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Das hier ist die Rezension eines Kapitels von „Der Stoff aus dem der Kosmos ist“ von Brian Greene. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel kann man hier finden.




Die ersten vier Kapitel des Buchs stehen unter dem Überbegriff „Schauplatz der Wirklichkeit“ und Kapitel 1 trägt den Titel „Wege zur Wirklichkeit“. Greene beginnt mit einer Geschichte aus seiner Jugend in der er das Buch „Der Mythos des Sisyphos“ von Albert Camus gelesen hatte. Dort heisst es ja gleich zu Beginn:

„Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Sich entscheiden, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heißt auf die Grundfrage der Philosophie antworten. Alles andere – ob die Welt drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien hat – kommt später. Das sind Spielereien; erst muss man antworten“

Sind physikalische Welterklärungen wirklich nur zweitrangige „Spielereien“? Nein, meint Greene.

Natürlich hat Camus in gewissen Sinn Recht. Bevor wir irgendetwas anderes treiben, müssen wir uns erstmal dazu entschließen, das Leben an sich für sinnvoll und lebenswert zu halten. Aber Camus scheint die Möglichkeit zu verwerfen, dass eine Beschäftigung mit den Dimensionen der Welt oder den Kategorien des Geists bei der Lösung des grundsätzlichen „Problems des Selbstmordes“ hilfreich sein kann. Greene schreibt dazu:

Dem angehenden Physiker kam es so vor, dass sich das Leben nur angemessen würdigen ließ, wenn man zuvor den Schauplatz des Lebens verstanden hatte: das Universum.

Und da hat Greene nicht Unrecht. Wenn die Menschen irgendwo auf dem Niveau des Australopithecus stehen geblieben wäre oder wenn die Menschen, so wie Greene argumentiert zum Beispiel für immer unter der Erdoberfläche in Höhlen wohnen müssten und somit einen wesentlichen Teil der Wirklichkeit – den Himmel, die Erdoberfläche, die Sonne, die Sterne, etc – nicht wahrnehmen würden, dann wäre ihre Würdigung des Lebens doch erheblich eingeschränkt.

Je mehr wir über unsere Wirklichkeit, über unser Universum wissen, desto besser können wir unsere Rolle darin verstehen. Der Versuch, die uns umgebende Wirklichkeit zu erforschen ist aber knifflig. Wir haben mittlerweile gelernt, dass die menschliche Erfahrung nur „ein unzuverlässiger Leitfaden ist, wenn wir die wahre Natur der Wirklichkeit suchen“, wie Greene schreibt.

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Wissenschaftler haben es leichter als Sisyphos. Sie müssen nicht immer wieder neu anfangen sondern können auf der Arbeit ihrer Vorgänger aufbauen (Bild: Franz von Stuck, 1920)

Im Laufe der Zeit haben sich unsere Ideen von Raum und Zeit und unsere Vorstellung von Wirklichkeit dramatisch geändert. Am Anfang stand die „klassische Wirklichkeit“ und Isaac Newtons „absoluter Raum“ und die dazugehörige „absolute Zeit“. Auch wenn Newton nicht wirklich erklären konnte, was denn der Raum nun eigentlich genau ist – die Physik, die sich daraus entwickelte war äußerst erfolgreich und Ende des 19. Jahrhunderts glaubten viele Physiker, dass sie mit der Weltbeschreibung fast fertig wären. Ein paar Details blieben zwar noch – aber im großen und ganzen hätte man alles beschrieben und erklärt. In einem Vortrag mit dem Titel „Nineteenth century clouds over the dynamical theory of heat and light“ im Jahr 1900 sprach der berühmte Physiker zwar von zwei kleinen „Wolken“ am Horizont die mit der Bewegung des Lichts und der Strahlung erwärmter Körper zu tun hatten – aber die würde man bald lösen und dann wäre die Physik quasi fertig.

