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Das hier ist die Rezension eines
Kapitels von „Der Stoff aus dem der Kosmos
ist
“ von Brian Greene. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel kann man hier finden.



In Kapitel 8 hat Greene erklärt, wie wichtig Symmetrien sind und wie viel sich aus den grundlegenden Symmetrien über unser Universum herausfinden lässt. Noch interessanter wird es, wenn man schaut, wie das mit den Symmetrien am Anfang des Universums war und was passiert ist, als es im Laufe der Zeit abkühlte.

Der Eiswürfel ist uns schon früher im Buch begegnet und sein Schmelzen hat uns direkt bis zum Urknall geführt. Jetzt kann er nochmal als Beispiel dienen um eine wichtige Eigenschaft der Symmetrie zu verdeutlichen: Wärme kann Symmetrien verändern. Das sieht man hier recht schön:

Zuerst waren da ein paar Eiswürfel – am Ende ist nur noch noch Wasser. Beides ist H2O – aber Eis und Wasser sehen völlig unterschiedlich aus. Wüssten wir nicht, das beides aus dem gleichen Stoff besteht und würde man uns ein Glas Wasser und einen fest gefroreren Eiswürfel vorsetzen, dann wären wir wohl sehr überrascht, wenn man uns sagen würde, das es sich bei beidem um die gleiche Substanz handelt. Und das H2O ändert nicht nur sein Erscheinungsbild – auch die Symmetrie ändert sich. Wasser in flüsiger Form ist sehr symmetrisch. Ein Schluck Wasser unterscheidet sich kaum vom anderen und ich kann ihn hin und her drehen soviel ich will und werde keinen Unterschied merken. Wenn ich die Temperatur aber soweit senke, dass ich irgendwann 0 Grad unterschreite, wird diese Symmetrie plötzlich gebrochen. Das Wasser wird fest und damit deutlich weniger symmetrisch als vorher. Ich kann die Symmetrie aber auch erhöhen indem ich das Wasser erhitze bis es verdampft. Wasserdampf ist noch symmetrischer als flüssiges Wasser.

Startet man mit Wasserdampf und kühlt ihn langsam ab, so werden ich zuerst bei 100 Grad und dann bei 0 Grad zwei Phasenübergange bemerken, bei denen jedesmal die Symmetrie verringert wird. So stellt man sich das auch beim Universum in seiner Gesamtheit vor. Das war ja früher, kurz nach dem Urknall dramatisch viel heißer als jetzt, wo die Temperatur knapp über dem absoluten Nullpunkt liegt. Und auch beim Abkühlen des Universums hat es Phasenübergänge gegeben. Das, was hier kondesierte, war allerdings kein Wasser sondern ein Higgs-Feld.

Über Felder hat Greene ja schon früher gesprochen. Zu jeder Kraft kann man sich auch ein passendes Feld denken (das Magnetfeld ist wohl das anschaulichste Beispiel). Die Kraft wird in solchen Feldern dann durch spezielle Teilchen beschrieben. Das Photon überträgt beispielsweise die elektromagnetische Kraft; Gluonen sind für die starke Kernkraft verantwortlich und W- bzw. Z-Teilchen für die schwache Kraft. Alle diese Teilchen hat man auch im Experiment nachgewiesen; es fehlt noch das Graviton, dass die Gravitationskraft überträgt. Dann kann man sich auch noch die Wellenfunktionen der Quantenmechanik als Felder denken, die die Teilchen beschreiben. Und neben Kraftfeldern und Materiefeldern soll es auch noch eine dritte Art von Feld geben: das Higgs-Feld.

Das ist ein ganz besonderes Feld. Denn je heißer die Temperatur ist, desto stärker fluktuieren Felder im Allgemeinen. Das bedeutet, dass sie um den Wert Null schwanken. Kurz nach dem Urknall war es wahnsinnig heiß – 1032 Kelvin. Die Felder schwankten wild hin und her. Als das Universum dann immer kühler wurde, wurden auch die Schwankungen geringer und haben sich irgendwann bei Null eingependelt. Nicht so beim Higgs-Feld! Das kondensiert bei einem nichtverschwindenden Wert!

