: Kroupa beschäftigt sich mit der räumlichen Anordnung von Zwerggalaxien um die Zentralgalaxie. Und diese scheinen weitgehend in einer Ebene zu liegen, und das wiederum scheint einiges an Widersprüchen zur Entstehung von Galaxien zu bergen, zumindest nach bisherigen Modellen. Mal sehen was aus dem Bereich noch kommt, jedenfalls werde ich da noch was erleben.

  31. Falsch, Herr Freistetter, Neutrinos sind eben KEINE dunkle Materie, weil sie noch schwach wechselwirken und daher mittlerweile auch einigermaßen detektiert werden können.

    1. @stefan: „Falsch, Herr Freistetter, Neutrinos sind eben KEINE dunkle Materie, weil sie noch schwach wechselwirken“

      So wie es auch die Teilchen der dunklen Materie tun. Die wechselwirken nur nicht elektromagnetisch.

  32. Einen Unterschied zwischen “Gravitationsgesetz” und “Bewegungsgesetz” gibt es in diesem Fall nicht, weil die Bewegung von Sternen und Galaxien nur durch die Gravitationskraft verursacht wird bzw. etwaige nichtgravitative Anteile vernachlässigt werden können.

    Ehrlich gesagt… bin ich mir da nicht so sicher.

    wie zB bei Staubteilchen, die auch Strahlungsdruck o.Ä. spüren – nicht ausreicht und nichtgravitative Kräfte berücksichtigt werden müssen

    Zur Kenntnis genommen. Das bedeutet aber nicht das die Quelle zwangsläufig etwas mit Gravitation zu tun haben muss. Es handelt sich um den momentan naheliegenden Verdächtigen.

    Newtons Eimerexperiment (Mach) stößt mir auch noch sauer auf.

    Aber immerhin hast du es ja geschafft mich davon zu überzeugen das dieses superluminare Rückzugsmodell sich mit den Beobachtung deckt (Gravitationswellendetektion hin oder her), auch wenn mir die letztendliche Konsequenz, also wenn man das Modell mal weit in die Zukunft zu seinem endgültigen Effekt projiziert sehr merkwürdig aussieht.

    Ich gebe aber das die momentane Erklärung mit den bis jetzt gemachten Beobachtungen konsistent ist, abgesehen davon das meine Intuition völlig anderer Meinung ist und es ist schwer sie zu ignorieren, den Erfahrungsgemäß hat sie – wenn auch auf völlig unwissenschaftliche Weise – meistens recht. Will sagen… ich werde das Gefühl nicht los (und das zunehmend) das wir irgendetwas gravierendes übersehen.

  33. @FF

    „Es gibt sie nicht “in Minen”. Sondern überall.“

    Yoh, sogar im Wohnzimmer, wie Du geschrieben hast. Damit erübrigt sich auch meine Frage aus #43. Strange, dass sowas auch noch 5mal stärkere Gravitation, als „normale“ Materie ausübt, wie ich gehört habe^^ Bildet dunkle Materie eigentlich sowas wie Strukturen oder sind das nur Teilchen , die quasi ungeordnet durch den Raum fliegen?

    1. @Nemesis: „Bildet dunkle Materie eigentlich sowas wie Strukturen“

      Nein – das Zeug wechselwirkt auch mit sich selbst so gut wie gar nicht.

  34. @FF

    „Nein – das Zeug wechselwirkt auch mit sich selbst so gut wie gar nicht.“

    Das wird ja immer mysteriöser. Na, wenn dunkle Materie Gravitation ausübt, die 5mal stärker als die von normaler Materie ist, dann hat sie doch hoffentlich wenigstens Masse, oder?!

    1. @Nemesis: „Das wird ja immer mysteriöser. Na, wenn dunkle Materie Gravitation ausübt, die 5mal stärker als die von normaler Materie“

      Lies doch bitte mal die (mehr als einmal) verlinkte Artikelserie zu dunkler Materie: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/06/26/dunkle-welten-alles-uber-dunkle-materie-die-komplette-serie/

      Dunkle Materie ist MATERIE. Und 1kg dunkle Materie übt genauso viel Gravitation aus wie 1kg Wackelpudding. Aber es gibt im Universum einfach VIEL mehr dunkle Materie als normale Materie.

  35. @FF

    Ok, werde die Artikelserie lesen. Ich hatte diesen Satz hier missverstanden:

    „Researchers are convinced that dark matter is composed of a new type of particle that is not yet identified, but is known to have about five times the average mass density of regular matter in the universe.“

    https://www.su.se/english/research/leading-research-areas/science/underground-studies-of-dark-matter-1.208083

    DIe Dichte ist also 5x so hoch wie die von normaler Materie, nicht die Masse.

  36. genauso viel Gravitation

    Also ehrlich gesagt übt ein kg Wackelpudding auf mich eine deutlich stärkere Anziehung aus als ein kg Atömchen, Staub und Fussel 😉

  37. @Nemesis

    Wie ist das eigentlich, allgemein wird es immer so dargestellt, als sei das Universum so unheimlich leer, also dass da überwiegend leerer Raum sei… aber wenn es stimmt, dass 90% aus dunkler Materie und dunkler Energie bestehen, dann ist es doch garnicht so leer, oder?

