„Warum die Astronomie in drei Bundesländern seit 1959 Pflichtfach ist und warum sie es bundesweit werden sollte“. So lautet der Titel eines offenen Briefes an Bund und Länder.
Darin wird ein bundesweiter Astronomieunterricht in den Schulen im Ausmaß von 2 Jahreswochenstunden in der 10. Klasse gefordert. Das ich schulischen Astronomieunterricht für eine sehr gute Sache halte, habe ich hier im Blog ja schon öfters geschrieben (z.B. hier). Darum unterstütze ich auch die Forderungen in diesem offenen Brief und hoffe, dass das auch viele meiner Leserinnen und Leser tun. Wer sich als Unterstützer eintragen möchte, der möge bitte ein Mail an Lutz Clausnitzer (lutz.clausnitzer AT t-online.de) schicken. Der Brief und viele weitere interessante Informationen zum Thema Astronomieunterricht findet sich auf der Homepage von ProAstro-Sachsen.
Ich habe den Text aber auch nocheinmal hier in mein Blog kopiert:
Pflichtfach ist und warum sie es bundesweit werden sollte
Sehr geehrte Politiker(innen), sehr geehrte Kolleg(inn)en,
unsere Kultur ist geprägt von der Kenntnis des Sternhimmels. Die Astronomie der Griechen
stellte das Denken und Handeln des Menschen erstmals in den Kontext des gesamten Kosmos‘. Die ontologischen Fragen „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“
veranlasste die Menschen zu versuchen, durch Sternenbeobachtung unseren Platz im Universum zu bestimmen. Sternreligionen, Mythen, Kunst, Archäologie und Wissenschaftsgeschichte zeigen die Verbundenheit des Menschen mit dem gestirnten Himmel. Astronomie und Astronomiegeschichte sind Kulturgeschichte.
Die modernere Astronomie erkannte, dass überall im Kosmos die gleichen Naturgesetze gelten wie auf der Erde und erklärte die Herkunft der chemischen Elemente. Heute stimuliert die Astronomie viele Wissenschaften, ist Technologietreiber und ein Fundament der Raumfahrt. Mit der Raumfahrt erkunden wir den Weltraum und verbessern die Qualität unseres täglichen Lebens, etwa durch Satelliten für Wettervorhersage, Kommunikation, Navigation, Flugsicherheit, Umweltkontrolle, Klimaforschung und den Katastrophenschutz. Astronomie und Raumfahrt bringen Universitäten, Forschungsinstituten, Industrie und Mittelstand eine wachsende Zahl von Aufträgen. Das fördert die wirtschaftliche Entwicklung,
erhöht andererseits aber auch die Anforderungen an das Fachpersonal, wo den Kosmos betreffende Kompetenzen zunehmend gefragt sind.
Allgemein bildende Schulen und Universitäten müssen sich diesen Erfordernissen stellen. Dabei geht es zum einen um eine gediegene astronomische Grundbildung aller und zum anderen darum, den interdisziplinären Charakter der Astronomie zu nutzen, um eine von Fächergrenzen befreite Gesamtsicht auf Natur und Gesellschaft zu generieren.
Die besten Voraussetzungen und Ansätze findet man dafür in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo die Astronomie seit 1959 Pflichtfach ist und (in Jena, Halle und Rostock) fast ebenso lange Astronomielehrer ausgebildet werden. Aus den dort gesammelten Erfahrungen ergibt sich die Notwendigkeit, den regulären Astronomieunterricht schnellstmöglich auf alle Bundesländer auszudehnen. Gründe sind:
- Medien berichten vielfältig über das All. Die Schule sollte nicht nur weitere Fragmente hinzufügen, sondern mit den Schülerinnen und Schülern ein „Regalsystem“ bauen, in das sie den Weltraum betreffende Erkenntnisse ein Leben lang einordnen können. Dieses „Regalsystem“ ist nichts anderes als die Fachsystematik der Astronomie.