Greene erklärt das mit einem Frosch in einer Schüssel (Greene findet immer super Vergleiche 😉 ). Angenommen, wir haben eine normale Schüssel in deren Mitte ein Haufen Würmer liegen, die der Frosch gerne essen will. Leider waren wir fies und haben die Schüssel aufgeheizt. Damit er keine heißen Füße kriegt, springt er wie wild in der Schüssel rum. Erst wenn es kühl genug wird, wird er sich in Ruhe in der Schüsselmitte niederlassen. Das entspricht den Feldern, die zuerst wild rumschwanken und sich dann bei Null einpendeln. Nehmen wir nun keine normale Schüssel, sondern eine, die in etwa so aussieht:

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Jetzt liegen die Würmer nicht in der Mitte, sondern unten drumherum und auch der Frosch wird sich nach dem Abkühlen der Schüssel nicht im Zentrum niederlassen, sondern ein Stückchen weit weg. Das entspricht einem Feld, dass nach dem Abkühlen einen Wert ungleich Null annimmt, so wie das Higgs-Feld. Und dieses Feld macht tolle Dinge!

Es ist die Grundlage des Higgs-Mechanismus der erklärt, wieso die Dinge eigentlich eine Masse haben. Denn Einstein hat in seiner Relativitätstheorie zwar erklärt, wie Masse sich auf die Raumzeit auswirkt – aber warum die Dinge überhaupt verschiedene Massen haben konnte er nicht sagen. Das soll nun mit dem Higgs-Feld gelingen. Da dieses Feld immer einen Wert ungleich Null hat, durchdringt es den gesamten Raum. Überall wo wir ein „leeres“ Vakuum sehen (und auch überall sonst) ist in Wirklichkeit nicht Nichts – sondern das Higgs-Feld. Und das interagiert mit allen anderen Teilchen – und das unterschiedlich. Dafür gibt es die bekannte Metapher mit den Prominenten und der Menschenmenge: angenommen, ein Promi wie z.B. Britney Spears kämpft sich durch eine Menge von Fans und Reportern. Sie wird dabei nur sehr langsam voran kommen, weil alle etwas von ihr wollen. Ein unbekannter Nobody kann dagegen die Menschenmenge ungehindert durchqueren. So sollen auch die Massen der Teilchen zustanden kommen: manche Teilchen, wie z.B. das Photon interagieren gar nicht mit dem Higgs-Feld und rauschen einfach durch. Deswegen haben sie aus unserer Sicht gar keine Masse. Andere Teilchen, wie z.B. das Elektron oder das top-Quark sind „prominenter“ und das Higgs-Feld setzt ihnen mehr Widerstand entgegen. Sie haben daher eine größere Masse. Greene schreibt:

„Was wir uns normalerweise als leeren Raum vorstellen – das Vakuum, das Nichts – ist also entscheidend daran beteiligt, dass die Dinge in unserer Welt ihr vertrautes Erscheinungsbild annehmen.“

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Das Vakuum: auch wenns leer aussieht, ist es voller Higgs! (Bild: CC-BY 3.0)

Und wenn wir nun denn Higgs-Mechanismus mit der Symmetriebrechung kombinieren, dann kommen wir zur großen Vereinheitlichung. Als das Universum noch heiß war, hat das Higgs-Feld wild hin und her geschwankt und hatte im Durchschnitt den Wert Null. Das heisst aber auch, dass alle Teilchen masselos waren – denn ein Higss-Feld, das Masse erzeugen konnte, gab es ja nicht. Wenn es aber keinen Unterschied mehr zwischen den Teilchen gab, dann macht es auch keinen Sinn, von verschiedenen Teilchen zu sprechen. Wenn es keine Möglichkeit gibt, zwischen Photon und top-Quark zu unterscheiden, dann sind Photon und top-Quark identisch. Und nicht nur das: auch die Kräfte unterscheiden sich nicht mehr voneinander. Denn die werden ja durch die Übertragungsteilchen definiert – und die sind nun ja auch identisch.

Bei den sehr heißen Temperaturen die am Anfang des Universum geherrscht haben zeigt sich also eine den Naturgesetzen zugrunde liegende Symmetrie, die wir heute nicht mehr sehen, weil sie bei der Abkühlung des Universums gebrochen wurde.

Ein schönes und ästhetisch ansprechendes Modell: eigentlich gibt es nur eine einzige Kraft. Als das Universum aber dann kühler wurde kondensierte das Higgs-Feld zu einem nicht-verschwindenen Wert und verschleiert seit dem die der Wirklichkeit zugrunde liegende Symmetrie. Das, was wir als unterschiedliche Kräfte wahrnehmen, sind in Wahrheit nur verschiedene Ausprägungen der einen, gleichen Kraft. Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler – es fehlt der letzte experimentelle Beweis für die Existenz des Higgs-Feldes. Denn wie alle Felder braucht es ein Teilchen, dass die Wechselwirkung überträgt. Dieses Higgs-Boson konnte noch nicht entdeckt werden – aber genau dafür wurde u.a. ja der große Teilchenbeschleuniger LHC gebaut. Die Chancen stehen also gut, dass wir in den nächsten Jahren das letzte Puzzlestein finden.