    Wenn man die nötige Dichte der Dunklen Materie gleichmäßig auf die Milchstraße verteilt, dann befindet sich innerhalb einer Kugel mit dem Radius der Neptunbahn ungefähr die Masse an Dunkler Materie, die derjenigen eines zusätzlichen kugelförmigen Asteroiden von 60 km Durchmesser im Sonnensystem entspricht. Das ist ziemlich wenig auf so großem Raum, deswegen merken die Planeten auch nichts davon. Aber auf die ganze Milchstraße hochgerechnet gibt es ungefähr 4mal so viel Dunkle Materie wie sonstige Materie an Sternen, Planeten, Gas oder Schwarzen Löchern etc. zusammen. Sie ist dünn verteilt, aber ziemlich gleichmäßig, und überall. So jedenfalls äußert sich ihre Schwerkraftwirkung.

  38. Hi Florian,

    dieses Thema ist sicherlich eines der interessantesten überhaupt, weil wir bisher keine endgültige Theorie haben die bewiesen ist. Ich studiere selber noch Physik und das Rätsel um dunkle Materie, dunkle Energie und die Quantenmechanik treibt mich teilweise in den Wahnsinn.

    Aber ich bin mir nicht sicher, ob Dunkle Materie die Lösung des Rätsels ist. Theoretisch müsste diese überall sein, aber bisher gibt es keinen einzigen Nachweis dafür und das macht mich von Tag zu Tag skeptischer. Das andere Problem ist, dass man Dunkle Materie braucht für Einsteins Theorie. Aber sind wir da nicht evtl. auf einem Irrweg? Wir wissen ja schon jetzt, dass Einsteins Theorie nicht im Einklang mit der Quantenmechanik steht. Im Makrokosmos verhalten sich die Dinge anders als im Mikrokosmos und genau da ist doch der Kern des Problems. Ich würde mich soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass wir irgendwas grundsätzliches in der Physik nicht verstanden haben. Um überhaupt Rückschlüsse auf dunkle Materie ziehen zu können bräuchten wir doch erst mal eine Theorie die die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik zusammenführt?

Insofern komme ich zu der Schlussfolgerung, dass alle bestehenden Theorien unvollständig und nicht komplett sind und genau das ist das Problem.

Dennoch bin ich auch Befürworter der dunklen Materie und aufgrund der Entwicklung des Universums sowie der Gravitationslinseneffekte ist es von meiner Logik auch nur mit einer schweren Masse erklärbar. Und genau da kommt man dann zur dunklen Materie. Wir wissen aber auch, dass das Universum sehr flach ist und gesetzt der Fall, dass mehrere Universen quasi übereinanderlegen könnte es sein, dass diese flachen übereinanderliegenden Universen sich mit Ihrer Masse gegenseitig beeinflussen. Somit könnte man auch sagen, dass die Dunkle Materie in einer anderen Dimension ist (oder in einem über/unter uns liegenden Universum) und wir dieses nur durch die Gravitation bemerken die wir uns hier nicht erklären können. Und das würde dann auch erklären, warum wir bisher kein einziges Dunkle Materie Teilchen gefunden haben. Wie sollen wir dieses auch finden, wenn ggf. sehr große Masse Ansammlungen von einem anderen z.B. über uns liegenden Universum diese Gravitationseffekte bewirkt? Oder ist dieser Denkansatz völlig absurd?

Auf jeden Fall bereitet mir dieses Problem schlaflose Nächte…

  39. @johnny:

    „@Christopher
    Bist du sicher ,dass du Physik studierst?“

    Das hört sich durchaus so an.
    Und einige der Fragen sind durchaus berechtigt und einige sind Verständnisfragen mit denen ich mich auch im Studium rumgeschlagen habe – und damals war Dunkle Materie noch nicht die heisse Nummer der Stunde.

    Ausserdem weiss ich nicht, wo in seinem Studium Christopher gerade steckt. Im Grundstudium hatte ich da auch noch jede Menge „komische“ Vorstellungen …

  40. @Christopher:

    „Theoretisch müsste diese überall sein, aber bisher gibt es keinen einzigen Nachweis dafür und das macht mich von Tag zu Tag skeptischer.“

    Weiter oben wurde ja schon diskutiert, das Neutrinos zB „dunkle Materie“ sind – weil sie eben nicht elektromagnetisch wechselwirken. Leider sinds nicht genug um die Effekte zu erklären, die man bei der Bewegung von Galaxien und Galaxienhaufen misst.

    „Ich würde mich soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass wir irgendwas grundsätzliches in der Physik nicht verstanden haben.“

    Dazu muss man sich gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen.
    Du hast die Quantengravitation ja schon erwähnt. Die haben wir halt noch nicht und also fehlt uns für bestimmte Sachen tatsächlich ein „grundlegendes Verständnis“.

