Seit einiger Zeit wird überall wieder heftig über die Entstehung unseres Mondes diskutiert. Eine aktuelle wissenschaftliche Arbeit hat eine gewagte – und spannende – Hypothese aufgestellt: verantwortlich für die Existenz unseres Mondes könnte eine „natürliche Atombombe“ im Inneren der Erde gewesen sein.
Das klingt beeindruckend – ich bin aber trotzdem skeptisch.
Der Mond unserer Erde ist ziemlich außergewöhnlich. Schaut man sich die anderen terrestrischen Planeten im Sonnensystem an, sieht man schnell seine Sonderstellung. Merkur und Venus haben überhaupt keinen Mond und Mars nur zwei Winzlige, die vermutlich früher Asteroiden waren bevor sie der Mars eingefangen hat. Die Erde aber hat ein Riesending von einem Mond – so große Monde haben sonst nur die Gasriesen Jupiter und Saturn.
Wo kommt unser Mond also her?
Darwins Sohn und der Mond
Die erste wissenschaftliche Theorie zur Entstehung des Mondes wurde im 19. Jahrhundert von George Darwin (rechts) aufgestellt – Charles Darwins Sohn.
Laut dieser „Abspaltungstheorie“ hat sich die Erde früher viel schneller gedreht als heute und weil sie vor ein paar Milliarden Jahren auch noch nicht ganz fest sondern eher zähflüssig war, hat Material durch die schnelle Drehung von der Erde abgelöst und sich zum Mond geformt.
Diese Theorie erklärt gut die Zusammensetzung des Mondes: er besteht hauptsächlich aus Gestein wie das im Erdmantel. Aber sie hat ein gravierendes Problem: so schnell, wie die Erde sich drehen müsste, damit sich der Mond abspalten kann, hat sie sich niemals gedreht. Aus den Ablagerungen prähistorischer Meeresorganismen die ähnlich den Bäumen „Tagesringe“ bilden, weiß man, dass die Erddrehung früher tatsächlich schneller war. Vor 400 Millionen Jahren dauerte ein Tag nur 22 Stunden – heute sind es zwei Stunden mehr und Grund dafür ist die Gezeitenreibung. Aber die Erde drehte sich nie so schnell, wie sie es laut Abspaltungstheorie tun hätte müssen. Auch wenn es eine schöne Theorie war – solange man nicht erklären konnte, durch welchen Mechanismus sich der Mond von der Erde abspalten hätte sollen, war sie nicht zu gebrauchen.
Im Laufe der Zeit gab es noch einige andere Theorien, die aber alle ihre eigenen Probleme hatten. In den 1970ern begann man dann damit, die sogenannte „Kollisionstheorie“ zu entwickeln. Nach ihr sollte der Mond entstanden sein, als die Protoerde in der Frühzeit des Sonnensystems mit einem anderen Protoplaneten kollidierte. Bei dieser Kollision wurde Material aus der Erde herausgeschlagen und es bildete sich der Mond. Hier habe ich das alles detailliert beschrieben. Diese Theorie wird heute von so gut wie allen Astronomen als richtig angesehen.
Atomare Explosionen?
Zwei niederländische Wissenschaftler (Rob de Meijer und Wim van Westrenen) haben nun aber die gute alte darwinsche Abspaltungstheorie wiederbelebt. In ihrem Artikel „An alternative hypothesis for the origin of the Moon“ kombinieren sie Darwins alte Idee mit einem originellen neuen Einfall: der Grund für die Abspaltung des Mondes war nicht die schnelle Rotation der Erde, sondern eine atomare Explosion!
Obwohl die Rotation natürlich auch eine Rolle spielt. Im „>Darwin-Ringwood-Wise-Modell“ (benannt nach George Darwin und den Astronomen Ringwood und Wise, die Darwins Idee in dn 1960ern aufgriffen und modernisierten) rotiert die Protoerden immerhin mit einmal alle 2,65 Stunden um ihre Achse! Trotzdem reicht diese Geschwindigkeit noch nicht, um das nötige Material aus der Erde zu lösen. Es fehlt Energie – und de Meijer und van Westrenen haben eine interessante Idee, wo die hergekommen sein könnte:
„We show that this missing energy could be supplied by a supercritical georeactor in Earth’s core-mantle boundary (CMB), producing sufficient heat to vaporize and eject part of the bulk silicate earth.“
An der Grenze zwischen Erdmantel und Erdkern – also etwa 2900 Kilometer unter der Erdoberfläche! soll es einen „superkritischen Georeaktor“ gegeben haben der ausreichend Hitze erzeugt hat, um den Anstoß zur Mondentstehung zu geben.
Es ist tatsächlich möglich, dass sich auf natürlichen Weg nukleare Reaktoren bilden. Ein bekanntes Beispiel ist der Naturreaktor Oklo in Westafrika. Dort entstand eine Urankonzentration, in der eine Kettenreaktion einsetzte, die eine halbe Millione Jahre lang Energie erzeugte. Zwar nicht viel – aber immerhin noch eine Leistung von 100 kW. Allerdings war das auch schon vor 2 Milliarden Jahren und von einem natürlichen Reaktor kann man nicht allzuviel verlangen 😉
Frühere Arbeiten von de Meijer und van Westrenen haben ergeben, dass sich auch in der Frühzeit der Erde genug Uran und Thorium konzentrieren konnte um natürliche Reaktoren im inneren der Erde bilden könnten. Und so ein Reaktor soll vor etwa 4,5 Milliarden Jahren überkritisch geworden sein und so den letzten Anstoß zur Mondentstehung gegeben haben.
Eine interessante Hypothese! Aber ist sie auch plausibel? Wie erklärt dieses Szenario die heutige Eigenschaften des Mondes? Die Autoren schreiben:
Immediately after the separation of the proto-Earth and proto-Moon, the rotation period of the proto-Earth becomes 5.7 h. Due to tidal forces, energy and angular momentum are transferred from the Earth to the Moon until they have, with their increased mass, the present properties.
Ok – das ist nicht sehr aufschlußreich. Das müsste man schon detailliert erklären. Aber de Meijer und van Westrenen schreiben selbst, dass ihr Model nur ein qualitatives ist und kein quantitatives:
Quantitative models would require detailed dynamical calculations, but these will be hard to constrain due to the general lack of of data on the precise conditions in Earth’s deep interior 4.5 Ga ago.
Das ist meiner Meinung nach der größte Schwachpunkt der Arbeit. Für die Kollisionstheorie gibt es viele Simulationen, die – auch wenn sie die Realität nur näherungsweise beschreiben – die heutigen Eigenschaften des Erde-Mond-Systems recht gut beschreiben. So etwas bräuchte es auch für die revitalisierte Abspaltungstheorie.
