Der Mond heisst jetzt Vanth. Nein, nicht unser Mond – der kleine Mond des großen „Asteroiden“ (vermutlich wird er irgendwann mal zum Zwergplaneten befördert werden) Orcus. Der Entdecker von Orcus und seinem Mond, Mike Brown, hat vor einiger Zeit die Leser seines Blogs dazu aufgerufen, Namen für den bisher unbenannten Mond vorzuschlagen.

Dabei kamen einige sehr nette Vorschläge. Von Namen aus dem Disney-Universum (Orcus ist ja dem Zwergplaneten Pluto sehr ähnlich), über Figuren aus dem Rollenspiel Dungeons & Dragons (auch dort ist Orcus eine Hauptfigur) bis hin zu Tolkien (die Bezeichnung „Orks“ leitet sich ja aus dem Namen „Orcus“ ab). Auch die phonetische Ähnlichkeit zu Orka-Walen und den Orka-Inseln vor Amerika haben zu vielen Vorschlägen geführt.

Schließlich ist man aber dann doch wieder zur klassischen Mythologie zurückgekehrt. Die Favoriten waren hier Proserpina (die Frau des Pluto), Cerberus (der dreiköpfige Hund, der den Eingang zur Unterwelt bewacht), Phlegyas (ein Fährmann für die Toten, so wie Charon) und Vanth (eine etruskische Totengöttin).

Proserpina und Cerberus gefielen Brown nicht so gut. Beide sind zu stark mit Pluto verknüpft und Brown wollte Pluto und Orcus bei der Namensgebung nicht vermischen. Phlegyas schien allerdings sehr passend zu sein – denn hier bestand ein Zusammenhang zur aktuellen Forschung über den Mond.

Man geht heute davon aus, dass Pluto und sein Mond Charon gemeinsam bei einer großen Kollision entstanden sind. Genauso treten der Totengott Pluto und sein Begleiter immer gemeinsam auf. Der Mond von Orcus soll allerdings eingefangen worden sein; er hatte also vorher ein „eigenes“ Leben. Das gleiche trifft auch auf Phlegyas zu, der erst in die Unterwelt gelangte, als er von Apollo getötet wurde.

Die ganze Geschichte des Phlegyas fand Mike Brown allerdings weniger schön. Apollo hat die Tochter von Phlegyas umgebracht, worauf Phlegyas einen Tempel des Apollo zerstörte. Deswegen wurde er von Apollo getötet. Nun läuft Phlegyas durch die Unterwelt und erinnert die Leute daran, dass sie Respekt vor den Göttern haben sollen.
So wie Mike Brown finde auch diese Moral bescheuert. Wenn ein Gott mein Kind umbringt, dann kann er froh sein, wenn ich nur seinen Tempel zerstöre! Von „Respekt“ ganz zu schweigen. Phlegyas schied als Name für den Mond als auch aus.

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Schließlich hat sich Mike Brown für „Vanth“ entschieden. Der Name ist auch deswegen passend, weil es sich bei Vanth um eine etruskische Göttin/Dämonin handelt – und auch Orcus hat seine Wurzeln in der etruskischen Mythologie. Vanth begleitet hier die Toten und erleichtert den Übergang von Leben zu Tod. Mike Brown schreibt:

„In a solar system filled with Apollos (asteroid
#1862, discovered in 1932) who might kill your daughter, Zeuses
(asteroid #5731, discovered in 1988) who might abduct your daughter (or
your son, for that matter), Tantaluses (asteroid #2102, discovered in
1975) who might feed you his son, or Erises (the largerst dwarf planet,
discovered in 2005) who might start a world war, wouldn’t it be nice to
have someone who weeps for the dead? Wouldn’t it be nice to have a
guide to light the way?

So it will be Vanth.“

Die offizielle Mitteilung an die internationale Astronomische Union (IAU), die recht kurz sein muß, lautet nun:

„S/1 (90482) (2005) Vanth

Discovered 13 Nov 2005 by M.E. Brown and T.-A Suer.

Vanth
is a daimon in Etruscan mythology who guides the dead to the
underworld. She often appears on tomb paintings and sarcophagi where
she is depicted with wings and a torch, and she is frequently shown in
the presence of Charun, a guard of the underworld. Name suggested by
Sonya Taaffe.