    „Um überhaupt Rückschlüsse auf dunkle Materie ziehen zu können bräuchten wir doch erst mal eine Theorie die die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik zusammenführt?“

    Da bin ich mir nicht sicher. Wenn wir die verdammten Dinger endlich zweifelsfrei nachweisen könnten – mit dem neu-gepimpten LHC zB oder sonstwie, bräuchten wir so eine vereinheitlichte Theorie erstmal nicht um zu wisssen, was dunkle Materie eigentlich ist – aber für vieles andere schon ….

    „Wir wissen aber auch, dass das Universum sehr flach ist und gesetzt der Fall, dass mehrere Universen quasi übereinanderlegen könnte es sein, [..]“

    Ich glaube, du hast hier die M-Theorie im Kopf.
    Könnte alles sein .. leider haben wir noch immer keine Möglichkeit – soweit ich weiss – sowas wirklich durch Experimente nachzuweisen.

    Noch eine offene Frage auf deren Beantwortung wir noch ein wenig warten müssen … Aber hey! Du studierst ja noch! Geh fachlich in die Richtung! Denk dir was aus! Und du kannst nicht nur Fragen stellen, sondern sogar an den Antworten Mitarbeiten!

  41. @PDP10
    Vermutlich hast du recht. Bin wohl etwas überempfindlich in Bezug auf bestimmte Formulierungen.

    @Christopher
    Entschuldige den dummen Kommentar.

  42. @PDP10:
    @Christopher:

    Die M-Theorie ist zweifellos in der Lage, die Effekte der dark matter zu erklären, da die Gravitation ja dort nicht an die die Branen gebunden sind, sich die (auch nicht nachgewiesenen) Gravitonen frei in einer 11-dimensionalen Raumzeit bewegen können.

    Aber mal ehrlich, 10 Raumdimensionen ? Aber gut, vielleicht kann man die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik auch tätsächlich nur unter der Annahme weiterer Dimensionen zukünftig zusammenführen.

    Mir persönlich erscheint es dennoch plausibler, dass es eben nicht nur einen Typ Neutrinos gibt und somit die WIMP’s eigentlich schon nachgewiesen sind. Wir wissen es vielleicht nur nicht 🙂

  43. Ich meine, da schon widersprüchliches gelesen zu haben.
    Die einen sagen, dass es in unserer „näheren“ umgebung wohl keine DM hat, da wirja sonst die Effekte messen könnten (Wie gesagt, für die Berechungen der Bewegungen der 8 Planeten in unserem Sonnensystem scheinen Newton und Einstein zu reichen).

    Aber welcher Grössenordnung messen wir denn die (doch sehr grossen) Abweichungen?

    Ich hab weder wirklich Ahnung von Astrophysik, kann aber dem MOND-Ansatz vieles abgewinnen! Gegällt mir sehr gut (Aber eben, dies ist lediglich ein Bauchgefühl und damit ziemlich wertlos).

    Ich bin sehr gespannt, wann wir mehr dazu wissen werden und was dabei herauskommen wird! Wir leben in aufregenden Zeiten!

    Vielen Dank auf alle Fälle, dass du uns hier auch diese Seite vorstellst!

    1. @Marco: „Die einen sagen, dass es in unserer “näheren” umgebung wohl keine DM hat, da wirja sonst die Effekte messen könnten (Wie gesagt, für die Berechungen der Bewegungen der 8 Planeten in unserem Sonnensystem scheinen Newton und Einstein zu reichen).“

      Ja, weil es eben nicht GENUG dunkle Materie gibt. Ich habs ja im letzten Kommentar erklärt: DM klumpt nicht sondern bildet sehr große, sehr dünne „Wolken“. Und es braucht VIEL DM, damit ein messbarer Effekt entsteht. Auf der Größenordnung von ganzen Galaxien und Galaxienhaufen. Ich verweise noch einmal auf die ausführliche Serie in der ich all diese Themen erklärt habe: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/06/26/dunkle-welten-alles-uber-dunkle-materie-die-komplette-serie/

  44. Wie viele Teilchen?, „Dunkler Materie“ würde dies in etwa ergeben wenn man es versuchen würde sie in DM / cm³ umzurechnen.

    Ansatzweise hatte bereits Alderamin bei #56 die vermutete Dichte der DM im Sonnensystem (etwas kompliziert) angegeben, was für Astronomen sicher anschaulich und auch ausreicht, nur für einen Laien sind halt Teilchen / cm³ bestimmt geläufiger.

    Welche Unterschiede in der Teilchendichte pro cm³ gibt es eigentlich zwischen den virtuellen Vakuumteilchen, den Neutrinos, der DM und zuletzt der sichtbaren Materie?