- Das Wissen über den Kosmos ist so komplex geworden, dass Lehrer den Anforderungen des Astronomie Lehrens nur dann gewachsen sind, wenn sie Astronomie für das Lehramt studiert, ein Zusatzstudium Astronomie absolviert oder im Ausnahmefall durch umfassendes Selbststudium eine vergleichbare Qualifikation erworben haben.
- Im Fach Astronomie greifen die Schülerinnen und Schüler auf Wissen und Können aus dem Mathematik-, Informatik-, Technik-, Physik-, Chemie-, Biologie-, Geografie-, Geschichtsunterricht und auf Elemente der Philosophie, Religion, Ethik und Kunst zurück und wenden es in einem neuen Kontext an. Diese Strategie der Reaktivierung, Festigung und Vertiefung fördert Multiperspektivität und entwickelt intelligentes Wissen mit einem hohen Grad flexibler Anwendbarkeit. Optimal gelingt das in Klassenstufe 10, weil die jungen Menschen erst dann über die erforderlichen Vorleistungen verfügen und zugleich mehrheitlich noch in den Genuss dieses Unterrichts kommen können.
- Wenn Astronomie nicht nur auf andere Fächer verteilt, sondern in ihrem natürlichen Zusammenhang gelehrt wird, ist sie eine Plattform für Fächer übergreifendes Arbeiten.
- Viele Himmelserscheinungen unterliegen einer jährlichen Periodizität. Ein ganzjähriger Astronomieunterricht bietet optimale Möglichkeiten, Beobachtungen zu integrieren.
Astronomieunterricht unterstützt viele andere Fächer, fördert vernetztes Denken und bietet den jungen Menschen zahlreiche Gelegenheiten, ethische Werte zu erschließen und Medienkompetenz zu erwerben. Beispielsweise ist das Fach Astronomie besonders geeignet, dem reichlichen Astrologieangebot der Medien eine wissenschaftliche Sichtweise entgegen zu setzten. Lehrer anderer Fächer verfügen eher selten über die dazu nötigen astronomischen, astronomiehistorischen und astronomiedidaktischen Voraussetzungen.
Allerdings können diese Bildungs- und Erziehungspotenzen auch in den o.g. Bundesländern
nur teilweise genutzt werden, weil dieser Unterricht in der Sekundarstufe I auf eine Wochenstunde in nur einem Schuljahr begrenzt ist. Wir empfehlen daher bundesweit zwei Jahreswochenstunden Astronomie für alle Schüler der Klassenstufe 10 und eine Flächen deckende Ausbildung von Astronomielehrern.
Zusätzlich sollten ausgewählte astronomische Inhalte ab der Grundschule – möglicherweise in anderen Fächern – eine Rolle spielen. Beispielsweise ist es unangemessen, Fünfzehnjährige erstmals mit dem Aufbau unseres Planetensystems konfrontieren zu wollen. Dem Pflichtfach in Klasse 10 sollte sich in der gymnasialen Oberstufe ein fakultativer Kurs anschließen. Als Hauptschulkompromiss ist Astronomieunterricht in Klassenstufe 9 sinnvoll.
Ein Wort zu anderen Fächerwünschen: Mitunter werden Wirtschaft, Rechtskunde und Gesundheitserziehung als eigenständige Unterrichtsfächer empfohlen. Ökonomie und Jura sind aber zentrale Komponenten des unmittelbaren gesellschaftlichen Alltags. Deren allgemeinbildungsrelevanten Grundlagen können in Gesellschaftskunde im entsprechenden Kontext sogar noch lebensverbundener und effektiver vermittelt werden als in separaten Fächern. Analog passt das Thema Gesundheit inhaltlich sehr gut in den Biologieunterricht.
Die Natur- und Kulturwissenschaft Astronomie lebt aber vom Zusammenspiel so vieler Disziplinen, dass sie sich nirgendwo einordnen lässt. Nicht umsonst wird sie von den Vereinten Nationen als „basic science“ hervorgehoben.