Nun ja. Diese beiden Wolken verzogen sich nicht so schnell. Genauer gesagt haben sie die klassische Physik komplett über den Haufen geworfen. Die erste Wolke von Kelvin hat nur ein paar Jahre später zu der Revolution geführt, die Albert Einstein mit seinen Relativitätstheorien (Teil der „kostbarsten Errungenschaften der Menschen“ wie Greene sagt) ausgelöst hat. Die zweite Wolke, das Problem der „Ultraviolett-Katastrophe“ bei der Analyse von energieabstrahlenden Körpern konnte erst gelöst werden, als Max Planck ein neues physikalisches Konzept einführte: die Quanten.

Und dort, wo die Relativitätstheorien zwar entgegen aller menschlichen Intuition aber immer noch im Rahmen der klassischen Physik bzw. klassischen Wirklichkeit verständlich waren, scheint die Quantenphysik eine ganz andere Realität zu beschreiben. Probleme traten auch bei der Kosmologie auf. Eine der fundamentalsten und alltäglichsten Eigenschaften unserer Welt entzog sich standhaft einer Erklärung: die Zeit! Warum läuft sie immer nur in eine Richtung ab? Warum sieht man immer nur Glas zerbrechen – aber nie „entbrechen“? Warum erinnern wir uns nur an die Vergangenheit aber nie an die Zukunft? Usw. Die physikalischen Gesetze und Theorien sehen nichts dergleichen vor! Die machen genausoviel Sinn, wenn man die Richtung der Zeit umkehrt. Warum ist dann unsere Wirklichkeit aber eine, in der die Zeit eine bestimmte Richtung bevorzugt? Um dieses Problem lösen zu können, muss man bis zur Entstehung des Universums zurückgehen – und mit Einsteins Relativitätstheorie war das nun sogar möglich!

Aber leider nicht ganz. Die ersten Problem der neuen Urknalltheorie konnte man durch die Einführung der inflationären Kosmologie beheben die viel bessere und genauere Vorhersagen machte als die normale Urknalltheorie. Aber irgendwann gab es Probleme anderer Art: die Relativitätstheorie versagt dort, wo die Dinge sehr klein werden. Das ist die Domäne der Quantenmechanik – die aber keine schweren Dinge beschreiben kann. Das Universum ganz am Anfang war aber klein und schwer. Was man bräuchte, wäre eine vereinheitlichte Theorie. Das könnte die Stringtheorie sein – und die beschreibt wieder eine komplett neue und andere Wirklichkeit.

Falls das hier für einige ein wenig zu schnell geht – keine Angst 😉 Greene gibt in diesem ersten Kapitel nur einen kleinen Überblick über die Entwicklung der Wissenschaft und einen Ausblick auf das kommende. Zu allem, was hier angesprochen wurdee werden später noch eigene und ausführliche Kapitel erscheinen!

Zum Abschluß des Kapitels kommt Greene noch einmal auf Camus und Sisyphos zurück. Er fand den Optimismus und das „Happy End“ des Buches zwar beeindruckend – hat sich selbst aber dann doch andere Vorbilder gesucht. Für ihn waren Newton, Einstein, Bohr und Feynman maßgeblich:

„Nachdem ich Feynmans Beschreibung einer Rose gelesen hatte (…) ware ich den Naturwissenschaften verfallen. Mich verlangte nach dem, was Feynman beschrieb: das Leben und das Universum auf allen möglichen Ebenen zu erfahren, nicht nur auf denen, die unsere unzulänglichen menschlichen Sinnen zufällig zugänglich sind. Die Suche nach den tiefsten Geheimnissen des Kosmos wurde zu meinem Lebensinhalt.“


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23 Gedanken zu „Selbstmord oder Physikstudium? Wege zur Wirklichkeit“
  1. Ich hab Greenes „Das elegante Universum“ regelrecht verschlungen und war dann von „Der Stoff aus dem der Kosmos ist“ ziemlich enttäuscht. Für einen Physiker ist das sicher interessant, aber für alle anderen bloß ein lauer Aufguss vom eleganten Universum ohne (wie gesagt für einen Nichtphysiker) nachvollziehbarer Struktur und Aussage.