  45. @Zorro

    Ich war für die Berechnung von einer Protonenmassen je drei Kubikzentimeter ausgegangen, die Zahl stammt von hier (erste Seite, letzter Absatz). Da niemand weiß, woraus Dunkle Materie besteht und wie schwer die einzelnen Teilchen sind, kann keine Teilchenzahl pro Kubikzentimeter angegeben werden, sondern nur die Dichte in einer Masseneinheit pro Volumen nach Wahl, denn die Gesamtmasse der Dunklen Materie innerhalb eines Radius um das Zentrum der Milchstraße manifestiert sich durch ihre summierte Schwerkraft auf die Sterne bei diesem Radius (minus der Schwerkraft der sichtbaren Materie im entsprechenden Volumen).

  46. @Alderamin /#71

    Danke, jetzt wird es schon etwas mehr anschaulicher, also falls man weiterhin bei der Annahme bleibt dass die DM (rein hypothetisch) bei 1 Teilchen pro 3 cm³ liegt, dann sind dies 333333 DM – Teilchen pro m³ … reicht dies aus um irgendwann doch etwas zu messen, natürlich nur falls ein geeigneter (Resonanz?-) Detektor auftaucht?

    Warum diese Frage?: nun, zwei Photonen die miteinander kollidieren bewirken bekanntermassen keine Wechselwirkung, bis vor kurzem … nun gibt es erstmals doch eine Wechselwirkung zwischen 2 Photonen mithilfe eines resonanten Kopplers aus Glas, (adaptierte Glasfaserleitung) … https://www.tuwien.ac.at/aktuelles/news_detail/article/9076/

    deshalb hier meine etwas waghalsige Vermutung, dass z.B. für Neutrinos als auch für die DM bald eine ähnliche Möglichkeit einer Wechselwirkung gefunden wird.

    Zumindest aber bei Neutrinos kann man auf künstliche Neutrinoquellen zurückgreifen und ausgiebig mit 2 korrelierenden Neutrionstrahlen (+ Koppler) experimentieren.

    P.S: etwas erheiternd finde ich „in grosser Höhe“ als Angabe im Weltraum, die die Dame in der DPG – PDF mehrfach erwähnte. 😉

  47. @Zorro

    Die derzeit vermutete Masse der DM-Teilchen liegt so zwischen 10 und 100 GeV/c2 (grau schraffierter Bereich im unteren Bild), das wären 10 bis 100 Protonenmassen, also 1/10 bis 1/100 Deiner Teilchenanzahl.

    Ob man was misst, hängt wohl nicht so sehr von der Teilchenzahl ab, als vielmehr von der Art der Wechselwirkung. Bis jetzt hatte man ja Teilchen mit Schwacher WW angenommen, das scheint sich so langsam zu zerschlagen. Die neuesten Planck-Ergebnisse sprechen auch nicht für Teilchen, die sich gegenseitig paarvernichten. Es könnte ja auch sein, dass die DM-Teilchen überhaupt nur per Gravitation wechselwirken, dann werden wir sie niemals als einzelne Teilchen nachweisen können.

    Die „große Höhe“ über der Scheibe der Milchstraße geht m.E. In Ordnung, die Milchstraße ist ja aus gewisser Entfernung so was wie ein großer Körper mit Gravitation, fast wie die Erde. Der Einfluss, der Sterne in der Scheibe nimmt mit der Entfernung von der Scheibe ab, wie bei der Erde. Da ist „oben“ oder „unten“ doch schön plastisch, und es ist sofort klar, in welcher Richtung die Entfernung gemeint ist.

  48. @Zorro

    Somit finden hier die freien Mitarbeiter vmtl. auch nichts neues, oder?

    Das Higgs ist doch schon gefunden. Ich nehme an, man erforscht nun dessen Eigenschaften, keine Ahnung.

    Und was die DM betrifft, da ist es noch viel zu früh, um dieses Teilchen als undetektierbar abzuschreiben (vielleicht verschwindet es wenigstens als Massenverlust in einem LHC-Experiment), ich wollte nur andeuten, dass die theoretische Möglichkeit besteht, dass es undetektierbar sein könnte. Dass da irgendein Teilchen mit Gravitation existiert, darauf deuten jedenfalls alle kosmologischen Beobachtungen hin, die Planck-Beobachtungen haben hier nur die Grenzen etwas enger gezogen, aber durchaus in Übereinstimmung mit dem vermuteten Massenbereich.

  49. @Alderamin / #75

    Ein Graviton – Teilchen?,… hm, wäre ein solches nicht die kleinste Einheit einer Raumkrümmung, da ja lt. Einstein jegliche Masse den Raum krümmt, also auch die kleinsten Elementarteilchen?

    Ein Magnetischer Monopol wäre auch nicht schlecht … 😉
    z.B. siehe unter, Magnetische Monopole als Solitonen …
    https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetischer_Monopol

    Bei #41 hatte ich zwar intuitiv einen Versuch unternommen, aber wegen der derzeit noch fehlenden Wechselwirkung zwischen der DM und einem Magnetfeld ging die Idee ins Leere.