Simulation der Kollisionstheorie (CC-BY-SA 3.0, Anynobody)
Mal sehen, wie die Theorie in der wissenschaftlichen Community ankommt. Und ob sich jemand findet, der probiert, entsprechende Simulationen durchzuführen. Dann könnte man vielleicht besser einschätzen, ob an der Theorie der nuklearen Explosion was dran ist. Denn der einzige andere Weg wäre momentan die genauere Untersuchung von Mondgestein. Da ist es allerdings zweifelhaft, ob wir hier in nächster Zeit neue Proben bekommen…
Übrigens sind auch die Geologen skeptisch: Gunnar Ries und Stryke haben ebenfalls – und lesenswert – über das Thema gebloggt. Gunnar hält das ganze für „Geophantasie“ und Stryke meint (gemeinsam mit Tilman Spohn vom DLR) dass „es nicht zur Aufheizung und Explosion käme, weil die Energie zuvor durch Vulkanismus abgebaut würde“.
So wie es im Moment aussieht, wird also die Kollisionstheorie in naher Zukunft nicht abgelöst werden. Aber spannend ist die ganze Geschichte auf jeden Fall…
*könnte* sich die Proto-Erde überhaupt so schnell gedreht haben, wenn man Modelle zur Sonnensystementstehung und Nachbarplaneten anschaut?
Irgendwas stimmt da nicht.
100 kW sind keine Energie, sondern Leistung und das nicht einmal sehr viel (gerade mal so viel wie die Heizleistung eines Mehrfamilienhauses).
@Florian
Schöne, lesenswerte Darstellung eines komplexen Sachverhalts!
@Youman: Die Info hab ich aus Wikipedia übernommen; dort stehts sowohl in der deutschen:
als auch der englischen:
Mich hat die Angabe auch irritiert und ich wollte das eigentlich nochmal checken. Aber das hab ich dann wohl vergessen 🙁 Außerdem hab ich Leistung und Energie vertauscht; Danke für den Hinweis!
In der Referenz von Wikipedia (https://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=ancient-nuclear-reactor&page=2) wird das genauer erklärt:
Ist also tatsächlich wenig. Weiß auch nicht, wie ich auf die Idee gekommen bin, dass das viel ist. Wahrscheinlich hat mich die Phrase „wie ein durchschnittliches Kernkraftwerk“ irritiert.
Aber danke für den Hinweis, ich besser das gleich mal aus!
Wenn dem so wäre, könnte man denn dann überhaupt mondgestein als vom mond bestimmen? müßte das nicht durch untersuchung der gesteinsproben bestätigt werden können?
Frugt der absolute Laie.
Hört sich irgendwie doch sehr abwegig an, einen Körper mit der Masse des Mondes in eine Umlaufbahn zu schießen. Sobald die mal quantitative Energiebetrachtungen machen, wird sich dieser Scherz wohl erledigen.
So mal als DAU gefragt, müsste man so eine Explosion nicht in irgendeiner Form radioaktive Spuren hinterlassen, die auf so eine Explosion hindeuten würden?
Immerhin kann ja der nichtdurchgebrannte Reaktor in Afrika nachgewiesen werden.
Solche Spuren müssten sich doch am Explosionsort sowie auf dem Mond nachweisen können.
@DAU: Naja, da der Reaktor knapp 3000 Kilometer unter der Erdoberfläche lag, wird ein Nachweis hier etwas schwierig werden…
@DAU: Das weitaus größere Problem wäre beim Nachweis ohnehin die lange Zeitspanne. Inzwischen wären die Meisten Spuren bereits zerfallen und zweitens wäre ja ein so großer Krater entstanden, das dieser innerhalb der Jahrmilliarden durch erosion und tektonik ohnehin nicht zu finden wäre und die Isotope nun als Hintergrundbelastung überall verteilt wären.
kennst du theorien darüber, ob der mond zur entstehung von leben auf der erde notwendig gewesen sein könnte? schließlich ist die existenz eines so großen mondes eine der ganz wenigen eigenschaften, die die erde außergewöhnlich machen und von anderen planeten abheben.
@Kristin:
Ich hab‘ auch wenig Ahnung davon, aber bei Wikipedia sind einige Eigenschaften aufgezählt, die Mondgestein von Erdgestein unterscheiden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mondgestein
@florian: Hier hab ich mehr zur Rolle des Mondes für das Leben auf der Erde geschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/05/kein-leben-ohne-mond.php
Ich sehe den Hauptschwachpunkt der Theorie beim Auswerfen des Materials. Eine Explosion an der Kern-Mantel-Grenze kann noch so energetisch sein, sie kann kein Material in die Umlaufbahn befördern. Jede ballistische Bahn, die ein aus dem Mantel herausgeschleuderter Körper haben kann, führt auf die Erdoberfläche zurück. So lange es keine Möglichkeit gibt, die Bahn des abgestossenen Trümmerteils im Raum irgendwie nochmals zu verändern, kann man so kein Material in eine Erdumlaufbahn bringen.
Bei einer Kollision zwischen zwei Objekten ist das hingegen kein Problem: im Moment der Kollision bewegen sich die Objekte mit Fluchtgeschwindigkeit aufeinander zu – ein Teil es Materials braucht nur noch auf Orbitalgeschwindigkeit abgebremst zu werden, was angesichts der Kollision nicht besonder schwer erscheint…
Mag sein, dass es einst Georeaktoren an der Kern-Mantel-Grenze gab. Das ist auch schon für sich allein interessant. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein Georeaktor den Mond hätte bilden können.
@Bynaus:
Sorry aber das ist in dieser Generalität schlicht falsch. Es kommt auf die Energie an, die da mitgegeben wird. Wenn dadurch Geschwindigkeiten größer als die Fluchtgeschwindigkeit erreicht wird, kann ein Körper sogar die Erde komplett verlassen. Oder wie meinen Sie wohl, wie Raketen in die Erdumlaufbahn kommen? Das sind auch ballistische Bahnen. Ob Staub und Gestein durch eine Nuklearexplosion auf derart hohe Geschwindigkeiten gebracht werden können, das wage ich auch mal zu bezweifeln, aber ganz grundsätzlich ist es schon möglich.
@Bynaus:
Stimme ich zu, der Explosionsdruck verbreitet sich immerhin gleichmäßig in alle Richtunge. Aus der Tiefe würde das Ergebnis nicht mal wie ein Pilz aussehen. Eher wie ’ne Blase, die platzt. Dann das radioaktive Material. Um eine große kritische Masse zu bilden, müsste es sehr, sehr schnell zusammengedrückt werden. Passiert es nur langsam, wie in der angenommenen Tiefe zu erwarten, kommt es bereits bei viel kleineren Mengen zu Kettenreaktionen, die dann verpuffen.
@Ludmila:
„Ob Staub und Gestein durch eine Nuklearexplosion auf derart hohe Geschwindigkeiten gebracht werden können, das wage ich auch mal zu bezweifeln, aber ganz grundsätzlich ist es schon möglich.“
Müßte für einen Orbit nicht auch sehr präzise die richtige Geschwindigkeit erreicht werden, damit das Zeugs weder auf die Erde zurückfällt, noch das Erdschwerefeld völlig verläßt?