Die Unterzeichner,
die mit der Vielfalt ihrer Fachgebiete den gesamtgesellschaftlichen Charakter des Anliegens dokumentieren.
Sachsen konnte sich bis vor kurzem auch noch zu den Bundesländern mit Pflichtfach Astronomie zählen. Leider wurde dies vor wenigen Jahren dahingehend geändert, dass im Physikunterricht noch einige wenige Grundlagen der Astronomie gelehrt werden, Astro selbst aber entfällt. Dies finde ich alles andere als bereichernd für den Lehrplan.
Schade.
Werd mich wohl auch an der Initiative beteiligen.
LG Ramose.
@Florian
Ich unterschreibe natuerlich sofort, verstehe aber trotzdem nicht, wie die Astronomie den jungen Menschen hilft ethische Werte zu entwickeln respektive umgekehrt, man mit einer soliden Ethikausbildung zum besseren Astronom wird?
@Georg: „respektive umgekehrt, man mit einer soliden Ethikausbildung zum besseren Astronom wird?“
Also ich sehe in dem Brief nichts, wo das behauptet wird. Eine Ethikausbildung schadet nie – aber ein besserer Astronom wird man dadurch wohl nicht.
Und im Brief geht es – mMn – auch nicht um die Entwicklung ethischer Werte, sondern um deren Erschließung. Und wenn man sich hier die Fragen ansieht, die du in deinem Blog auch schon gestellt hast (Wo kommt alles her?, etc), dann ist die Astronomie die Wissenschaft, die am ehesten fähig ist, solche Fragen wissenschaftlich zu beantworten und insofern sicher hilfreich.
@Florian
Ich will jetzt nicht den Schlaumeier geben, aber die Ethik betrifft das richtige Handeln, waehrend so eine Frage wie „Wo kommt alles her“ vielleicht eher Metaphysik ist.
Oben steht schon, dass man auf seine Kenntnisse in Religion,Ethik und Kunst zurueckgreifen koenne und sie im neuen Kontext (also der Astronomie) anwenden koenne. Na ja, sicher nicht so wichtig.
Ich finde nicht, dass Astronomie Schulfach sein sollte. Ganz im Gegenteil haben wir meiner Meinung nach viel zu viele Schulfächer, insbesondere die Zergliederung der Naturwissenschaft in einzelne Disziplinen schon in der Mittelstufe halte ich für fatal, weil sich dann die jungen Menschen schon früh fragen, ob denn beispielsweise Biologie nun „besser“ ist als Physik, anstatt die Naturwissenschaft als Einheit zu begreifen. Solche Festlegungen ziehen sich dann durch das ganze spätere Studium. Ich finde den Weg, den man z.B. in BaWü mit dem Fach „Naturwissenschaft und Technik“ geht viel besser. Es gibt nur eine Naturwissenschaft. Es gibt ja auch nur einen Erdkundeuntericht und nicht Siedlungsgeographie, Phyische Geographie, etc.
Natürlich sollte im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts mehr Astronomie stattfinden als bisher, hierzu sollte man positive Anreize setzen und den Schulen Gestalungsspielraum geben und nicht Astronomie per Gesetz verordnen.
Ich finde es haarsträubend, wie in dem Brief argumentiert wird. Es ist ein extrem künstliches Argument einerseits die Astronomie nicht im Physikunterricht stecken zu wollen, das Thema Gesundheit aber in die Biologie, Jura und Wirtschaft in die Gemeinschaftskunde, etc.
Ich bleibe dabei: Astronomie in der Schule selbstverständlich ja, aber nicht in einem eigenen Fach. Stattdessen brauchen wir ein übergreifendes Fach Naturwissenschaft und Technik und das Recht der Schulen auf eigenen Profilbildung, die ihrer Ausstattung und dem Personal entspricht.