Was das Buch angeht, fehlt uns auch noch ein Puzzlestein – nämlich die Frage nach dem Zustand niedriger Entropie ganz am Anfang. Wir wissen zwar nun, dass es durch die hohen Temperaturen sehr symmetrisch zuging – aber noch nicht, warum das so war. Wir müssen also noch ein wenig weiter zurück zum Anfang gehen…


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13 Gedanken zu „Große Vereinheitlichung und Higgs-Felder: im Vakuum ist jede Menge los“
  1. Schöne Erklärung der spontanen Symmetriebrechung und des Higgs-Mechanismus. Aber ich kann mir ein paar Anmerkungen nicht verkneifen ;-).

    „wieso die Dinge eigentlich eine Masse haben“ erklärt imho der Higgs-Mechanismus nur zu einem kleinen Teil: Den überwiegenden Teil der Masse (der normalen Materie) machen die Nukleonen der Atomkerne aus. Und deren Masse besteht zum Großteil aus Bindungsenergie der drei Quarks (+Gluonen+virtuelle Quarks+…). Die eigentliche Masse der drei Quarks (die aus der Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld resultiert) spielt nur eine geringe Rolle.

    Soweit ich weiß wurde der Higgs-Mechanismus eingeführt, um massive Eichbosonen (die W- und Z-Bosonen) zu erklären. Würde man diesen Teilchen „per Hand“ Masse zuweisen (wie dies bei Leptonen und Quarks im Grunde funktionieren würde), bräche dies die Eichsymmetrie und die Theorie wäre nicht mehr renormierbar. Die einfachste Lösung dieses Problems ist eben der Higgs-Mechanismus, der dann quasi nebenbei noch die Massen der anderen Teilchen „erklärt“. („erklärt“ in Anführungszeichen, weil dieser Mechanismus ja die unterschiedlichen Massen der Teilchen nicht wirklich erklärt oder vereinfacht. Statt unterschiedlicher Massen hat man halt unterschiedliche Kopplungsstärken an das Higgs-Feld.)

  2. Ausnahmsweise macht mich diesmal mißtrauisch, daß das alles so schön logisch aufgeht, daß sogar ein Laie wie ich die Zusammenfassung kapiert (oder es zumindest glaubt). Danke daher an Florian für die Verständlichkeit – und die Frage: wo ist der Pferdefuß, von der Fahndung nach dem Higgs-Teilchen mal abgesehen? ^^

  3. Ich verstehe nicht ganz, warum Wasser in der flüssigen Form symmetrisch sein soll, Eis aber nicht. Eigentlich weist ein Kristall als Zustand der niedrigsten Entropie doch auch den höchsten Grad an Symmetrie auf. Egal, welches Wassermolekül ich mir angucke, jedes hat die gleiche Umgebung, nämlich 6 andere Wassermoleküle um sich herum, schön entprechend der Polaritäten aufgereiht wie Perlen an einer Schnur.

    Wenn ich das Wasser jetzt aber über den Schmelzpunkt hinweg auftaue, wird das ganze amorph und manche Moleküle haben noch 4 Nachbarn, andere haben 2 oder 3 und die Orientierung ist auch wild in alle Richtungen. Im Gas haben wieder alle Moleküle die gleiche Umgebung, nämlich bei einigermaßen niedrigen Drücken, überhaupt keine Nachbarn.

    Aber aus meinem Grundverständnis würde ich annehmen, dass Wasser in der flüssigen Phase die niedrigste Symmetrie besitzt. Wahrscheinlich liegt es an meiner Definition von „Symmetrie“. Kannst du das ganze nochmal für einen armen Molekülklempner erklären?

