Astronomie ist die coolste aller Wissenschaften! Wollt ihr wissen warum? Dann hört euch diese Geschichte an.
Astronomen aus den USA und Großbritannien haben diese Bilder hier aufgenommen:
Die Bilder der oberen Reihe sind im Ultraviolettlicht aufgenommen und stammen vom Galaxy Evolution Explorer, einem Weltraumteleskop. Die unteren Bilder hat das Pan-STARRS1-Teleskop in Hawaii gemacht. Die jeweils linken Bilder wurden 2009 gemacht; die rechten im Jahr 2010.
Erstmal schaut die ganze Angelegenheit nicht sonderlich beeindruckend aus. Ein Lichtpunkt ist zwischen 2009 und 2010 heller geworden. Und? Die eigentliche Geschichte steckt natürlich in den Details. Wenn man den Astronomen ein bisschen Licht gibt, dann können sie damit jede Menge anstellen. Sie können es durch einen Spektrographen schicken und nachsehen, wie es sich zusammen setzt. Wie viel Licht einer bestimmten Wellenlänge hat die Erde erreicht? In so einem Spektrum findet man dann auch Spektrallinien. Die zeigen, aus welchem Material die Lichtquelle besteht. In diesem Fall war es Helium. Natürlich kann man auch messen, wie hell das Licht insgesamt ist und wie sich diese Helligkeit im Laufe der Zeit ändern. Unser Lichtpunkt hier wurde für etwa eineinhalb Monate immer heller um dann 12 Monate lang wieder zu verblassen. Und schließlich hat man auch noch festgestellt, wo das Licht am Himmel her kommt: Genau aus dem Zentrum einer weit entfernten Galaxie!
Wir haben also einen Lichtpunkt, der im Zentrum einer Galaxie plötzlich aufleuchtet und dann wieder verblasst. Einen Lichtpunkt, der von einer Wolke aus Helium zu stammen scheint. Eine Wolke, die keinen Wasserstoff enthält, sondern tatsächlich hauptsächlich Helium. Eine Wolke, die sich enorm schnell bewegt – mit 32 Millionen km/h (auch das kann man aus der Analyse der Spektrallinien bestimmen). Die Astronomin Suvi Gezari und ihre Kollegen haben alle Puzzleteile zusammengesetzt und erzählen in einem Artikel bei „Nature“ folgende Geschichte:
Im Zentrum der weit entfernten Galaxie sitzt ein supermassereiches schwarzes Loch (so wie in den Zentren aller Galaxien). Es handelt sich um ein inaktives schwarzes Loch. Ein aktives schwarzes Loch ist von einer großen Scheibe aus Gas und Staub umgeben und ständig fällt Material auf das Loch. Dabei wird Strahlung abgegeben und die Umgebung des Lochs leuchtet hell. Inaktive schwarze Löcher (so wie auch das in unserer Milchstraße) dagegen haben aufgehört, ständig zu fressen. In ihrer Umgebung gibt es wenig Material, alles ist dunkel. Nur ab und zu kommt ein Stern oder eine Gaswolke dem Loch zu nahe. So war es auch in diesem Fall. Ein Stern hat das schwarze Loch in einer stark elliptischen Bahn umkreist. Dabei näherte er sich zu stark an und wurde schließlich von den enormen Gravitationskräften auseinander gerissen. Ein Teil der Sternentrümmer fiel aufs Loch, ein andere Teil wurde mit hoher Geschwindigkeit ins All geschleudert. Dabei wurde jede Menge Strahlung frei und genau das haben die Astronomen beobachtet.
Strahlungsausbrüche in der Umgebung von schwarzen Löchern sind nicht so außergewöhnlich. Das hat man auch schon früher beobachtet. Diesmal konnte man dem Lichtpunkt aber ausreichend Informationen abringen, um Details über den Stern heraus zu finden. Da man nur Helium fand und keinen Wasserstoff, konnte es kein normaler Stern sein. Normalweise ist immer irgendwo Wasserstoff. Reine Heliumwolken findet man in diesen Gegenden des Universums nicht. Deswegen war den Forschern sofort klar, dass es sich um einen Stern handeln musste und zwar einen besonderen. Der Stern war schon alt; in seinem Kern wurde schon viel Wasserstoff in Helium umgewandelt. Es handelte sich im wesentlichen um eine riesige Kugel aus Helium, umgeben von einer Atmosphäre aus Wasserstoff. Diese Atmosphäre hat der Stern bei einer früheren Umrundung des schwarzen Lochs verloren. Nur der Heliumkern blieb übrig. Als der schließlich auf das schwarze Loch fiel, gab es den Lichtblitz, der in den Bildern oben aufgenommen wurde.