Ihr Name und Blog wird mal wieder von Dieter Bremer für seine abstrusen Ideen mißbraucht!
https://www.allmystery.de/themen/gw60044
@H. M. Voynich: Die Mindestgeschwindigkeit, um in eine Kreisbahn zu kommen („1. kosmische Geschwindigkeit“) ist etwa 7,9 km/s, die Mindestgeschwindigkeit, um das Erdschwerefeld zu verlassen („2. kosmische Geschwindigkeit“) ist um den Faktor Wurzel 2 größer, also etwa 11,2 km/s. Ob man da jetzt davon reden will, dass man „sehr präzise die richtige Geschwindigkeit“ erreichen muss, ist wohl Ansichtssache – die Geschwindigkeit muss halt irgendwo zwischen diesen beiden Werten liegen.
Man kann’s auch so sehen: das hochgeschleuderte Zeug hat sicher keine einheitliche Geschwindigkeit. Ein Teil wird unter 7,9 km/s sein, ein Teil über 11,2 km/s. Die beiden Teile gehen „verloren“ (ersterer fällt auf die Erde zurück, zweiterer verschwindet in der Unendlichkeit 😉 ), und der Rest, was übrig bleibt, bildet dann halt den Mond. Müsste man jetzt nur noch quantitativ durchrechnen, wie groß dieser Rest ist…
Ja, und er spricht immer noch von „Materie-Antimaterie-Verschmelzung“.
Was für ein Honk.
Sehr schöner Beitrag, da merke ich wie stark ich noch an meinem Schreibstil arbeiten muss.
@ludmilla: Stimmt, wenn das herausgeschleuderte Material Fluchtgeschwindigkeit überschreitet, kommt es nicht zurück – aber dann bildet es natürlich auch keinen Mond. Es ging mir deshalb natürlich um Geschwindigkeiten kleiner der Fluchtgeschwindigkeit. Und da stimmt das, was ich geschrieben habe: Auf einer ballistischen Bahn, dh, einer ungestörten Freifallbahn, wird jeder von der Erdoberfläche aus abgeschossene Körper auf die Erdoberfläche zurückkehren. Deshalb kann man keine Kanonen verwenden, um Material in eine Umlaufbahn zu befördern. Nun wird dies aber ab und zu vorgeschlagen, aber das funktioniert nur, wenn die Bahn des Geschosses im All draussen nochmals angepasst wird, das heisst, man verwendet einen Raketenantrieb, um das Perigäum (der Punkt der nächsten Annäherung an den Erdmittelpunkt) über die Erdoberfläche hinauf zu heben. Da Trümmerteile einer Atomexplosion keinen Raketenantrieb und auch sonst keine Möglichkeit haben, ihre Bahn dort oben nochmals zu verändern, sondern im Gegenteil einer ballistischen, das heisst, freifallenden Bahn folgen, werden sie unweigerlich auf die Oberfläche zurück stürzen.
Raketen folgen eben keinen ballistischen Bahnen, so lange der Antrieb an ist. Eine Rakete neigt sich nicht dem Start ziemlich schnell zur Seite, um eine Geschwindigkeit paralell zur Erdoberfläche zu erreichen. Ein Geschoss ohne Antrieb kann das nicht.
@Bynaus
Ich nehme mal an du meinst: Ein senkrecht nach oben abgeschossenes Projektil kann keine Umlaufbahn einnehmen. Entweder es fliegt davon (v>2.kosm.) oder es fällt zurück auf die Erde.
Erst wenn das Projektil mit Winkeln <90° zum Erdboden abgeschossen wird, kann es eine Umlaufbahn um die Erde erreichen. Nämlich dann wenn seine senkrechte Geschw.komponente ausreicht um es in die Höhe h zu befördern. Und dort die Kreisbahngeschw. (Geschw. waagrecht zum Erdboden), seiner waagrechten Geschw.komponente entspricht.
Die Gravitationskraft beschleunigt das Projektil niemals waagrecht zum Erdboden. Diese waagrechte Geschw.komponente muß dem Geschoß deshalb bereits beim Abschuß auf dem Erdboden mitgegeben werden! Für einen Geostationären Orbit wären das bsw. v-waagrecht=2*36000 km*Pi / 24 h = 2,6 km/s.
@Bynaus
Ich nehme mal an du meinst: Ein senkrecht nach oben abgeschossenes Projektil kann keine Umlaufbahn einnehmen. Entweder es fliegt davon (v größer 2.kosm.) oder es fällt zurück auf die Erde.
Erst wenn das Projektil mit Winkeln kleiner 90° zum Erdboden abgeschossen wird, kann es eine Umlaufbahn um die Erde erreichen. Nämlich dann wenn seine senkrechte Geschw.komponente ausreicht um es in die Höhe h zu befördern. Und dort die Kreisbahngeschw. (Geschw. waagrecht zum Erdboden), seiner waagrechten Geschw.komponente entspricht.
Die Gravitationskraft beschleunigt das Projektil niemals waagrecht zum Erdboden. Diese waagrechte Geschw.komponente muß dem Geschoß deshalb bereits beim Abschuß auf dem Erdboden mitgegeben werden! Für einen Geostationären Orbit wären das bsw. v-waagrecht=2*36000 km*Pi / 24 h = 2,6 km/s.
Die Geschw. des Erdbodens beträgt am Äquator ca. 0,5 km/s. Ein am Äquator senkrecht nach oben abgeschossenes Projektil könnte daher nur einen Orbit mit dieser Kreisbahngeschw. einnehmen.
Selbst wenn das Geschoss an der Erdoberfläche Waagrecht abgeschossen wird, wird es zur Erdoberfläche zurückkehren (bei einem sehr gleichmässigen Gravitationsfeld zum Ort seines Abschusses). Es wird immer dorthin zurückkehren (versuchen), wo es die letzte Geschwindigkeitsänderung erfahren hat. Aus einem Waagrechten Abschuss mit 2.6 km/s von der Erdoberfläche kann man allerdings keinen Geostationären Orbit machen. Das Probjektil würde nicht einmal die Erde umrunden können, bevor es wieder zurück fällt. Die waagrechte Geschwindigkeit beträgt im GEO tatsächlich 2.6 km/s, aber die Bahnenergie ist sehr viel höher als jene, die ein Geschoss erhält, das mit 2.6 km/s an der Erdoberfläche abgeschossen wird.
Wie dem auch sei: man kann keine Kanonen benutzen, um Kugeln in die Erdumlaufbahn zu schiessen. Und ebenso kann man keine explodierenden Georeaktoren benutzen, um eine Mondmasse in den Orbit (!) zu schiessen.
@Bynaus
Das habe ich ja auch nicht behauptet. Ich schrieb waagrechte Geschw.komponente. Das dem Geschoß natürlich auch eine senkrechte Geschw.komponente mitgegeben werden muß, damit es auf die 36000 km Höhe steigen kann, hatte ich ja erwähnt.
@Bynaus
Sorry, aber das glaube ich nicht. Hast du eine Quelle für diese Behauptung?
@Aragorn: Also .. ehrlich gesagt find ich das relativ plausibel. Und daß Raketen definitiv keine ballistischen Flugkörper sind (sie haben einen Antrieb!), ist doch trivial.