    So hab ich damals zumindest gedacht.

    Beim Lesen des Blogeintrags ist mir jetzt aber aufgefallen, was mich wirklich von Anfang an bei den Buch abgeschreckt hat, so dass ich es nur widerwillig gelesen habe: Greenes Herangehensweise an Camus. Weil da offenbart sich die ganze Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaftlern. So wie sich Naturwissenschaftler – meistens zu recht – über naive Interpretationen (oder eigentlich Missinterpretationen) physikalischer Theorien bei fachfremden Geisteswissenschaftlern lustig machen, so naiv gehen Naturwissenschaftler an Geisteswissenschaften heran.

    Naiv ist vielleicht ein zu hartes Wort. Aber man versucht ein System mit den Methoden eines anderen Systems zu interpretieren und wundert sich dann, dass alles keinen so rechten Sinn macht. Man könnte auch sagen: Philiosophen sollten die Finger von der Stringtheorie lassen (auch wenn die durchaus philosophische Züge hat ;- ) ) und Physiker von der Philosophie. Am Ende kommen nämlich nur Interpretationen bei raus, die absoluter Käse sind und die jeweiligen Interpretatoren auch bei gutem Zureden einfach nicht verstehen, warum dem so ist.

  2. @Jörg: Dieses ungute Gefühl kenne ich auch, wenn sich Buchautoren zu weit aus dem Fenster lehnen und über Dinge reden, die nicht in ihr Fachgebiet fallen. Das kann anstrengend sein, wenn man sich als Leser in diesen Dingen besser auskennt, als der Autor. Dennoch finde ich Deine Kritik zu hart, denn zum einen schreibt ja Camus in einer Sprache, die uns allen zugänglich ist. Warum soll der Philosophielaie Brian Greene nicht in der Einführung zu seinem Buch anekdotisch seine Leseerfahrungen wiedergeben. Das ist doch menschlich. Wir haben doch alle unseren Camus gelesen, oder?

    Außerdem finde ich es schon wichtig, dass es Buchautoren gibt, die den Mut haben, die von Dir genannten zwei Welten zusammenzudenken (es gibt nämlich nur eine Welt), auch wenn das ein gefährliches Unternehmen ist. Gerade auch die Stringtheorie ist unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten sehr zu kritisieren. Gerade Philosophen, die nicht so sehr der Faszination des Formalismus erliegen, können hier hilfreich sein.

    Inhaltlich stimme ich allerdings Camus und Greene (oder Florian, das weiß ich jetzt nicht so genau ;-)) nicht zu. Ich halte es für lebensfern, erst den Sinn des Lebens klären zu wollen, bevor man sich über die Welt Gedanken macht oder umgekehrt zu glauben, die Würdigung des Lebens hänge vom Fortschritt oder dem Wissen über die Welt ab. Ich halte es da mit der Position von Bernulf Kanitscheider, die er in seinem Buch „Entzauberte Welt“ dargelegt hat. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist Ausdruck einer mangelnden Verwirklichung des Lebens, also eher pathologischer Natur. Um es mit Sigmund Freud zu sagen: „In dem Augenblick, in dem ein Mensch den Sinn und den Wert des Lebens bezweifelt, ist er krank.“

  3. @Florian:
    Deswegen schrieb ich ja auch „für einen Nichtphysiker“ strukturlos. Ich habe wirklich nicht nachvollziehen können, worauf er eigentlich mit dem Buch hinauswollte. Für mich wirkte das wie eine Sammlung von physiktheoretischen Essays, die mal mehr und mal weniger interessant sind. Ganz am Anfang stellt er die Frage „Was ist Raum?“ und das Ergebnis dieser Fragestellung ist, dass Greene mehr oder weniger direkt oder indirekt zugibt, dass er das auch nicht so recht weiß, aber das etwa 600 Seiten lang… was er jetzt aber mit dem Buch eigentlich sagen wollte, ist mir zumindest nicht klargeworden, vielleicht, dass ihm Sokrates mehr liegt als Camus ;-).

