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[Das hier ist eine Rezension eines Kapitels des Buches „Der Drache in meiner Garage“ von Carl Sagan. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel finden sich hier.]

Kapitel 7 trägt den gleichen Titel wie das ganze Buch „The demon-haunted world“. Sagan widmet sich darin einem Thema, das scheinbar erstmal nichts mit UFOs und Außerirdischen zu tun hat: Dämonen und Hexen.

Schon seit der Antike gibt es detaillierte Aufzeichnungen über Dämonen (die damals noch nicht als böse angesehen wurden sondern einfach als „himmlische“ Wesen). Den ersten Höhepunkt erreichte der Dämonenglaube mit einer Bulle von Papst Innozenz VIII aus dem Jahr 1484 („Summis desiderantes affectibus„).

Darin beauftragt der Papst Heinrich Kramer und Jakob Sprenger sich als Inquistoren um die Dämonen und Hexen zu kümmern. Resultat war das Buch „Malleus Maleficarum“ – der berühmte „Hexenhammer“. Darin werden „Fakten“ und Aussagen über Hexen und Zauberer gesammelt. Sagan beschreibt das Buch so:

What the „Malleus“ comes down to, pretty much, is that if you’re accused of witchcraft, you’re a witch.

Die Hexenverfolgung nahm schnell dramatische Ausmasse an. Wer der Hexerei beschuldigt wurde, durfte sich nicht verteidigen; Zeugen waren nicht zugelassen und Folter war als Werkzeug bei der Urteilsfindung akzeptiert. Die Habseligkeiten der verurteilten Hexen wurden zwischen Staat und Kirche aufgeteilt – was die Zahl der Verurteilungen natürlich noch erhöhte.

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Sagan beschreibt die Argumentation eines „Hexenrichters“, Pierre de Lagne, aus dem Jahr 1612: Die Geständnisse der Hexen müssen ernst gemeint sein, denn ansonsten würde die Kirche mit der Verbrennung ein großes Verbrechen begehen, Wer so etwas behauptet, greift die Kirche an und hat damit automatisch eine Todsünde begangen und muss selbst verbrannt werden.

Interessant ist auch, was im Hexenhammer über Dämonen steht:

And what is it that demons do? In the „Malleus“, Kramer and Sprenger reveal that „devils … busy themselves by interfering with process of normal copulation and conception, by obtaining human semen, and themselves transferring it.“ Demonic artificial insemination in the Middle Ages goes back at least to St. Thomas Aquinas, who tells us in „On the Trinity“ that „demons can transfer the semen which they have collected and inject it into bodies of others. (…)
The products of these demon-mediated unions are also, when they grow up, visited by demons. A multigenerational transspecies sexual bond is forged. And these creatures, we recall, are well known to fly; indeed they inhabit the upper air.

Das klingt irgendwie vertraut. Seltsame Wesen von „oben“, die die Menschen nachts besuchen und mit ihnen (sexuelle) Experimente anstellen… Sagan schreibt weiter:

There is no spaceship in these stories. But most of the central elements of the alien abduction account are present, including sexually obsessive non-humans who live in the sky, walk through walls, communicate telepathically, and perform breeding experiments on the human species.

Es scheint also große Ähnlichkeiten zwischen den Geschichten über Entführungen durch Außerirdische und Besuche von Dämonen zu geben. Was kann das bedeuten?

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„St. Antonius von Dämonen gepeinigt“ von Martin Schongauer (1430-1491)

Eine Möglichkeit, die Sagan anspricht, wäre, dass Außerirdische auch schon im Mittelalter die Menschen besucht haben, damals aber als „Dämonen“, „Götter“, „Feen“ o.ä. bezeichnet wurden:

But then why are there virtually no reports of flying saucers prior to 1947? Why is it that none of the world’s major religion uses saucers as icons of the divine? Why no warnings about the dangers of high technology then? Why isn’t this genetic experiment, whatever its objective, completed by now – thousands of years or more after its initiation by being supposedly of vastly superior technological attainments? Why are we in such trouble if the breeding programm is designed to improve our lot?

Sagan fragt sich, ob nicht Berichte von Entführungen durch Außerirdische, von Begegnungen durch UFOs, von Begegnungen mit Dämonen, Geistern, Engeln, etc alle auf eine gemeinsame, profanere Ursache zurückzuführen sind:

Is it possible that people in all times and places occasionally experience vivid, realistic hallucinations, often with sexual content, about abduction ny strange, telepathic, aerial creatures who ooze through walls – with details filled in by the prevailing cultural idioms, sucked out of the Zeitgeist? Others, who have not personally had the experience, find it stirring and in a way familiar. They pass the story on. Soon it takes on a life on its own, inspires others trying to understand their own visions and hallucinations, and enters the realm of folklore, myth, and legend. The connection between the content of spontaneous temporal lobe hallucinations and the alien abduction paradigm is consistent with such a hypothesis.