Die „streifende Kollision“, die bei den beiden Forschern zugunsten der out-of-the-earth-poop-These aufgegeben werden soll, fängt doch schon mit einem Vektor an, der einen gehörigen Wert Richtung „Quer zur Erdoberfläche“ hat. Das würde mir auf den ersten Blick auch etwas mehr intuitive Sicherheit geben.
@Aragorn: Egal welche waagrechten und senkrechten Komponenten du wählst, du kannst eine Kugel nicht in eine Umlaufbahn einschiessen. Ihr Perigäum wird immer auf der Erdoberfläche liegen. Es gibt drei Möglichkeiten:
1. Du schiesst sie mit weniger als der nötigen Orbitalgeschwindigkeit (für die Erdoberfläche oder einen erdnahen Orbit ca. 8 km/s). Dann fällt sie irgendwo auf die Erdoberfläche zurück.
2. Sie erreicht Orbitalgeschwindigkeit, oder mehr, aber weniger als Fluchtgeschwindigkeit. Dann kehrt sie stets exakt zum Ausgangspunkt zurück, nach einer mehr oder weniger exzentrischen Bahn.
3. Sie erreicht Fluchtgeschwindigkeit.
Dafür braucht es keine spezifische Quelle: das ist elementare Physik, kannst du in einem guten Physikbuch nachschlagen.
@Bullet
Vielleicht hilft das hier?
https://www.schulphysik.de/java/physlet/applets/grav7.html
@Bynaus
@Aragorn:
„Eine Geschoß das nicht senkrecht zum Erdboden abgeschossen wird, hat ebenso eine Richtung „“Quer zur Erdoberfläche“. Warum sollte es einen Unterschied machen, ob die Materie nun durch eine streifende Kollision oder durch Schießpulver beschleunigt wird?“
Keine Ahnung. Aber das bedeutet jetzt für mich eher, daß ich keine der beiden Thesen mehr als funktionabel betrachten kann.
Okay. Da ich vor vielen Jahren bereits die Abhandlung von Isaac Asimov (mal nicht als SF-Autor, sondern als Rechenhandwerker) über die Doppelplaneten-These des Erde-Mond-Systems gelesen hab, warte ich jetzt erstmal auf ein hoffentlich stichhaltiges Argument von Ludmila. Wenn das nicht kommt, kann ich immer noch davon ausgehen, daß unser Mond kein Mond ist. 🙂
@Bynaus
Komisch, wieso beschäftigt sich dann die IEEE mit sowas? Und es ist eigentlich vollkommen egal, wie der Körper seine Geschwindigkeit erhält, ob jetzt durch Raketen oder durch einen einzigen Puls.
@Bullet
@Gluecypher
Das sind vermutlich Railguns die Geschoße in keine Erdumlaufbahn bringen sollen. Ich hatte unrecht, Bynaus hatte recht.
Ich bin jetzt auch überzeugt, daß mit irdischen Kanonen keine ungelenkten Geschosse in eine Erdumlaufbahn befördert werden können. Prinzipiell können sie das zwar schon. Nur fällt der erdnächste Punkt der Umlaufbahn mit dem Abschußplatz zusammen. Wenn man es auf einem 10 km hohen Berg abfeuert, dann ist es egal in welche Richtung man feuert. Das Geschoß rammt nach einem Erdumlauf immer den Berg.
@Bynaeus & Bullet und Aragorn:
Oh Gott, ich weiß, wo der Fehler in Bynaeus‘ Überlegung liegt. Das hier hat es mir offenbart:
Aber doch nur dann, wenn die Erde eine unendlich große Scheibe wäre. Ist sie aber nicht. Die Erde ist eine Kugel. Man muss jetzt „nur“ die Kanonenkugel schnell genug ausstoßen, so dass diese beim Fallen der Erdkrümmung folgt – also so dass die Kanonenkugel an der Erde vorbeifällt. (Stellt Euch vielleicht ne kleine Kanone auf dem Fußball vor, und versetzt Euch in die Kanonenkugel hinein!)
Hört sich bescheuert an, ist aber so. Wenn man die Kanonenkugel noch schneller abfeuert, dann kommt man in ne höhere Umlaufbahn. Wenn man die Kanonenkugel mit der Geschwindigkeit größer/gleich Fluchtgeschwindigkeit abfeuert, dann haut es diese aus dem System.
Ok rein praktisch gesehen kriegt man auf der Erde alleine wegen der Luftreibung nie eine Umlaufbahn knapp über einem Meter über dem Erdboden hin, aber rein grundsätzlich geht es.
Zwischen Fluchtgeschwindigkeit und Geschwindigkeiten, bei denen Zeugs wieder zurück auf die Erde fällt, liegen die Energien, welche stabile Umlaufbahnen erlauben. Das ist ein recht enger Bereich, aber grundsätzlich kann man den treffen.
Raffen Sie das echt nicht? Sie müssen schlicht die Energie, welche man für so eine Kreisbewegung braucht, ausrechnen und dann schauen, welche Geschwindigkeit sie bekommen, wenn Sie das gleich Bewegungsenergie setzen. Bingo!
Im Übrigen hatten wir das bereits als Forschungsfrage:
https://www.scienceblogs.de/ihre-forschungsfrage/2009/11/warum-legt-man-die-mond-umlaufbahn-eines-satelliten-nicht-so-dass-sie-ganz-knapp-uber-ein-interessantes-objekt-verlauft.php
Beispiel aus dem Forschungsalltag: Die Herkunft des Marsmondes Phobos, den wir demnächst genauer vermessen wollen.
Es werden derzeit zwei Szenarien diskutiert:
Szenario 1: Phobos ist ein eingefangener Meteorit.
Szenario 2: Phobos besteht im Grunde aus Marsgestein, das nach einem großen Meteoriten-Einschlag auf dem Mutterkörper aufgeworfen und sich dann in einer Umlaufbahn zusammengeklumpt hat.
Man kann durch ballistische Bahnen in die Umlaufbahn kommen. Auf dem Mars, auf der Erde und sonstwo. Es ist schlicht eine Sache der Energie. Mehr nicht. Und die Tatsache, dass Raketen zusätzlich noch einen Antrieb haben, ändert nichts daran, dass auch diese grundsätzlich ballistische Bahnen beschreiben.
@Aragorn:
Waaah nein. Siehe oben meine Erklärung. Lasst das mit dem Perigäum und rechnet (bitte!) erst mal mit Kreisbahnen und da mit den Energien. Ihr habt schlicht einen Fehler in Euren Überlegungen und von da ab ging alles schief.
P.S.: Übrigens hat Newton da eine sehr schöne Animation aufgetan, die hier wunderbar passt. Setzt V_senkrecht auf null und seht dann mal, welches V_horizontal mal einstellen muss, um ne Kreisbahn hinzukriegen.
@Ludmilla
Eigentlich geht es doch nur darum, ob die Umlaufbahn eines Geschosses, in jedem Falle wieder die Abschußstelle berührt?