@Georg: Naja, Metaphysik und Ethik hängen doch zusammen. Wissen über die „großen Fragen“ beeinflusst doch auf jeden Fall das, was wir für das „richtige Handeln“ halten. Jemand, der glaubt, das Gott die Welt vor 6000 geschaffen hat, wird eine ganz andere Ethik haben, als jemand, der Ahnung vom Urknall, der Evolution etc. handelt.
@Stefan: Ja, „Naturwissenschaft“ als Fach wäre auch nicht schlecht. Realistisch gesehen wird aber wohl eher ein bundesweiter Astronomieunterricht kommen anstatt ein vernünftiger Wissenschaftsunterricht. Und ich denke auch aus Lehrersicht wäre das sinnvoller. Ein vernünftiger Naturwissenschaftslehrer müsste dann ja Ahnung von allen naturwissenschaftlichen Fächern haben. Das ist ausbildungsmäßig wohl kaum drin..
„Ein vernünftiger Naturwissenschaftslehrer müsste dann ja Ahnung von allen naturwissenschaftlichen Fächern haben. Das ist ausbildungsmäßig wohl kaum drin..“
Das glaube ich nicht, selbst ich würde mir zutrauen, jedes natuwissenschaftliche Fach bis zum Abi zu unterrichten. Wir bräuchten halt Lehrer mit dem Selbstverständnis Naturwissenschaftler zu sein und nicht Chemiker, Biologen, etc.
Allerdings weißt Deine Aussage auf ein Problem hin, die mich in meiner Meinung eher bestärkt: Die Überspezialisierung. Ich zum Beispiel hatte ab der 11. Klasse keine Geographie und keine Biologie mehr, stattdessen aber im Chemie-LK so dermaßen hochtrabende spezielle Dinge gemacht, über die ich heute nur den Kopf schütteln kann. Die Sache mit dem genetischen Code aber, musste ich mir dafür aus Sachbüchern anlesen. Was ich damit sagen will: Dadurch, dass Fachlehrer an die Schulen kommen, wird Naturwissenschaft viel zu detailliert unterrichtet, auf Kosten der Breite, der Faszination und des Verständnisses. Ein Schulfach Astronomie macht das nur noch schlimmer.
@Stefan: „Das glaube ich nicht, selbst ich würde mir zutrauen, jedes natuwissenschaftliche Fach bis zum Abi zu unterrichten.“
Ich weiß nicht… ich kenne viele Lehrer – und der Job ist nicht so leicht, wie man oft glaubt. Ich würde mir es nicht zutrauen, etwas anderes als Astronomie vernünftig zu unterrichten.
„Dadurch, dass Fachlehrer an die Schulen kommen, wird Naturwissenschaft viel zu detailliert unterrichtet, auf Kosten der Breite, der Faszination und des Verständnisses. Ein Schulfach Astronomie macht das nur noch schlimmer.“
Hmm – eine interessante Meinung. Ich sehe allerdings kein Problem, wenn Lehrer auch mal hochspezielle Themen angehen. Man darf halt darüber nicht die Grundlagen vergessen. Aber oft eignet sich ein spezielles Thema gerade besonders gut, um auch Grundlagen zu vermitteln.
Mag sein, dass mein Ansatz naiv ist, aber ich denke, dass Schule einem auf das Leben vorbereiten sollte – und bei Denkanreitzen dafür denke ich eher an sowas
Rückblickend muß ich sagen, dass es sinnvoller gewesen wäre, kein Astronomieunterricht genossen zu haben, und es besser gewesen wäre, mehr über BWL und das Lesen von Bilanzen gelernt zu haben.
Astronomie als Pflichtfach? Als freiwilliges Wahlfach -> O.K. aber doch nicht als Pflichfach! Dann könnte ich ja genausogut verlangen dass die Grundlagen der Elektrotechnik inkl. Transistorgrundschaltungen in der Schaltungsintegration zum Pflichfach wird. Immerhin hat nahezu jedes Kind ein Handy und einen Computer zur Verfügung!