Schaut euch die Bilder nochmal an! Dort ist tatsächlich nicht viel mehr zu sehen, als ein Lichtpunkt, der auf dem einen Bild heller ist als auf dem anderen. Mehr nicht. Nur ein paar Photonen. Und mehr bekommt man als Astronom auch nicht vom Universum. Nur ein paar Photonen. Ein Astronom kann seine Forschungsobjekte nicht anfassen, er kann sie nicht direkt untersuchen, er kann normalerweise nicht mal annähernd in ihre Nähe kommen. Alles was bleibt, ist das Licht, das aus teilweise unvorstellbar weiten Entfernungen irgendwann auf die Detektoren des Teleskops trifft. Trotzdem haben es die Astronomen geschafft, aus diesem bisschen Licht eine Vielzahl an Informationen abzuleiten. Spektroskopie, Photometrie, Astrometrie: Es gibt jede Menge geniale Methoden, wie man das Licht untersuchen kann, um mehr über die Lichtquelle heraus zu finden. So wie in dieser Geschichte. Am Anfang standen ein Teleskop und ein Lichtpunkt. Am Ende ein gigantisches schwarzes Loch in einer fernen Galaxie, dass einen ganz besonderen Stern verschluckt. Astronomie ist die coolste aller Wissenschaften!
Super spannend! Ich freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn Du mich als Leser mit Deiner Euphorie mitreißen kannst!
Was mich noch interessiert: Wie lange brauchen Astronomen denn, um das Licht zu mit Hilfe der ganzen Methoden zu analysieren? Ist das ein Zeitraum von mehreren Tagen oder dauert die Analyse sogar mehrere Wochen?
Danke vorab und liebe Grüße
@Sarah: „Wie lange brauchen Astronomen denn, um das Licht zu mit Hilfe der ganzen Methoden zu analysieren? Ist das ein Zeitraum von mehreren Tagen oder dauert die Analyse sogar mehrere Wochen? „
Das kommt ganz drauf an, wie viel Zeit man investiert und wie viele Leute dran arbeiten. Oft hat man ja auch andere Sachen zu tun (Lehre, Konferenzen, Anträge schreiben, etc). Aber von den Rohdaten bis zur fertigen Publikation können schon auch viele Monate vergehen… Das muss ja dann alles auch noch kontrolliert werden, interpretiert, vielleicht überarbeitet. Dann funktioniert die Methode nicht, das Computerprogramm muss neu geschrieben werden, usw…
Das klingt, als wären solche Analysen teilweise sehr demotivierend 😀 Aber wenn man sich die möglichen Ergebnisse vor Augen hält, sollte das ja Motivation genug sein 🙂
Auf jeden Fall ist es sehr faszinierend, was man alles aus dem Licht „herauslesen“ kann.
Diesem Artikel merkt man deine Begeisterung für deine Profession besonders an. Sehr schön zu lesen!
Moins…
2013 kann man ja möglicherweise die Gaswolke als Happa für unser Zentrumsloch sehen.
Ist ja praktisch ein Katzensprung für uns ;).
Gibt es da irgendwelche Vorbereitungen…. sprich alles was nicht 123 auf den Bäumen ist wird auf das Zentrum gerichtet?
Gruß
Oli
P.S.: „Ireneusz Cwirko“ haben da meine Cranksensoren richtig und stark angeschlagen?
stimmt, Astronomie ist die coolste und auch die schönste aller Wissenschaften!
und dann kommt die Physik … und dann laaaaang nix 😉 ja is leider so…
@mama said know
stimmt, Astronomie ist die coolste und auch die schönste aller Wissenschaften!
und dann kommt die Physik … und dann laaaaang nix 😉 ja is leider so…
es gibt auch neben astronomie und physik noch sehr interessante wissenschaften, die geisteswissenschaften haben schließlich auch noch so einiges zu bieten 😉
so faszinierend astronomie ist, aber die methoden bzw die ausführung der methoden ist auch nicht immer spannend (kann ich mir zumindest vorstellen, wenn ich florians antwort oben lese).
„stimmt, Astronomie ist die coolste und auch die schönste aller Wissenschaften!
und dann kommt die Physik … und dann laaaaang nix 😉 ja is leider so…“
Das kommt wohl eher auf den persönlichen Standpunkt an…
Anthropologie ist auch cool 😉
Neurologie auch , besonders interessiert mich grade die Wirkweise von Lysergsäuredethylamid und Dimethyltryptamin auf die Blutschranke und den visuellen Kortex…
stimmt natürlich es gibt noch eine ganze reihe interessanter wissenschaften und nicht nur in den nawis; es geht doch nichts über einen interdisziplinären rundumblick 🙂
Hallo Florian,
schon länger lese ich Deinen Blog und das sehr gerne. Diesen Artikel finde ich wieder besonders gelungen, weil er mit soviel Begeisterung verfasst ist. Er enthält auch eine schöne und für mich entscheidene Passage:
„Ein Astronom kann seine Forschungsobjekte nicht anfassen, er kann sie nicht direkt untersuchen, er kann normalerweise nicht mal annähernd in ihre Nähe kommen. Alles was bleibt, ist das Licht, das aus teilweise unvorstellbar weiten Entfernungen irgendwann auf die Detektoren des Teleskops trifft. Trotzdem haben es die Astronomen geschafft, aus diesem bisschen Licht eine Vielzahl an Informationen abzuleiten.“
Ich finde es faszinierend, was die Astronomie leistet. Aber leider verstehe ich nicht sehr viel von Eurer Arbeitsweise, aufgrund mangelndem Talent im mathemathisch-physikalischem Bereich. Durch Deinen Blog bekomme ich den Endruck, zumindest das Wesentliche zu begreifen. Danke dafür.