Zumindest habe ich Bynaus so verstanden und hier mal versucht das in eine Skizze umzusetzen:
https://img718.imageshack.us/img718/6947/satellit.gif
Wenn wir eine Kanone hätten, die in der Höhe h waagrecht zum Erdboden ausgerichtet ist (Luftwiderstand sei vernachlässigt) und:
1) bei h=10 m ein Geschoß mit der Kreisbahngeschw. für h (7,9 km/s) abfeuern, dann folgt das der Erdkrümmung und bleibt in 10 m Höhe zum Erdboden. Nach einem Erdumlauf prallt es dann rücklinges auf die Kanone (die steht ja in 10 m Höhe).
2) bei h=10 m ein Geschoß mit mehr als Kreisbahngeschw. für h abfeuern (bsw. 10 km/s), dann nutzt dieses die überschüssige Energie um den Abstand zum Erdboden zunächst zu vergrößern.
a) erreicht diese Geschoß nun eine Kreisbahn ihn höherer Höhe h, oder
b) bewirkt die zusätzliche Geschw. das der erdfernste Punkt der Umlaufbahn anwächst, der erdnächste dagegen erhalten bleibt? Das Geschoß also immer noch, jetzt halt nur in einer Parabelbahn, wieder zum Abschußpunkt zurückkehrt?
Ich weiss es nicht. Vielleicht wäre hier eine Simulation der Bahnkurve notwendig? Beide Szenarien erscheinen mir plausibel.
Ich vermute mal die Jungs haben beim Sat1-SF-Thriller „Mond fällt auf die Erde“ abgekupfert. Da fällt ein brauner Zwerg in den Mond, Gravitationstörungen führen dann dazu, dass die ICEs über den Schienen schweben. Seriös palavernde Wissenschaftler im Anzug lösen das Problem dann, in dem sie eine Atomrakete mit solcher Wucht in den Mond schießen, das sie bis zum Zentrum durchschlägt, dort eine Atombombe zündet und den braunen Zwerg in Richtung Sonne weg sprengt. Die Filmfritzen hielten das wahrscheinlich qualitativ plausibel, und Quantitatives gilt für die nur beim Geldzählen.
@Ludmila:
Das ist klar. Aber sind diese Umlaufbahnen (bis auf eine, bei der die Geschwindigkeit gerade gleich der 1. kosmischen Geschwindigkeit ist) nicht alle Ellipsen, deren Perigäum eben am Ort der Kanone ist? Klar sind das auch Umlaufbahnen – aber eben nicht gewünschten Kreisbahnen (und man muss die Kanone rechtzeitig wegräumen, bevor die Kugel sie von der anderen Seite her wieder trifft 😉 ).
Aber es gibt doch unendlich viele Ellipsenbahne, bei denen die Gesamtenergie gleich groß ist wie bei der Kreisbahn. Zusätzlich zur Gesamtenergie kommt es doch auch noch auf den Drehimpuls an, welche Bahn eingenommen wird (Kreis oder Ellipse).
@Aragorn: Deine Skizze zu Bynaeus stimmt so nicht ganz – die Erde muss in einem der Brennpunkte der Ellipse stehen, nicht in ihrer Mitte. Die Bahn muss also nicht weiter nach „oben“ und „unten“ gehen (in der Skizze), sondern weiter nach rechts.
Deine Beschreibung (b) ist aber meiner Ansicht nach im Prinzip völlig korrekt. Gebundene Bahnen im Gravitationsfeld sind ja immer Ellipsen (Spezialfall: Kreise), in deren Brennpunkt die „Gravitationsquelle“ steht; die in der Skizze Ludmilla zugeschriebene Bahn ist offensichtlich keine Ellipse. Ja, schlimmer noch: die Bahnen müssen periodisch sein; die Ludmilla zugeschriebene Bahn ist nicht periodisch, weil der Ausgangspunkt nie wieder erreicht wird!
@Ludmilla:
Soweit ich sehe, bestreitet hier ja auch niemand, dass eine Kreisbahn *in selber Höhe wie die Abschussstelle* möglich ist. Was hier diskutiert wird, ist, wie man mit so einem Abschuss eine Kreisbahn erreicht, die *höher* liegt als der Abschussort. Und da muss ich mich all meinem Vorrednern anschliessen: das ist meiner Ansicht nach nicht möglich.
Natürlich sind Ellipsenbahnen möglich, die höher hinauf gehen (aber eben auch wieder auf Höhe der Kanone runter kommen!) – aber eben keine Kreisbahnen! Und genau das bräuchte man doch, um mit dieser neuen Hypothese zu erklären, wie man den Mond in eine Kreisbahn um die Erde kriegen soll…
@Bjoern
Ok, ich nehme alles zurück und verkünde das Gegenteil:
https://img713.imageshack.us/img713/4286/satellitgtqh.gif
Glückwunsch übrigens – endlich mal eine Diskussion, die sich lohnt zu verfolgen.
Eigentlich hatte ich hier (gerade bei dem Titel) nur mit sinnlosem Rumgebremer gerechnet.
@Aragorn: Danke, so ist’s hübsch. 🙂 Genau solche Bahnen kommen übrigens auch bei dem Simulator raus, den Newton weiter oben erwähnt hat, und den Ludmila dann auch noch mal empfohlen hat.
@Ludmila: Verstehst du jetzt, was die ganzen Leute hier meinen? Du hast, soweit ich sehe, die ganze Zeit gegen einen Strohmann argumentiert… Niemand behauptet, es wäre keine Kreisbahn in Höhe der Kanone möglich (auch wenn’s bei manchen durch unglückliche Wortwahl vielleicht so klang); das Problem, das hier diskutiert wird, ist: wie soll man durch so einen Abschuss eine *höhere* Kreisbahn erreichen?
Björn und Aragorn haben das ja schon gut erklärt (@Ludmilla: ich hoffe, dir ist jetzt klar, dass das ganze nichts mit der Form der Erde zu tun hat).
Man bedenke zusätzlich, dass die „Kanone“ im Fall des vorgeschlagenen Georeaktors an der Kern-Mantel-Grenze (!) liegt und das Material senkrecht zur Erdoberfläche aussschiesst, ohne jegliche laterale Komponente, das heisst, es ist gar nicht erst möglich, eine solche, zum Abschusspunkt zurückkehrende Kreisbahn zu erreichen, ohne dabei die Erdoberfläche zu treffen. DAS ist das Problem mit dem ganzen Modell, und so lange die Autoren keine Lösung dafür präsentieren oder das ganze mit einer Simulation untermauern (wie es sie auch für die Erde-Theia-Kollision gibt), bliebt das ganze für mich Unsinn.
Die Kanonen, die Projektile ins All schiessen sollen (und die tatsächlich vorgeschlagen wurden), setzen darauf, dass diese im All ihre Bahn nochmals leicht verändern (mit einem kleinen Raketenmotor, der in die Projektile eingebuat ist und im Apogäum zündet), dh, das Perigäum anheben. Bei Trümmern einer Atomexplosion ist das aber schwerlich vorstellbar.
So, da jetzt hoffentlich alle Unklarheiten beseitigt sind, klinke ich mich aus der Diskussion aus und fahre in die Skiferien. 🙂
@Bynaus: Ich will mich gar nicht einmischen: aber es geht nicht wirklich darum, dass irgendwas aus 3000 km Tiefe in den Orbit geschossen wird. Das ganze ist immer noch die alte Abspaltungstheorie: Erde rotiert schnell, ist flüssig -> Mond spaltet sich ab. Die Explosion im Erdinneren liefert nur den letzten energetischen Anstoß für die Seperation.