    Für mich war das Buch eigentlich das „Anti-Elegante-Universum“, das elegante Universum stellte 1999 (glaub ich) die Erfolge der Stringtheorie dar und „Der Stoff aus dem der Kosmos ist“ zeigt jetzt irgendwie, dass man seit der Einführung der M-Theorie keinen entscheidenden Schritt weitergekommen ist. Vielleicht hätte er mit dem Buch einfach nochmal 10 Jahre warten sollen, bis die ersten Ergebnisse, die das LHC bringen wird, interpretiert und bewertet sind.

    @Stefan:
    Jeder kann über Camus und den Mythos des Sisyphos sagen oder auch nur denken, was er will, aber ein Buch über die Struktur des Universums damit zu beginnen, dass man zeigt, dass man Camus nicht richtig verstanden hat oder zumindest nur auf einer sehr oberflächigen Weise verstanden hat, dann wirkt das auf mich wie… naja, wie der Papst, der die Dreieinigkeit Gottes mit dem Welle-Teilchen-Dualismus verglichen hat. 😉

  4. […Je mehr wir über unsere Wirklichkeit, über unser Universum wissen, desto besser können wir unsere Rolle darin verstehen…]

    Welchen Beitrag respektive welche Antworten trug die Physik (oder Astronomie) Ihres Erachtens zum Verständnis „unserer Rolle“ in unserer Wirklichkeit bei und wie kann Wissen über unser Universum uns dabei helfen, unsere Rolle in dieser Wirklichkeit besser zu verstehen?

  5. @D.Roel: „Welchen Beitrag respektive welche Antworten trug die Physik (oder Astronomie) Ihres Erachtens zum Verständnis „unserer Rolle“ in unserer Wirklichkeit bei und wie kann Wissen über unser Universum uns dabei helfen, unsere Rolle in dieser Wirklichkeit besser zu verstehen? „

    Nicht alle FRagen können im ersten Kapitel eines Buchs beantwortet werden. Einfach abwarten.

  6. „Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Sich entscheiden, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heißt auf die Grundfrage der Philosophie antworten… Dem angehenden Physiker kam es so vor, dass sich das Leben nur angemessen würdigen ließ, wenn man zuvor den Schauplatz des Lebens verstanden hatte: das Universum.“

    Ich würde sagen, das hat einen satanistischen Beigeschmack. Der Mensch will Gott spielen und entscheiden, ob er weiter leben darf oder nicht. Wenn „dem angehenden Physiker“ tatsächlich so ging, dann sind sie tot, bevor sie sterben, denn sie ihr wirkliches Leben bereits gegen theoretisches, unwirkliches Wissen getauscht haben. Und wenn morgen all diese modernen Theorien auf einmal zerschlagen werden, werden die Physiker sich in der Tat umbringen?

  7. Oh je .. schon wieder jemand, der glaubt, er wisse, wozu ein Gott da ist und was nur ein Gott darf.

    Der Mensch will Gott spielen und entscheiden, ob er weiter leben darf oder nicht.

    Wie spielt man denn Gott?

  8. @Orlov: Ach so – sie haben einfach nur nicht im Geringsten verstanden, worum es hier geht… Naja, kann ja mal passieren. Einfach nochmal lesen und drüber nachdenken.

  9. Sie selber tun so, als od nichts verstanden. Wenn es bei heutiger Generation von den Physikern tatsächlich um Leben und Tod geht, tun sie mir Leid. Eine wissenschaftliche Theorie kann kein Leben her schaffen oder ersetzen. Aus mener Sicht sind heutige Theorien nur ein Misthaufen. Und wenn man dafür ein eigenes Leben einsetzt, hat sein Leben verspielt.