Als gelernter Historiker muss ich Deinem Diktum, Astronomie sei die coolste aller Wissenschaften, natürlich dennoch widersprechen. Aber vielleicht kommt sie gleich danach… Die Arbeitsweise, aus willkürlich erhalten gebliebenen, schriftlichen Quellen, den Verlauf der langsam verblassenden Vergangenheit zu rekonstruieren, hat zudem ein wenig Ähnlichkeit mit der hier beschriebenen Methode – auch wenn die Ergebnisse stärker anzweifelbar sind, als die Euren. Aber das ist der Reiz, resp. das „Coole“, an der Geschichtswissenschaft. Denn die Ergebnisse entstehen durch den wissenschaftlichen Diskurs.
In diesem Sinne unterstütze ich auch Deinen hier schon des öfteren ausgefochtenen Kampf gegen die Pseudowissenschaften, Weltuntergangsverschwörungen und dergleichen mehr.
@Frank: „Als gelernter Historiker muss ich Deinem Diktum, Astronomie sei die coolste aller Wissenschaften, natürlich dennoch widersprechen. „
Das war natürlich auch nicht wirklich ernst gemeint!
@Unwissend: Tu mal lieber die Daucus!
Naja, es gibt auch andere Bereiche der Physik die sich solch schweren Problemen widmen.
Florian, kennst du bereits dieses Video?
https://www.phdcomics.com/comics/archive.php?comicid=1489
Ich finde den Enthusiasmus der da mitschwingt so toll.
PHANTASIELOS
Astronomie ist cool. Aber leider wird in der Astronomie nicht konsequent genug getrennt zwischen Wissen und Vermutung, bzw. Interpretation. Hier geht es drunter und drüber. Ich glaube würde man ehrlich trennen, gäbe es nicht viel verständliches zu berichten. Die Fragen wären viel größer an Zahl, die Antworten verschwindent. Aber der Mensch ist einfach gestrickt und will immer Antworten. Antworten sind Erfolge, bleibende Fragen Niederlagen.
Ein ernsthaftes Problem in den Wissenschaften überhaupt.
Und schließlich sind dann die Wissenschaftler nicht sehr mutig oder nicht sehr fantasievoll in dem, WAS Sie uns dann aus ihren Daten für Erkenntnisse herausfiltern. Das scheint ebenfalls am sehr engstirnigen und spröden wissenschaftlichen Gehabe zu liegen. Man würde sich ja vielleicht lächerlich machen usw. Schade, so sind wir wieder auf die Jules Vernes unter den Autoren und die Filmindustrie angewiesen, die uns die Vielfalt der Möglichkeiten eher aufschließen, als die Wissenschaft. Und das ist trotzdem kein bischen falscher, als das was uns die Wissenschaft glauben machen will. Aber wenn wir logisch denken würden und uns gleichzeitig weniger an Zusammenhänge aus unserem irdischen Bewußtsein klammern könnten, kämen natürlich noch ganz andere Vermutungen heraus. Das wir nichts wirklich wissen, kann man wiederum an einer einfachen Analogie aus unserem irdischen Dasein heraus sichtbar machen. Stellen wir uns vor, wir sind Höhlenbewohner und leben unser Leben am Grunde eines Höhlengewässers. Waren noch nie draußen in der freien Natur. Wir sehen von da unten manchmal ein Licht in die Höhle hineinkommen, ein anderes Mal sehen wir Reste von anderen Stoffen, die zufällig in die Höhle trudeln, oder manches mal sogar ein anderes Lebewesen. Jedesmal finden wir neue Erkenntnisse, wir forschen und nehmen jedes Neue begierig auf. Aber können wir jemals aus unserem Höhlenbewußtsein heraus mit noch so großer Intelligenz auf den ganzen Reichtum unserer Erde schließen? JEMALS? Überlegt euch das mal mit unseren sogenannten „Erkenntnissen“ bezogen auf das Weltall.
@Ekat: „Aber leider wird in der Astronomie nicht konsequent genug getrennt zwischen Wissen und Vermutung, bzw. Interpretation. „
Ja? Wo denn? Dein Kommentar ist zwar lang, aber etwas substanzlos und beschränkt sich im wesenlichen auf „Wissenschaft ist irgendwie doof“. Also: Wie wäre es mit etwas konkreter Kritik?