@Ludmila (nur vorsichtshalber):
Moment mal … berichtige mich, wenn ich falsch liege, aber sind ballistische Bahnen nicht deshalb ballistisch, weil die solcherart fliegenden Körper eben über keinen zusätzlichen Antrieb außer der Abschußenergie verfügen? Raketen tun dies eben nicht – zumindest vor Brennschluß. Aber eben dies ist ja der Unterschied zwischen einer Kanonnenkuggel und einer Rrrakete im Zusammenhang mit den möglichen Bahnen der irdischen Umlaufung.
Hmm, irgendwie bin ich jetzt verwirrt. Wenn ein von der Erde abgelöster Körper keine höhere Kreisbahn erreichen kann, dann müßte der Mond sich abgespaltet haben, als der längere Duurchmesser des damals schnell rotierenden Erdellipsoids 380000 km betrug. Ok, der Mond erfernt sich noch durch Gezeitenreibung. Aber zumindest die Rochegrenze müßte doch erreicht worden sein?
https://de.wikipedia.org/wiki/Roche-Grenze
Roche-Grenze Erde-Mond:
starr: 9496 km
flüssig: 18261 km
Demnach müßte zuerst eine Richtung der heutigen Erdkugel, mindestens um einen Faktor von 1,5…2,9 gedehnt worden sein? Und dann kam die Nuklearexplosion und trennte vom Erdellipsoid den Mond, außerhalb der Rochegrenze? Ist die neue Abspaltungstheorie so korrekt beschrieben?
Muß ja nicht direkt außerhalb der Roche-Grenze gewesen sein. Die Roche-grenze beschreibt ja m.E. nicht eine instantane Zerstörung eines Satelliten durch differentielle Gravitation. Da geht ja auch noch etwas Zeit ins, äh, Land. Und wenn in dieser (okay: relativ kurzen) Zeit die Entfernung des Mondes schnell genug wächst, wäre das ja eine Möglichkeit, zumindest das Roche-Problem zu umgehen. Aber der Mond käme ja trotzdem wieder zurück wie so ein doofer Bumerang. 🙂
Wo bleibt Ludmila? Ich will einen Verriß! *g*
@bullet
Mir gings eher darum: Kann der Mond in ein paar Milliarden Jahren, durch Gezeitenreibung, von 20000 km auf 380000 km Entfernung gebracht werden?
Früher war die Wirkung der Gezeiten Erde-Mond größer (Mond näher, Erdrotation schneller), und daher mehr als die heutigen 4cm/Jahr zu erwarten. Insofern reicht die Drehimpulsabgabe, infolge der Gezeitenkräfte, wohl leicht aus um die heutige Mondentfernung zu erklären.
Ok, Leutz ich hab es dann tatsächlich falsch verstanden und mich im Grunde selbst auch zwischendurch vertan. Sorry, Bynaeus, dass ich Dich da missverstanden habe. ABER wir kommen dennoch über ballistische Bahn in die Erdumlaufbahn. Nur anders 😉
Aragorn hat das mit dem Bild gut dargestellt, was das Problem ist und ich denke, so langsam kommen wir ner Lösung nahe.
Tatsächlich sollte die Rakete immer an ihrem Abschusspunkt vorbeikommen. Sofern keine weiteren Kräfte als das Gravitationsfeld auf die Bahn wirken und die nicht während des Fluges zusätzlich noch angetrieben wird. Das ist dann das, was sich alle wohl unter ballistisch vorstellen.
(Ich hab den allgemeineren Begriff verwendet, der sich auch in der Wikipedia findet A ballistic missile is a missile only guided during the relatively brief initial powered phase of flight and its course is subsequently governed by the laws of classical mechanics. Darunter fallen auch die Raketenbahnen, weil der Antrieb im Grunde nichts weiter macht, also da mehr Power zuzugeben. Ist aber zugegebenermaßen schwammig und verwirrt eher, also einigen wir uns auf den anderen.)
So weit, so gut:
Nach längerem Nachdenken komme ich aber dennoch zum Schluss, dass man mit ner Kanone grundsätzlich in einen Erdorbit kommen kann. Wenn man denn die Erdatmosphäre und da insbesondere die Luftreibung mit einbezieht. Und die wird jede elliptische Bahn rundlich machen. Ganz einfach daher, weil die Reibung proportional zur Geschwindigkeit des Körpers wirkt und daher ein Körper im Perigäum z.B. stärker abgebremst wird als im Apogäum. Je schneller sich der Körper bewegt, desto größer wird auch die Reibung. Je nach Model ~v oder ~v^2 und desto schneller sollte die Bahn runder werden-
Und da de Reibung vom Moment des Abschuss wirken wird, wird sich niemals die Ellipse ausbilden, die Bynaeus eingezeichnet hat, sondern eben eine rundlichere Bahn, für deren Erhalt man etwas weniger Energie bräuchte, als man ursprünglich beigegeben hat. Man verliert ja über die Reibung Energie.
Man braucht jetzt „nur“ genügend Energie, damit die Ellipse weit genug aus der Erdatmosphäre herausragt und den Rest erledigt die Reibung. Und ich meine, das geht mit der Reibung so schnell, dass man tatsächlich recht gut direkt in den Erdorbit kommt ohne groß zu korrigieren.
Ich kann mir aber auch vorstellen, wenn wir nun wieder zum dem Bild hier zurückkommen:
https://img713.imageshack.us/img713
dass es ein Zwischending zwischen rechts und links geben könnte. Mehrere Umläufe bei denen jedes Mal die Bahn weniger elliptisch und daher das Perigäum höher liegen wird. Bis auch das Perigäum komplett aus der Atmosphäre herausragt. Ich hab aber so etwas noch nie bewusst gesehen, sondern immer nur den Fall links im Bild. Kann also sein, dass solche Fälle gar nicht stabil sind, weil durch die Reibung so viel Energie verloren geht, dass das Ding gar nicht über die Erdatmosphäre kommt und er Orbit irgendwann wieder abfällt, weil zuviel Energie verloren geht.
Was meint Ihr dazu?
@Aragorn:
Jein. Der Drehimpuls, welche die Mondbahn vergrößert, kommt von der Erdrotation. Wenn sich also der Mond entfernt, dann musst Du auch die Erdrotation abbremsen bzw. sichergehen, dass die ursprüngliche Erdrotation zum Startpunkt auch physikalisch sinnvoll ist. So „leicht“ ist das auch nicht.
Nachtrag zur Erklärung oben. Dazu muss man natürlich wissen, dass sich ein Körper in ner elliptischen Umlaufbahn im Perigäum mit höherer Geschwindigkeit bewegt als im Apogäum.
@Ludmila
Hmm, deine Argumentation beruht doch darauf, daß bei einer kreisförmigen Umlaufbahn, die Bahngeschw. überall konstant ist?
Demnach könnte man aus einer Ellipsenbahn eine kreisförmigere Bahn machen, wenn man die Geschw.änderungen reduziert.