  10. @Orolov: „Wenn es bei heutiger Generation von den Physikern tatsächlich um Leben und Tod geht, tun sie mir Leid.“

    Tut es ja nicht. Sie behaupten das nur ständig.

  11. Ob die moderne Physik etwas zu der Frage nach dem Sinn des Lebens beitragen kann oder nicht, wird sich erst entscheiden können, wenn eine erfolgreiche, vereinheitlichte Theorie existiert.
    Allerdings denke ich nicht, daß wir so lange warten müssen. Aus naturwissenschaftlicher Sicht, hier aus der Sicht der Biologie, kann es kaum einen Zweifel geben, was der Sinn des Lebens ist: Überleben im Dienste der Fortpflanzung.
    Aus geisteswissenschaftlicher Sicht ist die Antwort zwar nicht ganz so evident, aber doch absehbar: da „Sinn“ eine interpretierende Abstraktion ist, liegt es an jedem selbst, in seinem/ihrem Leben einen Sinn zu erkennen oder dem Leben einen Sinn zuzuordnen.

  12. „[…] Wenn die Menschen irgendwo auf dem Niveau des Australopithecus stehen geblieben wäre [sic] oder wenn die Menschen, so wie Greene argumentiert [sic] zum Beispiel für immer unter der Erdoberfläche in Höhlen wohnen müssten und somit einen wesentlichen Teil der Wirklichkeit – [sic] den Himmel, die Erdoberfläche, die Sonne, die Sterne, etc [sic] – [sic] nicht wahrnehmen würden, dann wäre ihre Würdigung des Lebens doch erheblich eingeschränkt.“

    Großer Schwachsinn. Hier reden blinde von der Farbe. Bitte aufhören.

  13. Im ersten Kapitel schreibt Greene über die Asymmetrie des Zeitpfeils. Er wundert sich darüber, weil mathematisch gesehen die Richtung der Zeit, ob vor oder zurück, gleichbehandelt wird, bzw. die Zeit müsste eigentlich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zurückzudrehen sein.

    Er schreibt z. B. auf Seite 28: „“Denn es erweist sich, dass die bekannten und anerkannten Gesetze der Physik keine solche Asymmetrie zeigen.“

    Darüber hab ich als Nichtphysikerin, die nur die Mittlere Reife hat – deshalb bitte nicht über meine Vorstellungen lachen – nachgedacht. Dabei ist mir aufgefallen, dass – praktisch gesehen, unseren Erfahrungen zufolge- die Gravitation ebenfalls asymmetrisch ist. Alles fällt von allein nach unten, nichts nach oben. Daran wird sich praktisch auch nichts ändern, wenn nicht irgend eintritt: Wenn irgend ein der Erde ebenbürtiger Himmelskörper uns zu nahe käme… Abegesehen davon, dass wir dann wahrscheinlich das Gefühl hätten, uns würde der Himmel auf den Kopf fallen…

    Was ich sagen will: Vielleicht ist die Zeit ja dem Gesetz der Trägheit unterworfen. Wenn ein Ball in eine Richtung rollt, dann braucht es eine Kraft, ihn zu stoppen und eine noch größere Kraft, ihn in die andere Richtung zu bewegen.

    Ein Aspekt der Zeit ist ja mit der Bewegung der Erde um sich selbst und um die Sonne verknüpft. Immerhin messen wir die Zeit anhand dieser Drehungen. Tag und Nacht, Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Erde dreht sich im Kreis – aber! – nur in eine Richtung. Sie dreht sich und dreht sich immer in die eine Richtung im Kreis herum. Die Erde ist damit dem Gesetz der Trägheit unterworfen. Es bräuchte schon eine gehörige Kraft, sie zu stoppen und in die andere Richtung zu schubsen.

