[Das hier ist eine Rezension eines Kapitels des Buches „Der Drache in meiner Garage“ von Carl Sagan. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel finden sich hier.]
In Kapitel 9 widmet sich Sagan einem sehr heiklen Thema. Den Therapeuten, die die Opfer angeblicher Entführungen durch Außerdirdische betreuen. Er beginnt mit der Geschichte von John Mack, einem Psychiater, der überzeugt davon ist, dass Menschen von Außerirdischen entführt werden und dass versteckte Erinnerungen daran in therapeutischen Sitzungen freigelegt werden können. Damit steht er nicht alleine – viele Therapeuten sind ähnlicher Meinung.
Sagan stellt sich dazu einige Fragen:
Have the hypnotists and psychotherapists working with „abductees“ made consientious attempts to steep themselves in the body of knowledge on hallucinations and perceptual malfunctions? Why do they believe these witnesses but not those who reported, with comparable conviction, encounters with gods, demons, saints, angels and fairies? And what about those who hear irresistible commands from a voice within? Are all deeply felt stories true?
Sagan spricht auch ein weiteres heikles Thema an: sexuellen Mißbrauch:
Both sexual abuse therapists and alien abduction therapists spend months, sometimes years, encouraging their subjects to remember being abused. Their methods are similiar, and their goals are in a way the same – to recover painful memories, often of long ago. In both cases the therapist believes the patient to be suffering from trauma attendant to an event so terrible that it is repressed. I find it striking that alien abduction therapists find so few cases of sexual abuse, and vice versa.
Sagan stellt klar, dass er keinesfalls die Tatsache leugnet, dass sexueller Mißbrauch stattfindet. Aber in den meisten Fällen handelt es sich nicht um „versteckte“ Erinnerungen – die Opfer des Mißbrauchs wussten immer, dass sie mißbraucht wurden.
Die Methoden der Therapeuten sind laut Sagan teilweise auch recht zweifelhaft bzw. nicht wirklich geeignet, tatsächliche Erinnerungen freizulegen. Ein Buch („The Courage to heal: A Guide for Women Survivors of Child Sexual Abuse“ von Ellen Bass und Laura Davis) fordert den Therapeuten direkt dazu auf, den Patienten auf jeden Fall zu glauben. Selbst wenn der Patient Zweifel an der Erinnerung hat soll der Therapeut niemals Zweifel äußern.
Sagan bringt noch einen dritten Aspekt ins Spiel: die Berichte von Mißbrauch durch satanische Kulte. Genau wie bei den Entführungen durch Aliens und bei den Berichten über sexuellen Mißbrauch handelt es sich auch hier um Ereignisse, die nur durch die Freilegung „versteckter“ Erinnerungen belegt werden konnten. Knapp 10000 Fälle wurden davon in den USA pro Jahr berichtet.
In all three classes of „recovered memories“, there are specialist – alien abduction specialists, satanic cult specialists, and specialists in recalling repressed memories of childhood abuse. As is common in mental health practice, patients select or are referred to a therpist whose speciality seems relevant to their complaint. In all three classes, the therapist helps to draw forth images of events alleged to have occured long ago; in all three, therapists are profoundly moved by the unmistakably genuine agony of their patients; in all three at least some therapists are known to ask leading questions; in all three, their are networks of therapists who trade client histories and therapeutic methods; in all three, practitioners feel the necessity of defending their practice against skeptical colleagues; in all three, the iatrogenic hypothesis is given a short shrift; in all three, the majority of those who report abuse are women. And in all three classes – with the exceptions mentioned – there is no physical evidence. So it’s hard no to wonder, whether alien abductions might be part of some larger picture.
Es scheint so zu sein, als würden die jeweiligen Therapeuten in ihren Patienten immer genau die Erinnerungen freilegen, die sie freilegen wollen. Wie leicht es ist, falsche Erinnerungen (unabsichtlich) zu erzeugen und wie wenig man seinen Erfahrungen unter Umständen vertrauen kann, haben ja schon die letzten Kapitel des Buches gezeigt.
