Der Stern mit dem Namen S2 ist eigentlich nicht außergewöhnlich. Er befindet sich allerdings fast im Zentrum unserer Milchstrasse. Und durch die Beobachtung seiner Bewegung konnte nachgewiesen werden, dass sich in diesem Zentrum ein supermassives schwarzes Loch befinden muss!

Das sich in den Zentren der Galaxien sehr große schwarze Löcher befinden haben die Astronomen schon seit einiger Zeit aus theoretischen Überlegungen abgeleitet. Direkt beobachtet werden konnte so ein schwarzes Loch aber natürlich noch nicht. Dort, wo sich das Zentrum unserer Milchstrasse befindet konnte allerdings eine starke Radioquelle ausgemacht werden. Dieses Objekt – Sagittarius A* (SgrA*) – ist vermutlich das schwarze Loch. Diese wunderbare Aufnahme zeigt das Zentrum unserer Milchstrasse und die Position von SgrA*:

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Bild: European Southern Observatory/ Max-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik

Für einen eindeutigen Beweis dafür, dass SgrA* ein schwarzes Loch ist müssen aber erst alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Ein Team des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) in München hat daher das Zentrum unserer eigenen Milchstrasse genauer unter die Lupe genommen. Mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO konnten hochauflösende Bilder der galaktischen Zentralregion gewonnen werden. Diese Aufnahmen wurden mit älteren Radiodaten kombiniert. Auf diese Weise erhielten die Forscher einen Überblick über die Bewegung der Sterne über einen Zeitraum von 10 Jahren. Dabei machten sie eine überraschende Entdeckung: der SgrA* am nächsten gelegene Stern (mit der Bezeichnung S2) bewegte sich innerhalb der 10 Jahre fast einmal um das Zentrum herum!

Eigentlich bewegen sich ja alle Sterne um das Zentrum der Milchstrasse – genauso wie sich die Planeten um die Sonne bewegen. Die meisten Sterne sind allerdings so weit vom Zentrum entfernt, dass eine Umrundung enorm lange dauert – unsere Sonne braucht dafür etwa 230 Millionen Jahre. S2 schafft das viel schneller – er braucht nur knapp 15 Jahre. Und seine Bahn um das Zentrum der Milchstrasse konnte nun durch die Forscher des MPE aufgezeichnet werden:

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S2 hat eine stark elliptische Bahn und kommt sehr nahe an SgrA* heran (siehe die rechte Grafik). Anfang 2002 war S2 nur noch 17 Lichtstunden bzw. 18 Milliarden Kilometer von SgrA* entfernt! Mit den nun bekannten Bahndaten lässt sich Masse von SgrA* berechnen: das Objekt ist etwa 3 Millionen mal schwerer als unsere Sonne! Ausserdem – und das war das wichtigste Ergebnis dieser Forschungsarbeit – kann man nun eine Obergrenze für die Ausdehnung bestimmen: SgrA* kann keinen größeren Durchmesser als 18 Milliarden Kilometer haben. Diese gewaltige Masse ist also in einem relativ kleinen Volumen konzentriert – und damit kann es sich um nichts anderes als ein schwarzes Loch handeln! Bis dahin bestand zumindest noch theoretisch die Möglichkeit, dass sich im Zentrum der Milchstrasse kein schwarzes Loch sondern z.B. eine Anhäufung von Neutronensternen oder sehr viele normalen Sternen befindet. Diese alternativen Möglichkeiten lassen sich mit den neuen Beobachtungen nicht mehr vereinbaren.

Seit diesen Beobachtungen – die schon im Jahr 2002 veröffentlicht wurden – können wir also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass sich im Zentrum unserer Milchstrasse (und auch den anderern Galaxien) ein supermassives schwarzes Loch befindet!
Für diese wichtige Entdeckung wurde Reinhard Genzel, der Leiter der Forschungsgruppe, daher auch vor 2 Wochen mit dem Shaw-Preis für Astronomie ausgezeichnet. Dieser Preis, der jährlich in den Fächern Astronomie, Mathematik und Lebenswissenschaften/Medizin vergeben wird, ist immerhin mit einem Preisgeld von einer Million US-Dollar dotiert – also kein schlechter Preis der zu Recht für eine hervorragende Forschungsarbeit vergeben wurde!



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: Alle Beiträge der Serie „Der Stern zum Wochenende“

7 Gedanken zu „Der Stern zum Wochenende: S2“
  1. Hey Florian,

    das war eine tolle und kompakte Zusammenfassung!
    Die Beweislast für ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße ist in der Tat erdrückend. Flarebeobachtungen im Infraroten und im Röntgenbereich legen außerdem (unter einigen Annahmen) die Rotation dieses Loches nahe (mit einer Rotation zwischen halben und ganzen Maximalwert).
    Was die Genzel-Gruppe noch nicht ganz als Alternative ausschließen kann, ist ein sog. Bosonenball anstelle des Lochs. Die Physik der Bosonensterne/-bälle ist allerdings auch problematisch, weil nicht verstanden ist, wie sie im Gravitationskollaps entstehen und was sie dauerhaft stabilisiert.
    Wer etwas Zeit zum Lesen mitbringt, möge meinen Artikel Das größte Schwarze Loch der Milchstraße anschauen.

    Ciao,
    Andreas

  2. @Andreas: Danke für das Lob!
    Ja, das mit dem Bosonball hab ich weggelassen – das ist ja aber auch ne ziemlich unwahrscheinliche Hypothese. Und so wie ich das verstanden habe, kollabiert so ein Bosonenstern sowieso früher oder später zu einem schwarzes Loch (?). Aber ehrlich gesagt hab ich nicht viel Ahnung was diese exotischen Objekte angeht (Nachdem ich deinen Link gelesen habe, hat sich das allerdings ein klein wenig gebessert 😉 )

  3. Hi Florian

    Auch von meiner Seite erstmal ein dickes Lob. Dein Blog ist echt super. Auch deine Sternengeschichten sind der Hammer.
    Jetzt zu meiner Frage: Wo sitzt denn die erwähnte Radioquelle? Im Zentrum des Schwarzen Loches? Dann frage ich mich nämlich wieso Radiowellen der Gravitation entkommen, sichbares Licht aber nicht.

    Lg Higgs

    1. @Higgs-Teilchen: “ Dann frage ich mich nämlich wieso Radiowellen der Gravitation entkommen, sichbares Licht aber nicht.“

      Nix entkommt nem schwarzen Loch. Aber so ein schwrzes Loch wird von Materie umkreist, bevor die reinfällt und diese Materie strahlt durch die schnelle Bewegung jede Menge Kram ab. Röntgenstrahlung und Radiostrahlung zB und die kann man beobachten. Siehe auch hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2013/11/22/sternengeschichten-folge-52-was-sind-quasare/

  4. Na ja, schlecht halt! Oder eben über einen Stern wie S2, der um irgendetwas im All rasend schnell seine Ellipsen zieht. Sterne sind groß und schwer, selbst die kleineren Vertreter ihrer Art, und etwas, das einen Stern um sich kreisen lassen kann, muss folglich riesig sein – von der Masse her gesehen.

    Bei Sagittarius A* konnte man zuletzt ja auch eine kleinere Gaswolke beobachten, die zumindest teilweie aufgesogen werden wird. Da „sieht“ man dann auch wieder etwas. Das „Sehen“ in Anführungszeichen bezieht sich selbstverständlich darauf, dass mit sichtbarem Licht nicht zu reißen ist. Da müssen schon ganz andere Wellenlängen betrachtet werden.

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