    Wenn nun aber die Zeit mit der Erde verbunden ist (mit dem Raum, dem Ort), dreht sie sich wahrscheinlich mit, nur dass – nach meinen Vorstellungen – die Zeit sich nicht exakt wie die Erde im Kreis bewegt, sondern spiralenförmig. Also, jedesmal, wenn die Erde an ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt mit der Zeit im Schlepptau, schraubt sich die Zeit vielleicht einen Schritt nach oben und entfernt sich damit in eine Richtung von der Erde. Jedes Jahr geht sie spiralenförmig einen Schritt weiter nach oben. Vielleicht verjüngt sie sich auch jedesmal dabei. Vielleicht ist das ja der Grund, warum ältere Menschen die Zeit als immer schneller rasend empfinden.

    War nur so eine Idee von mir. Allerdings glaube ich, dass die Zeit nicht wirklich ist, sondern auch nur so ein Hilfsmodell ist, anhand dessen wir Ereignisse und Orte verknüpfen, messen und bestimmen können. Orte, Dinge und Menschen usw. verändern sich , und die Vorstellung von Zeit ist eine gute Erklärung dafür. Die regelmäßige Wiederkehr von Jahreszeiten etc. liefern Anhaltspunkte durch die Erdumdrehung für eine Zeitmessung. Es könnte ja genau so gut sein, dass alles, was möglich ist, alle Veränderungen und Ereignisse, die miteinander verknüpft sind, gleichzeitig stattfinden und vorhanden sind, aber unser Bewusstsein hat nicht die Kapazität, alles gleichzeitig wahrzunehmen. Deshalb setzt unser Gehirn alles in eine verständliche Reihenfolge (Ursache und Wirkung) und lässt uns alles nacheinander erleben. Auf diese Art und Weise würde das Gehirn Ordnung in das Chaos bringen – zumindest in unserem Bewusstsein.

    Einen anderen Aspekt der Zeit könnte man anstatt mit einem Zeitpfeil auch eindimensional darstellen mit einem Zeit- Punkt. Denn eigentlich spielt sich alles in nur einem einzigen Augenblick, einem einzigen Zeitpunkt ab, im Jetzt, im gegenwärtigen Augenblick. Dass wir dennoch auch eine Vergangenheit haben, liegt doch nur daran, dass unser Gehirn all unsere Erfahrungen speichert, was die Voraussetzungen zum Lernen gibt. Wenn bei jemandem die Speicherfunktion gestört ist oder die Erinnerungsfähigkeit, für den gibt es keine Vergangenheit – wie bei Alzheimer. Der lebt nur in der Gegenwart.

    Und das Gefühl, dass es eine Zukunft gibt, ist auch eine Berechnung des Gehirns. Es hat die Regelmäßigkeit von Tag und Nacht und den Jahreszeiten gespeichert und folgt daraus, dass es auch so weitergeht. Es kommt ein Morgen ganz bestimmt.

  14. @junia: Nur mal kurz hier – ich hoffe, ich komme heute auch noch dazu, mir deine Gedanken zur Interferenz anzuschauen…

    Darüber hab ich als Nichtphysikerin, die nur die Mittlere Reife hat – deshalb bitte nicht über meine Vorstellungen lachen – nachgedacht.

    Mach‘ dich doch nicht selbst runter! Über Leute, die selbständig nachdenken, lacht doch keiner hier! (zum Lachen ist es erst dann, wenn manche Leute sich selbst gnadenlos überschätzen und trotz endloser Korrekturen darauf beharren, dass sie recht hätten und die ganzen Physiker doch einfach zu blöd wären… siehe z. B. drüben beim Artikel „Albert Einstein und die Astrologie“)

    Dabei ist mir aufgefallen, dass – praktisch gesehen, unseren Erfahrungen zufolge- die Gravitation ebenfalls asymmetrisch ist. Alles fällt von allein nach unten, nichts nach oben.