Sagan beschreibt nun die Rolle, die Fernsehen bzw. andere Medien bei der ganzen Geschichte gespielt haben können. Außerirdische kommen in unzähligen Science-Fiction-Serien vor, in Bücher, Kinofilmen und Zeitungen, Und all diese Medien beeinflussen uns direkt oder indirekt. Vor 1975 gab es nur relativ wenige Berichte von Entführungen durch Außerirdische. Dann erschien ein Fernsehfilm über die Entführung von Betty und Barney Hill, drei Jahre später ein entsprechendes Buch, das zum Bestseller wurde. Plötzlich steigt die Anzahl der Entführungsgeschichten. Sagan fragt sich auch:

In contrast, we hear little lately about incubi, elves and fairies. Where have they all gone?

Es lässt sich auch gut zeigen, dass die jeweils herrschende Vorstellung über die Außerirdischen stark von der entsprechenden Literatur geprägt ist. Von den „kleinen grünen Männchen“ und den „insektenäugigen Monstern“ der 20er und 30er Jahre bis hin zu den kleinen, kahlen, geschlechtslosen Aliens, die jetzt gerade modern sind. Sagan ist enttäuscht, von der Phantasielosigkeit der Beschreibungen:

The form of the supposed alien is marked by a failure of the imagination and a preoccupation with human concerns. Not a single being presented in all these accounts is astonishing as a cockatoo would be if you had never before beheld a bird. Any protozoology or bacteriology or mycology textbook is filled with wonders that far outshine the most exotic descriptions of the alien abductionists.

Rezensionen der vorhergehenden Kapitel: Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3, Kapitel 4, Kapitel 5, Kapitel 6


Noch mehr Buchrezensionen auf ScienceBlogs:
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11 Gedanken zu „Eine Welt voller Dämonen und Hexen“
  1. Das Design, der „gesichteten“ Raumschiffe und Aliens war bei mir schon als Jugendlicher der Grund warum ich nicht so recht dran glauben mochte, es sah mir immer zu sehr nach menschlichen Entwürfen aus.

  2. Verdammt, zu früh losgeschickt;), naja also ich denke das aus diesem Dämonenquatsch später die Aliens mutierten, die Vorstellungen der Menschen änderten sich, das war wohl und gerade auch der wissenschaftlichen Aufklärung und der technischen Entwicklung zu verdanken, letzlich der Wunsch mehr aus der eigenen Realität zu basteln, aus welchem Antrieb auch immer, blieb gleich.

    Meiner Ansicht nach sind Aliens, zeitlich und technlogisch angepasste Dämonen, in unserer heutigen Zeit kann man niemanden mehr mit Dämonen erschrecken. So ne 30mm Maschinenkanone schockt einfach mehr als die Zahnfee:).

    Anders sieht es mit den Aliens aus, man kann sich ja gut vorstellen das sie wirklich existieren, also mit Blick auf die Ausdehnung des Universums, für mich sind wir der beste Beweis dafür. So haben Aliens, die modernen Dämonen, sogar einen realen HIntergrund. Ein gutes Upgrade=)

  3. …absolut richtig!

    Was unseren Vorfahren die Wilde Jagd und die Geisterwelt war, wurde von uns technisiert. Dies zeigt, dass sich der Mensch in diesem Bereich nicht besonders weiter entwickelt hat. Damals wie heute geht es um die Angst vor dem Unbekannten und deren persönliche Einwirkung auf das Leben.

    Deshalb wird es diesen Glauben, egal wie man den in Zukunft nennen mag, auch immer geben. Ist sicher ein Überbleibsel aus der Steinzeit wo er sogar einen Sinn hatte.

    @ Florian:

    Warum besprichst du die englische Ausgabe? Unterscheidet die sich von der deutschen die bei mir im Schrank steht?

  4. Es gibt in unserer Zeit leider immer noch viele Leute die z.B. psychische Störung als Dämonen-Besessenheit ansehen, v.A. in den USA geschehen da immer wieder Exorzismen in den Leute (meist junge Frauen) fürchterlich gequält werden.

    Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass viele religiöse Amerikaner wörtlich glauben, dass den „Kräften des Bösen“ in der Welt von Satan zur Macht verholfen wird etc.

    Traurig und gefährlich sowas.

  5. /spenden/ a) es kommt darauf an, daß der Leser ein Buch versteht. Dies kann je nach Leser durchaus zu einem verschiedenen verständlichen Sprachspektrum führen. b) einfach mal nachlesen: es gibt keine aktuelle deutsche Ausgabe, von keinem Sagan-Buch.

  6. @rolak
    Ich habe doch eine deutsche Ausgabe, inwiefern die jetzt aktuell ist weiß ich nicht, moment, ok von 1996, 1997 dann die deutsche Ausgabe:)
    ISBN 3-426-26912-0

    @Florian Freistetter
    Stimmt, unterscheiden sich nicht, aber bei der deutschen spar ich mir Leo nebenbei:)

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