    Wasser ist normalerweise auch nicht magnetisch wirksam, jedoch bei extrem superstarken Magnetfeldern dann doch, evtl. brauchen wir um mit den hier auf der Erde herumschwirrenden DM – Teilchen (rein hypothetisch zw. 3300 – 33000 / m³) auch nur einen künstlichen magnetischen Quasar, dann könnte die Polarisierung der DM sogar erzwungen und auch gemessen werden.

    Was genau ist der magnetische Fluss?, hängt sie irgendwie mit den virtuellen Vakuumteilchen zusammen, oder?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetischer_Fluss

    Ein magnetischer Quant? … https://de.wikipedia.org/wiki/Flussquantisierung

    Blick da noch nicht ganz durch!

  50. @Zorro

    Ein Graviton – Teilchen?

    Nee, das wäre ja nur virtuell. DM muss aus stabilen, realen Teilchen bestehen.

    hm, wäre ein solches nicht die kleinste Einheit einer Raumkrümmung, da ja lt. Einstein jegliche Masse den Raum krümmt, also auch die kleinsten Elementarteilchen?

    Da musst Du mal Martin Bäker oder Niels fragen; grundsätzlich sind Graviton und Raumkrümmung zwei völlig verschiedene Sichten auf die Gravitation, so wie ich das verstanden habe, aber da kenne ich mich nicht genug aus. Gilt auch für den magnetischen Fluss. Magnetismus ist ja eigentlich nur ein Scheineffekt, der aus der speziellen Relativitätstheorie und der Elektrizität folgt.

    DM-Teilchen können aber keine magnetischen Monopole sein, weil sie ja definitionsgemäß gerade nicht elektromagnetisch wechselwirkt.

  51. @Alderamin / #77

    Korrektur: es war natürlich nicht ein künstlicher Quasar sondern ein künstlicher Magnetar gemeint, der wegen seiner unglaublichen Magnetfeldstärke (hoffentlich) eine Polarisierung erzwingt, selbst bei der DM die ja keine Wechselwirkung bisweilen zeigte.

    Zitat: „Ein solches Magnetfeld ist so stark, dass es die Struktur des Quantenvakuums verändert, so dass der materiefreie Raum doppelbrechend wird.“

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetar

    Vielleicht sollte man nach ungewöhnlichen (vmtl. vorwiegend magnetooptischen) physikalischen Effekten in der Nähe von Magnetaren suchen?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetooptischer_Kerr-Effekt

  52. „Was genau ist der magnetische Fluss?, hängt sie irgendwie mit den virtuellen Vakuumteilchen zusammen, oder?“

    Nee! 🙂

    @Zorro, Alderamin:

    Ich kann mal versuchen, die Sache mit dem magnetischen Fluss auf dem Niveau zu erklären, dass ich aus dem Grundstudium noch im Kopf habe:

    Das wird allerdings eine Erklärung für die ich ein wenig ausholen muss. Also etwas Geduld bitte 🙂

    Da ist erstmal die Sache mit dem elektrischen Fluss, vulgo Strom.

    Darunter kann sich erstmal jeder was vorstellen. Elektrisch geladene Teilchen, die von A nach B fliessen.
    Warum tun die das aber?

    Preisfrage (hab ich immer meinen Chemie und Bio Studies gestellt, als ich noch Tutor im Physikpraktikum für Nebenfächler war):

    Elektronen bewegen sich in einem elektrischen Leiter – also in einem Kabel zB. – mit einer Geschwindigkeit von einigen cm / s.
    Wenn ich den Lichtschalter neben der Tür betätige geht die Lampe an der Decke aber sofort an.
    Warum?

    Einfache Antwort: Weil sich eben alle Elektronen im Kabel sofort in Bewegung setzen.

    Aha!?! Ist das so? Warum tun die das nicht am Anfang nur zwischen den Polen des Schalters, den ich gerade geschlossen habe?

    Nicht so einfache Antwort: Weil die Energie im elektrischen Feld steckt, dass das Schliessen des Lichtschalters „erzeugt“ und das breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und liegt deshalb auch sofort an der Lampe an, so dass sich die Elektronen auch da sofort in Bewegung setzen.
    Die Elektronen „fallen“ dann im elektrischen Feld, so wie ein Stein im Gravitationsfeld und bekommen dadurch kinetische Energie die in der Lampe in Licht umgewandelt wird.

    Jetzt zum Magnetfeld:

    Stell dir statt des Kabels zur Lampe einen Hufeisenmagneten mit einem magnetischen Nordpol und Südpol vor. Zwischen den beiden Polen entsteht ein Magnetfeld wenn man den Magneten „einschaltet“ (jaja, ich weiss, is ja nur ein Gedankenexperiment … 🙂 ).
    Denkt man sich jetzt magnetische Ladungen dazu, dann würden die genauso ( je nach „Ladung“) von einem Pol zum anderen fliegen – analog zum elektrischen Strom.
    Diese magnetischen „Ladungen“ existieren natürlich nicht, aber die Gleichungen für den ganzen Kram sehen genauso aus, wie die für das elektrische Feld, das einen Strom hervorruft (inklusive sowas wie U = R * I für den „magnetischen Widerstand“ usw.)