    Das stimmt zwar, hat aber nichts mit der Asymmetrie der Zeit zu tun. Diese Asymmetrie der Gravitation stammt im Prinzip aus den sogenannten Anfangsbedingungen, sprich: es hängt davon ab, welche Geschwindigkeit der Körper, den du betrachtest, am Anfang hat. Wenn du z. B. den Körper nach oben wirfst, dann bewegt er sich natürlich erst mal nach oben, er fällt also gerade nicht nach unten. (jetzt könntest du zwar einwenden, dass auch hochgeworfene Dinge alle wieder auf die Erde runter kommen – das stimmt aber auch nicht; einfaches Beispiel: Raumsonden!)

    Eine andere Betrachungsweise ist folgende: dass Dinge nach unten fallen, liegt daran, dass die Gravitation im Allgemeinen eine anziehende Kraft ist (im Gegensatz z. B. zu elektrischen Kräften, wo es Anziehung und Abstossung gibt). Bloss haben wir ja vor ca. 10 Jahren die sogenannte Dunkle Energie entdeckt – und die bewirkt eben gerade eine Abstossung, keine Anziehung, durch die Gravitation! Also gibt’s auch da wieder beide Fälle.

    Vielleicht ist die Zeit ja dem Gesetz der Trägheit unterworfen. Wenn ein Ball in eine Richtung rollt, dann braucht es eine Kraft, ihn zu stoppen und eine noch größere Kraft, ihn in die andere Richtung zu bewegen.

    Hübscher Vergleich. Aber bisher hat man eigentlich noch nie bemerkt, dass die Zeit durch Krafteinwirkung zu stoppen wäre… 😉

    Immerhin messen wir die Zeit anhand dieser Drehungen.

    Das ist zwar üblich – aber letztlich kann man Zeit natürlich auch ohne diese Drehungen messen (und das wird ja im Prinzip auch in den meisten Uhren gemacht!).

    Wenn nun aber die Zeit mit der Erde verbunden ist (mit dem Raum, dem Ort), dreht sie sich wahrscheinlich mit,…

    Dann dürfte doch auf anderen Planeten bzw. im Weltall keine Zeit vergehen, weil die anderen Planeten etc. ja nicht mir der Bewegung der Erde um die Sonne irgendwie verbunden sind. Ergibt wenig Sinn, oder?

    …nur dass – nach meinen Vorstellungen – die Zeit sich nicht exakt wie die Erde im Kreis bewegt, sondern spiralenförmig. Also, jedesmal, wenn die Erde an ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt mit der Zeit im Schlepptau, schraubt sich die Zeit vielleicht einen Schritt nach oben und entfernt sich damit in eine Richtung von der Erde. Jedes Jahr geht sie spiralenförmig einen Schritt weiter nach oben. Vielleicht verjüngt sie sich auch jedesmal dabei.

    Reichlich bizarre Vorstellung… (nicht negativ gemeint!) Könnte ich mir als künstlerische Darstellung hübsch vorstellen – aber physikalischer Sinn steckt da eher nicht drin. 😉

    Allerdings glaube ich, dass die Zeit nicht wirklich ist, sondern auch nur so ein Hilfsmodell ist, anhand dessen wir Ereignisse und Orte verknüpfen, messen und bestimmen können.

    Gut, da hast du etwas ganz Wesentliches erkannt! (Das wird übrigens hier auch gerade bei einem anderen Artikel diskutiert: „Verschwörungstheorien …“; siehe besonders die Kommentare von pirx!) Und was du dann im Folgenden zur Zeitwahrnehmung durch das Gehirn schreibst, klingt auch ganz vernünftig.

    Es könnte ja genau so gut sein, dass alles, was möglich ist, alle Veränderungen und Ereignisse, die miteinander verknüpft sind, gleichzeitig stattfinden und vorhanden sind, aber unser Bewusstsein hat nicht die Kapazität, alles gleichzeitig wahrzunehmen.

    Tja, vielleicht sollte man erst mal klären, was „gleichzeitig“ hier überhaupt heissen soll… 😉

  15. Bjoern,
    danke für Deine Antworten.
    Aber ist es denn nicht so, dass auf anderen Planeten oder im Weltraum die Zeit anders geht als auf der Erde? Woher stammt denn der Gedanke, dass jemand aus dem Weltraum zurückkehrt und inzwischen sind auf der Erde 1000 Jahre vergangen?