Ich finde, das ist eine gute Wahl. Und Mike Brown hat schon die nächste öffentliche Namenssuche angekündigt…

15 Gedanken zu „Der Mond heisst jetzt Vanth“
  1. @Jörg: Ja, eh irgendwie. Aber Mike Brown hat schon recht, wenn er schreibt, dass wichtige Himmelskörper mit „dauerhaften“ Namen versehen werden sollten. Wenn man das Ding jetzt nach nem Rollenspiel benennt o.ä., dann weiß vielleicht in 100 Jahren kein Mensch mehr, was das soll, weil niemand mehr das Spiel kennt. Die klassische Mythologie hat zumindest gezeigt, dass sie überdauern kann 😉

  2. Ich will einen Planeten Spock und ein Sonnensystem Picar (mit den Monden Jean und Luc).

    Ich finde, man sollte nicht zu viel mixen. Mythologie ist toll, aber für die Menschen HIER UNTEN.

    Für das DA OBEN kann man wirklich Namen nehmen, die mit dem da oben in direktem Zusammenhang stehen. Also Namen aus Star Trek. (dies ist ein ernst gemeinter Post!)

  3. Namen aus der Mythologie oder Geschichte zu nehmen gefällt mir, auf die Art wird sichergestellt, daß immer mal wieder jemand danach fragt: „woher kommt der Name?“ oder jemand darüber schreibt: „der Name stammt von…“

    Also sind die Namen aus Star Trek sind erst dran, wenn es Star Trek nicht mehr gibt.

    Übrigens, auch wenn Star Trek natürlich das Schwergewicht im Sci-Fi-Bereich ist, bitte nicht vergessen: Raumpatrouille Orion lief satte 2(!) Jahre vor Star Trek (US-Erstaustrahlung). 🙂

  4. @Andylee: Sonnensystem werden nicht benannt 😉 (und wenn schon, dann sollte es „Picard“ heissen).

    Aber solange Star Trek nicht ebenso stark im Bildungskanon verankert ist, wie die klassische Mythologie, sehe ich da wenig Chancen. Aber was Asteroiden angeht, sind die Namensregeln eh lockerer. Also besorg dir ein Teleskop und mach dich auf die Suche – von den Dingern gibts da draussen noch genug und wennst einen entdeckt hast, dann darfst ihn benennen, wie du willst 😉

    Immerhin gibt es schon die Asteroiden (7307) Takei, (4659) Roddenberry und (68410) Nichols. Auch (2309) Mr. Spock ist schon vorhanden.

    Jean-Luc ist (meines Wissens nach) noch nicht dabei. Also halt dich ran, dann kannst du den zweiten Asteroiden, den du entdeckst, nach ihm benennen (den ersten benennst du ja hoffentlich nach mir 😉 )

  5. Wenn wir einen Planeten Spock nennen (das wird aber verwirrend, schließlich ist Spock doch vom Vulkan, der ja wiederum nach dem vermuteten Planeten benannt ist), dann müssen wir die nächste Raumstation auch Babylon 1 nennen…auch wenn der Name ein schlechtes Omen ist…
    Aber immerhin gibt es einen Asteroiden Mr. Spock. Oh, und einen Haremari, der zu Ehren der Wissenschaftlerinnen (dem Harem) des ARI in Heidelberg benannt ist…urgs…

  6. Viel interessanter als der letztlich von Brown gewählte Name ist m.E. die Tatsache, dass auf sein Angebot hin über tausend(!) Vorschläge eingegangen waren – während die mit den Kleinkörpern des Sonnensystems befassten Experten auf ihrer Mailingliste MPML noch vor wenigen Wochen hitzing darüber debattierten, ob man fürderhin überhaupt noch neue Namen vergeben sollte.

    Viele argumentierten, die Nummern täten’s auch und seien überdies eindeutiger. (Anlass der Debatte waren einige wenige Unstimmigkeiten gewesen.) „Volkes Stimme“ – und Mike Aufruf war noch nicht mal groß verbreitet worden – scheint hingegen zu sein: Alles, was um die Sonne kreist, verdient auch einen klangvollen Namen.

  7. @Daniel Fischer… Also ich finde den Namen und die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, schon auch interessant.

    Und selbst wenn man wissenschaftlich gesehen keine Namen braucht – ich hielte es für Unsinn, die Benennung abzuschaffen. Einerseits ist das ein toller „Lohn“ für die Amateur-Astronomen, die auf diesem Gebiet ja sehr wichtige und unbezahlte Arbeit leisten. Und gerade für die Öffentlichkeitsarbeit sind Namen wichtig – auf die Art kann man die Astronomie den Menschen leichter nahebringen…

  8. Ich hätte ja QoNoS vorgeschlagen, war mir aber doch zu „cheesy“.
    Andererseits, Kronos…hmm. Gibts schon einen Himmelskörper mit diesem Namen?
    Muss ich glatt mal schauen 🙂

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