Ergo entweder:
a) im erdfernsten Punkt (Apogäum=kleinste Bahngeschw.) beschleunigen, oder
b) im erdnächsten Punkt (Perigäum=höchste Bahngeschw.) abbremsen.
a) hatte Bynaus bereits erwähnt, b) hast du nun eingebracht. Stellt sich noch die Frage: Steigt in beiden Fällen die Höhe des Perigäum?
Ich würde im Fall b) eher vermuten, das dieser das Apogäum senkt, am Perigäum aber nichts ändert? Das sich im Fall b) zwar eine kreisförmigere Umlaufbahn ergibt, deren erdnächster Punkt aber erhalten bleibt?
Nuja … wenn ich die Exzentrizität einer Ellipse verkleinere, heißt das auch, daß die Brennpunkte der Ellipse zusammenrücken und sich schließlich in einem Punkt – dem dann Kreismittelpunkt treffen.
Und da wirds meiner Meinung nach lustig:
wenn ich im Apogäum beschleunige, hebt sich das Perigäum an,
wenn ich im Perigäum bremse, senkt sich das Apogäum ab.
Im Endeffekt hast du dann zwei Kreisbahnen, die sich aber in der Höhe unterscheiden.
Wie jesacht – meine Ansicht. Kann wieder sein, daß ich was vergessen hab, aber bisher …
Ja, das ist sie, sonst wäre es kein Kreis.
Richtig.
Ja und wenn Du beides zusammen machst, könnte man das sogar so drehen dass die Ursprungsenergie erhalten bleibt. Oder Du kannst eben wie im Fall mit der Luftreibung im Perigäum stärker abbremsen als im Apogäum. Das ist dann ganz ähnlich als ob Du a) und b) gleichzeitig machst. Nur dass Du in diesem Fall Energie aus dem System verlierst.
Äh nein. Zum einen wirken die Kräfte nicht selektiv nur auf das eine oder auf das andere und zum anderen kannst Du nicht so einfach das Apogäum verändern, ohne automatisch das Perigäum zu verändern.
Nehmen wir mal an, dass Du es schaffst a) und b) zusammen zu machen und so zu bremsen und zu beschleunigen, dass die Energie im Grunde erhalten bleibt. Dann schau Dir den Flächeninhalt der Ellipse an. Und jetzt überlege Dir welcher Radius ein Kreis mit gleichem Flächeninhalt hätte. Da der Flächeninhalt physikalisch mit der Energie verknüpft ist, kriegst Du damit automatisch den Kreis raus, den man bei gleicher verfügbarer Energie wie bei der Ellipse umlaufen würde. Ich garantiere Dir in dem Fall liegt der Radius eines Kreises (bei dem Perigäum=Apogäum) zwischen den Werten der Ellipse. Wenn Du also das Apogäum senkst, hebst Du erst mal ganz automatisch das Perigäum mit an und umgekehrt.
Bei Reibung mit der Erdatmosphäre wird allerdings der resultierende Kreis kleiner sein als dieser maximal mögliche, weil man wie gesagt Energie aus dem System durch die Reibung verliert. Es kommt jetzt darauf an, wieviel Energie man im Endeffekt verliert. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das geht.
Aus meiner Sichtweise ist das ein Fall von „Verflixt, ich weiß, dass das geht, aber warum noch mal?“
Hehe … ja, das kenn ich. diese blöden Zwischenfragen können einen so richtig aus dem Konzept bringen.
@Ludmila
Hmm, irgendwie komme ich da nicht mit. Die Summe der potentiellen und kinetischen Energie pro auf einer Kreisbahn ist:
W_pot = -GMm/r
W_kin = 0,5mv^2
mit v = Kreisbahngeschw.
v^2 = GM/r
W_ges = W_pot + W_kin = -0,5*GMm/r
Da sehe ich keinen Bezug zwischen Gesamtenergie und Flächeninhalt eines Kreises?
Oder wie soll das gemeint sein?
@Aragorn: Da musst Du an die Bewegungsgleichungen dran gehen und die ableiten. Ich hab auch gerade gar keine Zeit und der Beweis ist recht aufwendig. Mal schauen, ob ich da was im Netz finde.
Eigentlich müsste man ne Simulation zu bauen, dann könnte ich das direkt demonstrieren. Aber auch dazu habe ich schlicht gar keine Zeit. Ich hatte so etwas ähnliches mal, aber das ist zu lange her. Da müsst ich mich wieder einlesen. Aber ich denke, ich weiß, was Bynaus meinte: Wenn das Zeug rein nach außen gesprengt wird und immer senkrecht bleiben würde, dann wird es schwer mit ner Kreisbahn. Wobei das „rein senkrecht“ gar nicht geht. Sobald das Zeugs den Erdboden verlässt, dreht sich ja die Erde drunter weiter und dreht sich ja auch um die Sonnde und dann hat man wieder eine Horizontalkomponente. Wir befinden uns in einem drehenden System und da wird es sowieso immer tricky.
@Aragorn:
„Da sehe ich keinen Bezug zwischen Gesamtenergie und Flächeninhalt eines Kreises?“
Vielleicht rede ich jetzt Blödsinn, aber folgt das nicht direkt aus dem 2. Keplerschen Gesetz?
Statt Wpot und Wkin betrachte ich den Drehimpuls, aus dem direkt der Flächeninhalt folgt – oder bau ich jetzt Mist?
@H.M.Voynich
Ja, da hast du recht. Aus der Drehimpulserhaltung läßt sich das 2. Kepler Gesetz ableiten.
Ein Satellit überstreicht im Zeitraum dt immer die gleiche Fläche dA=0,5*I r x v I dt
Und wie soll sich daraus eine Proportionalität von W und A ableiten?
@Aragorn:
Nicht die Proportionalität, aber aus ΔW=0 (und Δm=0) folgt dann doch ΔA=0?
Häh, ich nix verstehen?
Fläche dA die im Zeitraum dt überstrichen wird (Fläche entspricht dem Dreieck der Höhe r und Grundlinie vdt)
(X = Kreuzprodukt, r, v, p = Vektoren):
dA = 0,5 * r X vdt
m*dA/dt = 0,5 * r X m * v = 0,5 * r X p
Drehimpuls = r X p = const (Drehimpulserhaltung)
-> da r X p konstant ist, und die Masse m sich nicht ändert, muß dA/dt konstant sein -> 2. Kepler-Gesetz
Du schreibst: delta_W = delta_m = delta_A = 0
Für delta_W und delta_m kann ich das aufgrund der Energieerhaltung ja noch einsehen.
Aber wie soll delta_A = 0 ermöglicht werden? Hast du einen guten Draht zum Herrgottt, und läßt den die Zeit anhalten?
Mit Ludmilas W~A hat das ehe nichts zu tun.
Ahso, nein, ich rede nicht von Differenzialrechnung. Bei mir heißt die Fläche einfach A, und gemeint ist die Fläche, die der Fahrstrahl in einer gegebenen Zeit (nämlich der Dauer eines Umlaufs) überstreicht. Ludmila wollte die Form der Elipse (den Abstand der Brennpunkte) ändern, ohne die Energie des Systems zu ändern, ergo sollte die Umlaufzeit gleich bleiben (oder liegt hier mein Fehler?) und somit auch die eingeschlossene Fläche. Mit ΔA meinte ich einfach A(Elipse)-A(Kreis).