Trotzdem würde ich das niemals verlangen.
Allein das ständige Herumreiten der Physiklehrer auf dem Induktionsprinzip ist schrecklich. Ich bin ausgebilder Industrieelektroniker und beginne in einem Monat mit meiner Diplomarbeit (E-Technik), und selbst ich finde die Induktion ist mit Abstand das langweiligste in der gesamten Elektrotechnik. (Als gäbe es nichts interessanteres!)
Ich habe mitleid mit jedem Schüler der dazu GEZWUNGEN wird.
Kernaussage: Ich bin davon überzeugt, das das DEUTSCHE BILDUNGSSYSTEM die Astronomie als PFLICHTFACH ganz bestimmt nicht interessanter für die Jugend machen wird, sondern eher eine Belastung darstellt.
@student ohne kaffee: „Ich bin davon überzeugt, das das DEUTSCHE BILDUNGSSYSTEM die Astronomie als PFLICHTFACH ganz bestimmt nicht interessanter für die Jugend machen wird, sondern eher eine Belastung darstellt.“
Warum? Nur weil du das Induktionsprinzip langweilig findest bzw. manche Lehrer Langeweiler sind heisst das ja nicht, dass Astronomieunterricht schlecht ist. Klar, Unterricht ist immer nur so gut wie der Lehrer. Ein schlechter Lehrer kann vermutlich auch das spannenste Thema tot reden. Aber das kann doch kein Grund für eine generelle Ablehnung sein. Eher ein Anreiz, auf vernünftige Qualitätskontrolle in der Lehre zu setzen.
„… dass Astronomieunterricht schlecht ist“
Das habe ich auch nicht behauptet, jedoch ist die Qualität eines Unterrichts stark davon abhängig ob es sich um ein Pflichtfach oder um ein Wahlfach handelt.
Ich finde Astronomie in der Schule ist eine gute Idee, jedoch nicht unter Zwang.
Darauf bezieht sich mein vorheriger Post auch vollständig, tut mir leid wenn das anders aufgenommen wurde.
„…Nur weil du das Induktionsprinzip langweilig findest“
Für mich war das Fachliche an dieser Stelle weniger unangenehm. Die negative Wirkung auf meine ehemaligen Mitschüler störte mich aber unheimlich. Fast jeder hatte danach einen negativen Bezug zur Elektrotechnik.
„Aber das kann doch kein Grund für eine generelle Ablehnung sein“
Das ist auch nicht der Fall. 🙂
„Qualitätskontrolle in der Lehre“
Das würde ich mir auch wünschen, aber selbst das objektive bewerten von Leistungen der Lehrer seitens der Schüler wird in Deutschland nicht gerade mit offenen Armen empfangen. (siehe z.B. die Gerichtsverhandlungen zu http://www.spickmich.de)
Also ich weiß auch nicht, auch wenn Astronomie ein interessantes Fachgebiet, aber die Forderung nach einem Pflichtfach finde ich doch etwas Realitätsfern.
Die Mehrbelastung des Unterrichts wird wahrscheinlich zu Lasten der anderen Fächer gehen, es sei denn, wir führen eine 24- Stundenschule ein.
An den Ausbildungsbetrieben, und damit sind sowohl Universitäten und auch handwerkliche Betriebe gemeint, wird seid jahren geklagt, daß es an den Aspiranten immer mehr an den Werkzeugen fehlt. Sprich eine solide Grundlage in Mathe, Deutsch und Englisch. Alles drei essentielle Werkzeuge eines Naturwissenschaftlers.
Was bringt also ein weiteres wissenschaftliches Wahlpflichtfach, wenn darunter weiter eben diese benötigten Grundlagen leiden.