In vielen Fällen scheint der Therapeut der eigentliche Urheber der Entführungsgeschichten sein (oft sicherlich unabsichtlich). Sagan beschreibt einen Fall, in dem ein prominenter Therapeut seinen Patienten seine eigenen Artikel über Entführungen durch Außerirdische zu lesen gibt und dann erfreut ist, wenn sich die Patienten unter Hypnose genau an das erinnern, was er beschrieben hat. Diese Gleichheit ist für ihn ein Beweis für die Realität der Entführungen.
Sagan beendet das Kapitel mit diesem Absatz;
Sometimes, when „falling“ asleep we have the sense of toppling from a height and our limbs suddenly flail on their own. The startle reflex, it’s called. Perhaps it’s left over from when our ancestors slept in trees. Why should we imagine we recollect (a wonderful word) any better than we know when we’re on firm ground? Why should we suppose that, of the vast treasures of memories stored in our heads, none of it could have been implanted after the event – by how a question is phrased when we’re in a suggestible frame of mind, by the pleasure of telling or hearing a good story, by confusion with something we once read or overheard?
Und das bringt uns direkt zum berühmten Garagendrachen des nächsten Kapitels!
Rezensionen der vorhergehenden Kapitel: Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3, Kapitel 4, Kapitel 5, Kapitel 6, Kapitel 7, Kapitel 8
…zu dem Thema möchte ich das Buch von Ulf Harendarski aus dem Narr Verlag mit dem Titel „Wiederstreit ist zwecklos“ empfehlen und zu den „Untersuchungen“ von John Mack die Arbeiten von Rudolf Henke im Journal für UFO- Forschung
Was erwarten wir eigentlich von einem Volk dem wir von Kindheit an Unsinn eintrichtern dass Störche Kinder bringen, Hexen die Mädchen verzaubern, Frösche zu Prinzen werden, ein Teufel der alles Böse macht, und ein Christkind das Geschenke bringt?
Welche dieser Fabeln sollen wir vergessen und welche sollen wir in unseren eigenen Kindern verewigen?
June: Das Problem ist nicht, dass wir den Kindern Märchen erzählen, das ist ok, das Problem ist, dass wir ihnen dann später sagen: Diese Märchen (Religion etc…) sind wahr, dies Märchen (Hexen, Christkind) sind nicht wahr. Das die Leute dann durcheinanderkommen, ist nicht überraschend.
Kinder können normalerweise Märchen und Wahrheit gut Unterscheiden.
@Sarah: Soll das etwa heissen – ich wage es kaum auzusprechen – dass nicht der Storch die Kinder bringt? oder dass es doch ein Student war, der damals als Weihnachtsmann verkleidet die Geschenke gebracht hat …. wirklich da stürzt eine Welt zusammen…
sturz
sturz
sturz
Sorry, aber was hier Sagan abliefert ist doch peinlich. Wenn ich etwas über falsche Erinnerungen lesen will, oder Gründe, warum Menschen schön verpackte Unwahrheiten der Wahrheit vorziehen, dann schaue ich bei Experten auf dem Fachgebiet vorbei (z.b. Falsche Erinnerung) – aber nicht bei jemanden bei dem fast ausgeschlossen ist, dass sich das Objekt der Beobachtung während der Beobachtung verändert.
Sicherlich ist es nervig Anfragen von offensichtlichen Deppen zu bekommen. Nur gebe ich zu bedenken, dass die meisten auf so ziemlich jedem Gebiet, auf dem sie kein Experte sind, ziemliche Deppen sind und sehr naive Vorstellungen von dem haben, wie andere ihre Arbeit erledigen – und dummerweise auch nicht bereit sind, ihre Vorstellungen der Realität anzupassen (wobei ich hier gut reden habe, da ich mich nicht mit solchen Anfragen direkt rumplagen muß 🙂 ).