Ohne die Energie des Systems zu ändern?
Ich dachte die Luftbremse im Pergäum, würde dem Satelliten kin. Energie entziehen?
Also soll das System jetzt ein Peerpetuum sein? Oh Weia, das gibt Zoff. Da klinke ich mich lieber aus.
@florian freistetter: Das ist mir schon klar, aber das ändert im Prinzip nichts. Auch wenn die Erde schnell rotiert, müssen „abgesprengte“ Stücke dem Gravitationsgesetz folgen. Wenn eine Kernexplosion einen Teil des Gesteins im Äquatorbulge wegsprengt, wird dieses Gestein über die restliche Oberfläche aufsteigen, die Erde ein kleines Stück weit umrunden und dan wieder mit der Oberfläche kollidieren. So lange es nichts gibt, was das Perigäum der Bruchstücke über die Oberfläche hinaus hebt, ist es nicht möglich, ein Stück der Erde auf diese Weise abzutrennen und in einen Orbit zu befördern.
@Ludmilla: Wenn du die Erdatmosphäre mit einbeziehst, wird es nur noch schlimmer. Zunächst einmal geht beim Abschuss ein Teil der Energie der Kugel in Reibungsarbeit über, so dass sie weniger hoch steigt (bzw weniger weit fliegt), als wenn es keine Atmosphäre gäbe. Als ich schrieb, die Kugel würde zum Abschusspunkt zurückkehren, galt das natürlich nur für den atmosphärenlosen Fall. In Wahrheit wird die Kugel, wenn die Kanone innerhalb der Atmosphäre liegt, versuchen, im Perigäum zur Kanone zurück zu kehren und dabei die Atmosphäre durchqueren. Das bremst sie aber weiter, so dass durch diese Geschwindigkeitsänderung wiederum ihr APOGÄUM heruntergeholt wird.
Zusammengefasst: Es ist unmöglich, das Perigäum anzuheben, ohne die Kugel an einem Punkt, der höher als das Perigäum liegt, nochmals zu beschleunigen. Da die Kanone definitionsgemäss im Perigäum liegt, ist es deshalb unmöglich, eine Kugel in eine Umlaufbahn einzuschiessen, deren Perigäum höher als die Kanone liegt.
@Bynaus:
Das gilt nur für die anfängliche Ellipse. Sorry Bynaus aber Prosa überzeugt mich nicht. Dafür sind Ellipsen und die Wirkung der Kräfte darauf denkbar unanschaulich. Mathematik würde mich da schon eher überzeugen.
Weißt Du was? Wenn ich mal Zeit habe (*haha* guter Witz) schreib ich ne Animation dazu und recherchier etwas gründlicher nach, weil ich nicht denke, dass sich das hier ausdiskutieren lässt. Dazu muss man wirklich tief in medias res gehen und wirklich die Formeln ausx-en. Ich denke aber nicht, dass ich in nächster Zeit dazu kommen werde. Aber ich behalte das mal im Hinterkopf und wer weiß, vielleicht kommt mir ja irgendwann was unter.
Wie sollte sich bei einem inerten Projektil die Bahn deiner Meinung nach ändern?
Wie erwähnt, wenn die Geschwindigkeit in der Nähe des Perigäums durch die Atmosphärenreibung verringert wird, holst du bloss das Apogäum herunter. Wenn das inerte Projektil dann in der Nähe des Perigäums wieder in die Atmosphäre eintritt, wird es nochmals gebremst und das Apogäum noch einmal herunter geholt.
Damit die Kanone sich nicht mehr im Perigäum befindet, müsstest du irgendwo auf der Bahn (am effizientesten im Apogäum) das inerte Projektil beschleunigen, damit sein Perigäum über die Atmosphäre hinaus gehoben wird. Da ein inertes Projekti lauf einer ballistischen (=freifallenden) Bahn nicht beschleunigen kann, ist es nicht möglich, ein völlig inertes Projektil in eine Umlaufbahn einzuschiessen.
Natürlich könnte man dies mathematisch untermauern, aber wer die Grundlagen der Himmelsmechanik verstanden hat, für den sollte das auch intuitiv klar sein.
@Bynaus: Ich sag ja nur, dass ich darüber nachdenken und nochmal nachrechnen muss. So klar finde ich das nämlich nicht. Und sorry, wenn Du die Grundlagen der Himmelsmechanik verstanden hast, dann solltest Du das ja auch mathematisch untermauern können. Intuition ist nicht der Mathe überlegen sondern genau umgekehrt. Ich trau einer „Intuition“ nur soweit wie ich sie werfen kann – und ich bin ein sehr schlechter Werfer 😉
@Ludmila: Wenn im Perigäum durch Luftreibung abgebremst wird, so wird die Geschwindigkeit dort kleiner, also auch die kinetische und damit auch die Gesamtenergie (außer, man senkt das Perigäum gleichzeitig auch noch ab, um Gravitationsenergie zu gewinnen – aber wir wollten das Perigäum ja gerade erhöhen, nicht absenken!). Und wenn die Gesamtenergie kleiner ist, so kann sich der Körper logischerweise nicht mehr so weit von der Erde entfernen, also wird auch das Apogäum kleiner. Ist zwar immer noch nicht mathematisch durchgerechnet, klingt für mich aber recht logisch…
Ein etwas mathematischerer Versuch: zwischen Apogäum r_a, Perigäum r_p und Drehimpuls L besteht folgender Zusammenhang (wenn ich mich nicht irgendwo verrechnet habe… 😉 ): 1/r_a + 1/r_p = 2 G m^2 M/L^2 (G: Gravitationskonstante; m: Masse des umlaufenden Körpers; M: Masse der Zentralkörpers)
Wenn die Geschwindigkeit im Perigäum durch Luftreibung kleiner wird, so wird auch der Drehimpuls L kleiner (außer, gleichzeitig wird r_p irgendwie größer – und es ist nicht klar, wie das durch die Luftreibung passieren sollte…). Also wird die rechte Seite der Gleichung größer. Nehmen wir an, dass r_p gleich bleibt, so folgt, dass r_a kleiner werden muss, damit auch die linke Seite der Gleichung größer wird.
Das „Loch“ in der Argumentation ist natürlich, dass ich annehme, dass durch die Luftreibung L kleiner wird (weil r_p gleich bleibt oder sogar kleiner wird, und die Geschwindigkeit wird sicher kleiner). Aber ich sehe im Moment wirklich nicht, wie trotz Luftreibung L gleich bleiben (oder sogar größer werden) sollte…
@Ludmila: Noch kurz das „Loch“ stopfen… 😉
Die Luftreibung übt auf den Körper eine Kraft entgegen der Bewegungsrichtung aus. Also ist das Drehmoment auf den Körper entgegengesetzt zu seinem Drehimpuls. Also nimmt L ab. (q.e.d.) 😉