    Deshalb spricht man hier von einem magnetischen Fluss, obwohl da gar nix fliesst, ausser in der Anschauung die Feldlinien.

    Du hast also bei beiden: elektrischen und magnetischen Feldern ein Feld mit einer Feldstärke und Gleichungen, die beschreiben was das Feld mit einer Probladung machen würde: nämlich einen Strom bzw. Fluss zu erzeugen.

    Übrigens gibt es auch bei elektrischen Feldern einen „Fluss“ ohne „Strom“.

    Du hast sicher in der Schule gelernt, dass fliessende Ladungen ein Magnetfeld erzeugen.

    Das ist aber nicht die ganze Wahrheit:
    Jedes sich änderndes elektrisches Feld erzeugt ein Magnetfeld – und andersrum. Ganz ohne Ladungen.
    So funktionieren elektromagnetische Wellen (sorry, falls dieser letzte Absatz dann doch zu einfaches Niveau hat – aber der Vollständigkeit halber wollte ich das geschrieben haben …)

    Das ist eigentlich alles keine Rocketscience … 🙂

    PS: Und falls hier Niels und MartinB mitlesen: Jaahaaa! Ich weiss, dass das wirklich grob vereinfacht ist! Menno!

  53. @PDP10 / #79

    Deine Ausführungen waren mir soweit bekannt, aber Danke nun dürften auch die Hausfrauen endlich durchblicken wenn sie den Lichtschalter betätigen, was sie da alles in Gang setzen. 😉

    bei #46 ganz unten gab es schon den Hinweis auf ein magnetisches Flussquant, wo der kleinste Wert des Magnetflusses Φο = h / e beträgt …
    https://physics.nist.gov/cgi-bin/cuu/Value?flxquhs2e

    um diese Feinheiten und deren Verständnis ging es mir … 😉

  54. @Zorro:

    Tschuldigung …. Da habe ich deine Frage nach dem magnetischen Fluss wohl total missverstanden …

    „bei #46 ganz unten gab es schon den Hinweis auf ein magnetisches Flussquant,“

    Ähm … bei #46 gibts nichts dergleichen …
    Meinst du eine andere Nummer?

    Bei der Flussquantisierung gehts eigentlich nur darum, dass der magnetische Fluss eben auch unter bestimmten Bedingungen (Supraleiter) quantisiert ist.

    Der von dir verlinkte Artikel darüber ist eigentlich eine gute Zusammenfassung – tschuldigung, dass ich den beim ersten Lesen übersehen hatte …

    Diese quantisierung des magnetischen Flusses hat aber nichts mit Monopolen und so gar nichts mit virtuellen Teilchen im Vakuum zu tun (mit anderen „virtuellen“ Teilchen aber schon, siehe unten).

    Das ist nur ein quantenmechanischer Effekt, der unter den extremen Bedingungen der Supraleitung (und auch nur bei metallischen Supraleitern für die die BCS-Theorie gilt, soweit ich weiss) auftritt.

    Er erklärt unter anderem indirekt das auftreten von Cooper-Paaren – das sind die Elektronen-Pärchen, die eine (metallischen) Supraleiter überhaupt erst supraleitend machen … eigentlich keine „virtuellen“ Teilchen – deshalb oben die Anführungsstriche – aber sowas ähnliches.

    Die BCS Theorie und die Sache mit dem Meissner-Ochsenfeld-Effekt zu erklären spar ich mir hier aber lieber … da blamier ich mich nur, weil das mit der Festkörperphysik-Vorlesung und dem Praktikums-Versuch zur Supraleitung gefühlte Hundert Jahre her ist … 🙂
    (Ich weiss nur noch, dass das Rumspielen mit flüssigem Wasserstoff und das Beobachten von superlfluidem Helium echt cool waren!)

    Bitte les den Wikipedia Artikel dazu und die weiterführenden Links da …

  55. @Zorro:

    „Was Magnetfelder um die Erde bewirken wurde erst kürzlich entdeckt.

    Das habe ich auch mitgekriegt … ziemlich faszinierend.
    Was das aber jetzt mit der quantisierung des magnetischen Flusses zu tun hat, erschliesst sich mir nicht so richtig.

    „welches evtl. zum Teil ein BEC ist?“

    Das ist jetzt noch verwirrender …

  56. Wieviel Freiheit hat man eigentlich beim Zusammenbau der Formel für die Alg. Relativitätstheorie?

    Wenn ich das richtig verstanden habe, muß man irgendwann im Formelbildungsprozess einen geeigneten Tensor einsetzen.

    Auswahlkriterien für diesen Tensor sind z.B.

    a) Wünschenswerte Eigenschaften die sich mit unserer Sicht der Welt decken.

    b) Man muß erstmal einen Tensor kennen, und er sollte ausreichend simpel sein um Ergebnisse zu erhalten.