Und zu guter letzt, Florians Begeisterung für sein Fach in Ehren, aber welchen Mehrwehrt hat astronomisches Wissen für den Lebensweg eines durchschnittlichen Menschen? Nicht Falsch verstehen, ich stelle damit nicht die Erkenntnisse der Astronomie in Frage, nur welchen unterschied macht es für den durchschnittlichen Menschen in seinem Leben, ob er verschiedene Planeten kennt, das Modell der Planetenbewegung verstanden hat usw. In der Regel beschränkt sich dieser Nutzen für den Alltag eines durchschnittlichen Menschen auf ziemlich genau null.
Da gibt es meiner Meinung nach deutlich wichtigere Dinge für einen jungen Menschen zu wissen. Zum Beispiel halt „Gesundheit“ oder auch eine vertiefte Rechtskunde.
Ich finde es wäre nicht so schlecht, den Schülern ein wenig Astronomie oder zumindest ein paar physikalische Grundkenntnisse auf diesem Gebiet zu vermitteln. Allein um einige verbreitete Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen. Aber als Wahlfach wäre es vermutlich doch besser geeignet.
Besser wäre es fast noch, wenn die Lehrer den Schülern nicht nur Daten und Zahlen zum auswendiglernen eintrichtern würden sondern ihnen auch beibrächten, WIE man diese Informationen denn überhaupt erhalten hat bzw. wo diese Anwendung finden. Manchmal denke ich, dass die Lehrer dies selbst oft nicht wissen.
Da Adromir das Thema schon angesprochen hat, hier meine selbstgezimmerte Küchenpädagogik, nach dem Motte „Wenn ich König von Deutschland wär“: Ich fände es gut, wenn in den Schulen die drei Kernfächer Mathe, Deutsch und Englisch von der ersten bis zur letzten Klasse täglich unterrichtet und zentral geprüft werden würde, ohne Ausnahme. Über diesen zentralgeprüften Kern hinaus sollten dann die Schulen (und Eltern) aber auch viel Gestaltungsspielraum haben, was sie sonst noch so den ganzen Tag mit den Kids machen und da gehört natürlich auch die Astronomie hin.
Klar Pflichtfach. Und 1 Milliarde Euro bitte in die Ausstattung der Schulen mit Lehrmaterial und Spiegelteleskope.
Ich finde die Forderung vermessen, angesichts der schlimmen Realität des naturwissenschaftlichen Unterrichts in den „Grundlagenfächern“ (Physik, Bio, Chemie).
Also ich habe mich auch bei der „Unterschriftensammlung“ beteiligt. Ich selbst bin noch Schüler, inzwischen zwar schon in der Oberstufe aber dennoch, und finde es schade, so wenig über Astronomie gelernt zu haben. In der 10. Klasse haben wir das Thema wohl ein oder zweimal ganz kurz im Erdkundeunterricht angesprochen, im Physikunterricht hingegen überhaupt nicht.
Meiner Meinung nach kann das Verständnis von Astronomie und eine durch dieses Wissen beeinflusste Veränderung der persönlichen Ethik oder Weltanschauung durchaus positiv sein. Menschen die verstanden haben, dass wir alle auf diesem kleinen, wundersamen Planeten leben, werden sich gegenseitig vermutlich nicht mehr so schnell die Köpfe einschlagen oder sich wegen Nichtigkeiten in die Haare kriegen und vielleicht endlich erkennen, dass Individuen aus Afrika, Arabien (…) ebenso Menschen sind wie wir aus Europa oder Nordamerika – und eben hierfür und auch für weiteres Interesse auf diesem Gebiet könnte der Astronomieunterricht ein Anstoß sein.
@Tim: „Ich finde die Forderung vermessen, angesichts der schlimmen Realität des naturwissenschaftlichen Unterrichts in den „Grundlagenfächern“ (Physik, Bio, Chemie).“
Das ist auch wieder so ein „Argument“: der Physikunterricht ist schlecht – darum keinen Astronomieunterricht! Wo steckt da die Logik?