    Andere Planeten drehen sich langsamer oder schneller um sich selbst oder um andere Planeten oder Sonnen oder was weiß ich. Irgendwie hat das was mit der Geschwindigkeit zu tun, mit der man unterwegs ist. So in meiner Vorstellung. So müsste die Zeit langsamer oder schneller vergehen vom Standpunkt des/der anderen Planeten aus gesehen. Stimmt das nicht?

    Also wir bewegen uns mit der Erde durch den Raum. Auf unserer Erde müssten wir eine relativ stabile Zeit haben, relativ, wenn ich mich auf der Erde irgendwohin bewege… Wenn ich mich nicht mehr auf der Erde aufhalte, könnte die Zeit doch auch langsamer oder schneller vergehen – oder nicht?

    Tja und mit diesem „gleichzeitig“. Das ist eben so eine Hilfsvorstellung, die wir benutzen für Ereignisse, die… wie können wir das ohne Zuhilfenahme eines Zeitbegriffs überhaupt erklären? Ist schon ganz schön kniffelig. Aber ich finde, es macht Spaß, über sowas nachzudenken. Also, ich bin vielleicht sowas wie ein Möchtegernphilosoph

    Aber wegen der Bewegung unseres Planeten durch den Raum müsste hinsichtlich der Geschwindigkeit

  16. @junia:

    Aber ist es denn nicht so, dass auf anderen Planeten oder im Weltraum die Zeit anders geht als auf der Erde?

    Wenn du hier aus Effekte der Relativitätstheorie anspielst, dann muss ich dazu zweierlei sagen: Erstens mal kommt das darauf an, wie sich diese anderen Planeten relativ zur Erde bewegen. Zweitens dürfte das für die allermeisten Planeten kaum etwas ausmachen (höchstens so in der Größenordnung von einige Minuten Unterschied pro Jahr – müsste ich jetzt genauer nachrechnen, aber die Schätzung dürfte grob stimmen). Oder meintest du etwas anderes?

    Woher stammt denn der Gedanke, dass jemand aus dem Weltraum zurückkehrt und inzwischen sind auf der Erde 1000 Jahre vergangen?

    Ah, du meinst wahrscheinlich das berühmte Zwillings-Paradoxon. So extreme Zeitunterschiede treten nur bei sehr hohen Geschwindigkeiten auf (wenn jemand mit einer Rakete unterwegs wäre, die fast Lichtgeschwindigkeit erreicht); das hat nichts damit zu tun, dass auf anderen Planeten die Zeit anders vergehen würde!

    Andere Planeten drehen sich langsamer oder schneller um sich selbst oder um andere Planeten oder Sonnen oder was weiß ich.

    Das stimmt zwar – aber deshalb ist dort eine Sekunde immer noch genauso lang wie bei uns auf der Erde!

    Wenn ich mich nicht mehr auf der Erde aufhalte, könnte die Zeit doch auch langsamer oder schneller vergehen – oder nicht?

    Meinst du nicht, dass wir das schon längst hätten merken müssen? Es sind -zig Sonden außerhalb der Erde unterwegs, manche schon Milliarden von Kilometern von der Erde entfernt; und immerhin waren 12 Leute auch schon auf dem Mond. Nirgends hat man dabei bisher einen anderen Zeitablauf festgestellt als auf der Erde (bis auf sehr kleine Effekte der Relativitätstheorie – aber das meinst du hier nicht, glaube ich)

    Tja und mit diesem „gleichzeitig“. Das ist eben so eine Hilfsvorstellung, die wir benutzen für Ereignisse, die… wie können wir das ohne Zuhilfenahme eines Zeitbegriffs überhaupt erklären?

    Ja, genau auf das wollte ich hinaus. 😉

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