    Zu a) könnte man Dinge nennen wie – die 3 Raumrichtungen sollte gleichberechtigt sein. (symetrisch?)

    b) hat hingegen keinerlei physikalische Entsprechnug, wenn man den Tensor tauschen könnte, hätte man einen Reigen an MOART Theorien, diese könnten natürlich zum Teil einfach unzutreffend fsein für die Beschreibung unseres Universums sein, oder aber Dunkle Materie zum
    Ricci-Riemann-Rechenfehler degradieren.

    Meine eigenliche Frage ist aber: wie willkürlich ist, denn nun die Wahl des Tensors in der ART?

  57. @Zorro

    Vielleicht kann man dieses Schutzschild, ein Elektronengas – Torus (welches evtl. zum Teil ein BEC ist?) als Detektor für was auch immer verwenden?

    Um ein BEC zu erzeugen, musst Du Atome extrem stark abkühlen, auf millionstel K, weitaus tiefer als die Temperatur der Hintergrundstrahlung von 3K, die das ganze Weltall erfüllt. Im Magnetfeld der Erde sausen hingegen ausgesprochen heiße Teilchen aus der Sonnenkorona durch die Gegend, die ein paar Millionen K heiß sein können, das ist 12 Größenordnungen heißer als ein BEC. Also nicht gerade die Gegend, wo man ein BEC erwarten würde (ich verstehe den Exkurs zum BEC auch nicht – ging es nicht um Dunkle Materie?).

    Detektor für was auch immer – jedenfalls nicht für Dunkle Materie, weil, wie gesagt, diese schon per Definition nichts mit Magnetfeldern am Hut hat.

  58. @PDP10 / #84 und @Alderamin / #86

    Der Gedankensprung bei #83 war als kleines Brainstorming zu #76 gedacht,
    denn sowohl (nur mal hypothetisch gedacht) ein Graviton – Teilchen als auch ein Magnetischer – Monopol könnte mit solch einen Elektronenschirm möglicherweise exakt detektiert werden.

    Im Physiklabor kann man millionenfach stärkere Magnetfelder (ca. 100 Tesla) generiern als das Erdfeld es erzeugt, wenn man ein solches in einer Vakuumkammer aufbaut und ähnliche Verhältnisse simuliert wie dies im Weltraum in Erdnähe der Fall ist, dann müsste eigentlich ein wesentlich stärkeres torusförmiges Elektronen – Schutzschild sich aufbauen.
    Die auch gleichzeitig wie ein Bildschirm wirkt da die aufprallenden kosmischen Teilchen konzentrische Wellen, bzw. Interferenzen darauf produzieren werden, die vmtl. optisch mittels eines zusätzlichen Lasers von der ISS aus analysiert werden könnten.
    (OK es ist kein BEC, hatte ja auch ein Fragezeichen angefügt)

    Diese eingefangenen ultrarelavistischen Elektronen sind in diesen neu entdeckten Schild (Elektronenplasma, als Elektronengitter?) anscheinend extrem dicht gepackt obwohl sie sich mit mehr als 600 km/s bewegen, nun was soll man dazu denken,… hier gibts mehr Information dazu. 😉

    Plasma shield: Natural shield protects Earth from harmful radiation belt: https://www.sciencedaily.com/releases/2014/11/141126133855.htm

  59. @Zorro:

    „ein Graviton – Teilchen als auch ein Magnetischer – Monopol könnte mit solch einen Elektronenschirm möglicherweise exakt detektiert werden.“

    Das ist aber sehr „hypothetisch gesagt“ …

    „dann müsste eigentlich ein wesentlich stärkeres torusförmiges Elektronen – Schutzschild sich aufbauen.
    Die auch gleichzeitig wie ein Bildschirm wirkt da die aufprallenden kosmischen Teilchen konzentrische Wellen, bzw. Interferenzen darauf produzieren werden, [..]“

    Ähm, nein.
    Die geladenen Teilchen werden von dem Magnetfeld einfach nur abgelenkt – und zwar nach rechts … oder links … 🙂 Je nachdem welche Reche-Hand-Regel gilt ..

    Natürlich ändert sich auch das Magnetfeld dabei … aber es macht keine „Wellen“ oder so. Da ist deine Vorstellung, fürchte ich, zu sehr von Star Trek beeinflusst …

  60. @PDP10 / #89

    Sehr Spitzfindig,… wieder mein Fehler da ich kosmisches Teilchen sagte, OK aber ein (rein hypothetisches) Graviton oder ein Magnetischer Monopol würde solche Wellen schon auf den toroidförmigen Elektronenplasmaschirm erzeugen falls er darauf aufprallt.

    Ein DM – Teilchen fällt ja leider durch, ganz ohne Wirkung!

    Die NASA hat ja eine grosse Vakuumkammer, vielleicht geht ja was? 😉

  61. @Zorro:

    „Sehr Spitzfindig,… wieder mein Fehler da ich kosmisches Teilchen sagte,[..]“

    Nee, das mit den „kosmischen Teilchen“ meinte ich gar nicht.
    Das ist auch völlig egal.