@Florian: Ich vermute, was Tim damit sagen wollte ist, dass wir erstmal einen guten Physik-, Biologie und Chemieunterricht hinbekommen sollten, bevor wir noch ein neues Fass aufmachen. So verstanden finde ich seine Aussage nicht unlogisch.
@Bastian: Ja, keine Frage. Astronomie ist wichtig und kann einem persönlich auch viel geben. Ich denke darüber sind wir uns hier alle einig, sonst würden wir ja diesen Blog nicht lesen. Die Frage ist nur, was der richtige Weg dazu ist. Ich gehöre halt zu der Fraktion, die kein Heil in einem Pflichtfach sehen, weil wir meiner Meinung nach schon zu viel Pflicht (und zu wenig Kür) haben.
@Stefan: „Ich vermute, was Tim damit sagen wollte ist, dass wir erstmal einen guten Physik-, Biologie und Chemieunterricht hinbekommen sollten, bevor wir noch ein neues Fass aufmachen. So verstanden finde ich seine Aussage nicht unlogisch.“
Ja, so hab ichs ja auch verstanden. Aber Mängel in anderen Fächer sind doch kein Grund, auf Astronomie zu verzichten. Warum nicht die einen Fächer reformieren und gleichzeitig ein neues einführen? Wenn schon, dann ordentlich 😉
Ich kann mir denken, dass diejenigen, die es nie erlebten, das Fluidum eines eigenständigen Faches Astronomie mit eigens dafür motivierten und (meist) ausgebildeten Astronomielehrern schwer nachempfinden können. Möglicherweise ist das allein mit Argumenten auch gar nicht zu erreichen. Wenn aber in einem Bundesland gegen die Abschaffung dieses Faches auch Fachverbände und Fachberater anderer Fächer, sowie der Landesschülerrat, der Lehrerverband und mehrere Kreiselternräte protestieren und -zig Tausend Unterschriften gesammelt werden, muss schon etwas Besonderes dran sein an diesem Fach.
In die Zeit der 20er Jahre, wo im Naturkundeunterricht ein Lehrer – übrigens in nur wenigen Jahreswochenstunden – quasi alle Natwi unterrichtete, können wir nicht mehr zurück. Erstens schafft das mit dem heute erforderlichen Niveau – denkt auch an die Experimente und das Sichten der Flut neuer Unterrichts- und Lernmittel (auch Software) – KEIN Lehrer mehr. Zweitens gehören zum Begreifen der Natur nicht nur Fächer übergreifende Aspekte, sondern auch eine klare Systematik. Allerdings kann ich Euch trösten: Es gibt in der Tat ein Fach, in welches zentrale Probleme aller Naturwissenschaften – auch der Geologie und phys. Geografie – und sogar einiger Geisteswissenschaften einfließen und miteinander verschmelzen: Astronomie. Da kann man die Himmelskunde allerdings nicht auf die physikalische Beschreibung von Himmelskörpern reduzieren, sondern muss ihre Vielseitigkeit kennen und darstellen.
Wie wir aus unzähligen Rückmeldungen und Entwicklungswegen ehemaliger Schüler wissen, motiviert ein guter Astronomieunterricht zur Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften, der Mathematik und weltanschaulichen Fragen. Einen solchen Unterricht findet Ihr genau dort, wo ein Lehrer die Vielfältigkeit der Astronomie und die vielen Verknüpfungen zu anderen Fächern kennt, umsetzen kann und motiviert ist, auch die aktuellen (faszinierenden und interessanten) Entwicklungen der Astronomie und Raumfahrt zu studieren und in den Unterricht einfließen zu lassen. Das kann kein Lehrer eines anderen Faches so nebenbei machen. Die Zeit hat er gar nicht, selbst wenn er motiviert wäre.
Über praktische Himmelsbeobachtungen, die fast für jeden Schüler unvergesslich sind, haben wir noch gar nicht gesprochen. Das kann auch nicht jeder.