  4. Ich verstehe nicht ganz, warum Wasser in der flüssigen Form symmetrisch sein soll, Eis aber nicht. Eigentlich weist ein Kristall als Zustand der niedrigsten Entropie doch auch den höchsten Grad an Symmetrie auf. Egal, welches Wassermolekül ich mir angucke, jedes hat die gleiche Umgebung, nämlich 6 andere Wassermoleküle um sich herum, schön entprechend der Polaritäten aufgereiht wie Perlen an einer Schnur.

    nein du verwechselst ordnung mit symmetrie
    eis ist weder rotations noch translationssymmetrisch sondern nur unter transformationen mit bestimmten winkeln (90°) und bestimmten längen (ein gitterabstand) invariant
    die kontinuierlichen symmetrien des flüssigen wassers sind also in diskrete gebrochen

  5. „Da dieses Feld immer einen Wert ungleich Null hat, durchdringt es den gesamten Raum.“

    Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht. Elaborate pls.

  6. @hiergiltdiestfu: Wenn das Feld einen Wert von Null hätte, dann wäre es nicht da. Da das nicht der Fall ist, ist es aber da – es „durchdringt den ganzen Raum“; überall ist das Feld vorhanden; eben weil es nicht Null ist.

  7. OK, vielen Dank – so macht das Sinn. Im Artikel klingts so wie: bei Null wär es noch da, würde aber nicht den gesamten Raum durchdringen.

  8. @ Florian:
    Moment, dass es ohne Higgs-Feld nur noch eine Teilchensorte geben soll leuchtet mir nicht ein. Masse ist ja nicht die einzige Quantenzahl in der sich verschiedene Teilchen unterscheiden.
    OK, bei verschwindendem Higgs sind alle Teilchen masselos und elektromagnetische und schwache Kernkraft sind identisch, soweit folge ich Dir.
    Aber erstens kann ich doch immer noch zwischen Photonen und Topquarks unterscheiden, weil erstere Bosonen (ganzzahliger Spin) und letztere Fermionen (halbzahliger Spin) sind, und zweitens ist meines Wissens die starke Kernkraft unbeeinflusst vom Higgsmechanismus, ich koennte also immer noch Quarks (stark wechselwirkend) und Leptonen (nicht stark ww) voneinander unterscheiden. Weiterhin sind auch bei vereinheitlichter elektroschwacher Kraft die Fermionen immer noch in Dubletts angeordnet, also habe ich (up-type <-> down-type)-Quarkpaare zwischen denen die elektroschwache Kraft vermittelt und analog fuer die Leptonen. Hab ich da jetzt irgendwas grob missverstanden?

  9. @Manea-K: Hab ich gesagt, dass es nur eine Teilchensorte geben soll? Was ich meinte und was Greene geschrieben hat war, die Kräfte vereinheitlicht werden (weil die Botenteilchen ununterscheidbar sind). Ich bin allerdings kein Experte für Teilchenphysik – kann also auf die Schnelle nicht mehr dazu sagen, als ich in Greenes Buch gelesen habe. Sorry.

  10. @Florian:
    Zumindest verstehe ich so die Saetze

    Wenn es aber keinen Unterschied mehr zwischen den Teilchen gab, dann macht es auch keinen Sinn, von verschiedenen Teilchen zu sprechen. Wenn es keine Möglichkeit gibt, zwischen Photon und top-Quark zu unterscheiden, dann sind Photon und top-Quark identisch.

    Wenn es Dir nur um die Vereinheitlichung der Kraefte geht, stimmt das so meines Wissens nach nicht. Zumindest Photon und Top-Quark bleiben unterscheidbar, da das eine ein Kraftteilchen und das andere ein Materieteilchen ist.
    Es kann sein, dass es per Supersymmetrie Moeglichkeiten zur Vereinheitlichung dieser Teilchen gibt, da weiss ich allerdings nicht genug von, aber das waere dann sowieso eine andere Geschichte und vom Higgs-Mechanismus unabhaengig.

  11. Die Idee von Peter Higgs ist unlogisch. In 1kg Masse ist eine Energie von 90 Billiarden Joule gebunden d.h. 1mg entspricht der Energie um 1000 T 9000 m hochzuheben. Diese Bindung kann NUR durch eine kinetische Kollision entstanden sein. Weil Energie im Universum nicht erzeugt werden kann muss die kinetische Energie von aussen erfolgt sein.Die Umwandlung der kinetischen Energie erfolgte durch streifende Friktion der Massequanten in Rotations-energie d.h. die Hadronen müssen rotieren. Die Erklärung von Dr, Harald Lesch, Masse besteht aus “ gegorener “ Energie zeugt von völligem Unverständnis. Der Urknall hatte nicht genug Energie um mc Quadrat zu erzeugen sondern nur m d.h. m war 90 Bill. mal leichter und konnte ohne Inflation verteilt werden. “ Raum “ besitzt keine physik. Eigenschaften.

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