    Aber deine Vorstellung, wie Teilchen mit so einem Super-Magnetfeld wechselwirken ist halt ein bischen schief.

    Da gibts keine „Wellen“.

    Wenn es sowas wie einen „magnetischen Monopol“ gäbe (was übrigens nicht hypothetisch, sondern sehr wahrscheinlich ist – guck mal in der Wikipedia unter „Dirac“ und „Dirac-Gleichung“) könnte man den wahrscheinlich mit so einem starken Magnetfeld detektieren – wäre nur logisch.

    … Du solltest vielleicht doch noch mal meinen obigen Post zur „Hausfrauen-Physik“ zum magnetischen Fluss lesen 🙂

    Ein Graviton jedoch nicht.

    Das wäre als Entsprechung zum Photon eine Welle mit mehreren Kilometern oder hunderten von Kilometern oder Lichtjahren Wellenlänge – bisl zu gross für so einen Magnetfeld-Detektor und warum sollte so ein Graviton auch mit einem Magnetischen Feld wechselwirken – ausser, dass es den Raum drinnen und drumherum verändert?

    Und diese Veränderung des Raums könnte man mit Interferenz-Messungen viel einfacher detektieren – wenns denn so einfach wäre, die Dinger zu finden – ist bis jetzt jedenfalls noch niemand gelungen.

  62. @alderamin / #73
    …das wären 10 bis 100 Protonenmassen
    Dann müsste doch bei der Sternentstehung die DM zusammen mit der normalen Materie (Wasserstoffmoleküle = 2 Protonenmassen) wegen der Gravitation zum Protostern kollabieren und sich – da unbeeindruckt vom Strahlungsdruck – sogar im Zentrum sammeln.
    Ausser eine Wechselwirkung gebietet der DM, gehörig Abstand zur normalen Materie zu halten?

  63. @Wunderfitz:

    „Ausser eine Wechselwirkung gebietet der DM, gehörig Abstand zur normalen Materie zu halten?“

    Keine Wechselwirkung.

    Sondern die Tatsache, dass sie einfach nicht besonders „dicht“ ist.
    Es ist viel zu wenig da, um bei der Entstehung eines Sterns eine Rolle zu spielen.
    Auf diesen Skalen, also den Grössenmasstäben eines Sonnensystems, spielt DM keine Rolle.

    Lies einfach mal Florians Serie zur DM. Da werden die ganz Elementaren Sachen sehr gut erklärt:

    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/06/26/dunkle-welten-alles-uber-dunkle-materie-die-komplette-serie/

  64. @Wunderfitz

    Die DM ist dünn verteilt; innerhalb des Volumens der Neptunbahn nur die Masse eines Asteroiden von guten 50 km Durchmesser. Das macht die Sonne nicht fett.

    Außerdem fühlen die DM-Teilchen vermutlich die normale Materie gar nicht und sich auch untereinander kaum. Sie schwirren einfach umher wie im Vakuum, ob im Zentrum der Sonne oder außerhalb. So fällt es ihr schwer, ihre Bewegungsenergie loszuwerden und sich dicht zu versammeln. Sie bleibt eine Art Gas. So jedenfalls die Theorie.

  65. Florians Serie zur DM hab ich gelesen.
    Wieviel Platz so ein Teilchen der DM tatsächlich einnimmt, ist unbekannt, aber sicher braucht es einen endlich kleinen bzw. grossen Radius. Sonst könnte man sich ja keine Hoffnung machen, die Wimps durch Kollisionen mit normaler Materie nachzuweisen.
    „Kalte“ DM müsste im Inneren eines genügend schweren Himmelskörpers durch die Gravitation gefangen sein, bis sie durch einen (unwahrscheinlichen) Schubser normaler Materie genügend Energie aufnimmt. Wie wahrscheinlich solche Schubser im Inneren eines Sterns sind, weiss ich nicht (für uns unvorstellbar dicht gepackte Materie, für ein Wimp vor allem leerer Raum?).
    Natürlich habe ich in meinem ersten Beitrag einen Ueberlegungsfehler gemacht.
    Natürlich sollte die DM den Kollaps einer Gaswolke zum Protostern mitmachen – wenigstens anfänglich. Aber die DM wird dabei heisser – genau so wie die normale Materie. Die normale Materie kann sich aber durch Strahlung fortlaufend abkühlen und die Gaswolke kann weiter schrumpfen. Dass es dabei um enorme Energiemengen geht, zeigt Florians Beitrag vom 18. Dez. https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/12/18/gibt-es-lebensfreundliche-planeten-bei-unfertigen-sternen/ Die Teil-Wolke aus DM kann ihre durch Schrumpfung gewonnene Energie nicht loswerden, die Schrumpfung verlangsamt sich und kommt zum Stillstand, wenn ein Gleichgewicht zwischen Gravitation und Temperatur erreicht ist. Die DM klumpt nicht.

  66. Ich würde gerne mit dir über eine ganz konkrete Vorstellung meinerseits von dunkler Materie diskutieren.
    Ist das möglich?

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