Bedenkt auch Folgendes: Die im offenen Brief geforderten zwei Jahreswochenstunden Astronomie in einem einzigen Schuljahr machen etwa 0,5% jener Unterrichtsstunden aus, die ein Schüler bis zum Abitur „absitzt“. Ich meine: Sehr viel Nutzeffekt bei geringem Aufwand! Deshalb soll es nach dem Willen des Offenen Briefes anBund und Länder künftig keiner Schule mehr erlaubt sein, ihren Schülern Astronomieunterricht vorzuenthalten. Das und die Ausbildung von Astronomielehrern ist aber nur über den Modus „Pflichtfach“ realisierbar, denn für irgendwelche Wahlpflichtthemen bildet man keine Lehrer aus. Astronomie sollte aber kein Wahlpflichtthema sein, denn sie ist immerhin die älteste Naturwissenschaft. Nirgendwo anders als am Himmel lernte der Mensch (vor über 2000 Jahren), wissenschaftlich zu arbeiten und die so gewonnenen Erkentnisse zur Verbesserung seines Lebens einzusetzen. Das tut er noch heute. Nicht umsonst erklärte die UNO die Astronomie zu Grundlagenwissenschaft.
Wagt einen Versuch des Hineindenkens in dieses Fach: Lest mindestens den Text der Seite http://www.ProAstro-Sachsen.de und den mit „Neu“ gekennzeichneten Artikel aus dem Physik Journal 7/2009! Er nennt auch die Teilgebiete der Astronomie und geht auf die Entwicklungen in BaWü und Thür. ein.
Es gibt nach meiner Erfahrung kaum ein physikalisch/technisches Thema, mit dem man so viele Jugendliche begeistern kann, was ein weiteres Argument dafür ist. Streiten kann man nur über den Umfang – einfach nur zusätzlich rein in den Stoffplan ist wohl wenig sinnvoll, aber in Klasse 10 sind viele Fächer bereits in so alltagsfremden Tiefen angekommen, dass man die Zeit eigentlich finden müsste.
Wegen Umzugs habe ich gerade mal in meinem alten Astrolehrbuch Klasse 10 geschmökert 😉 Nee, das passt absolut nicht irgendwo in den Physikunterricht noch dazwischen. Nicht von der Stoff_menge_ her (schwierig ist es ja nicht), inklusive knapp 50 Arbeitsaufträge querbeet Planetensystem, Astrophysik, Stellarastronomie und erst recht nicht, wenn ich noch die 10 Beobachtungsaufgaben dazu sehe – z.T. über Wochen laufend. Schön mit Protokoll und Fehleranalyse. Da ist so ein Schuljahr ratzfatz um.
Was an der Stelle nicht mehr vorkommt, sind Grundlagen. Die werden nicht mehr erklärt, auch nicht bspw. 3x Kepler oder mtwg. E=m x c² für den Massendefekt, sondern das wurde vorausgesetzt. Wie ich, glaube ich, woanders schon mal schrieb, war das vorher Bestandteil des normalen Physikunterrichtes Kl. 6 bis 9.
War aber wirklich ein extrem kurzweiliges Fach 🙂
Was @Stefan schreibt, kann ich aber trotzdem gut nachvollziehen. Ich denke mal, obiges war sicher nur in der Form möglich, weil vorher eben durchgehend die NTW Fächer mit je 2 Wochenstunden unterrichtet wurden. Und zwar nicht mal ein halbes Jahr dieses und ein halbes Jahr jenes 2 Stunden oder (ab)wahlweise jahrelang gar nicht. Jedes NTW Fach hatte je 2 Wochenstunden ab Klasse 5 u. 6.
Deswegen war es wahrscheinlich wirklich mehr eine Bereicherung und weniger eine zusätzliche Belastung, weil man anwendete und dadurch verknüpfte und vertiefte. Ich kann mich auch an keinen erinnern, der Astro so richtig doof und umständlich fand.